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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2021

Dieser feministische Bestseller aus Korea lässt trotz der kulturellen Unterschiede auch einige Parallelen zur europäischen Welt erkennen.

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Beschreibung

In der Nähe der koreanischen Metropole Seoul lebt die 1982 geborene Kim Jiyoung mit ihrem Mann. Kürzlich hat sie ihren Job aufgegeben, um sich um ihr gemeinsames Kind zu kümmern. Allerdings ...

Beschreibung

In der Nähe der koreanischen Metropole Seoul lebt die 1982 geborene Kim Jiyoung mit ihrem Mann. Kürzlich hat sie ihren Job aufgegeben, um sich um ihr gemeinsames Kind zu kümmern. Allerdings scheint sich bald darauf ihre Persönlichkeit zu teilen und sie schlüpft in die Persönlichkeiten von Frauen aus ihrem näheren Umfeld. Die Psychose wird so schlimm, dass sie ihr Ehemann zu einem Psychiater schickt, der die Gründe für Jiyoungs Zustand aufdeckt.

Meine Meinung

Die Drehbuchautorin Cho Nam-Joo gelang mit ihrem Roman »Kim Jiyoung, geboren 1982« ein internationaler Bestseller, der bereits verfilmt wurde und nun bei Kiepenheuer & Witsch in deutscher Übersetzung erschienen ist. Das Buch spricht offen die untergeordnete Rolle der Frau an und trifft damit den Nerv der Zeit. Es löste in Korea sogar Massenproteste aus und gibt Hoffnung, darauf dass die Missstände sichtbarer werden und der Weg zu Akzeptanz und Gleichberechtigung bereitet wird.

In einer geradlinigen und nüchternen Erzählweise kleidet Cho Nam-Joo die Geschichte der Koreanerin Kim Jiyoung, die stellvertretend für eine ganze Generation von Frauen steht, in eine kleine Rahmenstory. Die Persönlichkeit der Mittdreißigerin hat sich aufgrund ihrer Lebenserfahrungen als Frau aufgespalten. Ein Rückblick fächert die vielfältigen Gründe für Jiyoungs Psychose auf, die in jahrelanger Unterdrückung, dem eng geschnittenen Rollenbild, aufgestauter Frustration und Minderwertigkeitskomplexe gründet.

Die Geschichte lässt einen in ein durchschnittliches koreanisches Leben, von der Geburt über das alltägliche Leben, Schule, Universität, Beziehungen und Job eintauchen und zugespitzt erleben, wie sehr das männliche Geschlecht eine Sonderposition in dieser Welt einnimmt und Frauen schon bei der Geburt unterdrückt werden. Immer wieder wird der Text mit Fußnoten zu belegten Zahlen unterfüttert, die dem Gelesenen noch mehr Nachdruck verleihen.

Auch, wenn zunächst die starken Kontraste zur koreanischen Kultur hervortreten, die noch viel erdrückender scheinen als hier in Europa, kann sich jede Frau in den alltäglichen kleinen Dingen finden, die zur Misogynie beitragen. Männer wie Frauen finden sich in Alltagsmustern, die unbedingt durchbrochen werden müssen, um tatsächlich eine Gleichberechtigung zu erhalten.

Mit »Kim Jiyoung, geboren 1982« zeichnet Cho Nam-Joo das schmerzliche Bild eines üblichen koreanischen Frauenlebens in ungeschönter und pointierter Sprache, dass die Augen öffnet und auch auf vermeintliche Kleinigkeiten sensibilisiert.

Fazit

Dieser feministische Bestseller aus Korea lässt trotz der kulturellen Unterschiede auch einige Parallelen zur europäischen Misogynie aufleuchten. Sehr lesenswert!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 13.04.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein erzählerisches Kleinod, doch inhaltlich hatte ich etwas mehr Dystopie und Apokalypse erwartet.

Der letzte Mensch
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Beschreibung

Der junge Engländer Lionel Verney ist politisch interessiert und sieht sich im 21. Jahrhundert mit seiner Schwester, seiner Familie und seinen Freunden der Pest, einer tödlichen Pandemie ...

Beschreibung

Der junge Engländer Lionel Verney ist politisch interessiert und sieht sich im 21. Jahrhundert mit seiner Schwester, seiner Familie und seinen Freunden der Pest, einer tödlichen Pandemie gegenüber, die sich weltweit ausbreitet und die Menschheit in eine Krise stürzt. Schon bald herrschen in dem organisierten Land verheerende Zustände und den Überlebenden bleibt nur die Flucht in eine ungewisse Zukunft…

Meine Meinung

Mary Shelley ist heute vor allen Dingen für ihren Roman »Frankenstein« bekannt, doch im Hinblick auf die andauernde Corona-Pandemie erregt auch ein weiteres Werk der Autorin Aufmerksamkeit, welches sie selbst für eines ihrer wichtigsten erachtete.

»Der letzte Mensch« wurde von Shelley 1826 publiziert und gilt als allererste Dystopie der Weltliteratur, denn in diesem Roman wirft die Autorin einen Blick auf das 21. Jahrhundert und zeichnet ein Bild, dass durch die katastrophalen Folgen der neuartigen Pest geprägt ist. Doch ansonsten wirkt der Roman nicht wie ein Zukunftsroman, denn die Lebensverhältnisse gleichen denen des 19. Jahrhunderts und weisen keinen Fortschritt in Technik oder Gesellschaft auf.

In drei Abschnitten berichtet der Ich-Erzähler Lionel Verney von seiner apokalyptischen Geschichte als letzter Mensch auf Erden, wobei sich der Roman viel mehr als ein Beziehungsroman lesen lässt als man darin eine Dystopie erahnen könnte. Dennoch setzt sich Mary Shelley mit vielen philosophischen, gesellschaftlichen und politischen Fragen, die im Anblick einer weltweiten Pandemie an Wichtigkeit gewinnen, genauestens auseinander und führt diese in einem ausschweifenden Stil aus.

Der blumige und gefühlsbetonte Erzählstil, der zuweilen durchaus schwülstig daherkommt, versetzte mich direkt in Mary Shelleys Zeit und entfaltete eine beeindruckende Poesie. Allerdings hatte ich einfach etwas anderes von diesem Roman erwartet und mir eine genauere Auseinandersetzung mit der Pest, eine noch deutlichere Einsetzung von Elementen der Schauerliteratur und etwas mehr Zukunftsfantasie erhofft.

Wer sich genauer mit Mary Shelleys Biographie befasst hat, wird wohl auch tiefgehend fündig werden, denn wie man im Nachwort des Romans erfahren kann wurden Lionel Verney nach dem Vorbild ihres früh verstorbenen Ehemanns Percy Shelley und Adrian nach dem Vorbild ihres engen Freundes Lord Byron entworfen.

»Der letzte Mensch« ist ein düsterer Roman über Freundschaft, Politik und die Menschheit im Angesicht einer alles verzehrenden Krankheit, die vor keinem Stand und keinem Alter halt macht.

Fazit

Ein erzählerisches Kleinod, doch inhaltlich hatte ich etwas mehr Dystopie und Apokalypse erwartet.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 12.04.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Die bewegende Geschichte einer Ärztin und Mutter die zwischen zwei Leben und dem starken Willen zu helfen zu bersten droht.

Penelopes zwei Leben
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Meine Meinung

Die belgische Comicautorin und Zeichnerin Judith Vanistendael besuchte das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und veröffentlichte darüber eine Comicreportage, um auf die verheerende Lage ...

Meine Meinung

Die belgische Comicautorin und Zeichnerin Judith Vanistendael besuchte das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und veröffentlichte darüber eine Comicreportage, um auf die verheerende Lage vor Ort und das Versagen der Politik aufmerksam zu machen. Dort begegnete sie einer Ärztin, die sie zu ihrem Comic »Penelopes zwei Leben« inspirierte.

Dieser Comic zeigt auf beachtliche Weise das zerrissene Leben einer Ärztin auf, die sich dafür entschieden hat, Gutes zu tun und in Syrien Leben zu retten. Dafür lässt sie einen liebenden Ehemann und eine reizende Tochter in Brüssel zurück. Judith Vaninstendael zeigt anhand diverser alltäglicher Szenen den kontrastreichen Unterschied zwischen dem Alltag in Brüssel, wo ihre Tochter zum ersten Mal ihre Tage bekommt und bei Oma um Rat bittet, und Lager in Aleppo wo ihre Mutter Penelope um das Leben von oftmals jungen Menschen kämpft.

Der Name der Hauptprotagonistin Penelope kommt nicht von Ungefähr, Vanistendael spielt damit auf Homers Odyssee an, dreht zugleich die Geschichte kurzerhand um und stellt damit die gängigen Rollenbilder auf den Prüfstand.

Als Penelope nach Hause zurückkehrt, lassen sie die schrecklichen Verluste nicht mehr los und aufgrund ihrer häufigen Abwesenheit scheint sie keinen richtigen Platz im Brüssler Familienleben innezuhaben. Die Zerrissenheit der Mutter und Ärztin wird in den aquarellierten Bildern von Vanistendael überaus deutlich dargestellt und führt zu der bewegenden Frage, welches Handeln in einer solchen Situation richtig ist. Eine Antwort liefert die Autorin uns nicht direkt, allerdings lässt sie Penelope nochmals nach Syrien fliegen, da sie von ihrem unvollendeten Werk getrieben ist und zu Hause keine Ruhe findet.

Fazit

Die bewegende Geschichte einer Ärztin und Mutter die zwischen zwei Leben und dem starken Willen zu helfen zu bersten droht.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 11.04.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein solider King-Roman der für mitreißende Unterhaltung sorgt

Später
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Beschreibung

Von klein auf kann Jamie Conklin die Geister verstorbener Menschen sehen und mit ihnen reden, bevor diese allmählich verblassen. Seiner alleinerziehenden Mutter Tia steht Jamie sehr nahe ...

Beschreibung

Von klein auf kann Jamie Conklin die Geister verstorbener Menschen sehen und mit ihnen reden, bevor diese allmählich verblassen. Seiner alleinerziehenden Mutter Tia steht Jamie sehr nahe und ist die einzige Person, die von seiner Begabung weiß und dieses Geheimnis gut hütet. Doch als die Finanzkrise Tias Literaturagentur in Bedrängnis bringt und all ihre Hoffnung auf dem Abschlussband der Saga ihres rentabelsten Autors ruht, stirb dieser ohne das Buch vollendet zu haben. Tia weiht ihre Lebensgefährtin Liz Dutton, die bei NYPD arbeitet, in das Geheimnis ein und zusammen mit Jamie gelingt es ihnen die Details der Geschichte in Erfahrung zu bringen, denn die Geister müssen Jamies Fragen immer ehrlich beantworten. Zwar sind Jamie und Tia nun dem finanziellen Ruin entkommen, doch ›später‹ wird die Offenbarung von Jamies Gabe ungeahnte Ereignisse nach sich tragen…

Meine Meinung

Der neue Roman »Später« von Schriftsteller-Legende Stephen King zählt mit gerade einmal dreihundert Seiten zu seinen dünneren Werken und wirkt wie eine moderne Mischung aus einer klassischen Gothic Novel und einem nervenaufreibenden Thriller. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive des neunjährigen Jamie Conklin, der mit seiner lockeren Jugendsprache einen besonderen Touch beisteuert.

Die Geschichte über einen Jungen der Geister sehen und mit ihnen reden kann ist an sich nichts grundlegend neues und erinnerte mich sogleich an den erfolgreichen Psychothriller »The Sixth Sense« aus dem Jahre 1999. Doch Stephen King wäre nicht Stephen King, wenn er eine ganz eigene abgefahrene Mystery-Geschichte zu Papier bringen würde.

Der große Star von »Später« ist in meinen Augen der unvergleichliche Erzählstil, denn durch diesen hat man das Gefühl direkt in der Haut des jungen Hauptprotagonisten zu stecken. Einfach grandios, wie King es immer wieder gelingt solch authentische Charaktere zu erschaffen und sich in diese hineinzuversetzen, denn sogar im Erzählstil merkt man das Älterwerden des Ich-Erzählers an.

Der Horror von »Später« setzt sich aus subtilen Andeutungen und schockierenden Ereignissen zusammen, wobei King nicht an brutalen Einzelheiten spart, wenn z. B. Jamie von Liz dazu gezwungen wird, mit einem toten Bombenleger zu sprechen, um den Ort seines letzten deponierten Sprengkörpers in Erfahrung zu bringen. Diese Begebenheit hat zwar auf den ersten Blick das edle Ziel Leben zu retten, doch die Beweggründe dahinter sind von menschlichen Sorgen und Ängsten geprägt.

Die enge Beziehung zwischen Jamie und seiner Mutter ist ein zentraler Punkt, denn ich bin mir sicher, dass sich der Junge ohne den starken Rückhalt nicht ganz so souverän mit seiner Gabe und der brutalen Entwicklung der Geschichte geschlagen hätte. So ist sie zu etwas ganz natürlichem geworden, mit dem ohne Angst umgegangen werden kann, bis aus einem Geist plötzlich mehr wird…

Sicherlich hätte King noch viel mehr aus dieser Geschichte herausholen können und nur zu gerne hätte ich noch weitere hundert Seiten an der Seite des sympathischen Jungen, der mit den Toten reden kann, verbracht, doch auch in dieser Kürze hat der Autor wieder einmal Themen angeschnitten, die einen noch nach dem Lesen beschäftigen. Welches Recht nehmen sich z. B. Menschen heraus, die jemanden für ihre Zwecke benutzen, und wo ist die Grenze? Außerdem wird hervorragend aufgezeigt, dass der Missbrauch von Alkohol und Drogen niemals eine Lösung sein kann.

Fazit

Ein solider King-Roman der für mitreißende Unterhaltung sorgt, aber gerne noch etwas ausschweifender daherkommen hätte können.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 09.04.2021

Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein mitreißender Spätwestern

Bis zum bitteren Ende
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Meine Meinung

Letztes Jahr habe ich mich zum ersten Mal dem Genre Western mit dem wunderbaren Comic »Wild West – Calamity Jane« angenähert und wurde damit angenehm überrascht, sodass ich mir auf Empfehlung ...

Meine Meinung

Letztes Jahr habe ich mich zum ersten Mal dem Genre Western mit dem wunderbaren Comic »Wild West – Calamity Jane« angenähert und wurde damit angenehm überrascht, sodass ich mir auf Empfehlung nun auch den kürzlich erschienenen Einzelband »Bis zum bitteren Ende« von Jérôme Félix und Paul Gastine zur Hand genommen habe.

Der französische Comicautor Jérôme Félix legt eine mitreißende Story vor, die sich mit dem Ende der Cowboy-Ära beschäftigt und den Scheinwerfer auf die brisanten Gesichtszüge dieser Zeit legt, in der zahlreiche Viehtreiber durch den Ausbau der Eisenbahn in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. Im Mittelpunkt der Handlung steht der eingefleischte Cowboy Russell mit seinem Ziehsohn Bennett, den er trotz Handicap über alles liebt und sich ein gutes Leben für ihn, der seine Eltern so früh verloren hat, wünscht.

Bei seinem letzten Auftrag liegen die Nerven blank, was auch der heranwachsende Bennett zu spüren bekommt, doch Russells rechte Hand Kirby fühlt sich ebenfalls verantwortlich und kümmert sich um den jungen Burschen. Durch diesen Einstieg hat Félix bereits eine starke emotionale Bindung zwischen Leser*innen und den Charakteren geschaffen, die einen umso mehr bei den kommenden Ereignissen und dem Schicksal der Protagonisten mitfiebern lassen.

Als die Cowboys einen Zwischenstopp in dem Städtchen Sundance einlegen müssen, wird das Personal um weitere Protagonisten erweitert, anhand derer das Leben der Menschen in dieser Umbruchszeit auf den Punkt gebracht wird. Ein jeder versucht sein Glück und hofft auf eine goldene Zukunft, so auch der Bürgermeister von Sundance, der in Aussicht gestellt bekommt, als Standort für einen Umschlagbahnhof auserwählt zu werden.

Doch als der gutmütige Bennett in Sundance tot aufgefunden wird, droht diese Zukunftschance aufs Abstellgleis gestellt zu werden. Um das zu verhindern, beharrt der Bürgermeister auf einen Unfall. Der alte Cowboy Russell will jedoch Antworten und holt sich Verstärkung, um diese zu bekommen. Aus dieser Situation entwickelt sich ein explosiver und dramatischer Showdown, der moralischen und ethische Fragen aufwirft und somit zum Nachdenken anregt.

Die großartigen Zeichnungen von Paul Gastine versprühen adäquaten Western-Flair und beeindrucken mit einem fein gezeichneten Minenspiel der Protagonisten. Grandios ist die stimmungsvolle Kolorierung der Panels, die für eine zusätzliche emotionale Tiefe sorgen.

»Bis zum bitteren Ende« ist ein absolut empfehlenswerter Spätwestern, der soviel mehr bietet als sinnlose Revolverduelle und Machtspielchen, denn es werden tiefgreifende Fragen thematisiert, die Schattenseiten der am Rande lebenden Gesellschaft aufgezeigt und eine mutige Frau ins Rennen geworfen, die diesen Comic lange im Gedächtnis nachhallen lassen. Außerdem eignet sich die abgeschlossene Geschichte auch für Comic-Einsteiger.

Fazit

Ein mitreißender Spätwestern der mit emotionaler Tiefe und spannenden Themen aufwartet.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 08.04.2021