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Veröffentlicht am 09.10.2021

Enttäuschend unweihnachtlich

Der Zauber eines Wintertages
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Vorab eine kleine Warnung: Meine Rezension enthält Spoiler, da meine Bewertung direkt auf gewisse inhaltliche Elemente des Romans zurückzuführen ist.

Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir eine romantische ...

Vorab eine kleine Warnung: Meine Rezension enthält Spoiler, da meine Bewertung direkt auf gewisse inhaltliche Elemente des Romans zurückzuführen ist.

Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir eine romantische Love Story im verschneiten weihnachtlichen Amsterdam erhofft. Zwar spielt die Handlung tatsächlich im Dezember und enthält einige Weihnachtselemente (wie beispielsweise eine Sinterklaas-Bootsparade oder einen Nikolaus-Besuch), aber der Großteil des immerhin rund 550 Seiten starken Romans von Karen Swan befasst sich thematisch mit Kriegserlebnissen in Syrien – denn in diesem Krisengebiet war die Hauptprotagonistin Lee einst als Kriegsfotografin tätig, ehe sie einem Dschihadisten in die Hände fiel. Dieser Horror verfolgt sie noch heute, obwohl sie mittlerweile ein glückliches Leben mit ihrem Sohn Jasper führt. Nun ist ihr bester Freund, mit dem sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, freiwillig nach Syrien zurückgekehrt, um sich dafür zu rächen, was Lee einst angetan wurde. Er gerät ebenfalls in die Fänge des IS und soll womöglich an Weihnachten medienwirksam hingerichtet werden. Weiterhin widmet sich eine Buchpassage einer Schleuserbande, die hilflose Frauen in Amsterdam als Arbeitssklaven hält. Nichts davon war angenehm zu lesen.

Normalerweise liebe ich Weihnachtsgeschichten, aber hier kam für mich aufgrund des dauerhaft durchscheinenden deprimierenden Hintergrunds absolut kein Weihnachtsfeeling auf, im Gegenteil. Politische Themen, erst recht wenn sie pauschalisiert und verwässert dargestellt werden, haben in Wohlfühlromanen nichts verloren, das ist meine Meinung. Selbstverständlich gibt es sicherlich Leser/innen, die dies vielleicht anders sehen, nichtsdestotrotz hätte ich hier zumindest eine Andeutung im Klappentext sinnvoll gefunden. Auch der Buchtitel klingt zwar wunderschön nach Weihnachten, ist inhaltlich jedoch komplett irrelevant und passt weder zur Handlung noch zu den Figuren.

Meine 2 Sterne basieren auf der Covergestaltung sowie auf dem Schreibstil, der – abgesehen von der Story selbst – wunderbar angenehm ist. Mit Lee habe ich mich nach und nach angefreundet, auch wenn sie sich manchmal etwas widersprüchlich verhält. (So ist sie sich z.B. den Gefahren dieser Welt bewusst, lebt generell recht vorsichtig, zögert aber nicht, einem attraktiven Wildfremden ihre Privatadresse auszuhändigen. Das passte für mich nicht zusammen.) Großartig fand ich, wie hingebungsvoll sie hinter ihrem entzückenden kleinen Sohn Jasper steht, ihn stets als ihre Hauptpriorität sieht und ihn im Ernstfall wie eine Löwenmama verteidigt.

Fazit: Keine Weihnachtsgeschichte. In meinen Augen handelt es sich eher um einen politisch angehauchten, mit ernsten Themen durchsetzten Winterroman, der lediglich durch eine kleine Romanze aufgelockert wird. Auch das erhoffte Amsterdam-Flair blieb oberflächlich. Schade, denn der Schreibstil hatte mir gut gefallen.

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Veröffentlicht am 27.09.2021

Keine leichte Kost

Play & Pretend
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Nachdem mich die ersten beiden Bände von Nena Tramountanis Soho-Love-Reihe zwar nicht restlos überzeugt hatten, mir insgesamt aber nicht schlecht gefallen haben, war ich gespannt auf den Abschluss der ...

Nachdem mich die ersten beiden Bände von Nena Tramountanis Soho-Love-Reihe zwar nicht restlos überzeugt hatten, mir insgesamt aber nicht schlecht gefallen haben, war ich gespannt auf den Abschluss der Trilogie, welcher von der schüchternen Schauspielstudentin Briony handelt.

Das Cover im edlen Schimmer-Look ist an die beiden Vorgängerbände angelehnt und reiht sich gestalterisch wunderbar ein; farblich gefällt es mir von allen Werken am besten.

Die sanftmütige, ruhige Briony ist ein äußerst interessanter, vielschichtiger Charakter. Auf der Bühne blüht sie förmlich auf, genießt es, in fremde Rollen zu schlüpfen, um dem eigenen Ich zu entfliehen. Sie versinkt in ihren Schauspielrollen, übernimmt sogar deren Gefühle und flüchtet dadurch – wenigstens für kurze Zeit – vor der Realität, in der sie sich selbst und ihren Körper nicht mag. Aus Band 2, Try & Trust, war mir noch bekannt, dass Briony gerade an Liebeskummer leidet: ihre beste Freundin und WG-Mitbewohnerin Matilda ist inzwischen in einer Beziehung mit Anthony – jenem Jungen, mit dem Briony gerade ihr erstes Mal erlebt hatte. Fairerweise hatte dieser nie einen Hehl daraus gemacht, dass eine ernste Beziehung für ihn nicht infrage kommt, zumindest nicht mit ihr. Hier setzt die Handlung von Play & Pretend an. Nun ist Briony der einzige Single in der WG und hat das Gefühl, von allen bemitleidet zu werden. Das eigentliche Problem ist jedoch ein anderes – sie leidet seit Jahren an einer psychischen Krankheit, die sie bisher gut vor ihrem Umfeld verbergen konnte, selbst vor ihrer Schwester Clover. Ihre Eltern wissen zwar davon, ignorieren die gesundheitlichen Probleme ihrer Tochter allerdings lieber, als sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Nur Matilda kennt die Wahrheit und hat Briony schon immer unterstützt. Überwältigt von ihren unterdrückten Gefühlen und ihrer Krankheit droht Briony ein wichtiges Casting in den Sand zu setzen, brilliert schließlich jedoch an der Seite ihres zukünftigen Schauspielpartners, dem attraktiven Sebastian, den sie einst rüde abblitzen ließ. Sein Interesse an ihr ist ungebrochen und mit viel Feingefühl gewinnt er nach und nach Brionys Vertrauen - und ihr Herz. Sie ahnt nicht, dass sein Geheimnis mindestens so dunkel wie ihr eigenes ist.

Hinsichtlich des Inhalts möchte ich aus Gründen der Spoilervermeidung nicht zu sehr ins Detail gehen, doch die dem Roman vorangestellte Triggerwarnung ist durchaus berechtigt. Für meinen Geschmack hätte es ausgereicht, wenn lediglich eine Figur, nicht aber beide Hauptprotagonisten, mit einer psychischen Krankheit zu kämpfen hätte. Solch schwerwiegende Probleme, quasi im Doppelpack, waren mir zu viel des Guten. Zwar ist die Einbindung in die Story glaubwürdig gelungen und es war offensichtlich, dass die Autorin sich ausgiebig mit den betreffenden Themen beschäftigt hat, allerdings war mir der Grundton der Geschichte dadurch einfach einen Hauch zu negativ. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, als würde eine dunkle Wolke über mir schweben und die Leichtigkeit, der fröhliche Optimismus, die Gefühle, die ich mir eigentlich von einem New-Adult-Werk erhoffe, fehlten komplett. Es war eher recht deprimierend, was eventuell auch an den langen Gesprächen lag, die Briony und Sebastian zu den Themen führten. Tiefgründig war es, doch leider eben auch ziemlich deprimierend. Gerne hätte ich stattdessen noch mehr zum Thema Schauspielerei oder zur Arbeit am Theater gelesen, zumal die ernsteren Themen in meinen Augen letztlich auch viel zu schnell abgehandelt wurden, nachdem ihr Aufbau den Großteil des Romans eingenommen hatte. Im Gegenzug dazu ging mir die (nicht körperliche) Annäherung zwischen den Hauptfiguren deutlich zu schnell. Eine gemeinsame Probe hier, ein Kompliment da, und schon ist man verliebt. Der erste Kuss jedoch passiert erst kurz vor knapp. Mich konnte ihre Verbindung leider nicht erreichen.

Der Schreibstil der Autorin ist ausgereift, emotional und angenehm zu lesen; es wird deutlich, dass sie eine wichtige Message an die Leserschaft herantragen möchte: Es ist okay, sich nicht okay zu fühlen. Nach Hilfe zu suchen ist keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke. Im Laufe der gemächlich erzählten Geschichte erhalten wir Einblick in sowohl Brionys als auch in Sebastians Gedankenwelt. Leider hat mich das Buch auch spannungsmäßig nicht catchen können, vielmehr plätscherte alles etwas langatmig vor sich hin, passend zu den vielen, vielen Tränen der Figuren – es wird tatsächlich sehr häufig geweint.

Fazit: Eine wichtige Botschaft für mehr Toleranz im Umgang mit psychischen Krankheiten, deren Rahmenhandlung einen positiveren Ton gebraucht hätte, um die unterschwellige pessimistische Grundstimmung des Romans zu überlagern. Für Fans der Reihe sicherlich ein Must-Read, mein Fall war es leider nicht.

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Veröffentlicht am 23.09.2021

Nette Geschichte zur Einstimmung auf Weihnachten

Ein Winter voller Liebe
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"Ein Winter voller Liebe" von Jenny Bayliss (Goldmann, September 2021) war mein erster Roman der literarischen Vorweihnachtssaison 2021 (- als Weihnachtsfan schwelge ich schließlich das ganze Jahr über ...

"Ein Winter voller Liebe" von Jenny Bayliss (Goldmann, September 2021) war mein erster Roman der literarischen Vorweihnachtssaison 2021 (- als Weihnachtsfan schwelge ich schließlich das ganze Jahr über gerne im Zauber dieser besonderen Zeit, der Herbst bildet da keine Ausnahme -) und hat bis auf ein kleines Manko meine genrespezifischen Erwartungen voll und ganz erfüllt: eine süße Love Story um eine sympathische Protagonistin und ein idyllisches Setting mit winterlichem Flair, verpackt in einem angenehmen Schreibstil.

Kate Turner hat sich bequem mit ihrem Status als Single arrangiert, sehr zum Verdruss ihrer besten Freundin Laura und ihres Vaters Mac – beide finden, die hübsche junge Mittdreißigerin sollte sich nicht wie eine Eremitin einigeln, sondern das Leben genießen. Nachdem sie einige Jahre auf Weltreise gewesen war, hatte Kate dem hektischen London den Rücken gekehrt, um sich um ihren Vater zu kümmern, der nach der Trennung von Kates rastloser, exzentrischer Mutter schwer angeschlagen war. Nur ungern kehrte sie in ihren Heimatort Blexford zurück; inzwischen fühlt sie sich allerdings wieder pudelwohl dort, denn mit ihrem einst zerstrittenen Freund aus Kindestagen, Matt, hat sie sich versöhnt und ihrem Job als Stoffdesignerin für das renommierte Kaufhaus Liberty kann sie auch freiberuflich nachgehen. Ihre Tage bestehen aus Zeichnen, Backen und gemütlichen Abenden auf dem Sofa. "Kate war selbst zu ihrem besten Date geworden." Aber kann das wirklich alles sein, wo sie sich doch Kinder wünscht? Amüsiert gibt sie Lauras Drängen nach und nimmt an einer lokalen Dating-Aktion teil, bei der sie sich noch vor Weihnachten mit zwölf Männer verabreden soll. Klar, dass ihr auf der Suche nach Prinz Charming auch einige Frösche begegnen werden. Und während ein, zwei Kandidaten durchaus vielversprechend erscheinen, muss Kate sich fragen, ob ihr das große Glück nicht schon längst begegnet ist.

Das mit Glitzerpartikeln verzierte Cover mutet herrlich winterlich an und passt perfekt zur Geschichte. Was den Buchtitel betrifft, hätte ich die englische Originalversion (The Twelve Dates of Christmas) aussagekräftiger gefunden, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Die Autorin beschreibt einen Großteil der Szenen sehr, sehr bildreich und verliert sich dabei in Details. Bei Landschaftsbeschreibungen drücke ich diesbezüglich gerne ein Auge zu, vor allem wenn man dabei in eine so malerische Gegend wie Kent entführt wird. Bei Beschreibungen von Innendekoration, Essensgerichten und – wie im Fall von Kates Job – der ausgewählten Farben & Co. für Zeichenskizzen, wirkt dies hingegen einen Tick zu ausschweifend und lenkt vom eigentlichen Geschehen ab. Gerade im Mittelteil des immerhin rund 530 Seiten starken Werkes gab es einige Längen, die meinen Lesefluss ausgebremst haben. Kurzum: Die Geschichte hätte locker um die Hälfte der Seitenzahl gekürzt werden können; meiner Meinung nach hätte das den Fokus noch mehr auf Kate gerückt und die kreativen und humorvollen Elemente der Story besser zur Geltung gebracht, wie beispielsweise die Gespräche zwischen ihr und ihrer lebenslustigen besten Freundin Laura, die Eigenheiten der anderen Dorfbewohner oder die zwölf Dates. Die Events waren nämlich durchaus bunt gemischt – von einem durchtanzten Salsa-Abend über Go-Kart-Fahren bis hin zu einer Weinverkostung – und während die Szenerie stets wortreich beschrieben wurde, traten die Männerbekanntschaften selbst ein wenig in den Hintergrund.

Positiv zu erwähnen sind die überraschenden Wendungen, mit denen die Autorin mehrfach aufwartet, Kates bodenständiger und aufrichtiger Charakter sowie die tollen Nebenfiguren Evelyn, Matt, Laura und Sarah, von denen ich gerne noch mehr gelesen hätte. Das im Innencover abgedruckte Rezept für Haselnuss-Brownies fand ich im wahrsten Sinne des Wortes eine süße Idee.

Fazit: Das Debüt von Jenny Bayliss ist netter Winterroman, der sich – abgesehen von ein paar Längen – wunderbar für die Einstimmung auf die kalte Jahreszeit eignet.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Nicht so hinreißend wie erhofft

Bis ans Ende aller Fragen
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Seit Jahren gibt es endlich wieder mal einen neuen Anne-Hertz-Roman – für mich als Fan des Autorinnen-Schwestern-Duos waren das grandiose Neuigkeiten. Zahlreiche ihrer Romane habe ich daheim bereits im ...

Seit Jahren gibt es endlich wieder mal einen neuen Anne-Hertz-Roman – für mich als Fan des Autorinnen-Schwestern-Duos waren das grandiose Neuigkeiten. Zahlreiche ihrer Romane habe ich daheim bereits im Regal stehen und sofern sich ihr locker-leichter Schreibstil nicht verändert haben sollte, war ich überzeugt davon, dass ich auch dieses neue Werk gleich ins Herz schließen würde. Leider haben sich meine - zugegeben hohen - Erwartungen nicht erfüllt, stattdessen war ich letztlich sogar etwas enttäuscht von der Geschichte, deren Grundidee und Handlungseinstieg mir zunächst recht gut gefallen hatten.

Maxi, Ü40, sehnt sich nach einer eigenen Familie mit Kindern – schwierig, so ganz ohne Partner. Ihr Ex hat sie durch eine Jüngere ersetzt und seitdem herrscht Ebbe an der Männerfront. Maxis Geschwister starten zwar regelmäßig Kuppelaktionen, davon ist die Cafébesitzerin allerdings wenig begeistert. Ihre Nichte Summer hat den Geistesblitz, Maxi zu einer Trauergruppe zu schleppen, um dort attraktive Witwer kennenzulernen. Ehe die überrumpelte Maxi die verfahrene Situation aufklären kann, sieht sie sich einer vielversprechenden Bekanntschaft gegenüber und hat zudem auch das Interesse eines anderen Trauernden geweckt. Wie soll sie den beiden Männern nun beichten, dass sie in Wirklichkeit gar nicht unter einem schweren Verlust leidet, sondern lediglich an ihrem nicht existenten Liebesleben verzweifelt?!

Zu Beginn der Handlung empfand ich Maxi, aus deren Sicht erzählt wird (- inklusiver kurzer Rückblicke in Form von Tagebucheinträgen aus ihrer Jugend -) als spontan, aufgeweckt und nett; sie hat ihr Café gut im Griff, ist Summer eine liebevolle, coole Tante und scheint generell ihren Mitmenschen gegenüber viel Mitgefühl zu haben. Kurzum: eine angenehme Person, der man von Herzen Glück gönnen würde. Mein positives Bild von ihr geriet allerdings im Laufe der Handlung immer mehr ins Wanken und gegen Ende war Maxi mir schlichtweg unsympathisch. Sie ist flatterhaft, respektlos und unbeständig, weiß nicht, was sie will und lügt sich durchs Leben (- hiermit meine ich nicht die im Klappentext angekündigte große Lüge im Rahmen der Trauergruppe, diese war mir schließlich im Vorfeld bekannt und ich war gespannt, wie diese Entwicklung wohl gestaltet werden würde -). Zudem verhält sie sich egoistisch, und dermaßen unreif, dass man sie am liebsten schütteln würde. Zwar erkennt Maxi ihr Fehlverhalten und schimpft regelmäßig mit sich selbst (wie mies sie sich doch benähme und dass sie eine verlogene Kuh sei etc.) – das war es dann aber auch schon. Selbstmitleid statt Besserung, lieber vor Problemen weglaufen, anstatt sich ihnen zu stellen oder einfach mal die Wahrheit zu sagen.

Inhaltlich war ich nicht von der Geschichte überzeugt, die so vielversprechend begonnen hatte und aus deren kreativer Grundidee man einiges hätte machen können. Aufgrund der zu überzogenen, unglaubwürdigen Entwicklungen musste ich so manches Mal mit den Augen rollen. In unterhaltsamen Feel-good-Stories wird hinsichtlich unwahrscheinlicher Zufälle ja gerne ein bisschen übertrieben, das ist auch völlig okay, doch hier war es einfach zu viel des Guten. Selbst der Hertz-typische Humor wirkte irgendwie erzwungen und verkrampft. Im Vergleich zu den vorherigen Werken verblasst dieser Roman gänzlich. Mir fehlte das Gefühl, die tiefgründig ausgearbeiteten Figuren und die optimistische Grundstimmung; große Passagen hatten in meinen Augen einen eher negativen, pessimistischen Unterton – vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil die Hauptprotagonistin mit der Zeit immer anstrengender wurde.

Das Cover hätte ich farbenfroher gestaltet, insbesondere da die peppige, knallige Hintergrundfarbe ein bekanntes optisches Wiedererkennungsmerkmal aller bisherigen Hertz-Bücher gewesen war; dagegen sieht der weiße Hintergrund hier relativ nichtssagend aus. In der Buchhandlung wäre ich an dem Roman glatt vorbeispaziert.

Fazit: Leider kein Vergleich zu den wundervollen Anne-Hertz-Werken der Vergangenheit. Schade!

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Atmosphärischer Thriller

Waldeskälte
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Leutnant Valeria Ravelli hat sich aufgrund ihres Fleißes und ihrer ehrgeizigen, unnachgiebigen Arbeitsweise bereits mit Mitte 30 einen Namen bei Interpol gemacht. Nur allzu gut kennt sie die düsteren menschlichen ...

Leutnant Valeria Ravelli hat sich aufgrund ihres Fleißes und ihrer ehrgeizigen, unnachgiebigen Arbeitsweise bereits mit Mitte 30 einen Namen bei Interpol gemacht. Nur allzu gut kennt sie die düsteren menschlichen Abgründe, von Menschenhandel bis Missbrauch. Was jedoch die wenigsten wissen: Valerias Bruder Rafael wurde einst von der Mafia ermordet und Valeria selbst überlebte in ihrer Jugend nur knapp eine Entführung – während ihre beiden besten Freundinnen in den unheimlichen Wäldern des heimatlichen Eigerstals bestialisch ermordet wurden. An die damaligen Ereignisse konnte Valeria sich nie erinnern, weder als traumatisierte Jugendliche noch als toughe erwachsene Ermittlerin. Nun allerdings holen die Schatten der Vergangenheit sie mit einem Schlag ein: Elias, ihr Freund aus Kindestagen, fleht sie an, in das kleine Bergdorf zurückzukehren und ihm bei der Suche nach seiner Nichte Nora zu helfen. Das Mädchen ist über Nacht verschwunden und im Ort häufen sich dieselben grausamen Symbole eines blutigen Steinbock-Kopfes, die auch vor 21 Jahren, als Valeria verschleppt worden war, für Angst und Schrecken sorgten. Der Täter war nie gefasst worden – hat er womöglich die ganze Zeit im Dorf gelebt und auf Valerias Rückkehr gelauert? Das gegenseitige Misstrauen in der Gemeinschaft wächst und bald weiß auch Valeria, die ohnehin mit ihren eigenen Ängsten zu kämpfen hat, nicht mehr, wem sie trauen darf. Die wichtigste Frage aber bleibt: Gibt es noch Hoffnung für Nora?

Das in kühlen Blautönen gehaltene Cover passt perfekt zur Handlung! Dieser packende Thriller aus der Feder von Martin Krüger hat mich aufgrund der stimmungsvollen Beschreibungen komplett in seinen Bann gezogen und in die Handlung eintauchen lassen. Die unglaublich bildhaften Schilderungen des bedrohlichen, unwirtlichen Klimas, der schroffen Gebirgshänge, des regennassen, von Nebel durchzogenen Waldes samt seiner Geräusche, Gerüche und Gefahren im dornigen Unterholz verursachten mir eine Gänsehaut und gebannt genoss ich - aus der Sicherheit meines kuscheligen Lesesessels - die schaurige Atmosphäre. Das Setting ist meisterhaft in die Geschichte eingeflochten worden, im Grunde ist es DAS prägende Element der Story. Erzählt wird in der dritten Person, wobei es auch gelegentliche Rückblicke in die Vergangenheit von Valeria sowie einer weiteren Ermittlerin (Chloe Muston) gibt.

Valeria ist eine kluge, distanzierte, aber nicht unsympathische Hauptfigur, mit der es sich leicht mitfiebern lässt. Einerseits pragmatisch, routiniert und durch ihren Job relativ emotional abgehärtet, andererseits voller Ängste und nicht aufgearbeiteter Emotionen. Sie wird noch immer von Albträumen geplagt und hat zu ihrer in Eigerstal lebenden Mutter seit Jahren keinen Kontakt mehr. Zurück in der Heimat unterlaufen ihr aufgrund ihrer persönlichen Hintergrundgeschichte zudem mitunter gefährliche Fehler, die sie normalerweise nicht machen würde. Der Spannungsaufbau gefiel mir insgesamt sehr gut, lediglich das große, dramatische Finale zog sich für meinen Geschmack etwas in die Länge.

Fazit: Spannung pur – ich habe das rund 450 Seiten umfassende Werk (erschienen bei HarperCollins, August 2021) an einem einzigen Tag verschlungen und freue mich schon auf Valerias nächsten Fall! Klare Leseempfehlung für alle Fans von Thrillern, die auch ohne übermäßiges Blutvergießen auskommen.

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