Profilbild von Furbaby_Mom

Furbaby_Mom

Lesejury Star
offline

Furbaby_Mom ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Furbaby_Mom über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.05.2021

Kunterbuntes Kinderbuch mit kleinen Schwächen

Der Natur auf der Spur
0

An diesem niedlichen Kinderbuch von Benjamin Zephaniah reizte mich vor allem der Aspekt 'Natur'. Ich mag den Gedanken, dass Kinder bereits im frühen Alter für die Schönheit der natürlichen Umgebung sensibilisiert ...

An diesem niedlichen Kinderbuch von Benjamin Zephaniah reizte mich vor allem der Aspekt 'Natur'. Ich mag den Gedanken, dass Kinder bereits im frühen Alter für die Schönheit der natürlichen Umgebung sensibilisiert werden, ihr Interesse für Tiere geweckt wird und sie somit von klein auf zur Wertschätzung der Natur ermuntert werden. Hierfür muss man gar nicht hinaus in die weite Welt, ein Blick in den eigenen Garten genügt, um ein spannendes Abenteuer zu erleben – dort gibt es allerlei Pflanzen und Tiere zu beobachten. Dieser Fokus hat mir sehr gefallen, daher war mein Interesse an dem von Nila Aye illustrierten Werk (März 2021, Dragonfly Verlag) geweckt.

Aufgrund des Formats von rund 25 x 28 cm liegt das 30-seitige Buch gut in der Hand. Die in kräftigen Farben leuchtenden Illustrationen erstrecken sich jeweils über eine Doppelseite und sind mit zum Bild passenden Reimzeilen bzw. Halbsätzen versehen. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn pro Seite ein abgeschlossener Reim abgedruckt gewesen wäre, da jede Doppelseite eine Vielfalt an Details zum Erzählen und Stöbern bietet und beim Umblättern der Seiten und Entdecken der neuen Thematik der Beginn des Reims schnell in Vergessenheit geraten kann, sodass vor und zurück geblättert werden muss (und der Text letztlich irrelevant wird).

Toll fand ich, dass auch kleinste Insekten recht groß gezeichnet worden sind. Für meinen Geschmack waren die Tiere allerdings häufig zu fantasievoll gestaltet – bei der Rückfrage eines Kindes, um welche Tierart es sich bei einigen Exemplaren denn handele, wüsste man als Erwachsene/r keine Antwort und müsste raten bzw. könnte es maximal als 'irgendein Insekt' bezeichnen: Fliege, Mücke, vielleicht auch Käfer? – Man weiß es nicht. Das kann ja nicht Sinn der Sache sein. Ein paar Erklärungen, kurze Zusatzinformationen oder zumindest Bezeichnungen zu Tieren und Pflanzen wären schön gewesen. Stattdessen gibt es dreiäugige Spinnen und als Räuber verkleidete Tiere, deren Bedeutung sich mir nicht erschließt und deren Abbildung ich, ehrlich gesagt, nicht sinnvoll finde. In diesem Zusammenhang erscheint mir auch der gewählte Buchtitel eher unpassend, denn man erfährt nichts über die Natur bzw. die Tiere im Garten; so wäre beispielsweise "Ein Tag im Garten" als Buchtitel geeigneter gewesen. Lobenswert hingegen ist, dass bei den gezeichneten Kindern unterschiedliche Hautfarben sowie ein Kind im Rollstuhl vertreten sind.

Fazit: Das vom Verlag ab 4 Jahren empfohlene Kinderbuch eignet sich hervorragend zum Betrachten der farbenfrohen Bilder und Ausdenken eigener Geschichten und wäre daher sicherlich auch schon für jüngere Kinder geeignet. Für die Erweiterung des Wissensschatzes würde ich aufgrund fehlender Erklärungen und Begriffe sowie der teilweise unrealistischen Figurendarstellungen eher zu einem anderen Werk raten. Gerne vergebe ich 3 solide Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.05.2021

Ein absoluter Pageturner!

Denn die Lüge bist du
0

Dieses Buch ist der Knüller! Eigentlich hatte ich vor dem Schlafengehen nur schnell in das erste Kapitel hineinlesen wollen, doch dann haben mich sowohl die mitreißende Story als auch die sympathischen ...

Dieses Buch ist der Knüller! Eigentlich hatte ich vor dem Schlafengehen nur schnell in das erste Kapitel hineinlesen wollen, doch dann haben mich sowohl die mitreißende Story als auch die sympathischen Figuren dermaßen gefesselt, dass ich bis in die Nacht gelesen habe und erst schlafen konnte, als die letzte Seite umgeblättert war. Zuvor hatte ich noch kein Werk der Autorin gelesen und war eher zufällig auf den im April 2021 bei Schneiderbuch/Harper Collins erschienenen Jugendroman aufmerksam geworden – welch ein Glück!

Chloe, 17 Jahre alt, ist gerade mit ihrer Mutter von El Paso nach Joyful, Texas gezogen. Die letzten Jahre waren hart. Kurz nach der Scheidung ihrer Eltern (- ihr Dad hatte sich dank seiner Midlife-Crisis sowohl eine neue Frisur als auch eine junge, minirocktragende Freundin zugelegt -) erkrankte ihre Mutter an Krebs. Zwar gilt sie mittlerweile als geheilt, aber die Verbitterung über ihre zerrüttete Familie ist geblieben…und Chloe tut alles, um für Harmonie im Haus zu sorgen. Dabei ist ihr oft selbst zum Weinen zumute, denn die Beziehung zu ihrem Freund Alex ist aufgrund des Umzugs gescheitert, zu ihren alten Freundinnen hat sie keinen Draht mehr, und beim Gedanken an das Einleben an der neuen Schule wird ihr ganz mulmig. Ach ja, und dann ist da noch ihr persönlicher Stalker – der attraktive Typ mit den dunklen Haaren, der sie ständig anstarrt und wirres Zeug redet: Cash Colton.
Doch bald stellt sich heraus, dass Cash, dem ein (unverdienter) Ruf als Bad Boy anhaftet, ihr mindestens genauso misstraut wie sie ihm: Chloe sieht der entführten Tochter seiner Pflegeeltern verdammt ähnlich! Emily war mit knapp 3 Jahren entführt worden und die Fullers haben die Hoffnung, ihr Mädchen eines Tages wiederzufinden, nie ganz aufgegeben. Leider wurde ihre Verzweiflung in der Vergangenheit bereits einmal von gewissenlosen Betrügern ausgenutzt und Cash, der aufgrund seiner eigenen Herkunft nur zu gut weiß, wie Ganoven agieren, hat sich geschworen, das nette Paar vor einer erneuten Enttäuschung zu bewahren. Als er erkennt, dass Chloe kein falsches Spiel spielt, alle Indizien hingegen darauf hindeuten, dass sie tatsächlich Emily Fuller ist, überzeugt er sie davon, Nachforschungen anzustellen. Sie ahnen nicht, dass sie sich damit in Lebensgefahr begeben. Und ihre aufkeimenden Gefühle füreinander machen die Suche nach der Wahrheit noch riskanter…

Ich bin einfach nur begeistert von den facettenreichen, wahnsinnig tiefgründigen und durch und durch glaubwürdig gezeichneten Figuren – was auch die Nebenfiguren, wie Chloes Eltern oder ihre neue Freundin Lindsey, inkludiert. Unglaublich, wie lebensnah die Charaktere ausgearbeitet worden sind! Sowohl in die von der neuen Situation oftmals überforderte Chloe als auch in Cash, der sich für seine Vergangenheit schämt und noch immer schuldig fühlt, habe ich mich direkt hineinversetzen können, zumal der Großteil der Handlung aus beiden Perspektiven erzählt wird. Die Autorin hat dies hervorragend gelöst – Chloes Sicht lesen wir in der Ich-Form/Präsens, Cashs in der 3. Person/Präteritum. Auch die emotionale Verbindung zwischen den Hauptprotagonisten hat mich vollends überzeugt. Der Schreibstil ist angenehm locker und lebendig, voller Gefühl und Action. Die Spannung steigert sich unermüdlich und man kann sich förmlich nicht losreißen vom Buch! Ist Chloe wirklich Emily?!

Fazit: Ein absoluter Pageturner! Ich freue mich diebisch über diese tolle Buch-Entdeckung und spreche eine klare Leseempfehlung aus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.05.2021

Leider nicht überzeugend!

The Second Princess. Vulkanherz
0

Wie sehr hatte ich mich auf dieses Buch gefreut! Nach einer Leseprobe war ich regelrecht hingerissen vom Schreibstil und der kreativen Story-Idee. Nach den ersten Kapiteln war ich mir ziemlich sicher, ...

Wie sehr hatte ich mich auf dieses Buch gefreut! Nach einer Leseprobe war ich regelrecht hingerissen vom Schreibstil und der kreativen Story-Idee. Nach den ersten Kapiteln war ich mir ziemlich sicher, dass "The Second Princess" (Carlsen Verlag, März 2021) zu meinen Jahreshighlights zählen würde. Nach der Lektüre muss ich leider sagen: So kann man sich täuschen.

Das dunkle, mystisch anmutende Cover passt gut zur Geschichte und unterstreicht das geheimnisumwobene Flair, das der vielversprechende Klappentext hervorruft. Auch das hübsche Innencover ist ein Hingucker.

Die Idee für diese von Fantasy-Elementen durchzogene Story ist wirklich mal etwas ganz Außergewöhnliches, daher war mein Interesse sofort geweckt: eine royale, ausschließlich von Frauen angeführte Familie auf einer exotischen Vulkaninsel in der Karibik; der mysteriöse Tod einer jungen Prinzessin; eine geänderte Thronfolge mit weitreichenden Folgen; ein geheimnisvolles Eingeborenen-Volk inmitten eines tropischen Dschungels und eine gefährliche Dämonenwelt. Ich meine, wow! - Wer wird da nicht neugierig?!

Zu Beginn war mir die weibliche Hauptfigur, Saphina, die nach dem Tod ihrer älteren Schwester nun die Rolle der zweiten Prinzessin einnimmt, durchaus sympathisch. Ich konnte ihre ablehnende Haltung gegenüber des unterkühlten und unmenschlich strengen Palast-Protokolls nachvollziehen, spürte ihre Trauer um die herzensgute Maylin, die ihre einzige Stütze und Bezugsperson in der Königsfamilie gewesen war, und verstand ihre Empörung über die Tatsache, dass scheinbar alle Menschen in ihrem Leben große Geheimnisse vor ihr gehabt haben. Nun wird von Saphina erwartet, dass sie sich binnen kürzester Zeit für den Kampf gegen Dämonen vorbereitet, von deren Existenz sie bisher keine Ahnung hatte. Je näher ich Saphina kennenlernte, umso weniger konnte ich mich mit ihr identifizieren. Bald war ich angesichts ihrer störrisch-naiven, irrationalen und pubertären Verhaltensweise genervt, und irgendwann empfand ich sie schlichtweg als anstrengend und unsympathisch, was ein großes Problem für mich darstellte, da ich die Figuren mögen muss, um auch die Story zu mögen. Selbst die fantasievollste Handlung spricht mich nicht an, wenn ich nicht von Herzen mit den Protagonisten mitfiebern kann. Der Reife-Prozess von Saphina ist ein elementares Element, konnte mich allerdings nicht überzeugen. Im alles entscheidenden Moment, als es gilt, die Sicherheit ihres Volkes zu gewährleisten, denkt Saphina nur an sich selbst und an ihre eigenen Bedürfnisse, lässt sich von ihren Emotionen leiten und beweist, dass ihr sowohl Weitblick, Besonnenheit als auch Verantwortungsgefühl fehlen. Am liebsten wäre ich ins Buch geklettert und hätte sie vor Wut geschüttelt.

Auch zu Dante (- Sohn eines Barons, Ex-Freund der verstorbenen Maylin und nun Saphinas 'Lehrmeister' -) konnte ich keine Verbindung aufbauen, was gar nicht mal an seinen permanenten Stimmungsschwankungen lag (die ihn, in meinen Augen, übrigens nicht anziehend machten, sondern einfach nur nervten); vielmehr erschien mir seine Figur als sehr oberflächlich ausgearbeitet. Das Gleiche gilt für Saphina und für die völlig irrelevante Liebesbeziehung, die blass und unauthentisch rüberkommt. Kurzum: Bei den Protagonisten fehlte mir die Tiefe und ich wurde einfach nicht warm mit ihnen.

Im Hinblick auf das Setting hätte ich mir mehr Details erwartet, es konnte mich nicht fesseln - zu wenig Insel-Feeling, null Karibik-Flair. Zwar spielt sich die Handlung in der Gegenwart ab, aber die Erwähnung von hippen Chucks oder Ed-Sheeran-Songs passten für mich ebenfalls überhaupt nicht zur Story, die insgesamt nicht ganz ausgereift wirkt, Logikfehler enthält, etwas zäh vor sich hindümpelt und erst kurz vor knapp an Fahrt aufnimmt.

Der Schreibstil ist locker und somit dem Jugendbuch-Genre entsprechend. Positiv hervorheben möchte ich auch, dass es gegen Ende zwei, drei interessante Plottwists gab, die ich nicht hatte kommen sehen.

Fazit: Das Buch hat mega stark angefangen und dann leider auch stark nachgelassen. Sehr schade! Selten habe ich mit meinem Ersteindruck so danebengelegen. Enttäuscht war ich aufgrund der nicht liebenswerten, blassen Figuren, der fehlenden emotionalen Tiefe und der über große Strecken langweiligen Handlung in einem nicht überzeugenden Setting. Meine 2 ½ Sterne vergebe ich für den Schreibstil, die Grundidee und das Cover.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.05.2021

Cat & Pug

Lady Churchill
0

Mit ihrem solide recherchierten und lediglich durch ein wenig Fiktion angereicherten historischen Roman "Lady Churchill" hat die Autorin Marie Benedict ein stimmungsvolles Porträt jener Frau geschaffen, ...

Mit ihrem solide recherchierten und lediglich durch ein wenig Fiktion angereicherten historischen Roman "Lady Churchill" hat die Autorin Marie Benedict ein stimmungsvolles Porträt jener Frau geschaffen, die (- trotz ihrer zweifelsohne bedeutenden Rolle in der jüngeren Geschichte -) bisher wenig Beachtung erhalten hat. Auch ich muss zugeben, dass der legendäre Staatsmann Winston Churchill mir natürlich ein Begriff war, ich allerdings über keinerlei Wissen hinsichtlich seiner Gattin verfügte. Wer war Clementine Churchill und wie sah ihr Leben an der Seite des britischen Premierministers aus?

Bereits bei ihrer Trauung mit dem 11 Jahre älteren Winston schwor sich die damals 23-jährige Clementine: "[…] mein Leben wird sich nicht allein darum drehen, die unsichtbare Stütze meines Mannes zu sein". Mit dieser Überzeugung sollte sie recht behalten, denn noch vor ihrer Eheschließung war ihr Mann, den sie liebevoll 'Pug' (Mops) nannte, gleichermaßen fasziniert und begeistert von 'Cats' wachem Geist, ihren unkonventionellen Ansichten und ihrem aufrichtigen politischen Interesse.

"Man sieht und hört ja sonst eher selten etwas von den Ehefrauen von Politikern. […] Ich aber will eine gehaltvollere Rolle spielen […], und Winston ermuntert mich dazu – nein, er verlangt von mir -, eine wichtige Position einzunehmen […]."

Clementine wird seine engste Vertraute, Beraterin und Beschützerin; mehr als einmal rettet sie ihm wortwörtlich das Leben und wirkte auf mich oftmals, als hätte sie, in gewisser Weise, indirekt auch eine Mutterrolle ihm gegenüber eingenommen. Ihre bedingungslose Unterstützung und permanente Ermutigung ist für Winston, der als Kind enorm unter dem "Mangel elterlicher Liebe und Zuwendung" gelitten hatte, elementar und lebenswichtig. Zeitweise wird sogar der Eindruck vermittelt, dass er ohne die Hilfe seiner Frau völlig aufgeschmissen und hilflos wäre.

"In der Öffentlichkeit wirkt Winston immer enorm selbstsicher und manchmal sogar streitsüchtig, aber im privaten Rahmen lechzt er nach Bewunderung und bedingungsloser Herzlichkeit."

Ironischerweise fällt es Clementine gegenüber ihren eigenen Kindern hingegen schwer, diese Mütterlichkeit zu leben, wobei dies nicht aus Bosheit geschieht. Sie wünscht ihnen das Beste, es gelingt ihr aber nicht, eine enge Bindung zu ihnen aufzubauen. Tatsächlich hinterfragt sie die Gründe für diese Distanz selbst, kann aber dennoch nicht aus ihrer Haut. Dadurch verpasst sie entscheidende Momente ihrer Kinder, die hauptsächlich von Angestellten betreut werden. Vielleicht hätte die Situation anders ausgesehen, hätte man Frauen damals bereits eine berufliche Rolle in der Politik zugestanden; heutzutage gibt es schließlich viele Politikerinnen, die gleichzeitig auch Mütter sind. Clementine, die gerne arbeitete, eine ausgezeichnete Ausbildung genossen hatte und ihre klugen Gedanken in die Tat umsetzen wollte, hatte womöglich das Gefühl, sich zwischen Mutterrolle und Selbstverwirklichung entscheiden zu müssen. Ein wenig schade fand ich, dass wir sie hauptsächlich aus der Perspektive ihrer Ambitionen und ihres Schaffens an der Seite von Winston erleben, und relativ wenig über sie als Privatmensch erfahren - ihre Vorlieben, Hobbies, etc.

Der Schreibstil ist angenehm unterhaltsam, direkt und keineswegs nüchtern, wie man es bei einem Roman vor politischem Hintergrund eventuell vermuten würde. Insbesondere Winston ist nicht zu einem trockenen Nebenprotagonisten degradiert worden, sondern wirkt ausgesprochen liebenswürdig, teilweise beinahe schelmenhaft, wenn auch anstrengend und selbstbezogen; er und seine Frau sind nicht frei von Fehlern, aber genau das macht sie glaubwürdig.

Die Autorin zeichnet ein atmosphärisches Bild der damaligen Gesellschaft und lässt uns in eine Zeit eintauchen, in der die Welt kurz vor dem Abgrund stand. Wir begleiten die Churchills durch beide Weltkriege und die Jahre dazwischen, erleben die Höhen und Tiefen ihrer letztlich unerschütterlichen und von gegenseitiger Zuneigung und Respekt getragenen Ehe. Mit beeindruckender Selbstverständlichkeit und Stärke vertritt Clementine ihre Meinung bezüglich zahlreicher Staatsangelegenheiten, prangert die unmenschlichen Bedingungen und Hygienemängel in den Schutzräumen an, setzt sich für das Wahlrecht der Frauen ein und zieht die Fäden im Hintergrund, indem sie auf Winston einwirkt – all das entgegen den damals vorherrschenden gesellschaftlichen Normen, nach denen Frauen in der Politik nichts zu suchen hatten.

Das in Sepia-Tönen gehaltene Cover erinnert an eine verblasste Fotografie, ist also dem Genre entsprechend gewählt worden. Für meinen Geschmack hätte es optisch gerne noch etwas auffallender gestaltet sein können, um in der Vielzahl biographischer Frauenromane nicht unterzugehen.

Fazit: Trotz kleiner Längen im Mittelteil hat mich das Werk sehr gut unterhalten. Gerne empfehle ich diese Lektüre über eine starke, außergewöhnliche Frau allen Geschichts- und Politikinteressierten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.04.2021

Emotionaler Familienroman!

Sommerleuchten am See
0

Sarah Morgan ist eine grandiose Erzählerin! Zwar überzeugt sie mich auch stets mit ihren romantischen Geschichten, aber es sind vor allem ihre Familienromane, die mich immer wieder aufs Neue begeistern. ...

Sarah Morgan ist eine grandiose Erzählerin! Zwar überzeugt sie mich auch stets mit ihren romantischen Geschichten, aber es sind vor allem ihre Familienromane, die mich immer wieder aufs Neue begeistern. Trotz ähnlicher Elemente - mehrere Generationen, verschiedene Erzählperspektiven, die Aufarbeitung eines Geheimnisses oder eines Konflikts sowie ein malerisches Setting - ist jedes ihrer Werke einzigartig und zeichnet sich durch facettenreiche, aus dem Leben gegriffene Figuren, authentische Emotionen und einen meisterhaften Schreibstil aus. Die farbenfrohe Covergestaltung fügt sich harmonisch in den Stil der bisherigen Romane der Autorin ein.

Die sympathische Floristin Flora hatte es nicht leicht im Leben. Ihre Mutter verstarb früh und die Tante, bei der sie anschließend aufwuchs, zog sie ohne Liebe groß. Von klein auf hatte Flora das Gefühl, ein Klotz am Bein anderer Menschen zu sein. Umso mehr bemühte sie sich um ein fröhliches, optimistisches Wesen, wollte gefallen, tat alles, um gemocht zu werden. Diese Angewohnheit hat sie auch als Erwachsene nie ganz abgelegt; noch immer lässt sie sich von ihrer Chefin ausnutzen und geht Konflikten aus dem Weg. Ist es denn falsch, sich nach Harmonie zu sehnen? Tatsächlich ist Flora trotz zahlreicher Aktivitäten und ihrer besten Freundin ein sehr einsamer Mensch. All ihre Beziehungen sind bisher daran gescheitert, dass sie sich zu sehr verbogen hat, um den Ansprüchen ihres jeweiligen Partners zu genügen. Inzwischen hat sie beinahe vergessen, wie es sich anfühlt, einfach nur sie selbst zu sein. Doch dann trifft sie auf Jack und erlebt mit ihm eine Vertrautheit, die sie sich schon immer gewünscht hat.
Jack, verwitwet, charmant und auf rührende Weise überfordert mit seinen beiden Töchtern, scheint Flora wirklich zu sehen. Nicht nur ihre bunten Kleider oder ihr strahlendes Lächeln, sondern die warmherzige, aufopferungsvolle Frau, die alles tut, um andere Menschen glücklich zu machen. Jacks Töchter, Teenager Izzy und die kleine Molly, sind nicht gerade begeistert von Daddys neuer Freundin. Vor allem Izzy setzt alles daran, Flora ein klares Zeichen zu senden, das da lautet: In dieser Familie ist kein Platz für dich. Und Jacks verstorbene Frau, Becca, ist selbst jetzt noch scharfe Konkurrenz für Flora – sie war der strahlende Mittelpunkt jeder Party, ein bewunderter Celebrity, ambitioniert, sportlich, wohltätig engagiert, kurzum: in allem die Erste, Beste, Schönste. Dagegen kommt Flora sich wie ein tollpatschiger Elefant vor; ihre Talente beschränken sich schließlich auf Zeichnen, Backen und Blumenarrangements. Jack hingegen ist zum ersten Mal seit langer Zeit wieder glücklich und besteht darauf, dass Flora ihn und seine Töchter in den traditionellen Jahresurlaub nach England begleitet. Diese liebe Geste wirft eine Reihe von Problemen auf: 1. Izzy spuckt Gift und Galle; 2. der Urlaub findet auf dem Grundstück von Beccas bester Freundin (Clare) statt, 3. das Feriendomizil liegt an einem See – und seit einem traumatischen Erlebnis kann Flora sich keinem Gewässer nähern. Ist sie also wahnsinnig mutig oder einfach nur verrückt, sich darauf einzulassen?

Binnen weniger Seiten hatte ich bereits das Gefühl, die einzelnen Charaktere gut zu kennen und im Hinblick auf ihr Verhalten realistisch einschätzen zu können. Hierin liegt die große Stärke der Autorin; man taucht wie selbstverständlich in die Gedankengänge ihrer Figuren ein und fühlt von Anfang an mit ihnen mit. Erzählt wird aus der Sicht von Flora, Clare und Izzy. Während die gutmütige, geduldige Flora meine klare Favoritin war, trieb Izzys – wenn auch nachvollziehbares – störrisches Verhalten mich regelmäßig in den Wahnsinn. Das Mädchen hat die Rolle ihrer verstorbenen Mutter übernommen und sieht sich als alleinige Managerin des Haushalts, wobei dies im Grunde nur ihre Art der Trauerbewältigung ist. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass Jacks verstorbene Frau keine Pluspunkte bei mir gesammelt hat; sie schien eine ausgesprochen egoistische, rücksichtslose und verunsicherte Person gewesen zu sein und verdient nicht, im Nachhinein von ihrer Familie auf einen Sockel gestellt zu werden. Es wäre schön gewesen, wenn die Autorin Becca zumindest ein klein wenig liebenswertere Charakterzüge zugeschrieben hätte, damit die Rollenverteilung ('gut vs. böse') nicht ganz so offensichtlich gewesen wäre.

Die Themen dieses tiefgründigen Romans reichen von Verlust, Vergebung und Neuanfängen über Familienzugehörigkeit und Selbstfindung bis hin zur Frage, was wahre Freundschaft wirklich ausmacht. Der Schwerpunkt liegt nicht auf einer potentiellen Liebesbeziehung, sondern auf zwischenmenschlichen Beziehungen im Allgemeinen.

Gerne spreche ich eine klare Leseempfehlung für alle Liebhaber von emotional anspruchsvollen, dramatischen, berührenden (Familien-)Geschichten mit glaubwürdigen Charakteren aus.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere