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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2019

Netter weihnachtlicher Kurzroman

Die Kinder des Nordlichts
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Da mich "Aufbruch in ein neues Leben" von Linda Winterberg sowohl im Hinblick auf Schreibstil als auch Handlungsaufbau restlos begeistert hatte, freute ich mich riesig, als ich dieses neue Werk von der ...

Da mich "Aufbruch in ein neues Leben" von Linda Winterberg sowohl im Hinblick auf Schreibstil als auch Handlungsaufbau restlos begeistert hatte, freute ich mich riesig, als ich dieses neue Werk von der Autorin entdeckte. Bei "Die Kinder des Nordlichts" handelt sich um einen Mini-Folgeroman zu "Das Haus der verlorenen Kinder," welches ich noch nicht gelesen hatte.

Nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter Betty verlässt Marie Norwegen und kehrt nach Deutschland zurück. Sie hat schwer an diesem Verlust zu knabbern, insbesondere, weil sie Betty erst kurz vor deren Tod kennengelernt hatte und den beiden Frauen nur wenig gemeinsame Zeit vergönnt gewesen war. Auch Maries Freundin Elin hat ihre Oma verloren; sie trifft der Verlust noch härter, denn zeitgleich verliert sie damit auch ihren Arbeitsplatz – sie hatten gemeinsam ein Café betrieben. Marie überzeugt Elin davon, ihren deutschen Großvater ausfindig zu machen und verspricht, ihr bei der Suche nach ihm zu helfen. Tatsächlich gelingt es Maries Freundin Gertrud, Elins Opa Wilhelm aufzuspüren – doch eine erste Begegnung verläuft für die junge Frau dermaßen enttäuschend, dass sie Deutschland am liebsten gleich wieder verlassen würde: Wilhelm leugnet, Elins Oma je gekannt zu haben. Zum Glück stehen Marie und Gertrud Elin bei und überzeugen sie davon, nicht gleich alle Hoffnung aufzugeben. Stattdessen wagen sie einen Neuanfang: die Eröffnung eines norwegischen Cafés, im Zentrum Wiesbadens. Keine leichte Aufgabe, mitten im Vorweihnachtstrubel…

Ich habe mir während der Lektüre immer wieder in Erinnerung rufen müssen, dass es sich um einen Kurzroman handelt, um nicht unbegründet enttäuscht zu sein. Am besten lässt es sich wohl so ausdrücken: die Autorin schreibt viel zu sensationell, um auf solch ein kleines Format beschränkt zu werden – auf mehreren hundert Seiten, da können sich ihre Figuren unverwechselbar entfalten. Bei dieser Kurzausgabe bleibt ihr allerdings gerade mal Gelegenheit, die Charaktere halbwegs vorzustellen. Ich weiß, dass die Autorin wundervolle zwischenmenschliche Beziehungen aufs Papier zaubern und Figuren erschaffen kann, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben. Leider war dies hier nicht möglich, was ich unglaublich schade finde. Wenn schon so wenig Seiten (- von denen ein gewisser Anteil dazu noch für Rückblicke / Erinnerungen verwendet werden muss, damit auch Leser ohne Vorkenntnisse der Handlung folgen können -), dann hätte auch hinsichtlich des Inhalts bzw. der verschiedenen Themen eine Kürzung vorgenommen werden müssen: z.B. ein Roman über zwei Freundinnen, die ein norwegisches Café eröffnen, fertig – ohne Familienhintergrund. Oder zwei Freundinnen, die gemeinsam nach einem verschollenen Verwandten suchen – ohne Café. So aber war es zu viel des Guten und wirkte an vielen Stellen etwas unglaubwürdig, gerade im Hinblick auf die chaotische Geschäftseröffnung. Sagen wir einfach, in einem Weihnachtsroman darf man die Realität gerne etwas verbiegen, um zum erhofften Happy End zu kommen; das ist schon okay. Mein Romanliebling war ganz klar die herzensgute Gertrud und ich hoffe, dass die Autorin uns in der Zukunft noch mit einem Roman über Elins Leben in Deutschland beglücken wird.

Ein ganz großes Plus dieser Kurzgeschichte sind die detaillierten Beschreibungen des Cafés, von der Einrichtung bis hin zu den servierten Köstlichkeiten – gäbe es das "Café Farsund" tatsächlich, könnten sich die Betreiber gewiss nicht retten vor Kundschaft. Die vielen leckeren norwegischen Rezepte im Anhang (Pfefferkuchen, Kuchen, Glühwein) lassen einem auf jeden Fall das Wasser im Mund zusammenlaufen. Auch die in die Handlung eingeflochtene Weihnachtsstimmung hat zum Lesegenuss beigetragen.

Fazit: Eine nette kleine Vorweihnachtsstory, die wohl größtenteils als Ergänzung zum Hauptroman zu sehen ist, von dem ich mittlerweile schon viel Positives gehört habe und der nach wie vor auf meiner Wunschliste steht.

Veröffentlicht am 03.11.2019

Mitreißender Nachkriegsroman

Die Zeit der Töchter
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Katja Maybach hat mit diesem bewegenden, gut recherchierten Werk wunderbar den Zeitgeist der 50er Jahre eingefangen. Es ist schon erschreckend, wie oft Geschichte sich wiederholt – und dennoch scheint ...

Katja Maybach hat mit diesem bewegenden, gut recherchierten Werk wunderbar den Zeitgeist der 50er Jahre eingefangen. Es ist schon erschreckend, wie oft Geschichte sich wiederholt – und dennoch scheint die Menschheit einfach nicht dazuzulernen. Viele der damaligen Probleme sind auch heute leider noch allgegenwärtig.

Es ist das Jahr 1957. Der Krieg mag vorbei sein, doch noch immer gibt es Ausgrenzung und Hassparolen in Deutschland. Wie kann das möglich sein? Die Schwägerinnen Vivien und Maria verfolgen entsetzt, wie der Fremdenhass von der Partei 'Freunde der Heimat' wieder neu befeuert wird. Seit Jahren setzen sich die beiden Frauen für Flüchtlinge aus dem Osten ein. Auch Besatzungskinder haben es nicht leicht, werden oftmals schikaniert und angefeindet. Vivien freundet sich mit dem fünfjährigen Daniel an, dem Sohn eines dunkelhäutigen Amerikaners. Daniel hofft seit Jahren vergeblich auf die Heimkehr seines Vaters, während seine Mutter, eine junge Ostpreußin, Tag und Nacht schuftet und nie Zeit für den kleinen Jungen hat. Vivien ist wild entschlossen, dem Kind und seiner Mutter zu helfen und ahnt nicht, dass sie sich mit ihrem Mitgefühl selbst zur Zielscheibe macht… Währenddessen leben die Cousinen Anna und Antonia gemeinsam in München und beschließen, ihren Müttern eine große Überraschung zu bereiten: sie wollen die Frauen aufspüren, die einst von Maria und Vivien aus einem Lager gerettet worden waren.

Ich hatte den Vorgängerband, "Die Stunde unserer Mütter", noch nicht gelesen, trotzdem habe ich dem Geschehen problemlos folgen können – mehr noch: die Autorin versteht es, die Leser von der ersten Seite an so gekonnt in den Bann zu ziehen und immer wieder subtil kleine Rückblenden und Erklärungen zur Vergangenheit der Figuren einfließen zu lassen, dass man sich von Anfang an 'mittendrin' fühlt. Alle Figuren sind intensiv ausgearbeitet und facettenreich gestaltet worden; so unterschiedlich die Frauen auch sind, so geeint sind sie in ihrem Mut, ihrer Hilfsbereitschaft und ihrer Güte. Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, wobei auf eine sehr übersichtliche und stets nachvollziehbare Struktur geachtet worden ist. Auch die Kapitellänge habe ich als sehr angenehm empfunden. Neben den vier weiblichen Hauptfiguren erhält man zudem einen Einblick in die Gedanken von Veronika (- der hübschen jungen Ostpreußin, die als Kellnerin im Wirtshaus regelmäßig Avancen wie auch Feindseligkeiten abwehren muss -) und Marie-Luise (- einem Teenager, dessen Vater ein Kriegsverbrecher gewesen war -).

Für mich stand hauptsächlich das Schicksal von Vivien und dem kleinen Daniel im Vordergrund (- viele Tränen habe ich darüber vergossen, wie herzlos manche Menschen selbst Kindern gegenüber waren -), auch wenn die anderen einzelnen Handlungsstränge ebenfalls interessant waren. Der emotionale Schreibstil der Autorin hat mich absolut begeistert – die Lektüre war eine regelrechte Achterbahn der Gefühle für mich, berührende Szenen wechselten sich ab mit Momenten der Wut und Fassungslosigkeit. Das Werk ist keine leichte Kost, wie das lebensfrohe Cover vielleicht suggerieren mag, aber zeitgleich ist es auch voller Hoffnung.

Fazit: Ein ergreifender historischer Roman, dessen Thematik heute aktueller denn je ist.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Düsterer Regionalkrimi

Der Tod tanzt in Graz
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Für mich war es das erste Mal, dass ich dem Ermittlerteam um Armin Trost begegnet bin, dennoch lässt sich das Werk gut auch ohne Vorkenntnisse lesen, da die wichtigsten Ereignisse der Vergangenheit kurz ...

Für mich war es das erste Mal, dass ich dem Ermittlerteam um Armin Trost begegnet bin, dennoch lässt sich das Werk gut auch ohne Vorkenntnisse lesen, da die wichtigsten Ereignisse der Vergangenheit kurz im Laufe der Erzählung umrissen werden und man ein Gefühl für die Zusammenhänge bekommt.

Wer hier aufgrund des Volksmusik-Themas eine gemütliche Cosy Crime-Stimmung erwartet, irrt gewaltig. Auch in der schönen Steiermark, in dessen Hauptstadt Graz das größte Volksfest des Jahres ansteht (- das "Aufsteirern" -), ist nicht alles Gold was glänzt, schon gar nicht in der Musikbranche, die mit Schunkelrhythmen den Trachtenträgern und Biersüfflern eine heile Welt vorgaukelt. Bei einer Fanwanderung auf der Alm wird ein Musiker aus dem Hinterhalt erschossen und er wird nicht das einzige Mordopfer bleiben. Ermittlerin Annette Lemberg (eine zugezogene Deutsche) und ihr Kollege Hinterher (der den Spitznamen "Graf" hat und im wahrsten Sinne 'hinterher' ist, nämlich nach seiner hübschen Kollegin) müssen ohne ihren untergetauchten Abteilungsleiter auskommen, denn Armin Trost ist verschwunden – ab und zu erhalten sie eine kryptische Nachricht von ihm, sein Aufenthaltsort ist unbekannt. Dennoch ist Trost alles andere als untätig und mischt fleißig mit in den Ermittlungen, wenn auch zunächst undercover. Allen Bemühungen zum Trotz scheint der Mörder der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein und alles steuert auf einen fulminanten Showdown hin, mitten in den Feierlichkeiten des Aufsteirerns – ein logistischer Albtraum.

Die Kapitel sind recht lang, jedoch übersichtlich unterteilt. Die Spannung steigt bis zum Schluss kontinuierlich an und nie entsteht ein Eindruck der Langatmigkeit oder Langeweile. Meine Lieblingsfigur war Lemberg, in die ich mich prima hineinversetzen konnte. Im Anschluss an den Roman folgt ein Anhang, der über Wahrheit und Fiktion aufklärt und eine Vielzahl typisch steirischer Begriffe zum Thema Volksmusik erläutert. Der Schreibstil verlangt dem Leser definitiv Konzentration ab, was bei einem Krimi/Thriller auch völlig berechtigt ist. Einzig der konstant negative Touch, der unterschwellig immer mitschwang, war mir manchmal ein wenig zu viel; etwas mehr Humor (nicht nur rabenschwarzer) wäre toll gewesen. Das Cover allerdings ist äußerst treffend gewählt worden und fängt die düstere Stimmung perfekt ein.

Fazit: Bestens geeignet zum Mitfiebern und Miträtseln!

Veröffentlicht am 02.11.2019

Ein absolutes Lese-Highlight!

Die Dame hinter dem Vorhang
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Ich kann die Autorin nur beglückwünschen zu diesem wundervollen Werk, das mich zutiefst berührt und inspiriert hat! Zu Beginn der Lektüre war der Name Edith Sitwell mir kein Begriff und so war ich gespannt ...

Ich kann die Autorin nur beglückwünschen zu diesem wundervollen Werk, das mich zutiefst berührt und inspiriert hat! Zu Beginn der Lektüre war der Name Edith Sitwell mir kein Begriff und so war ich gespannt auf die schillernde Persönlichkeit, die sich wohl dahinter verbergen würde. Ich kann nur sagen: Was für ein Lesegenuss! Meisterhaft verknüpft die Autorin Wahrheit mit einem Hauch Fiktion. Für mich war es das stimmungsvollste Portrait, das ich je gelesen habe.

Als Edith im Jahre 1887 auf Renishaw Hall zur Welt kommt, sind ihre Eltern entsetzt: weder ist sie der erhoffte männliche Nachkomme der noblen Familie noch ist sie hübsch. Insbesondere Letzteres ist in den Augen der Eltern ein unverzeihlicher Makel, den es zu beseitigen gilt; andernfalls stünden Ediths Chancen auf dem Heiratsmarkt schlecht. Edith, die mit einem beeindruckend scharfen Verstand und einer schier unglaublichen Vorstellungskraft und Kreativität gesegnet ist, wird in eine Streckapparatur gesteckt; lediglich die Hausangestellten fühlen mit dem jungen Mädchen, das von ihrer Familie seit Geburt an nur kühle Zurückweisung und Ablehnung erfahren hatte. Und dann ist da noch Ediths Freundin Emma Banister, die Tochter des obersten Gärtners, die Edith beisteht. Jahre später wird Emmas Tochter (Jane) Edith als deren persönliches Dienstmädchen nach London begleiten. Sie wird Ediths mitunter engste Vertraute, Freundin, Ratgeberin und bleibt dennoch stets ihre Angestellte, wahrt weiterhin eine ehrfürchtige Distanz. Speziell kleine Gesten in dieser innigen Freundschaft zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen haben mich oftmals zu Tränen gerührt. Durch Emmas und Janes Augen lernen wir die Grande Dame kennen und begleiten sie durch ihr bewegtes Leben: durch Friedenszeiten und Krieg, finanzielle Dürreperioden, unerwiderte Liebe und den ganz großen schriftstellerischen Erfolg. Ob London, Paris, New York oder Hollywood – nie weicht Jane von Ediths Seite. Edith polarisiert und eckt an, ist nie ungerecht, sagt stets, was sie denkt und tut es mit der Eleganz einer Raubkatze. Sie ist exzentrisch, aber stets äußerst loyal ihren Freunden und Brüdern gegenüber. Ihre Intelligenz ist beflügelnd, ihre Spitzzüngigkeit bei Kritikern gefürchtet. Sie hat früh gelernt, Unabhängigkeit zu schätzen, sehnt sich nach Liebe und wird doch nie heiraten, vergöttert ihre Katzen und kann furchtbar launisch sein.

Einfühlsam, emotionsgeladen, voller humorvoller Elemente und geprägt von intensiver Recherche ist der Schreibstil der Autorin Veronika Peters. Selten hat ein Buch mich dermaßen in seinen Bann gezogen. Es ist ein Werk, bei dem man am liebsten laut in die Welt hinausschreien möchte: "Alle mal herhören! Ihr müsst dieses Buch lesen!" Die Liebe fürs Detail zeigt sich nicht nur an den unheimlich authentischen Dialogen und detaillierten Beschreibungen, sondern auch an der wunderschönen Buchgestaltung samt Lesebändchen sowie dem enorm umfangreichen Literaturverzeichnis – ein Traum für alle Vielleser.

Fazit: Das eindrucksvolle Portrait einer mutigen, charakterstarken Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Für mich ist es eines der Lese-Highlights der letzten Jahre. Unbedingte Leseempfehlung!!

Veröffentlicht am 02.11.2019

Liebe kennt keine Tabus

Irgendwann vielleicht Wir
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Mary Kuniz hat mir mit diesem unterhaltsamen Werk viele fröhliche Lesestunden beschert. Zunächst war ich angesichts der Seitenanzahl erstaunt – beinahe 500 Seiten sind ja eher typisch für epische Familiendramen ...

Mary Kuniz hat mir mit diesem unterhaltsamen Werk viele fröhliche Lesestunden beschert. Zunächst war ich angesichts der Seitenanzahl erstaunt – beinahe 500 Seiten sind ja eher typisch für epische Familiendramen oder Geschichtsromane. Dennoch kann ich im Nachhinein festhalten, dass die Autorin diesen Umfang des Werks wohl genutzt hat: speziell der Charakterisierung der weiblichen Protagonistin ist viel Aufmerksamkeit gewidmet worden, was die Figur der Helena Treu extrem nachvollziehbar wirken lässt.

Die lebensfrohe, optimistische Helena ist ein liebenswertes Energiebündel. Sie ist eine geschiedene, attraktive Frau um die Fünfzig, hat bereits 2 erwachsene Söhne und entzückende Enkelkinder. Mit ihrem Vater, der im Pflegeheim lebt, verbindet sie eine innige Liebe. Auch ihre beste Freundin Betty bereichert ihr Leben, seit Jahren sind die beiden Frauen unzertrennlich und füreinander da. Gelegentlich arbeitet Helena in einer Bar – dort ist einer ihrer Stammgäste, der sympathische und flirtlustige Jo, längst auf die schöne Frau aufmerksam geworden. Helena belächelt seine Avancen – welche Frau würde sich nicht geschmeichelt fühlen von den charmanten Sprüchen eines gutaussehenden jungen Mannes? Noch dazu einem, dem die Herzen aller Mädels zuzufliegen scheinen. Dennoch rührt die Aufrichtigkeit seiner Worte, seine Zuverlässigkeit und erstaunliche Lebensweisheit etwas in Helena an und langsam beginnt ihre Abwehr zu bröckeln. Sie mag Jo. – Aber er ist kaum älter als ihre eigenen Söhne; eine ernsthafte Beziehung scheint unmöglich. Jo allerdings lässt sich nicht entmutigen und ist wild entschlossen, Helena davon zu überzeugen, dass wahre Liebe kein Alter kennt…

Das wunderschöne Cover passt perfekt zu diesem herzlichen, humorvollen Roman. Vor allem die Schuhe sind ein toller Hingucker und eine kleine Anspielung auf Helena, die nicht nur eine Vorliebe für offenes Schuhwerk hat, sondern regelrecht durchs Leben zu tanzen scheint.

Helena ist eine wahre Power-Frau. Ein Sonnenschein, eine liebevolle Mutter und verständnisvolle Freundin – jemand, mit dem man herumalbern wie auch weinen kann. Ich habe mich unheimlich gut in die Hauptfigur hineinversetzen können und sie aufgrund ihrer goldigen Art direkt ins Herz geschlossen. Man wünscht Helena einfach, dass sie ihr (Liebes-)Glück findet, sie verdient es so sehr. Ihr Zögern gegenüber Jo ist mehr als verständlich, denn noch immer scheint es in unserer Gesellschaft ein Tabu zu sein, dass Frauen das tun, was Männer seit jeher für sich beanspruchen: eine Beziehung mit einem deutlich jüngeren Partner einzugehen. Auch Jos Gedanken und Gefühle werden absolut nachvollziehbar beschrieben – ein Konflikt zwischen dem ungleichen Paar scheint vorprogrammiert. Die Familie Helenas ist wie aus dem Leben gegriffen – ein munteres Miteinander; manche Familienmitglieder sind zum Knuddeln, anderen geht man am besten aus dem Weg. Selten habe ich so beherzt spontan auflachen müssen, wie beim Lesen gewisser Familienszenen – ich sage nur: Testamentseröffnung. Ein köstlicher Spaß!

Mit Betty, Helenas bester Freundin, habe ich mich dagegen überhaupt nicht identifizieren können; für ihr Verhalten (- begründet darin, dass die Ehe zu ihrem Gatten Holger eingeschlafen ist und jeglichem sexuellen Prickeln entbehrt -) hatte ich nur Kopfschütteln übrig. Aber auch solche Menschen gibt es und selbst wenn Helena nicht alles gutheißt, was ihre Ulknudel von Freundin fabriziert, stehen sie beide doch felsenfest und unerschütterlich füreinander ein.

Ein klitzekleines Minus waren für mich die etwas zu häufigen und zu detaillierten Sex-Szenen sowie der manchmal leicht aufgesetzt/übertrieben wirkende Jugendslang in diesem Zusammenhang. Leidenschaft? Gerne! Diese ist auch wunderbar zum Ausdruck gekommen – ich persönlich war lediglich von der ganzen Erotik etwas erschlagen. Aber das ist reine Geschmackssache.

Der Schreibstil besticht vor allem mit authentischen Dialogen und lockerem Humor; die Story bleibt immer abwechslungsreich.

Fazit: Ein entspanntes, romantisches Lesevergnügen über den Mut, auf gesellschaftliche Normen zu pfeifen und seinem Herzen zu folgen.