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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2018

Beklemmend ehrlich

Mit der Faust in die Welt schlagen
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Lukas Rietzschel`s Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen" schildert und erzählt die Geschichte zweier Brüder die an der Grenze zu Polen aufwachsen, nach kurz der Wende: Philipp und Tobias wachsen in ...

Lukas Rietzschel`s Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen" schildert und erzählt die Geschichte zweier Brüder die an der Grenze zu Polen aufwachsen, nach kurz der Wende: Philipp und Tobias wachsen in sehr unsicheren Zeiten auf, viele Arbeitsplätze verschwinden, Läden schließen, die Eltern bauen ein Haus, beide müssen arbeiten, um das Haus abzuzahlen und im Dorf bietet sich den Jugendlichen nur wenig Abwechslung, die Stimmung ist trostlos, der ideale Nährboden für Frustration und Aggression….
Nüchtern, sachlich und sehr realistisch beschrieben, der Leser spürt beim Lesen die Hoffnungslosigkeit der Jugendlichen, aus der sie irgendwie versuchen auszubrechen, als sie sich dem Neo-Nazi Menzel anschließen, der im Dorf auftaucht. Klar beschrieben und nüchtern geschildert die Perspektivlosigkeit, die sie nach allem greifen lässt, was sich bietet, um ihr zu entrinnen.
Beklemmend ehrlich, sachlich und auf den Punkt gebracht. Ein Roman, der zum Nachdenken anregt und lange nachwirkt. Eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 29.08.2018

Freiheit - unbezahlbar

Alligatoren
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Ein interessant gestaltetes Cover, eine Frau mit einem ausdrucksstarken Gesicht, die in die wie es scheint, in die „ Unendlichkeit“ schaut.
Deb Spera nimmt uns mit auf eine Reise in die Südstaaten um 1900, ...

Ein interessant gestaltetes Cover, eine Frau mit einem ausdrucksstarken Gesicht, die in die wie es scheint, in die „ Unendlichkeit“ schaut.
Deb Spera nimmt uns mit auf eine Reise in die Südstaaten um 1900, eine harte Zeit, der Baumwollkäfer vernichtet die Baumwollernte, sumpfiges Land, was von Alligatoren nur so wimmelt und vor dieser Kulisse drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, verbunden durch ein gemeinsames Schicksal. Zum einem ist da Gertrude, Mutter von vier Töchtern, der Ehemann ein Alkoholiker und gewalttätig. Er vertrinkt das bisschen, was ihnen zum Leben schon vorne und hinten nicht reicht und Annie, die ehemals eine Baumwollplantage besaß und Gertrude Arbeit in ihrer Näherei gibt, doch bei Annie ist nicht alles so, wie es zu sein scheint und als dritte die ehemalige Sklavin Oretta, die als Haushälterin bei Annie arbeitet.
Ich gebe zu, dass ich zu Beginn Probleme mit der teilweise doch sehr einfach gehaltenen Sprache des Romans hatte, doch nachdem ich mich eingelesen hatte, flossen die Seiten nur so dahin. Die Autorin hat den drei Frauen sehr unterschiedliche authentisch wirkende Charaktere gegeben und erzählt den Roman in drei unterschiedlichen Handlungssträngen; gekonnt geschrieben durch unterschiedliche Schreibweisen, die den Bildungsgrad der einzelnen der Frauen spüren lassen. Die Handlungsstränge, die zu Beginn das gemeinsame Schicksal nicht erahnen lassen, werden allmählich immer enger miteinander verwoben und halten so einen Spannungsbogen aufrecht.
Ein berührender Roman über drei Frauen, die nach Freiheit und Selbststimmung streben in einer damals doch sehr stark von Männern dominierten Welt.

Veröffentlicht am 26.08.2018

Beeindruckend und emotional

Zwischen uns ein ganzes Leben
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Drei Frauen und drei völlig unterschiedliche Leben, zwischen ihnen mehr als 50 Jahre, zwei verschiedene Kontinente und ein Versprechen aus der Vergangenheit, was nach vielen Wirren in der Gegenwart eingelöst ...

Drei Frauen und drei völlig unterschiedliche Leben, zwischen ihnen mehr als 50 Jahre, zwei verschiedene Kontinente und ein Versprechen aus der Vergangenheit, was nach vielen Wirren in der Gegenwart eingelöst wird, in zwei verschiedenen Erzählsträngen, Gegenwart und Vergangenheit.
Schon der Einstieg in den Roman war sehr emotional, Jacobina, eine der drei Protagonistinnen verspricht ihrem Vater auf dem Sterbebett, sich auf die Suche nach ihrer Halbschwester Judith zu machen, doch viele Jahre wird sie es nicht einlösen, bis sie durch Zufall auf Beatrice trifft, die für die Weltbank arbeitet. Beatrice führt ein luxuriöses Leben, doch zahlt sie dafür einen hohen Preis, im Job wird sie von ihrem Chef gemobbt und im Privatleben bestimmt die Tochter ihres Freundes das gemeinsame Leben. Das Schicksal führt die beiden zusammen und Jacobina fasst allmählich Vertrauen und erzählt Beatrice von ihrer Halbschwester Judith, die der Leser im Vergangenheitserzählstrang kennenlernt, hervorragend mit eingeflochten…
Schon von den ersten Seiten nahm mich der Roman mit dem flüssigen, leicht lesbaren Schreibstil gefangen. Spannend und fesselnd geschrieben erzählt Melanie Levensohn eine bewegende sehr emotionale Geschichte, man spürt als Leser, dass sie sich mit dem Roman, der Geschichte und den Charakteren vollständig identifiziert. Das Schicksal von Judith ist in der „Ich-Perspektive“ geschrieben und erzählt sehr emotional das Leben eines jüdischen Mädchens in dem von den Nationalsozialisten gesetzten Paris, von den Verfolgungen, den Repressalien, deren sie ausgesetzt ist, aber auch von einer zarten, sanft erwachenden wunderbaren Liebe zu Christian, der alles versucht, um Judith zu helfen. Besonders diese Passagen rühren das Herz, sind sehr emotional und man fühlt als Leser mit Judith, spürt ihre lähmende Angst förmlich am eigenen Körper, die Veränderung, die sie durchmacht, als Christian sie vor den Nazis versteckt. Im Erzählstrang der Gegenwart erlebt man die beiden Protagonisten Beatrice und Jakobina, die eine lebt im Luxus, lässt ab zu, dass man sie moppt und als Spielball für Gefühle benutzt und Jacobina, alt, verbittert, die in bitterster Armut, krank auf die Fürsorge anderer angewiesen ist – alle Charaktere wirken authentisch, sehr kontrastreich mit ihren jeweils eigenen Charme. Auch bei diesen Kapiteln sind sie Stimmungen der Charaktere sehr gut eingefangen, man lebt mit ihnen, man fühlt mit Ihnen und die Autorin bindet ihre Leser mit in das Geschehen ein und ganz allmählich schließt sich der Kreis um die drei Frauen.
Mich hat dieser Roman von der ersten bis zur letzten Seite gefangen genommen, berührt und Judiths Erlebnisse und Schilderungen haben eine wichtige und hoffentlich nie wiederkehrende Zeit sehr gut verpackt präsent werden lassen, von mir eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.08.2018

Thema - Demenzerkrankung in der Familie

Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte
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Rachel Khong`s Roman „Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte“ setzt sich mit dem Thema Demenz Erkrankung auf eine sehr einfühlsame bisweilen auch ein wenig komische Art auseinander und wer sich mit dem ...

Rachel Khong`s Roman „Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte“ setzt sich mit dem Thema Demenz Erkrankung auf eine sehr einfühlsame bisweilen auch ein wenig komische Art auseinander und wer sich mit dem Thema beschäftigt, vielleicht sogar selbst Angehörige mit diesem Krankheitsbild betreut, kann ganz das sicher gut nachvollziehen.
Ruth wird kurz vor Weihnachten von ihrem Verlobten verlassen und fährt erstmal über Weihnachten zu ihren Eltern und zieht auf Bitten ihrer Mutter zu ihren Eltern, befristet für ein Jahr, um sich um den demenzkranken Vater zu kümmern. Ruth verarbeitet in diesem Jahr ihre Trennung und setzt sich nicht nur damit auseinander, sondern auch mit ihrem kranken Vater, der Geschichtsprofessor war und kann nicht verstehen kann, warum er nicht mehr unterrichten darf. Ruth und auch seine ehemaligen Studenten lassen sich einiges einfallen, um für ihren Vater den Schein aufrecht zu erhalten. Gut mit integriert ist ein Tagebuch des Vaters über Ruths Kindheit, ihre Fragen und seine Erinnerungen an ihre Kindheit.
Geschrieben eher wie ein Tagebuch notiert die Autorin unter dem jeweiligen Datum die Tagesgeschehnisse, kurz und prägnant, flüssig und leicht lesbar geschrieben. Die Charaktere kann man sich aufgrund der Beschreibungen gut vorstellen.
Für mich fehlt dem Roman ein klein wenig mehr Tiefgang, trotzdem habe ich es gern gelesen.

Veröffentlicht am 13.08.2018

spannend bis zum Schluß

Die Ärztin: Das Licht der Welt
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Brandenburg, 1876: Ricarda, die Protagonistin wächst als Gärtnerstochter auf Schloss Freystetten auf. Ihr Leben ändert sich, als sie der Tochter des Grafen, Florentine, das Leben rettet und als Dank ...

Brandenburg, 1876: Ricarda, die Protagonistin wächst als Gärtnerstochter auf Schloss Freystetten auf. Ihr Leben ändert sich, als sie der Tochter des Grafen, Florentine, das Leben rettet und als Dank von Komtess Henriette nach Berlin mitgenommen wird. Dort betritt sie eine ganz andere Welt , lernt das unterschiedliche Leben des Adels und der Armen kennen, die sich im Gegensatz zum Adel keine ärztliche Behandlung leisten können. Sie würde gerne Ärztin werden, doch das ist Frauen in der damaligen Zeit in Deutschland verwehrt, sie könnte nur im Ausland Medizin studieren und sie beginnt zu kämpfen, als dann noch ein Student ihr Herz erobert, wird es kompliziert….
Helen Sommerfeld hat einen von Beginn an fesselnden und packenden Roman geschrieben, flüssig und leicht lesbar und sie lässt vor dem Augen des Lesers die damalige Zeit lebendig auferstehen – sie schildert voller Emotionen die Standesunterschiede der damaligen Zeit, die Schwierigkeiten, mit denen Frauen in der von Männern regierten Welt zu kämpfen hatten und den Mut der Frauen, für ihre Ziele und Ideale einzustehen, zu kämpfen, auch mal Umwege in Kauf zu nehmen, um Ziele zu erreichen; Frauen die sich nicht entmutigen ließen und mit ihrem Mut und ihrer Courage langsam und beständig einen Wandel in eine neue Zeit vorbereitet haben und einer Protagonistin, der sie den Raum gibt, sich langsam und beständig zu einer selbstbewussten jungen Frau zu entwickeln, die auch ihr eigenes Tun hinterfragt.
Die Charaktere der handelnden Personen wirken authentisch, lebendig und sind nachvollziehbar, selbst wenn man als Leser manches Mal einige Handlungen schwerlich nachvollziehen kann – wir selbst haben in dieser Zeit nicht gelebt und die Frauen kannten damals keine anderen Ausweg. Sie schildert aber auch Freundschaften, die sich trotz unterschiedlicher Herkunft wunderbar entwickeln und die in guten und schlechten Zeiten zueinander stehen.
Für mich ist dieser Roman ein gelungener Auftakt zu der Geschichte über die Ärztin Ricarda Thomasius und ich freue mich auf die Fortsetzung, die hoffentlich den spannenden „Cliffhanger“, mit dem Band 1 endet, auflöst.