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Veröffentlicht am 23.10.2023

Du Kerl, Düster, Dystopie

Ein Fluss so rot und schwarz
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Wenn auch der Plot für die meisten Endzeiterzählungen ziemlich ausgekaut ist, so schafft es Antony Ryan eine spannende, rätselhafte und dramatische Erzählung zu kreieren. Der Roman hat bei mir ...

Wenn auch der Plot für die meisten Endzeiterzählungen ziemlich ausgekaut ist, so schafft es Antony Ryan eine spannende, rätselhafte und dramatische Erzählung zu kreieren. Der Roman hat bei mir - entgegen vieler solcher Geschichten - ein beklemmendes Gefühl der Traurigkeit erzeugt, welches auch noch lange nachhallte. Was muss in Menschen vorgehen, wenn sie ohne Erinnerungen auf einem Boot erwachen, welches einen voreingestellten Kurs verfolgt, der sie tief in die Apokalypse bringt? Warum sind ausgerechnet sie dort? ASie müssen nicht nur mit ihren eigenen Fragen und ihren Mitgenossen fertig werden, sondern auch mit unvorstellbaren Grauen und Tod, welche sich im scheinbar nie lüftenden Nebel verbergen. Der knackige Schreibstil und der Spannungsbogen, welchen Antony Ryan gekonnt bis zum letzten Kapitel aufrecht hält, ziehen den Leser in ihren Bann. Ein Buch, bei dem die Stunden wie Minuten verfliegen.

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Veröffentlicht am 15.10.2023

Erinnerungen

Die Welt war voller Fragen
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Es ist schwierig, wenn man an der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenwerden herumirrt und dabei von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt. Der Protagonist Siggi lässt jedenfalls selten eins aus und das ...

Es ist schwierig, wenn man an der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenwerden herumirrt und dabei von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt. Der Protagonist Siggi lässt jedenfalls selten eins aus und das nur, weil er noch kindlich naive Fragen stellt. Nur irgendwie reagiert die Lehrerschaft und der Pfarrer darauf mit Wutausbrüchen und Einträgen. An Siggi kann es nicht liegen oder doch? Eine Geschichte über einen Jungen, der quasi im Aufbruch ist und noch nicht genau weiß, wo er hingehört. Ein Buch, dass mich ab der ersten Seite gefangen genommen hat. Die niedlich naive Art, wie Siggi seinen Alltag beschreibt, die Familienfeste wie Weihnachten, die wie überall weit entfernt von Gemütlichkeit und Heiler Welt sind. Die Spannungen, die er wahrnimmt und sich doch nicht erklären kann, all das hat Herbert Dutzler gekonnt eingefangen. Es ist egal, ob die Kindheit in den 60ern oder in den 70ern oder in einem anderen Jahrzehnt war, wir werden Teile davon wieder erkennen, Erinnerungen werden Aufflammen und manchmal möchte man ihm zuflüstern. Halte durch - es wird besser jedenfalls manches. Ich kann das Buch nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Kunst und Gehirn - Symbiose von Roman mit Fachbuch

Und Sie sind also der Künstler
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Häufig denkt man, man benötigt für Kunst viel Herz und zu viel Kopf wäre schädlich. Aber was ist, wenn man viel Herzblut in überdimensional große Bilder steckt, die aber niemand kauft, so wie bei unserem ...

Häufig denkt man, man benötigt für Kunst viel Herz und zu viel Kopf wäre schädlich. Aber was ist, wenn man viel Herzblut in überdimensional große Bilder steckt, die aber niemand kauft, so wie bei unserem Künstler. Seine Sorgen trinkt er weg, aber das Geld ist nunmal knapp, die Schulden beim Dealer seines Vertrauens müssen bezahlt werden, und somit kommt die Anstellung als „Kunsttherapeut“ bei Patienten mit Hirnschädigungen gerade recht. Da der Künstler immer eine mit trockenem Humor durchsetzte, wenn auch meist angetrunkene, Sichtweise auf die Welt hat, findet er sich dort schnell zurecht und bekommt auch Zugang zu mehreren Patienten, die dass Angebot Gehirne zu zeichnen annehmen.
Und ab diesem Punkt hat mir das Buch richtig gut gefallen. Es ist eine Parodie, die Handlungen und Sichtweisen auch im Bezug auf die Kunstszene überspitzt, aber man lernt unglaublich viel über das Gehirn und diverse Erkrankungen, Verletzungen und deren Auswirkungen.
Wer hier einen Roman über rührselige Patientengeschichten, aufopferungsvolle Ärzte und verständnisvolle Pfleger, die alles für die Kranken tun, erwartet hat, wird enttäuscht werden. Das Buch ist zum Teil bitterböse, der Künstler keine Florence Nightingale, sondern ein unter chronischer Geldknappheit leidender Gelegenheitstrinker, der einfach Geld verdienen muss. Böse, zynisch, interessant, voll schwarzem Humor und lehrreich. Mir hat es gefallen.

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Veröffentlicht am 19.09.2023

Kampf gegen die Bestie

Die Formel der Hoffnung
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Wenn Krankheiten eine Gestalt hätten, dann würde ich mir die Kinderlähmung als riesige Würgeschlange vorstellen, die ihre Opfer umschlingt bis diese sich zuerst nicht mehr rühren und später auch ...

Wenn Krankheiten eine Gestalt hätten, dann würde ich mir die Kinderlähmung als riesige Würgeschlange vorstellen, die ihre Opfer umschlingt bis diese sich zuerst nicht mehr rühren und später auch nicht mehr atmen können. Manche tötet sie und andere lässt sie abrupt los.
Das Buch beginnt, als sich die Welt in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Griff dieser Seuche befindet. Dr. Horstmann gehört mit zu den Forschern, die Polio den Kampf angesagt haben. Ein Buch über einen Teil des Lebensweges einer mutigen, empathischen und engagierten Frau. Der Roman stimmt nachdenklich, er führt uns vor Augen wie zerbrechlich ein Leben ist und um wieviel zerbrechlicher in der Zeit vor Penicillin. Aber er macht auch Mut, wenn man liest wie unbeirrbar Dorothy Horstmann sich allen Widrigkeiten stellt. Ich fand diesen Roman sehr gelungen, er hat mich beeindruckt. Mir gefiel der schnörkellose Schreibstil frei von Kitsch und ich kann dieses Buch nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 19.09.2023

Irgendwo im Nirgendwo wartet der Tod

Die Suche nach dem Route 66 Killer
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„Get your kicks on Route 66“ diese Liedzeile hatte ich quasi als Ohrwurm im Kopf als ich mit dem Lesen des Buches begonnen habe. Nur nicht jeder wird sich bis zum Schluss amüsieren können. Männer verschwinden ...

„Get your kicks on Route 66“ diese Liedzeile hatte ich quasi als Ohrwurm im Kopf als ich mit dem Lesen des Buches begonnen habe. Nur nicht jeder wird sich bis zum Schluss amüsieren können. Männer verschwinden auf der Route 66 - ohne erkennbares Muster. Vermisst werden Biker, Hiker und sowohl normale Touristen als auch Hobos. Genau an diesem Schauplatz der Biker und Hinterwäldler finden sich die Hauptpersonen aus dem „Pacific Crest Trail Killer“ wieder. Mark und Rebecca, die gerade erst eine Privatdetektiv-Agentur gegründet haben, werden von der Mutter eines der verschwundenen Bikers engagiert, um unauffällig nach deren Sohn zu suchen. Hier zeigt sich wieder der geniale Schreibstil von Christian Piskulla. Zum einen schaut man regelmäßig dem Mörder über die Schulter ohne zu ahnen, wer es ist, zum anderen schüttelt man immer wieder den Kopf über Mark und Rebecca, die nach zwei Jahren des Nichtstuns und mit üppigen finanziellem Polster ausgestattet, überaus unengagiert und naiv agieren. Zum Glück haben die Beiden Unterstützung vom FBI-Agenten im Ruhestand Steve Cortez, der sich, wie ein Terrier in die Ratte, im Fall verbeißt. Allerdings verschwinden immer noch Männer, es passieren seltsame Unfälle und zwei Cops werden hingerichtet. Was ist in dieser Einöde, die gefühlt aus Staub, lost Places und Motels, die ums Überleben kämpfen, nur los?
Das Buch ist mega spannend und in bildhafter Sprache geschrieben. Ich konnte es kaum aus der Hand legen, so sehr hab ich mitgeraten und mitgefiebert. Auch die Beschreibung der einzelnen Orte und der merkwürdigen Menschen, die diese besiedeln, und in welche die eigenen Erinnerungen des Autors einfließen, haben mich in diesen entlegenen Teil der Welt gezogen. Ich würde das Buch niemanden empfehlen, der zeitnah die 66 fahren möchte. Es könnte gar zu gruselig werden. Einige Szenen sind schon sehr detailliert beschrieben und je nach Konstitution könnte der eine oder andere Leser schamhaft erröten oder sich grün verfärben. Eine Triggerwarnung wäre für empfindsame Leser durchaus angebracht. Alle anderen können es genießen und sich in seinen Bann ziehen lassen.

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