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Veröffentlicht am 28.04.2021

Erfordert die Aufmerksamkeit des Lesers

Adas Raum
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In ihrem Roman „Adas Raum“ deckt Sharon Dodua Otoo nicht nur sprachlich ein breites Spektrum ab, sondern reist auch zeitlich durch Jahrhunderte. Hinter dem Namen Ada stehen viele Frauen, die Bekannteste ...

In ihrem Roman „Adas Raum“ deckt Sharon Dodua Otoo nicht nur sprachlich ein breites Spektrum ab, sondern reist auch zeitlich durch Jahrhunderte. Hinter dem Namen Ada stehen viele Frauen, die Bekannteste unter ihnen ist vermutlich die britische Mathematikerin Ada Lovelace. Die Autorin zieht Verbindungen zwischen Personen und Dingen. Schleifen nennt sie die Übergänge zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Die Covergestaltung passt sich der erzählerischen Vielfalt farblich an und doch sind bei einem zweiten Blick feine Linien zu erkennen die Einschnitte bilden so wie sie im realen Leben vorkommen, auch bei den Frauen im Roman.

Zunächst sind es drei weibliche Figuren, deren Geschichte Sharon Dodua Otoo in den Fokus stellt. Sie erfasst jeweils eine kurze Episode aus dem Leben der Ada genannten Frauen. Am Ende des Mittelalters lebt Ada in Ghana, wurde ihrem Stamm entrissen und als Sklavin in die Nähe der Goldküste gebracht, wo sie die Ankunft der Portugiesen erlebt. Nach der bereits erwähnten englischen Ada, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in London lebt und einen Seitensprung vor ihrem Mann verbirgt, setzt die Autorin ihren Fokus auf die Polin Ada, die als Prostituierte im KZ Mittelbau-Dora arbeiten muss. Im Zeitgeschehen ist die schwangere Ada, die im hier und jetzt in Berlin nach einer Wohnung sucht, die vierte Protagonistin des Romans.

Es sind nicht nur die aufgeführten Adas, die in der Ich-Form aus ihrem Leben erzählen, es sind auch Dinge in ihrem Umfeld, denen eine berichtende Aufgabe zukommt. Titelgebend ist beispielsweise ein Raum, der Ada im Lagerbordell zur Verfügung steht. Es ist aber auch ein Reisigbesen, ein Türklopfer und ein Reisepass, die die Erzählerrolle zwischenzeitlich übernehmen, was die Geschichte durch die wechselnden Perspektiven nicht immer leicht lesbar macht. Jeder Abschnitt fließt in den nächsten über und verknüpft die verschiedenen Leben und Jahrhunderte.

Sharon Dodua Otoo zeigt wie flüchtig ein Leben ist, wie es oft von außen her bestimmt wird. Unabhängig von Hautfarbe und gesellschaftlichem Stand trägt jede der Adas einen Hang zur Selbstverwirklichung in sich. Sie weist auf Rassismus sowie Vorurteile und Klischees über Frauen hin und stellt Moment des Aufbegehrens von Frauen genauso wie deren Machtlosigkeit innerhalb der Möglichkeiten dar, die jedem zur Verfügung stehen. Keine der Adas ist allein, die Autorin stellt jeder eine weibliche Person zur Seite, die zuhört und Ratschläge erteilt, aber auch die gemeinsamen Meinungen in die Welt tragen kann.

Die Autorin Sharon Dodua Otoo zeigt in ihrer komplex zusammengesetzten, mystisch angehauchten Geschichte „Adas Raum“ wie Frauen in den letzten Jahrzehnten auf verschiedenen Kontinenten um einen würdigen Platz in der Gesellschaft kämpfen und gekämpft haben. Aufgrund der Konstruktion auf mehreren Ebenen erfordert der Roman zum Verständnis Geduld und belohnt den Leser dann mit einer abwechslungsreichen, nachdenklich stimmenden Erzählung.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

Ein Roman, mit viel Gefühl geschrieben, über eine bewegende Zeit und familiäre Dramen

Klaras Schweigen
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In ihrem Roman „Klaras Schweigen“ stellt Bettina Storks Miriam und ihre Großmutter Klara in den Mittelpunkt. Ein Teil der Handlung spielt in Freiburg im Breisgau im Jahr 2015, aber die Recherchen Miriams ...

In ihrem Roman „Klaras Schweigen“ stellt Bettina Storks Miriam und ihre Großmutter Klara in den Mittelpunkt. Ein Teil der Handlung spielt in Freiburg im Breisgau im Jahr 2015, aber die Recherchen Miriams zur Aufarbeitung der Familiengeschichte und die Erinnerungen von Klara führten mich als Leserin in die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs über die die betagte Klara bisher geschwiegen hat. Das Cover entspricht einem Foto aus der damaligen Zeit, welches Miriam im Album ihrer Oma findet. Klaras Blick darauf, abgewandt vom Betrachter, scheint sich in eine hoffnungsvolle Zukunft zu richten.

Nach einem Schlaganfall, von dem Klara mitten in einem Telefonat mit ihrer Enkelin getroffen wurde, ist ihr Sprachvermögen stark eingeschränkt. Bei einem Besuch im Krankenhaus spricht Klara erste Worte in Französisch, was Miriam sehr wundert. Außerdem erhält sie von ihrer Großmutter bei der Gelegenheit eine alte Taschenuhr mit Gravur in französischer Sprache. Auch Miriams Großtante, die jüngere Schwester von Klara, kann zu den Merkwürdigkeiten keine Auskunft geben. Bald schon wird Miriam klar, dass ihre Großmutter Geheimnisse vor ihr hat, die lange zurückreichen bis zur Besatzung Freiburgs nach dem Zweiten Weltkrieg durch das französische Militär.

Die Geschichte entwickelt sich zügig, beginnend mit der Bombennacht auf Freiburg im November 1944, die Klara als Jugendliche im Keller des Mehrfamilienhauses erlebt, in dem die Familie wohnt und auf diese Weise verdeutlicht, welche Ängsten sie damals wie viele andere gehabt hat. Nach dem Besuch bei ihrer Großmutter beginnt Miriam über die Vergangenheit Klaras Fragen zu stellen und kommt schnell dabei an die Grenzen des verfügbaren Wissens in der Familie. Doch sie gibt nicht auf und es sind kleinste Details, die sie tief in die Familiengeschichte hineinführen nach Konstanz, wo ihre Großmutter eine Weile gelebt hat und schließlich bis in die Bretagne.

Bettina Storks schildert mit sehr viel Einfühlungsvermögen eine Kindheit und Jugend von Klara mit einem strengen Vater, der es versteht, seine Prinzipien durchzusetzen. Sie zeigt die Ohnmacht Klaras, sich dem Vater in bestimmten Punkten zu widersetzen, aber auch ihre klare Vorstellung einer Zukunft und ihr Selbstbewusstsein an ihren Wünschen festzuhalten sowie das Bestreben danach, sie zu verwirklichen. Die Autorin verdeutlicht, welchen Gesetzen und Konventionen Frauen früher ausgesetzt waren und welche Auswirkungen ihr Tun auf ihr Bild und das ihrer Familie in der Öffentlichkeit hatten. Es war eine schwierige Zeit, Lebensmittel und Heizstoff fehlten noch immer. Das Verhältnis der französischen Besatzer zur deutschen Bevölkerung unterlag einem Fraternisierungsverbot, so dass Freundschaften von Beginn an unterbunden wurden.

Bis hierher ist die Erzählung bereits dramatisch, manchmal sind Geschehnisse auch absehbar, doch es wurde noch nicht ganz deutlich, warum Klara über eine bestimmte Zeit bisher geschwiegen hat. Zusammenhänge und das Begreifen der Verwicklungen dazu ergeben sich für Miriam erst im Laufe der Geschichte. Es ist aber längst noch nicht das Ende der Geheimnisse, denn allmählich begreift sie, dass sie bisher nie erfuhr, was sich in der Nacht, als ihre Eltern tödlich verunglückten, zugetragen hat.

Es ist ein langer Weg den Klara und Miriam gemeinsam im Austausch auf der Suche nach Verständnis und Verstehen gehen müssen, angefüllt mit großen Emotionen, Enttäuschungen, Erkenntnissen, mit Freude, Leid und Hoffnung. Beide Charaktere sind gut ausformuliert. Für jede ihrer Figuren zeigt die Autorin Wege zum Verständnis von deren Handlungen auf, auch wenn einige eher unsympathisch bleiben.

Bettina Storks verbindet in ihrem Roman „Klaras Schweigen“ eine Sprachstörung der Großmutter Klara mit einer Chance für ihre Enkelin Miriam, sich mit der Familiengeschichte zu beschäftigen. Sie schreibt mit viel Gefühl und mich berührend über eine bewegende Zeit, familiäre Dramen und Miriams Suche nach Identität, die Klaras langes Schweigen verständlich machen. Gerne empfehle ich den Roman weiter.

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Veröffentlicht am 25.04.2021

Corona-Infektionsgeschehen in 2020 verständlich erklärt

Hotspot
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„Hotspot“ von Prof. Dr. Hendrik Streek war für mich besonders interessant zu lesen, weil ich die Geschehnisse im Frühjahr 2020 im Kreis Heinsberg aus unmittelbarer Nähe erfahren habe, da ich hier wohne. ...

„Hotspot“ von Prof. Dr. Hendrik Streek war für mich besonders interessant zu lesen, weil ich die Geschehnisse im Frühjahr 2020 im Kreis Heinsberg aus unmittelbarer Nähe erfahren habe, da ich hier wohne. In den ersten Tagen nach Ausbruch von Corona im Kreis schaltete sich Prof. Dr. Henrik Streek als Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn in das Geschehen ein, denn die Ereignisse in Gangelt boten eine Gelegenheit, mehr über das Coronavirus zu erfahren.

In seinem Buch schildert Prof. Dr. Streek zunächst, wie es vermutlich zum Ausbruch von SARS-CoV-2 kam. Schon Ende Januar 2020 war das Virus in Deutschland. Durchgehend präsentiert der Autor Fakten und Daten zur Lage, aber auch seine persönlichen Einschätzungen und seine Meinung. So räumt er auch mit der ursprünglichen Annahme auf, dass es sich um einen Patienten Null gehandelt haben könnte. Durch seine detaillierten Schilderungen wurden mir manche Zusammenhänge von Details klar, die ich aus der Presse erfahren hatte.

Bereits zu Beginn der Pandemie waren verschiedene Materialien knapp, die auch im Institut in Bonn benötigt wurden, obwohl man sich zum Bezug des Bedarfs breit aufgestellt hatte, was sich auf das in Deutschland ergebende Bild, das ich wahrgenommen hatte, übertragen lässt. Prof. Dr. Streek verschweigt auch nicht den Shitstorm der entstand, als er die ersten Ergebnisse präsentierte. Doch durch seine Erklärungen und die Einordnung in die wissenschaftliche Landschaft Deutschlands verstehe ich jetzt, wie es dazu kommen konnte.

Antworten habe ich im Buch auch dazu gefunden, welche Ergebnisse die Studie in Langbroich-Harzelt gebracht hat. Beim Lesen erhielt ich viele Hintergrundinformationen, die Prof. Dr. Streek auf verständliche Weise erklärt. Auch die Wahrnehmung der Krankheit in Verbindung mit entsprechend verordneten Maßnahmen durch Kreis, Land und Bund aus Sicht der Bevölkerung, die der Autor aus seiner Sicht beschreibt, stimmen mit meiner eigenen überein. Ich empfehle das Buch jedem, der sich mit dem Infektionsgeschehen in 2020 auseinandersetzen möchte.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Mitreißender und bewegender Roman über zwei ganz unterschiedliche junge Frauen in den 1950ern

Lebenssekunden
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Im Roman „Lebenssekunden“ erzählt Katharina Fuchs das Schicksal zweier junger Frauen von 1956 bis 1961. Auf dem Cover ist in der Mitte rechts ein Straßenschild zu sehen mit der Bezeichnung „Bernauer Straße“. ...

Im Roman „Lebenssekunden“ erzählt Katharina Fuchs das Schicksal zweier junger Frauen von 1956 bis 1961. Auf dem Cover ist in der Mitte rechts ein Straßenschild zu sehen mit der Bezeichnung „Bernauer Straße“. Durch den Bau der Mauer wurde hier in den Alltag der Anwohner besonders drastisch eingegriffen, was im Buch unter anderem thematisch aufgegriffen wird. Der Titel nimmt Bezug auf die wichtigen Momente im Leben, die sich nur in einem genau passenden Augenblick in einem Foto festhalten lassen.

Angelika Stein ist eine der beiden Protagonistinnen. Sie lebt Mitte der 1950er Jahre mit ihren Eltern und drei Geschwistern in Kassel. Aufgrund ihrer schlechten Leistungen und ihrer Fehlstunden wird sie der Schule verwiesen. Insgeheim träumt sie davon, sich zur Fotografin ausbilden zu lassen, doch Lehrstellen scheinen männlichen Mitbewerbern vorbehalten zu sein. Ein tragisches Unglück schärft ihren Blick für das, was Fotografien dem Betrachter vermitteln sollten. Aufgrund glücklicher Verknüpfungen geht ihr Berufswunsch schließlich in Erfüllung.

Währenddessen wird in Ostberlin das Talent der gleichaltrigen Christine Magold als Kunstturnerin erkannt und vom Staat gefördert. Schule und Training gestalten ihren Tagesablauf. Obwohl ihr Vater republikflüchtig ist, kommt ihr Erfolg ihrer im Osten lebenden Familie zugute. Doch ihre Gesundheit leidet zunehmend unter den Bedingungen, so dass sie sich fragt, ob es im Sport eine Zukunft für sie geben wird.

Katharina Fuchs erzählt direkt aus dem Leben. Dank ihrer sehr guten Recherche verknüpft sie gekonnt Fantasie und Fakten miteinander und schafft auf diese Weise ein vorstellbares authentischen Umfeld für ihre handelnden Personen. Angelika und Christine sind eigenwillige Charaktere, die beide einen Traum vom Erfolg auf ganz unterschiedlichen Gebieten haben. Während Angelika durch ihre Tätigkeit an Erfahrung gewinnt und immer selbstsicherer wird, beginnt Christine durch äußere Einflüsse an ihrem Tun zu zweifeln.

Die Autorin schafft bei ihren Protagonistinnen nicht nur durch die verschiedenen Lebensmittelpunkte, sondern bereits aufgrund des Elternhauses ganz unterschiedliche Voraussetzungen für einen Start ins Leben. Beide spüren die damals jeweils geltenden staatlichen Regeln, die sich vor allem für Christine entscheidend auf ihr Leben auswirken. Die Handlungen ihrer Figuren begleitet Katharina Fuchs mit Begründungen und dem Offenlegen der Gefühle, was ihr durch die auktoriale Erzählweise bestens gelingt.

An der Seite von Angelika und Christine geht der Leser über viele Höhen und manches Tal, hofft und bangt und freut sich über die Erfolge. Geschickt setzt Katharina Fuchs zum Ende der Kapitel, die zwischen den beiden Frauen ständig wechseln, kleine Cliffhanger, die dadurch zum schnellen Weiterlesen auffordern.

Der Drill im Leistungssport, Fotojournalismus und die zunehmende Spaltung Deutschland in Ost und West nach dem Zweiten Weltkrieg sind die großen Themen des Romans, denen die Autorin sich einfühlsam und kompetent widmet. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für „Lebenssekunden“, einem mitreißenden, bewegenden Roman von Katharina Fuchs.

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Veröffentlicht am 19.04.2021

Bewegende und erschütternde Lebensgeschichte der Eltern der Autorin

Junischnee
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Im Roman „Junischnee“ erzählt die in Wien lebende Autorin Ljuba Arnautovic ihre Familiengeschichte weiter, die sie in ihrem Debüt „Im Verborgenen“ begonnen hat. Das Lesen des vorliegenden Buchs ist problemlos ...

Im Roman „Junischnee“ erzählt die in Wien lebende Autorin Ljuba Arnautovic ihre Familiengeschichte weiter, die sie in ihrem Debüt „Im Verborgenen“ begonnen hat. Das Lesen des vorliegenden Buchs ist problemlos ohne Vorkenntnisse möglich. Den größten Teil der Erzählung ist dem Leben von Karl, dem Vater der Autorin gewidmet. Doch der Titel führt die Leser in Richtung der Mutter Nina, für die nach altem Brauch ein Bäumchen zur Geburt gepflanzt wird. Aus Versehen wählt der Vater aber eine Pappel statt einer Birke. Ohne feste Wurzeln und wie der Schnee der Pappeln im Juni mit dem Wind verweht scheint es für Nina vorherbestimmt, dass sie ihre Heimat verlassen wird.

Karl wird von seiner Mutter Eva gemeinsam mit seinem älteren Bruder und weiteren Kindern dem Republikanischen Schutzbund anvertraut, der die Kinder in ein Ferienlager auf der Krim bringt und später in ein Kinderheim. Was zunächst mit Freude und Glück verbunden ist, wird zu Leid und Überlebenskampf für Karl als Straßenkind, in der Besserungsanstalt und im Arbeitslager. Er heiratet Nina, die er im Gulag kennengelernt hat und die ihm nach seiner Entlassung einen Wohnort bietet. Sie folgt ihm nach Wien und leidet dort unter heftigem Heimweh. Inzwischen hat das Paar zwei Kinder und zwischen den Eltern der Autorin entspinnt sich ein Kampf auf einer neuen Ebene.

Ljuba Arnautovic wählt für ihre Schilderungen eine nüchterne Sprache. Sie ordnet die Begebenheiten in deren jeweiliges Umfeld ein. Beim Lesen sollte man sich verdeutlichen, dass das, was sie schreibt, wirklich geschehen ist. Geschichtlich fundiert, aber ohne lange Hintergrunderklärungen einzuflechten, weiß sie geschickt die für ihre Eltern wesentlichen, wegweisenden Ereignisse im Leben zu skizzieren. Ohne Schlenker, im Präsens zur Vergegenwärtigung, nimmt der Roman den Leser mit in eine grauenvolle Zeit, in der die Handlung des Einzelnen der Ideologie entsprechend zu sein hatte. Die Autorin verdeutlicht, dass ein Aufbegehren zu weitreichenden Konsequenzen führte.

Ljuba Arnautovic wirft in ihrem Buch „Junischnee“ kritische Fragen zum Verhalten ihrer Vorfahren auf. Sie beschreibt neben den Jahren in der Sowjetunion auch die Begebenheiten nach der Rückkehr ihrer Eltern nach Wien und der dann folgenden Ehekrise klar und ungeschminkt. Mit viel Respekt stellt sie die Entscheidungen ihres Vaters, auch in Bezug auf ihre Schwester und sich selbst dar. Ihre Erzählung ist bewegend und erschütternd und lässt daran denken, zu welchen Folgen extreme Gesinnungen führen und möglich sind. Die Geschichte hallt nach und sollte viele Leser finden.

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