Kunstvoll und komplex
„Adas Raum“ ist die Geschichte von 4 Adas. Eine im Jahr 1459 in Totope im heutigen Ghana, gefolgt von der Mathematikerin Ada Lovelace in London, 1848. Dann kommt 1945 die Zwangsprostituierte Ada in einem ...
„Adas Raum“ ist die Geschichte von 4 Adas. Eine im Jahr 1459 in Totope im heutigen Ghana, gefolgt von der Mathematikerin Ada Lovelace in London, 1848. Dann kommt 1945 die Zwangsprostituierte Ada in einem Außenlager des KZs Buchenwald zu Wort und schließlich die Ada der Gegenwart, die in Ghana aufgewachsen ist und heute mit ihrer Halbschwester in Berlin lebt. Vier Adas im Lauf der Geschichte, aber eigentlich sind sie eins – dazu aber später mehr.
Der Aufbau von Sharon Dodua Otoos Roman ist mehr als komplex. Sie erzählt auf vier verschiedenen Zeitebenen sowie einer weiteren, die aus der Zeit gefallen scheint. Denn alle vier Adas sind miteinander verbunden, sind Reinkarnationen, wenn man so will oder entsprechen einfach einem Schema, das sich in der Menschheitsgeschichte immer wiederholt. Eine Frau namens Ada, zugrunde gerichtet von einem Mann mit demselben Namen (in Variationen), ihr Kind (und noch mehr) verlierend, bis sich am Ende mit der Ada der Gegenwart die Chance auf Veränderung ergibt.
All das übersieht Gott – übrigens mal als Frau und mal als Mann bezeichnet – sich mehr oder minder in den Lauf der Dinge einmischend, denn die vier Frauen werden auch durch ein Armband verbunden, das irgendwie von der einen zur nächsten Ada gelangen muss. Dabei schlüpft Gotts Helferlein in die verschiedensten Gegenstände und beobachtet mal als Reisigbesen, als Türklopfer oder als ganzer Raum das Geschehen. Dieses gesamte Gefüge ist nicht einfach zu überschauen und zu deuten, aber ich glaube auch nicht, dass die Autorin nur die eine Interpretation im Sinn hatte, als sie schrieb.
Für mich ist Ada alle Frauen und alle Frauen sind Ada. „Adas Raum“ ist eine Geschichte über so vieles, zum Beispiel Feminismus, Gewalt gegen Frauen (durch Männer, aber auch untereinander), Rassismuserfahrungen und Mutterschaft. Dabei spielt Sharon Dodua Otoo mit der deutschen Sprache, bricht sie auf und fügt sie neu zusammen. Sie schlägt Brücken zwischen den unterschiedlichen Adas (die Ada der Gegenwart hat sich z.B. wie Ada Lovelace der Informatik verschrieben) und spielt auch auf ihre eigenen Werke an. Grandios!