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Veröffentlicht am 10.01.2024

Hommage der Mutter des Autors

Eigentum
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Marianne Haas, die Mutter von Wolf Haas wohnt seit einigen Jahren in einem Seniorenheim. Sie ist 95 Jahre alt und, was ihr Sohn bei einem seiner Besuche im Jahr 2018 noch nicht weiß, wird nur noch drei ...

Marianne Haas, die Mutter von Wolf Haas wohnt seit einigen Jahren in einem Seniorenheim. Sie ist 95 Jahre alt und, was ihr Sohn bei einem seiner Besuche im Jahr 2018 noch nicht weiß, wird nur noch drei Tage leben. Während sie ständig über die viele Arbeit, die kein Geld zum Sparen einbrachte, gestöhnt hat, erklärt sie ihm nun, dass es ihr gutgeht. Nach ihrem Tod ist es der Wunsch des Autors, dass er in den zwei Tagen bis zu ihrem Begräbnis ihr Leben nachvollzieht, um damit abzuschließen. Seine Erinnerungen hält er in dem Buch „Eigentum“ fest. Der Titel ergibt sich dadurch, dass die wenigen Quadratmeter der Grabstätte der erste eigene Besitz von Marianne Haas sein werden.

Anhand von memorierten Schilderungen seiner Mutter rekonstruiert Wolf Hass, wie Kindheit, Jugend, Ausbildung und frühe Ehejahre seiner Mutter sich ausgestaltet haben. Er lässt sie selbst als Ich-Erzählerin auftreten, wobei mancher Gedankengang nicht zu Ende läuft, sondern abbricht und neu ansetzt, Schleifen dreht oder in Wiederholung geht. Meine Vorstellung von ihr wurde dadurch klarer. Mundart hat er nur angedeutet, was dem Lesen zugutekommt. Marianne Haas war eine kluge Frau, die zum Arbeiten in einem Hotel in die Schweiz zog und einen großen Teil ihres Lohns nach Hause schickte. Die Gelegenheitsjobs ihres Mannes erlaubten es kaum, etwas zur Seite zu legen. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, dass der Autor in seiner Kindheit wohlbehütet war.

Seine Mutter hatte bestimmte Eigenarten, die Wolf Haas nicht immer schätzte. Seine Schilderungen riefen bei mir eigene Erinnerungen wach. Das Verhältnis von Mutter und Sohn wirkt stellenweise distanziert, was aber dem früheren Erziehungsstil entspricht, der oft mit wenig Zärtlichkeiten auskam. Obwohl der Autor über seinen Sprachgebrauch Humor in seine Erzählung einbringt, überwiegen doch die schweren Zeiten der Mutter, die Krieg und Inflation erlebte.

Der Roman „Eigentum“ beschränkt sich auf die Rekonstruktion des Lebens seiner Mutter durch Wolf Haas, denn durch die späte Auseinandersetzung mit deren Vergangenheit bietet sich ihm keine Möglichkeit, die Mutter nach weiteren Details zu befragen. Bereits nach 157 Seiten ist das Buch ausgelesen. Ich hätte gerne noch weitere Einzelheiten erfahren, aber andererseits kommt die kurze Form dem Schreibstil des Autors entgegen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese Hommage von Wolf Haas an seine Mutter.

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Berührende Geschichte über vier georgische Freundschaften, mit großem Einfühlungsvermögen erzählt

Das mangelnde Licht
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Erstmal vorweg: Ich finde, dass alles Gute, was ich vor dem Lesen über den Roman „Das mangelnde Licht“ von Nino Haratischwili gehört habe, stimmt!
Der Titel des Buchs bezieht sich auf ein Foto, das eine ...

Erstmal vorweg: Ich finde, dass alles Gute, was ich vor dem Lesen über den Roman „Das mangelnde Licht“ von Nino Haratischwili gehört habe, stimmt!
Der Titel des Buchs bezieht sich auf ein Foto, das eine der vier Protagonistinnen, die Fotografin von Beruf ist, von den anderen dreien aufgenommen hat. Obwohl dieses Bild vom Sonnenlicht geflutet ist, fängt es die desillusionierte Stimmung der Freundinnen ein, über deren junge Leben sich viele Schatten gelegt haben. Dina hat als Fotografin sich nie, auch im übertragenen Sinne nicht, mit zu wenig Licht zufriedengegeben. Auf ihre Weise hat sie einen Kampf dagegen geführt, hat Situationen in Krisengebieten mit ihrer Kamera festgehalten und die Fotos in Zeitungsartikeln und Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, damit die Welt hinschaut und erkennt. Dabei hatte sie die Hoffnung, dass ihr Land, ihre Stadt, ihr Umfeld das dunkle Geschehen beenden kann, das alles ins Verderben zieht.
Nach einer ersten Einführung der Hauptfiguren befand ich mich im Jahr 1987. Aufgrund einer Einladung besucht die Ich-Erzählerin Keto ebenso wie zwei ihrer Freundinnen in Brüssel eine Ausstellung mit Werken von Dina, die das Vierer-Kleeblatt früher komplettiert hat, aber vor mehreren Jahren verstorben ist. Durch die Erwähnung ihres Tods an einem Strick auf der ersten Seite stellten sich bei mir als Leserin die Frage nach den Umständen ihres Sterbens. Es wird viele Seiten brauchen, bis fast zum Ende des Romans, bis ich eine Antwort auf meine Fragen erhalte.
Dinas Fotos haben nichts von ihrer Wirkung auf den Betrachter verloren. Keto geht von Bild zu Bild. Jedes Foto ordnet sie darauf ein, wann und wo es aufgenommen wurde. Ihre Erinnerungen entwickeln sich zu einer Geschichte, die auf die Jahre der Freundschaft der vier Frauen zurückblickt, die Ende 1980er Jahre beginnt.
Während sich Georgien noch in einer starken Unabhängigkeitsbewegung befindet, werden die späteren Freundinnen Dina, Nene, Ira und Keto in Tiflis zu Klassenkameradinnen. Dina ist von den vier Frauen diejenige, die am stärksten nach Freiheiten sucht, sowohl im Denken wie auch für ihre Handlungen. Nene wächst in einer patriarchalen Familie auf, bewahrt aber trotz strenger Vorgaben immer ihre Gutmütigkeit, gelegentlich gepaart mit Sentimentalität. Dagegen ist Ira die Strebsamste und steht Fakten nüchtern gegenüber. Die drei Freundinnen, die bei ihren Familien in der Altstadt leben, brauchen Keto in ihrer Mitte, um den Zusammenhalt durch ihr ausgleichendes Gemüt zu sichern. Sie stehen einander bei, als sie den ersten Liebeskummer erleben. Schwieriger wird ihre Beziehung, nachdem Freunde, Bekannte und Verwandte sich zu zwei konkurrierenden Gangersterbanden zusammenfinden und sie sich auf verschiedenen Seiten wiederfinden mit wenig Möglichkeiten, sich den Verbrechen entgegenzustellen.
Die Autorin erzählt mit einer großen Genauigkeit, die sich nicht mit der Schilderung des Erlebten begnügt, sondern auch die Hintergründe öffnet. Sie lässt Keto nicht nur ihre eigenen Gefühle beschreiben, sondern sie lässt sie auch sich in die Gedankenwelt der Freundinnen versetzen. Aufgrund gemeinsamen Gespräche sucht Keto nach Gründen für deren Handlungen. Jedes der von Keto in Brüssel betrachteten Fotos bringt eigene Geschichten ans Licht: romantisch oder mit grausamen Folgen, voller Lebensfreude oder am Ende der Hoffnung, aber immer lesenswert gestaltet, so dass ich keinen Part missen wollte.
Die vier Freundinnen wachsen inmitten eines Umfelds auf, in dem die einen nach Macht trachten und die anderen sich diesen Bestrebungen beugen. Schon früh wird ihnen schmerzlich deutlich, dass sie nur durch eigenes Tun den um sie befindlichen Ring aus Gewalt und Verzweiflung durchbrechen können. Über die vielen Seiten des Romans hinweg liegt eine unterschwellige Spannung, ob das den jungen Frauen gelingen wird.
In ihrem Roman „Das mangelnde Licht“ erzählt Nino Haratischwili mit großem Einfühlungsvermögen von der Freundschaft vier junger georgischer Frauen, die während der Bewegung zur Unabhängigkeit des sozialistischen Landes aufwachsen. Ihre Verbundenheit wird vielfach auf die Probe gestellt durch Eifersucht und Gewalt im Umfeld bis hin zu Verrat, ist aber ebenso geprägt von gemeinsamen Momenten des Glücks und Hilfsbereitschaft. Sehr gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Passender Abschluss der großartigen Jugendbuchserie

Zimt − Für immer von Magie berührt
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In „Zimt – Für immer von Magie berührt“ von Dagmar Bach gerät die Protagonistin, die fünfzehnjährige Vicky King, in äußerste Gefahr und auch ihre Familie. Das Buch ist der dritte und abschließende Band ...

In „Zimt – Für immer von Magie berührt“ von Dagmar Bach gerät die Protagonistin, die fünfzehnjährige Vicky King, in äußerste Gefahr und auch ihre Familie. Das Buch ist der dritte und abschließende Band der zweiten Staffel der „Zimt-Reihe“.

Schuld für die desaströse Situation, in der Vicky sich befindet, ist der niederträchtige Vater eines Schuldfreunds, der es aus dem Multiversum in die hiesige Welt geschafft hat. Bereits im vorigen Teil der Serie glaubten Vicky und ihre Freunde, die Bedrohung durch ihn beseitigt zu haben. Um das Problem zu lösen, ist es nicht hilfreich, dass Vicky und ihr Freund Konstantin in Begleitung von Zimtgeruch unregelmäßig in Parallelwelten versetzt werden. Sie müssen handeln und eine Lösung dafür finden, die Universen gezielt zu wechseln. Als ob das noch nicht genug wäre, muss Vicky sich damit auseinandersetzen, dass ein Parallel-Ich in der Beziehung mit Konstantin in Liebesdingen schon deutlich weiter fortgeschritten ist als sie selbst. Sie fragt sich in diesem Zusammenhang, ob sie wohl für den Austausch von Liebesbekundungen bereit ist.

Vicky ist und bleibt eine sympathische Protagonistin, der Familie und Freunde wichtig sind. Sie versucht immer einen Ausgleich herzustellen, wenn es in ihrem Umfeld zu einem Konflikt kommt. Dabei ähnelt ihr normaler Alltag dem vieler Gleichaltriger, so dass man sich gut in die Figur einfinden kann und sich beim Lesen manchmal wünscht, an ihrer Seite zu sein.

Ihre Großeltern sorgen auch diesmal durch ihre Social Media Aktivitäten für zwischenzeitliche Auflockerung der manchmal heiklen Situationen, in die Vicky gerät. Die Autorin schafft es, die Spannung anzuziehen, dann leicht zu lockern, um sie erneut bis zum Ende hin zu steigern.

Der Band ist ein passender Abschluss der großartigen Jugendbuchserie, der wieder mystisch, romantisch und dramatisch zugleich ist. Ich empfehle die Serie sehr gerne weiter, auch an interessierte Erwachsene, denn sie hat mir viele vergnügliche Lesestunden bereitet.

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Veröffentlicht am 01.12.2023

Warmherziges, familiäres Portrait der fast hundertjährigen Tante der Autorin

Besser allein als in schlechter Gesellschaft
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„Besser allein als in schlechter Gesellschaft“ ist nicht nur der Titel des Buchs von Adriana Altaras, sondern auch das Motto nach der ihre Teta Jela in ihren letzten Jahren lebt. Ihre Tante heißt mit vollem ...

„Besser allein als in schlechter Gesellschaft“ ist nicht nur der Titel des Buchs von Adriana Altaras, sondern auch das Motto nach der ihre Teta Jela in ihren letzten Jahren lebt. Ihre Tante heißt mit vollem Namen Jelka Motta. Sie steht kurz vor ihrem hundertsten Geburtstag, als sie stürzt und aufgrund ihrer Verletzung Pflege benötigt. Sie wird in einem Seniorenheim im italienischen Mantua aufgenommen, in der Stadt, in der sie auch wohnt. Der Lockdown in der Corona-Krise verhindert es, dass ihre in Berlin lebende Nichte Adriana sie besucht. Es folgen lange Telefonate und irgendwann erklärt eine Pflegerin der Tante die Technik des Skypens.
Die Autorin erzählt die Geschichte ihrer Teta Jela, mit dem auch ein großer Teil ihres eigenen Lebens verbunden ist, aus zwei sich abwechselnden Sichtweisen. Einerseits offenbarte sie mir als Leserin ihre eigenen Gefühle bei den Kontakten zu ihrer Tante, andererseits wechselt Adriana Altaras die Perspektive, versetzt sich in Jelka Motta und lässt sie als Ich-Erzähler berichten. Durch die Erzählform erfuhr ich einiges über den Alltag der betagten Tante aus nächster Nähe. Deren Erinnerungen blicken zurück auf ein bewegtes Leben. Vor allem ist es berührend, dass sie als Jüdin ein Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg überlebt hat. Als ihr Schwager, der Vater der Autorin, in den 1960er Jahren aus Zagreb fliehen muss und ihre Schwester dort noch zurückgehalten wird, nimmt sie die vierjährige Adriana bei sich in Italien auf. Die beiden entwickeln ein inniges Verhältnis zueinander.
Aus der Ferne organisiert die Autorin, was immer sich ihre Tante wünscht. Gleichzeitig schenkt sie ihr uneingeschränkt Vertrauen und erzählt ihr die eigenen Probleme. Jelka Motta war eine Frau mit eigenen Ansichten, die sich bis ins hohe Alter hinein ein selbstbestimmtes Leben zu erhalten gesucht hat. Die Autorin teilt mit den Lesenden auch ihre Emotionen aufgrund der Trennung von ihrem Mann, aber sie lässt auch ihre Teta Jele darüber zu Wort kommen, wen diese geliebt und besonders gernhatte. Die Tante war der Ansicht, dass ihre selbstgemachte Pasta über viele Sorgen hinweghelfen konnte. Obwohl im Buch einige bewegende Ereignisse geschildert werden, versteht Adriana Altaras ihnen die Schwere zu nehmen, indem sie ihnen bewusst einige amüsante Situationen entgegensetzt.
Das Buch „Besser allein als schlechter Gesellschaft“ ist ein warmherziges, familiäres Portrait der in Italien lebenden, in Jugoslawien aufgewachsenen Jelka Motta, der Tante der Autorin Adriana Altaras. Die Geschichte zeigt den respektvollen, hilfsbereiten Umgang zwischen der fast Hundertjährigen und ihrer etwa vierzig Jahre jüngeren Nichte. Das Verständnis füreinander lässt sie gemeinsam lachen und wehmütig sein, aber niemals aufgeben. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 23.11.2023

Ungewöhnlicher, eindringlich erzählter Roman über das Muttersein

Nightbitch
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Die US-Amerikanerin Rachel Yoder schreibt in ihrem Debüt „Nightbitch“ über eine Künstlerin, die ihren Job in einer Galerie aufgegeben hat, um sich nur noch um den zweijährigen Sohn und den Haushalt zu ...

Die US-Amerikanerin Rachel Yoder schreibt in ihrem Debüt „Nightbitch“ über eine Künstlerin, die ihren Job in einer Galerie aufgegeben hat, um sich nur noch um den zweijährigen Sohn und den Haushalt zu kümmern. Ihr Spitzname ist titelgebend, aber es scheint, dass sie der doppelten Bedeutung der „Bitch“ immer gerechter wird. Einerseits nimmt sie die Bezeichnung als „Miststück“ selbstironisch, andererseits glaubt sie zunehmend, dass sie sich in eine Hündin verwandelt, denn sie spürt erste körperliche Veränderungen in dieser Richtung.

Die Autorin erzählt die Geschichte aus einer allwissenden Sicht mit Fokus auf die Protagonistin, der sie keinen Vor- oder Zunamen gibt, sondern sie gleich zu Beginn mit „Nightbitch“ oder „Mutter“ benennt. Das besondere Stilelement wird eventuell vielen Lesenden hilfreich dabei sein, sich in dieser Rolle wiederzuerkennen.

Nightbitch betont im Laufe der Geschichte mehrfach, dass sie einen guten Mann geheiratet hat, doch wochentags ist er auf mehrtägigen Dienstreisen unterwegs. Eigentlich wollte sie ihr Kind fremdbetreuen lassen, während sie weiter im Job bleibt, doch dann hatte sie Mitleid mit ihrem Sohn, der wenig Aufmerksamkeit durch die Erzieherinnen erhält. Weil das Gehalt ihres Ehemanns höher als ihr eigenes ist, hat sie ihre Tätigkeit aufgegeben. Seit Monaten lebt sie den Alltag einer Vollzeitmutter. Das Wohl ihres Kindes stellt sie über ihr eigenes und verzichtet zunehmend auf Körperpflege, regelmäßige Mahlzeiten und soziale Kontakte. In ihr erwachen Instinkte und Triebe, die sie neugierig ausleben möchte und dabei spielerisch ihren Sohn mit einbezieht. Doch allmählich entgleitet ihr die Kontrolle über das Spiel und sie agiert unbeherrscht, wild und bestialisch.

Rachel Yoder schreibt mit hohem Einfühlungsvermögen. Ihre überspitzte Darstellung lässt ein Augenzwinkern nicht vermissen. Als sensible Künstlerin hat ihre Protagonistin ein unruhiges Gefühlsleben und schwankt schnell zwischen Euphorie und Ermüdung. Die Arbeiten, die sie zu erfüllen hat, widmet sie sich mit Leidenschaft. Nachdem ihr die Chance auf eine berufliche Karriere scheinbar versagt ist, probiert sie ihre niedersten Begierden aus. Daraus erklärt sich auch das Titelbild, denn es gelüstet sie unter anderem nach rohem Fleisch.

Der Kontakt von Nightbitch zu anderen Müttern schildert die Autorin zwar ebenfalls überzogen, aber dadurch macht sie deutlich, welche Erwartungen die Gesellschaft an eine Mutterrolle knüpft. Erst als es der Hauptfigur gelingt, über den Tellerrand ihrer selbst gestalteten Zurückgezogenheit zu schauen und sie Mitgefühl für eine andere Mutter entwickelt, erwacht in Nightbitch die verloren geglaubte Kreativität. Es gelingt ihr, nach neuen Lösungen für die eingefahrene Situation in ihrem Leben zu suchen.

Der Debütroman „Nightbitch“ von Rachel Yoder ist eine ungewöhnliche Lektüre, die in die tiefsten Sphären unserer ureigenen Instinkte führt. Der Autorin gelingt es durch eine übertriebene Darstellung, die teils auch amüsant ist, auf die besonderen Herausforderungen des Mutterseins hinzuweisen, hinter der Frauen ihre eigenen Bedürfnisse viel zu häufig herabsetzen. Ein unvergleichbarer, eindringlich erzählter Roman mit speziellem Identifikationspotential, den ich gerne weiterempfehle

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