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Veröffentlicht am 11.06.2018

Roman über eine eigenwillige Protagonistin

Der Kaktus
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„Der Kaktus – Wie Miss Green zu küssen lernte“ ist der Debütroman der Engländerin Sarah Haywood. Susan Green, 45 Jahre alt und wohnhaft in London ist die Protagonistin der Geschichte. Sie liebt Kakteen ...

„Der Kaktus – Wie Miss Green zu küssen lernte“ ist der Debütroman der Engländerin Sarah Haywood. Susan Green, 45 Jahre alt und wohnhaft in London ist die Protagonistin der Geschichte. Sie liebt Kakteen und hat eine Sammlung sowohl in ihrer Wohnung wie auch an ihrem Arbeitsplatz. Jede einzelne Kaktee wird täglich umsorgt. Ebenso wie ihre Kakteen sich nach außen durch ihre Stacheln wehren, setzt Susan sich mit Worten gegen andere zur Wehr. Vom Untertitel her erwartete ich eine romantische Liebesgeschichte, wurde darin aber teilweise enttäuscht.

Susan arbeitet in der Datenanalyse und dem Controlling im öffentlichen Dienst. Sie hält Abstand zu ihren Kollegen und ist nicht in den Sozialen Medien vertreten. Schon vor Jahren ist sie zu Hause in Birmingham ausgezogen und wohnt seither allein in ihrer kleinen Wohnung in London. Mit ihrem Freund, der ihr vom Charakter ähnlich ist, hat sie eine Vereinbarung für gemeinsame Aktivitäten getroffen. Doch dann geschehen gleich zwei unerwartete Ereignisse. Zum einen verstirbt ihre Mutter und räumt ihrem Bruder Edward testamentarisch ein lebenslanges Wohnrecht in ihrem Haus ein und zum anderen ist ihr morgens ständig übel. Mit ihrem Bruder versteht sie sich nicht gut. Vor kurzem ist sein guter Bekannter Rob vorübergehend bei ihm eingezogen. Obwohl Susan Rob sehr mag, kann sie sich auf eine nähere Bekanntschaft mit ihm wegen seiner Freundschaft zu ihrem Bruder natürlich nicht einlassen …

Susan ist kein Charakter den man sofort sympathisch findet. Sie hat für sich in ihrem Leben eine Komfortzone geschaffen, die sich im übertragenen Sinne mit Wällen umzogen hat. Nach außen hin sträubt sie sich gegen jede Einmischung, auch wenn es sich nur um eine gemeinsame Unternehmung mit Kollegen handelt. Ihre Gefühle versucht sie ebenfalls unter Kontrolle zu halten. Warum ihr Verhältnis zum Bruder zerstritten ist, erklärt die Autorin an manchen eingestreuten Ereignissen aus der Vergangenheit der beiden. Vielleicht haben diese kleinen Verletzungen dazu beigetragen, dass sie sich in ihr Leben eingekapselt hat. Im Laufe der Zeit öffnet sich Susan für ihre Mitmenschen auch dadurch, dass sie selber Hilfe benötigt.

Sarah Haywood schafft mit Susan, ihrem Bruder und seinem Freund interessante Charaktere. Sie lässt Susan in der Ich-Form erzählen, so dass man als Leser auch in ihre Gedanken eintauchen kann. Ihre Handlungen nachzuvollziehen, ist aufgrund ihres besonderen Verhaltens jedoch nicht einfach. Es war schön zu erleben, wie sie beginnt ihre um ihr Selbst errichteten Mauern einzureißen, was auch auf ihre Gefühlswelt Auswirkungen hat. Die Geschichte entwickelt sich in Sachen Liebe jedoch langsam und spielt eine geringere Rolle als nach dem Untertitel zu erwarten war.

„Der Kaktus“ spielt mit dem trockenen Humor der Susan eigen ist, von ihr manchmal allerdings ernst genommen wird. Durch einige unerwartete Wendungen ändern sich die Ansichten der Protagonistin ohne jedoch ihren Eigensinn zu verletzten. So strebt die Erzählung auf einen versöhnlichen Schluss zu. Wer besondere Charaktere in Romanen mag ist hier richtig.

Veröffentlicht am 06.06.2018

Solide gearbeiteter Thriller mit kleinen Längen im Mittelteil

Nicht ein Wort
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„Nicht ein Wort“ soll Bundesrichter Scott Sampson, 44 Jahre alt, und seine Frau Alison im gleichnamigen Thriller von Brad Parks darüber verlieren, dass ihre sechsjährigen Zwillinge Sam und Emma entführt ...

„Nicht ein Wort“ soll Bundesrichter Scott Sampson, 44 Jahre alt, und seine Frau Alison im gleichnamigen Thriller von Brad Parks darüber verlieren, dass ihre sechsjährigen Zwillinge Sam und Emma entführt wurden. Das Cover gibt gut die im Buch vorherrschende Stimmung wieder, abgeschottet, angespannt und rätselhaft.

Jeden Mittwoch nimmt sich Scott die Zeit dazu mit seinen Kindern zum Schwimmbad zu fahren. Doch an jenem Tag erhält er eine SMS von seiner Frau mit der Nachricht, dass sie mit den Zwillingen noch zum Arzt muss. Nach gewisser Zeit kehrt Alison allein nach Hause zurück, eine SMS hat sie nicht an ihn geschrieben. Wenig später erhält Scott einen Anruf vom mutmaßlichen Entführer mit der Anweisung, nicht die Polizei oder das FBI einzuschalten und auf Informationen zu warten, wie er in einem bestimmten Fall entscheiden soll. Wenn er so verfahren wird, wie gefordert, werden die Kinder freigelassen. Doch das ist erst der Anfang, eine Art Test, ob Scott sich entsprechend verhält. Entscheidend ist für die Entführer das Urteil in einem Patentrechtstreit bei dem es um sehr viel Geld geht.

Scott Sampson hat eine schwierige Entscheidung zu treffen, die ihn in einen Interessenkonflikt führt. Urteilt er nach Anweisung der Entführer verstößt er gegen sein Gewissen und die Gerechtigkeit, verweigert er die Zusammenarbeit werden seine Kinder gequält und er wird sie vielleicht nicht wieder sehen. Der Autor hat sehr gut recherchiert und erklärt dem Leser das System der Gerichtsbarkeit im US-Staat Virginia um die Hintergründe besser zu verstehen. Allerdings wurde dadurch die von Beginn an aufgebaute Spannung durch die Erklärungen leicht ausgebremst. Geschickt legt Brad Parks einige falsche Spuren aus. In eingeschobenen Kapiteln kann man als Leser derweil verfolgen, wie es den Kindern inzwischen geht. Dadurch ersehnt man eine schnelle Auflösung und kann nachvollziehen, in welcher prekären Situation sich die Eltern befinden. Zum Ende hin steigt die Spannung deutlich an. Die präsentierte Fallauflösung halte ich für möglich, aber weniger wahrscheinlich.

Insgesamt ist „Nicht ein Wort“ ein solide gearbeiteter Thriller mit kleinen Längen im Mittelteil, der den Leser mit den Eltern der entführten Kinder mitfühlen lässt. Ich empfehle ihn allen Fans des Genres, die auch an Hintergründen zur Rechtsprechung interessiert sind.

Veröffentlicht am 01.06.2018

Charaktere werden noch ausführlicher beschrieben und ein Geheimnis aufgedeckt

Das Leben des Vernon Subutex 2
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„Das Leben des Vernon Subutex 2“ setzt die Geschichte des ersten Bands der dreiteiligen Serie von Virginie Despentes ohne weitere zeitliche Unterbrechung fort. Am Anfang des Romans werden alle wichtigen ...

„Das Leben des Vernon Subutex 2“ setzt die Geschichte des ersten Bands der dreiteiligen Serie von Virginie Despentes ohne weitere zeitliche Unterbrechung fort. Am Anfang des Romans werden alle wichtigen Figuren mit einer kurzen Beschreibung, welche Rolle sie im vorigen Geschehen gespielt haben, vorgestellt. Der fortsetzende Band ist zwar selbständig lesbar, aber der Gesamtzusammenhang erschließt sich dem Leser besser durch Kenntnisse des ersten Teils.

Vernon ist weiterhin obdachlos. Er hat sich einen wettergeschützten Unterschlupf im Hinterhof eines verlassenen Hauses am Rand eines Gemeinschaftsgartens gesucht. Ihm ist kalt, er hat gerade erst eine starke Erkältung überstanden und immer wieder träumt sein Verstand sich weg, ohne dass Vernon darüber Kontrolle hat. Durch seine unaufdringliche Art bekommt er Kontakt zu weiteren Obdachlosen, die ihm von ihrem Essen Teile abgeben. Unterdessen vermissen und suchen seine Freunde und Bekannten ihn, bei denen er nach Aufgabe seiner Wohnung Zuflucht gesucht hatte. Über die sozialen Medien halten sie Kontakt zueinander und sie verabreden sich in der am Park gelegenen Bar Rosa Bonheur. Nach einiger Konfusion erhalten sie endlich Kenntnis über den Inhalt der Kassetten des verstorbenen Rockstar Alex Bleach, die dieser bei Vernon zurückgelassen hat. Die Aussagen von Bleach ermöglichen allen den unverstellten Blick auf dessen Leben und bringen für einige eine unerwartete Wahrheit ans Licht.

Auch diesmal bildet Vernon die Klammer um die geschilderten Handlungen. Während im ersten Teil jedoch immer mehr Figuren hinzukamen und die Erzählung auf diese Weise sich auffächerte, greift Virginie Despentes diesmal die einzelnen Charaktere auf und beleuchtet deren Hintergrund zunehmend tiefer. Sie ließ mich aus der Sicht eines allwissenden Erzählers die Beweggründe der Charaktere für ihr Handeln erfahren Die Autorin bedient sich dabei einer Sprache, die kein Blatt vor den Mund nimmt wenn es darum geht, in die menschlichen Abgründe zu schauen. Den Glanz und Glamour der Film- und Musikbranche stellt sie sarkastisch und frech dar. Noch etwas weiter gedacht gipfelt es in der aktuellen MeToo-Debatte. Virginie Despentes beschreibt unter anderem den erfolgreichen Produzenten, der seine durch Anerkennung seiner Leistung gewonnene Macht ausspielt und das Pornosternchen, das seinen Beruf liebt und doch so behandelt wird wie die, die den Job nur für Geld und Drogen ausüben. Viele werden erst durch die Umstände zu dem gemacht, was sie heute sind. Klar stellt die Autorin heraus, dass Übermut dabei nicht gut tut. Alles fügt sich zusammen zu einem Bild der Gesellschaft von Paris, in denen man als Leser aber durchaus Ähnlichkeiten auch zu deutschen Städten findet.

Zumindest äußerlich lässt Vernon sich zu einem gewissen Rahmen der Pflege überreden und erhält von seinen Freunden eine kleine Aufgabe gestellt, die ihm Freude macht. Das Ende lässt hoffen, dass er es schafft, sich vom Obdachlosendasein zu verabschieden. Sollte man gelesen haben!

Veröffentlicht am 27.05.2018

Thriller mit schlüssiger Handlung und spannend von Beginn an

Krokodilwächter
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Der Thriller „Krokodilwächter“ ist das Debüt der Dänin Katrine Engberg und der Beginn einer Serie mit Kriminalfällen in Kopenhagen bei der die Polizeiassistenten Jeppe Körner und Anette ermitteln. Der ...

Der Thriller „Krokodilwächter“ ist das Debüt der Dänin Katrine Engberg und der Beginn einer Serie mit Kriminalfällen in Kopenhagen bei der die Polizeiassistenten Jeppe Körner und Anette ermitteln. Der Titel erinnert an einen Vogel gleichen Namens, dem nachgesagt wird, dass er in den Mäulern von Krokodilen nach Essensresten sucht. Die Krokodile lassen sie gewähren und so profitieren beide Tiere davon. Ein vergleichbares Verhalten gibt es in der Künstlerszene wie sie im Buch dargestellt wird. Eine der handelnden Figuren stellt ihre Kontakte zum Verkauf von Kunst zur Verfügung und zum Ausgleich zeigt der Künstler sich bei bestimmten Gelegenheiten an ihrer Seite. Das Titelbild steht symbolisch für blutende Messerschnitte. Eines der Opfer im vorliegenden Thriller trägt derartige Verletzungen.

In einem Mehrfamilienhaus in Kopenhagen wird die im ersten Stock wohnende Julie ermordet. Sie ist erst vor wenigen Monaten zur Aufnahme eines Studiums hierher zu ihrer Freundin gezogen, die im Moment aber im Urlaub ist. Ihr Gesicht wurde von einer Klinge verunstaltet, die Schnitte sehen so aus, als ob sie geplant gesetzt wurden. Ein Motiv ist zunächst nicht zu erkennen. Doch bald schon sieht die Vermieterin von Julie, die im gleichen Haus im obersten Stock lebt, eine Verbindung zu der Beschreibung eines Mords, den sie für eine kleine Schreibgruppe sichtbar, ins Internet gestellt hat. Die beiden Ermittler Körner und Werner wähnen sich der Lösung des Falls bereits sehr nahe als einer der Verdächtigen tot aufgefunden wird. Die bereits gefundenen Spuren müssen neu interpretiert werden.

In „Krokodilwächter“ stimmt einfach alles. Die polizeilichen Ermittler, die Katrine Engberg sich ausgedacht hat, haben Wiedererkennungswert. Jeppe und Annette arbeiten seit etwa acht Jahren als Partner bei den Ermittlungen. Jeppe Körner hat gerade seinen Scheidungsantrag erhalten. Die Ehe mit Therese ist vermutlich daran gescheitert, dass sich kein Nachwuchs einstellte. Er hat Phantomschmerzen im Rücken, die er mit Medikamenten unterdrückt. Sehr viel Wert legt er auf Hygiene. Annette ist mit ihrem Mann seit Jugendtagen zusammen. Zum Ehepaar gesellen sich drei Border Collies. Während Annette groß und kräftig ist mit sonnengebräunter Haut, ist Jeppe schlank, blond und hellhäutig.

Ich mag es sehr in Thrillern, mehr über das Privatleben der Ermittler zu erfahren. Hier lässt die Autorin noch einigen Spielraum für weitere Bände der Reihe. Neben den beiden Polizeiassistenten nimmt auch Esther de Laurenti, die Autorin der Mordbeschreibung und Universitätsprofessorin der Literaturwissenschaft im Ruhestand die gerne zu viel Rotwein trinkt, einen breiteren Platz im Thriller ein. Zunächst war ich auf eine gewisse Weise schockiert als sie sich recht schnell zum Mord bekennt. Aber natürlich ist das anders gemeint. Unterdessen rückt auch ein anderer Verdächtiger ins Blickfeld, der aber dann selbst zum Opfer wird. Die Charaktere fügen sich realitätsnah in das angenommene Alltagsleben mit aufzuklärendem Mordfall ein.

Gekonnt legte die Autorin immer wieder neue Spuren aus. Die Fakten, die Kathrine Engberg nach und nach Preis gibt, ergeben schließlich ein schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtbild. Bereits auf den ersten Seiten wird Julie ermordet aufgefunden, so dass von Beginn an mit der Suche nach dem Täter Spannung aufgebaut und der Spannungsbogen aufgrund unerwarteter Wendungen bis zum Schluss aufrechterhalten wird. Kleine Cliffhanger zum Ende der Kapitel führten dazu, dass ich schnell weiterlesen wollte, um zu erfahren, wer die Taten begangen hat. Gelungener Auftakt der Serie! Ich freue mich auf weitere Fälle.

Veröffentlicht am 27.05.2018

Tiefgründig, bewegend, mit Charme und Witz

Was man von hier aus sehen kann
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Luise wohnt mit ihrer Familie im Westerwald in einem kleinen Dorf. Wenn Luises Großmutter von einem Okapi träumt, dann stirbt jemand im Ort im Laufe der nächsten 24 Stunden. Als Luise 10 Jahre alt ist ...

Luise wohnt mit ihrer Familie im Westerwald in einem kleinen Dorf. Wenn Luises Großmutter von einem Okapi träumt, dann stirbt jemand im Ort im Laufe der nächsten 24 Stunden. Als Luise 10 Jahre alt ist geschieht nach einem solchen Traum etwas Unfassbares, das mich tief berührt und traurig gestimmt hat. In dem kleinen Dorf wird viel von guter Nachbarschaft gehalten, man hilft sich gegenseitig. Hier bleibt wenig geheim, auch Streitigkeiten nicht. Lösungen findet man daher auch durch andere Dorfbewohner. Doch die größte Sorge von Luise und ihren Verwandten und Bekannten sind die unausgesprochenen Worte und die Zweifel darüber, sie je auszusprechen. Sie kann man nicht sehen, egal von wo man schaut. Der Roman zeigt einige Beispiele im Umgang mit diesen inneren Auseinandersetzungen während unerbittlich das Leben im Dorf und der ganzen Welt weitergeht.

Mariana Leky schreibt mit viel Verve, tiefgründig und bewegend, jedoch gleichzeitig mit Charme und Witz, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ich schließe mich den bisherigen begeisterten Stimmen zum Buch an und empfehle es gerne weiter.