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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch, demi ich noch viele Leser wünsche

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben
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„Ziemlich gute Gründe am Leben zu bleiben“ ist ein ganz persönliches Buch des Autors Matt Haig. Mit 24 Jahren erkrankte er an Depression. Das Buch schildert seine Auseinandersetzung mit der Krankheit und ...

„Ziemlich gute Gründe am Leben zu bleiben“ ist ein ganz persönliches Buch des Autors Matt Haig. Mit 24 Jahren erkrankte er an Depression. Das Buch schildert seine Auseinandersetzung mit der Krankheit und die Möglichkeiten die er gefunden hat, um damit zu leben. Sehr viele Menschen, vor allem Männer, die von der Krankheit heimgesucht werden sehen keinen Ausweg und bringen sich selbst um. Auch Matt Haig hatte zunächst den Gedanken an Selbstmord, dargestellt im Piktogramm auf dem Schutzumschlag. Er stand am Rand einer Klippe und es fehlte nur noch der letzte Schritt. Doch die Feststellung geliebt zu werden und die Angst vor dem Tod hielten ihn zurück.

Neben seiner Schilderung des Verlaufs seiner eigenen Erkrankung fügt Matt Haig viele Tatsachen und Fakten über Depressionen ein. Die Krankheit ist allein deswegen tückisch, weil sie von den Mitmenschen nur durch das auffällige Verhalten des Betroffenen wahrgenommen werden kann, aber in den allermeisten Fällen fehlgedeutet wird. Der Patient zieht sich aus der Gesellschaft zurück. So kommt es zu Ausgrenzungen die eine wichtige Unterstützung der Erkrankten unmöglich machen: das Reden.

Die Krankheit ist vielfältig. Es gibt verschiedenste Ursachen, die unterschiedlichsten Krankheitsverläufe und dementsprechend auch individuelle Therapien zur möglichen Heilung. Was dem einen hilft verschlimmert beim anderen die Depression.

Das Buch will wachrütteln und das Thema Depression in die Öffentlichkeit bringen. Es ist bewusst allgemein verständlich gehalten. Neben einigen Auflistungen die Matt Haig erstellt hat, nennt er auch diverse Gründe am Leben zu bleiben. Einige Einschübe in Form von Kapiteln in diesem Buch wie beispielsweise eine Liste mit Sätzen, die die Krankheit zum Depressiven sagt, heitern den Ernst des Buches etwas auf.

Mir bleibt zu hoffen, dass dieses Buch von Vielen gelesen wird, um über die Krankheit aufzuklären, irrtümliche Vorstellungen zu beseitigen und eventuell auch bereits Erkrankte dazu bringt, professionelle Hilfe zu suchen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schöne Lektüre für Sommertage

Der Sommer der Sternschnuppen
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Grace Hammond, Anfang 30, Überarbeiterin von computergenerierten Übersetzungen und Ordnungsfanatikerin, wohnhaft in Manhattan, ist derzeit arbeitslos und gerade wieder zum Single geworden. Als auch noch ...

Grace Hammond, Anfang 30, Überarbeiterin von computergenerierten Übersetzungen und Ordnungsfanatikerin, wohnhaft in Manhattan, ist derzeit arbeitslos und gerade wieder zum Single geworden. Als auch noch ein Wasserschaden ihre Wohnung unbewohnbar macht, beschließt sie, für einige Wochen zu ihren Eltern nach Hause in die Kleinstadt Dorset zu ziehen. Ihre Eltern sind erfreut über den Besuch, ihre Freundin Cluny schmiedet gleich wieder Pläne zu gemeinsamen Aktivitäten.

So beginnt der Roman „Der Sommer der Sternschnuppen“ von Mary Simses. Das Cover ist wunderschön und ansprechend gestaltet und deutet auf einen leicht beschwingten Inhalt mit viel Liebe hin, den man hier auch vorfindet. Über alldem liegt jedoch das Geheimnis einer Bürde, die die Protagonistin mit durch ihr junges Leben schleppt.

Als Grace ein altes Fahrrad ins Geschäft zur Reparatur bringt begegnet sie dort der Aushilfe Mitch der schon bald weitergehendes Interesse an ihr zeigt. Außerdem trifft sie in Dorset auf bekannte Gesichter ihrer Jugendzeit, allen voran ihr Ex-Freund Peter, der inzwischen als erfolgreicher Regisseur arbeitet und im Moment Szenen vor Ort für einen neuen Film dreht. Alte Gefühle werden wieder in ihr wach und auch der Filmschauspieler Sean kann ihre Aufmerksamkeit für sich gewinnen. Schließlich sieht sich Grace von gleich drei Männern begehrt. Wer mag nur der Richtige für sie sein?

Doch der Höhenflug ihres Glücks in Liebesdingen wird überlagert von dem alten Schmerz eines nicht verarbeiteten Verlusts einer ihr nahestehenden Person. Erst muss sie sich mit den Schatten der Vergangenheit beschäftigen, um weitere erfolgreiche Schritte in die Zukunft zu gehen.

Grace konnte trotz ihrer gelegentlichen Naivität meine Sympathie erlangen. Zu Beginn des Buchs ist bemitleidenswert. Doch sie macht das Beste aus der momentanen Situation. Dabei stellt sie erst später fest, wie sehr sie ihren Eltern mit ihren seltenen Besuchen daheim fehlt. Erst als es ihr gelingt inne zu halten und das Gespräch zu suchen, wird ihr klar, dass sie deren Umgang mit ihr fehl gedeutet hat. Und auch in Sachen Liebe wird ihr im Laufe der Ereignisse deutlich, wer ihr Vertrauen und ihre Zuneigung verdient hat.

Die Protagonistin bedient sich einer gewissen Leichtigkeit und neigt dazu, von einem Fettnäpfchen ins Nächste zu tappen. Es ist nicht einfach für sie, wieder in der Heimat zu sein und auf ihre Schulkameraden zu treffen. Als in der Großstadt wohnend möchte sie sich ihnen gegenüber gerne als jemand zeigen, der Karriere gemacht hat. Indem Grace öfters mal in Situationen über ihren derzeitigen Stand flunkert und sich selbst so gibt, wie es für ihr Gegenüber interessant erscheint, entstehen Szenen mit viel Komik. Die Kapitel beginnen jeweils mit einer Grammatikregel und einem dazu passenden Beispielsatz. Diese Kapitelanfänge stehen in Bezug zu der Penibilität von Grace in Sachen Rechtschreibung und Ordnung, die zu weiteren Momenten mit Witz und Charme führen.

Die Autorin besetzt einige ihrer Charaktere recht klischeehaft, wie beispielsweise den Schauspieler Sean. Das ist amüsant zu lesen. Trotz des an Grace nagenden Geheimnisses in Bezug auf den Verlust einer ihr wichtigen Person stimmt der Roman nicht traurig. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bleibt oberflächlich. Jedoch bringt die von Beginn an auf Grace liegende, zu spürende Last auch eine Prise Spannung in die Erzählung.

Mary Simses lässt ihre Geschichte an der Küste von Connecticut spielen. Die üppige Landschaft fliegt bei den Fahrradtouren der Protagonistin am Leser vorbei und die über allem liegende Wärme des Sommers ist vermeintlich zu spüren. Bis nahezu zum Schluss bleibt offen, für welchen weiteren Lebensweg sie sich entscheiden wird. Einen großen Anteil dazu trägt bei, ob einer der drei an ihr interessierten Männer ihr Herz erobern wird.

Das Buch hat mich bestens unterhalten und ich empfehle es gerne als sommerlich leichte Lektüre weiter.

Veröffentlicht am 01.11.2024

Eine Auswahl von dreizehn Märchen aus aller Welt

Die Froschprinzessin. Märchen aus aller Welt
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Das Buch „Die Froschprinzessin“ aus dem Verlag Fischer Sauerländer beinhaltet eine Sammlung von Märchen aus aller Welt. Die bekannte deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke hat die Geschichten ...

Das Buch „Die Froschprinzessin“ aus dem Verlag Fischer Sauerländer beinhaltet eine Sammlung von Märchen aus aller Welt. Die bekannte deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke hat die Geschichten kuratiert. Mit beeindruckenden Farbillustrationen wurden sie von Julia Plath versehen, die beim Projekt für Künstler:innen von Cornelia Funke zu den Resident:innen in der Toskana gehört.

Der vorliegende Band von nicht ganz 200 Seiten umfasst Erzählungen aus verschiedenen Kulturkreisen, die nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene interessant sind. Neben einigen aus Europa, sind Erzählungen aus Russland, Vietnam und Japan vertreten. Die Konzeptionistin verweist in einem Kommentar darauf, dass asiatische Märchen nicht wie fast jedes westliche mit einem Erfolg endet, was an den unterschiedlichen sozialen Konventionen liegt.

Obwohl Cornelia Funke im Vorwort bekennt, dass sie keine Anhängerin von Märchen ist, besitzt sie eine umfassende Sammlung. Die Erzählungen sind bereits 2018 in englischer Sprache erschienen. In ihren Kommentaren zu den jeweiligen Geschichten stellt die Kuratorin mehrfach Bezug zu ihrem Roman „Reckless“ her, für den sie ebenfalls viele Märchen gelesen hat.

Bei ihrer Auswahl der insgesamt dreizehn Märchen hat Cornelia Funke nach solchen gesucht, die ihr eher unbekannt erschienen und deren Held oder Heldin ihr rebellischer vorkam als in anderen Erzählungen, die hauptsächlich die Werte patriarchaler Gesellschaften zu festigen versuchen. Die im Buch befindlichen lösen sich aus dieser Tradition nicht vollständig. Letztlich hat aber die Neugier der Kuratorin und der Zufall Feder geführt bei der Zusammenstellung der Sammlung.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Mehr Zuversicht und Wohlbefinden gewinnen

Resilienz – Seelenschokolade: Der Weg zu mentaler Stärke, Selbstbewusstsein und körperlichem Wohlbefinden
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Das Buch „Resilienz – Seelenschokolade“ ist in der Edition Michael Fischer erschienen und umfasst knapp über zweihundert Seiten. Das Anliegen der Autorin Julia Colella ist es, den Lesenden dabei zu helfen, ...

Das Buch „Resilienz – Seelenschokolade“ ist in der Edition Michael Fischer erschienen und umfasst knapp über zweihundert Seiten. Das Anliegen der Autorin Julia Colella ist es, den Lesenden dabei zu helfen, ihre Ängste, Stress und Krisen zu meistern und ihnen praktische Übungen und Anleitungen zur Hand zu geben für mehr mentale Stärke, Zuversicht und Wohlbefinden. Die Aufmachung in Pastellfarben signalisiert eine sanfte Herangehensweise.
Zunächst verweist die studierte Wirtschaftspsychologin und ganzheitliche Business-Mentorin Julia Colella den Lesenden darauf, dass es hilfreich ist bei dem Ziel, resilienter zu werden, wenn man sich seine Intention kennt. Im einführenden Kapitel erklärt die Autorin die Bedeutung der Resilienz. In weiteren Kapiteln beschäftigt sie sich mit der Intuition, Körper und Geist, familiären Wurzeln, Akzeptanz und emotionalem Hunger. Einen größeren Raum nimmt das Kapitel über den Women Code ein, in dem Julia Colella die Bedeutung der Phasen des weiblichen Zykluses betrachtet. Für Männer und ältere Frauen ist dieses 32 Seiten umfassende Kapitel allein von allgemeinem Interesse.
Die Autorin schildert offen eigene Probleme, die sie in ihrem Leben gemeistert hat. Jedes Kapitel enthält am Ende eine Nachbereitung bei der Julia Colella Denkanstöße gibt, in Form von Aufforderungen und anregenden Fragen zum Nachdenken. Neben den Anregungen im Buch geht sie stellenweise auch auf ihre Webseite „Seelenschokolade“ ein, auf der man nach der Anmeldung ein paar Videos beispielsweise zu Atemtechnik und Yoga findet.
Für mich war nicht jedes Kapitel hilfreich, aber einiges fand ich anregend. Außerdem konnte ich verschüttetes Wissen wieder freigelegen. Ich halte es vor allem dafür geeignet, sich einen Überblick über das Thema Resilienz zu verschaffen.

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Veröffentlicht am 25.06.2024

Bewegende Suche nach der Vergangenheit sowohl des Vaters wie auch des Großvaters

Wo geht das Licht hin, wenn der Tag vergangen ist
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Das Buch „Wo geht das Licht hin, wenn der Tag vergangen ist“ von Nadine Olonetzky, lässt sich nur schwer einem Genre zuordnen. Die Autorin geht darin auf die Suche nach Spuren ihres Vaters und ihres Großvaters, ...

Das Buch „Wo geht das Licht hin, wenn der Tag vergangen ist“ von Nadine Olonetzky, lässt sich nur schwer einem Genre zuordnen. Die Autorin geht darin auf die Suche nach Spuren ihres Vaters und ihres Großvaters, deren Verfolgung als Juden bereits vor dem Zweiten Weltkrieg begann. Es ist eine Annäherung an die eigene Familiengeschichte, die unvollständig bleibt, weil sich viele Fragen nicht mehr klären lassen. Bilder, die der Vater als leidenschaftlicher Fotograf gemacht hat, halten viele Momente der Familie im Bild fest, zeigen aber nicht dessen Kindheit und Jugend. Nadine Olonetzky wurde bei Fragen nach dessen Vergangenheit immer vom Vater auf Antworten zu einem späteren Zeitraum vertröstet. Sie besitzt lediglich ein kleines Foto von ihm als Kind, das auf dem Cover des Buchs abgebildet ist. Mit fünfzehn hat er ihr auf einer Parkbank schließlich aus seinem Leben erzählt.

Leider sind ihr nicht mehr alle Details gegenwärtig, als sie sich Jahre später darum bemüht, für ihren Großvater einen Stolperstein setzen zu lassen. Um Details aus dessen Vergangenheit ans Licht zu bringen, fordert sie Dokumente bei entsprechenden Behörden an. Sie stellt fest, dass neben einem Stein für den Großvater ebenfalls einer für ihren Vater liegen sollte. In der Folgezeit arbeitet sie sich durch Unterlagen, die in ernstem Stil verfasst sind und von denen im Buch reichlich zitiert wird. Beim Studium der Dokumente bleiben Unsicherheiten zurück. Manchmal liest sie Angaben, die nicht mit denen übereinstimmen, was ihr Vater erzählt hat. Namen sind in verschiedenen Formen wiedergegeben und Daten passen nicht zueinander.

In ihr wächst der Wunsch, sich selbst auf Reisen an einigen, für den Großvater bedeutsamen Orten, ein eigenes Bild zu verschaffen. Das von ihr Aufgeschriebene beinhaltet nicht nur die Vergangenheit der Familie der Autorin, sondern ist auch eine bewegende Geschichte der Judenverfolgung, aufgezeigt an Einzelschicksalen. Immer wieder hält die Autorin inne und erzählt vom Erwachen, Blühen und Vergehen der Natur, die sie in ihrem Garten beobachtet, von Verwurzelungen und Änderungen der Flora über Jahre hinweg. Es scheint so, als ob sie damit nicht nur dem Lesenden Gelegenheiten geben möchte, das Geschriebene zu verarbeiten, sondern sich ständig daran zu fokussieren, wie vergänglich Leben ist. Das Buch ist, trotz vieler offener Fragen eine Reminiszenz für die Menschen auf den vom Vater hinterlassenen Fotos und den in den Dokumenten enthaltenen Namen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an diejenigen, die sich für Erinnerungskultur interessieren.

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