Profilbild von Girdin

Girdin

Lesejury Star
offline

Girdin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Girdin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Äußerlich und vom Inhalt her ein Schmuckstück

Lists of Note
0

Jeder von uns kennt sie und braucht sie: Listen, egal in welcher Form auch immer. Einkaufslisten, To- do-Listen, Nicht-vergessen-Listen, sie alle füllen unseren Alltag und das wahrscheinlich schon seit ...

Jeder von uns kennt sie und braucht sie: Listen, egal in welcher Form auch immer. Einkaufslisten, To- do-Listen, Nicht-vergessen-Listen, sie alle füllen unseren Alltag und das wahrscheinlich schon seit der Mensch schreiben kann. Es gibt eine unglaubliche Fülle von Dingen die man auflisten kann. Shaun Usher hat bei seinen Recherchen zu seinem Buch „Letters of Note – Briefe, die die Welt bedeuten“ immer wieder solche Verzeichnisse in Händen gehalten und sehr zum Vergnügen seiner Leser hat er die, die ihm am bedeutsamsten erschienen nun in einem eigenen Buch zusammengestellt.

„Lists of Note – Aufzeichnungen, die die Welt bedeuten“ ist nicht nur vom Inhalt her ein Schmuckstück, sondern auch optisch. Unter dem in beige und dunkelblau gestalteten Schutzumschlag verbirgt sich ein in Leinen gebundenes Buch im Großformat mit Lesebändchen. Die inneren Umschlagseiten sind mit den Namen der Listenschreiber gestaltet worden. Nach zweimaligem Umblättern erscheint dann schon die erste Auflistung: Shaun Usher bedankt sich bei den Menschen, die ihm am Liebsten sind. Weiter geht es mit der Zusammenstellung des Inhalts. In einer Einleitung erzählt der Autor darüber, wie dieses Buch entstanden ist und selbst diese kurze Einführung enthält zwei Listen. Auf den folgenden 317 Seiten sind 123 Auflistungen zu finden.

Ich habe das Lesen der Listen genossen, mal stirnrunzelnd wie beispielsweise bei Liste 028 „Einsteins Forderungen“ oder auch bei der 101 „Was Frauen auf dem Fahrrad tunlichst unterlassen sollten“, mal schmunzelnd wie zum Beispiel bei der Auflistung 058 „The Standard Beau Catche“ (ein Flirtratgeber) oder 111 „Marilyn Monroes Traummänner“. Sogar als Rezensentin konnte ich profitieren wie bei Liste 015 „Rogets Thesaurus“ und 066 „Ungeschickte Grammatik“. In diesem Buch finden sich banale Einkaufslisten berühmter Menschen, Lieblingsbücher, Verhaltensregeln, Ratschläge und noch vieles andere mehr.

Die älteste Liste stammt aus dem 3. Jahrhundert vor Christi, die jüngsten sind erst ein paar Jahre alt. Begleitend zu jeder Liste ist entweder ganzseitig das Original abgelichtet, ein Foto des Autors oder auch eine passende Illustration. Einige Listen umfassen nur wenige Zeilen, andere mehrere Seiten.

Das Buch eignet sich nicht nur zum selber Lesen oder Stöbern, sondern auch hervorragend als Geschenk. Es bietet zudem ausreichend Gesprächsstoff beim gemeinsamen Lesen der Listen. „Lists of Note“ ist informativ und sehr interessant. Ich werde es sicher immer wieder zur Hand nehmen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Aufwühlende Story, mitreißender Schreibstil

Die Nacht schreibt uns neu
0

Emma und Richard kennen sich seit ihrer Jugend, aus Freundschaft wurde schließlich Liebe. Nach einer kurzen Trennung, die aus dem Wegzug von Emma resultierte, ist ihre Liebe neu entflammt nachdem der Gesundheitszustand ...

Emma und Richard kennen sich seit ihrer Jugend, aus Freundschaft wurde schließlich Liebe. Nach einer kurzen Trennung, die aus dem Wegzug von Emma resultierte, ist ihre Liebe neu entflammt nachdem der Gesundheitszustand der Eltern Emma wieder in ihre Heimatstadt zurückführte. Zu Beginn des Buchs „Die Nacht schreibt uns neu“ von Dani Atkins begegnet der Leser Emma, wie sie sich für ein großes Ereignis zurechtmacht. Geheimnisvoll bleibt bis zum Schluss, worum es sich dabei handelt, bekannt ist ausschließlich, dass es zeitlich nach den anschließend von Emma geschilderten Geschehnissen stattfindet.

Emma ist 27 Jahre als sie mit Richard vor den Traualtar treten möchte. Ein paar Wochen vor dem großen Ereignis verunglückt die Protagonistin mit dem Wagen auf dem Heimweg von einem Abend mit ihren Freundinnen. Amy, Emmas Freundin seit ihrer Kindheit, stirbt kurze Zeit später an den schweren Verletzungen, die sie sich bei dem Unfall zugezogen hat. Emma wird in letzter Minute aus dem Auto durch Jack befreit, der zufällig am Unfallort vorbeigekommen ist.

Schon während dieser ersten Begegnung, empfinden beide trotz der widrigen Umstände Sympathie füreinander, die sich im weiteren Verlauf zu weit mehr ausweitet. Doch auch der benachrichtigte Richard eilt schnellstmöglich an die Seite seiner Verlobten. Das Leben geht weiter, obwohl die Ereignisse Emma schwer getroffen haben und sie dazu veranlasst, die Hochzeit zu verschieben. Dann erfährt sie eines Tages durch Zufall, dass Amy sie in der Vergangenheit verraten hat. Und dann ist da auch noch Jack zu dem sie sich immer mehr hingezogen fühlt, der jedoch nur vorübergehend in England ist und dessen Familie in den USA auf ihn wartet. Emma muss ganz tief in sich hineinhorchen um herauszufinden wen sie wirklich liebt und wer ihre Liebe erwidert: Richard oder Jack.

Dani Atkins schreibt mitreißend und berührend. Auch in ihrem zweiten Liebesroman verarbeitet sie parallel mehrere menschliche Tragödien. Zum einen ist es der Verlust einer besten Freundin durch deren plötzlichen Tod, zum anderen ist es der Verlauf einer schweren Krankheit eines Elternteils der Protagonistin. Hinzu kommt die Feststellung, dass Amy, mit der Emma durch dick und dünn gegangen dieser etwas Schwerwiegendes verschwiegen hat und sich Emma jetzt nicht mehr die Gelegenheit bietet Amy damit zu konfrontieren. Für sie ist nur eine innere Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Gefühlen Freundschaft und Hass möglich.

Wie bereits bei ihrem Debütroman „Die Achse meiner Welt“ hat die Autorin auch diesmal die Ich-Perspektive der Hauptcharaktere gewählt. So kann der Leser der Gedankenwelt Emmas folgen und die Auseinandersetzung mit ihren Gefühlen besser nachvollziehen. Emma ist eine liebenswerte Person. Auch Jack konnte meine Sympathie von Beginn an gewinnen, vielleicht auch ein wenig aufgrund seines heldenhaften Verhaltens an der Unfallstelle. Ich konnte es verstehen, dass es Emma nicht leicht fiel sich den Erwartungen ihrer Freundinnen und Freunde sowie Verwandten an ihre Beziehung zu Richard entgegenzustellen und persönliche Freiheiten in ihren Entscheidungen nachzugehen.

Die Geschichte ist realistisch dargestellt. In Bezug auf den Titel lässt sich sagen, dass nur ein einziges Geschehen unseren Lebensplan komplett umwerfen kann, eine Nacht kann alles verändern und uns neu schreiben. Die Geschichte entwickelt ihren eigenen Reiz vor allem aufgrund der aufwühlenden Story und des fesselnden Schreibstil. Die Anfangsszene entwickelt sich in mehreren kurzen Kapiteln bis zum Ende hin weiter und wartet zum Schluss noch mit einer kleinen Überraschung auf. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Geschickt gesponnener Roman, der seine Geheimnisse erst nach und nach preisgibt

Das Seehaus
0

Loeanneth, ein verwunschen gelegenes Haus am See in Cornwall im Sommer 1933: bei Alice Edevane, 16 Jahre, kreisen die Gedanken um ein Geheimnis. Die Gelegenheit zu einem Geständnis hat sie verstreichen ...

Loeanneth, ein verwunschen gelegenes Haus am See in Cornwall im Sommer 1933: bei Alice Edevane, 16 Jahre, kreisen die Gedanken um ein Geheimnis. Die Gelegenheit zu einem Geständnis hat sie verstreichen lassen. Jetzt eilt sie durch das anliegende Wäldchen und vergräbt den Beweis für ihre Schuld. So spannend beginnt das Buch „Das Seehaus“ von Kate Morton. Auch bei ihrem neuen Buch schafft sie es, den Leser in ihren Bann zu ziehen.

Im Jahr 2003 hat sich Sadie Sparrow, Detective in London, während der Ermittlungen an einem aktuellen Fall mit Interna an einen Journalisten gewendet. Um sich einem Verweis durch ihren Vorgesetzten zu entziehen nimmt sie Urlaub, den sie bei ihrem Großvater in Cornwall verbringt. Beim Joggen entdeckt sie ein im Wald gelegenes Haus, das im Verfall begriffen scheint. Eine Freundin ihres Opas kennt nicht nur das Haus, bei dem es sich um Loeanneth handelt, sondern auch die Geschichte der Familie der das Haus gehört. Sie erfährt, dass die Familie Edevane alljährlich ein Mittsommerfest veranstaltete. In den 1930ern ist in dieser Nacht ein kleiner Junge verschwunden. Die Erzählung der Bekannten spricht in Sadie die Ermittlerin an. Es interessiert sie, was damals genau geschehen ist und warum die Familie mit drei älteren Töchtern und unmittelbar nach der großen Suchaktion der Polizei das Haus aufgegeben und nach London gezogen ist. Immer tiefer taucht sie und damit auch der Leser ein in die Vergangenheit der Familie Edevane und den damit verbundenen Geheimnissen.

Nach einem kurzen, spannenden Beginn geht die Geschichte zunächst etwas ruhiger weiter. Die Autorin macht den Leser mit den wichtigsten Figuren auf den beiden ungefähr 70 Jahre auseinanderliegenden (Haupt-)Zeitebenen auf denen der Roman spielt bekannt. 1933 bereitet die Familie Edevane sich auf das Mittsommerfest vor. Die Erzählung fokussiert hier auf Alice, der angehenden Schriftstellerin und frisch Verliebten. Beim Lesen dieser Kapitel kam mir ständig die oben erwähnte Anfangsszene mit der Schuldfrage ins Bewusstsein. Im ständigen Wechsel springt die Autorin immer wieder in das Jahr 2003. Der Leser wartet schon neugierig darauf, ob Sadie sich Zugang zu Loeanneth verschaffen kann und neue Erkenntnisse über das vor so langer Zeit bereits verschwundene Kind finden wird. Außerdem möchte man mehr über den aktuellen Fall erfahren an dem Sadie ermittelt hat. Was ist vorgefallen, das sie dazu geführt hat, einen langen Urlaub zu nehmen?

Kate Morton hat mit „Das Seehaus“ einen geschickt gesponnenen Roman geschrieben, der seine Geheimnisse erst nach und nach preisgibt. Sie legt immer wieder falsche Fährten aus, durch die der Leser und natürlich Sadie sich kurz vor der Lösung glauben, um dann doch in eine andere Richtung abzuschwenken. Meist geschieht dies durch geschickt gesetzte kleine Auslassungen bei Dingen, über die ihre Figuren nachdenken. Durch detailreiche Landschaftsbeschreibungen kann man sich gut die Umgebung von Loeanneth vorstellen und spürt das Besondere, das von diesem Ort ausgeht.

Abwechslungsreich gestaltet sind die Charaktere, die die Autorin vorstellt. Neben den Protagonisten Alice und Sadie nehmen weitere Figuren einen breiteren Raum ein, wie beispielsweise die Eltern von Alice und ihre Schwestern sowie ihre Großmutter, ein im damaligen Fall ermittelnder Polizist und Sadies Opa. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser stückchenweise mehr über deren Vergangenheit und ihren Motiven zum Handeln in bestimmte Situationen. Es geschieht immer wieder, dass bei einer Person, nachdem man sie näher kennengelernt hat, eine frühere Verletzung des Gemüts zum Vorschein kommt.

Durch alle Zeitebenen und in Haupt- sowie Nebenerzählungen thematisiert das Buch Kinder, für die das Beste außerhalb ihres Elternhauses gewollt wird. Der Spannungsbogen hält durch die vielschichtige Gestaltung des Romans bis zum Ende hin an. Die Geheimnisse Roman werden getragen von Liebe, Hass, Schuld, Verständnis füreinander, gegebenen Versprechungen, Lügen, Vergebung und unausgesprochenen manifestierten Vermutungen. So lässt sich der Roman genremäßig auch nicht fest zuordnen.

Mich hat das Buch überzeugt. Ein Must-Read für jeden Kate Morton Fan und darüber hinaus eine Leseempfehlung für alle, die Familienromane mit Geheimnis mögen sowie für Krimileser.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ungewööhnliches Buch mit einer frischen Idee

Eine Therapie für Aristoteles
0

Der Titel des Buchs „Eine Therapie für Aristoteles“ von Melanie Sumner ließ mich zunächst daran denken, dass die namensgebende Person eine zu heilende Verhaltensauffälligkeit hat und der Roman diesen Prozess ...

Der Titel des Buchs „Eine Therapie für Aristoteles“ von Melanie Sumner ließ mich zunächst daran denken, dass die namensgebende Person eine zu heilende Verhaltensauffälligkeit hat und der Roman diesen Prozess beschreibt. Aber das wäre viel zu naheliegend, ist allerdings dennoch ein wenig wahr. Erst das Blatt auf dem Cover, das sich aus der Schreibmaschine rauswindet, führt den Leser in Kombination mit dem Titel zum Inhalt.

Die 12 ½ jährige Aristoteles Thibodeau, kurz Aris genannt, hat von ihrer Mutter Diane, einer Dozentin für Anglistik, das Buch „Romane schreiben in 30 Tagen!“ erhalten. Diane ist neben ihrem Beruf mit der Erziehung von Aris und dem vier Jahre jüngeren Max manches Mal überfordert. Ihr Mann starb, als Max noch nicht geboren war. Aris‘ Bruder ist wegen seiner hohen Sensibilität in therapeutischer Behandlung und eigentlich wäre für Aris eine solche auch angebracht. Weil ihre Mutter aber immer wieder vergisst, einen Termin für sie zu vereinbaren, nimmt sie das geschenkte Buch als Ersatz. Kapitelweise arbeitet sie sich voran, inklusive Schreibübungen. Der vorliegende Roman ist bereits das Ergebnis des Schreibprozesses und so begleitet der Leser Aris bei der Entstehung ihres Erstwerks.

Getreu ihrem Schreiblernbuch beginnt sie mit einem Vorwort, das eigentlich keines ist. In der nachfolgenden Einleitung lässt die Autorin ihre Protagonistin den Leser um Verständnis bitten, dass ihre Schreibweise gelegentlich nicht ihrem Alter entspricht. Obwohl Aris eine große Selbständigkeit von ihrer Mutter zugewiesen wird, ist sie von ihrer Einsicht in Sinnzusammenhänge und im Erkennen von Gefühlslagen her Gleichaltrigen weit voraus. Melanie Sumner nutzt jedoch die Naivität um immer wieder Leichtigkeit in die doch so ernste familiäre Situation zu bringen. Denn die Familie hat es nicht leicht, Diane weiß oft kaum wie sie das Schulgeld für Aris und Max aufbringen soll. Aris wünscht sich daher, schnell einen Bestseller zu schreiben. Das Buch gibt den Zeitrahmen vor, aber so einfach gestaltet sich das Schreiben nicht. Es gilt, bestimmte Kriterien zu beachten, die vorhanden sein sollten.

Aris Erfahrungswerte beschränken sich auf ihre eigene Vergangenheit und die ihrer Familie. Doch was sich eher langweilig anhört, wird im Roman zu einem Spiel der Realität mit Tiefgang. Nicht nur Aris Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Vaters, sondern auch mit Themen wie Religionszugehörigkeit und Rassismus machen diesen Roman aus. Und so ganz nebenbei versucht Aris sich auch darin, einen neuen Vater für sich und Ehemann für Diane zu finden.

„Eine Therapie für Aristoteles“ ist ein Buch, dem man das US-amerikanische Setting anmerkt, das aber auch in Europa spielen könnte. Neben der amüsanten und doch nachdenklich stimmenden Lektüre lernt der Leser gleich noch etwas über das Schreiben von Romanen. Das Aris ihr Projekt beenden wird, steht nie in Zweifel, schließlich liegt es in den Händen des Lesers. Ein ungewöhnliches Buch mit einer frischen Idee, das ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Berührend und emotional

Mein Herz wird dich finden
0

Mia hat ihren Freund Jacob durch einen Verkehrsunfall verloren. Noch heute, 400 Tage später, erinnert sie sich nur mit Grauen an diesen Tag zurück. So beginnt der Roman „Mein Herz wird dich finden“ von ...

Mia hat ihren Freund Jacob durch einen Verkehrsunfall verloren. Noch heute, 400 Tage später, erinnert sie sich nur mit Grauen an diesen Tag zurück. So beginnt der Roman „Mein Herz wird dich finden“ von Jessi Kirby. Auf dem Cover des Buchs ist ein verschlungenes Herz in rot-goldener Farbe das im Licht glänzt. Nichts weist auf eine bedrückende Geschichte hin und so hellt sich nach einem beklemmend wirkenden Beginn das Geschehen auf und nimmt den Leser mit hinein in eine der bewegensten Liebesgeschichten, die ich kenne.

Jacob fehlt Mia sehr. Die beiden hatten gemeinsame Pläne für ihre Zukunft. Zum Glück gibt ihre Familie ihr Zeit über den Verlust hinweg zu finden. Eines Tages macht sie sich auf die Suche nach einer bestimmten Person. Bei der Fahrt ans naheliegende Meer lernt sie Noah kennen. Beide fühlen sich gleich auf einer Wellenlänge. Und doch ist es so, dass Mia Noah gar nicht hätte kennenlernen dürfen. Sie sehnt eine Aussprache mit Noah herbei, aber der geeignete Moment will zunächst einfach nicht kommen. Und dann ist es beinahe zu spät, um auf Verständnis zu hoffen …

Gerade einen jungen Menschen zu verlieren, egal ob als Familienmitglied oder Freund, ist furchtbar. Alles bricht ab. Begegnungen, gemeinsame Träume und Worte sind nicht mehr möglich. Die Lebenden sind gefangen im hier und jetzt. Keiner weiß wo der Geist und die Seele des Verstorbenen nun sind. Unser Verstand kommt an seine Grenze.

Vielleicht ist die Geschichte, die die Autorin hier erzählt, auch so mitnehmend weil sie sich mit einem der großen Themen unserer heutigen Zeit beschäftigt, der Organspende. Auf eine ganz besondere Weise verarbeitet sie in ihrer Erzählung einige Aspekte, keine ausführende Diskussion, jedoch ausreichend für die vorliegende Liebesgeschichte, um das Für und Wider des Spenders zu erkennen. Sie zeigt außerdem auf, dass es auch für den Empfänger eine Herausforderung sowohl physisch wie auch psychisch ist, mit dem fremden Organ zu leben.

Für Mia kommen zu den sehr emotionalen Geschehnissen noch das Wissen um den Gesundheitszustand ihres Vaters hinzu. Ihre Eltern bieten ihr Rückhalt und stärken sie bei ihren Handlungen. Doch der berufliche Stress macht ihrem Vater zu schaffen. Die Besorgnis ihrer Mutter um ihren Mann bedrückt auch Mia. Vor dem Hintergrund eines Sommers am Meer mit seiner Leichtigkeit, dem Vergnügen und Spaß wird der Protagonisten bewusst, dass immer wieder in einem geregelten, erfüllten Alltagsleben plötzliche Gefahren lauern, die der Gesundheit abträglich sind.

Mia ist eine liebenswerte Person, ebenso wie Noah. Beide sind rücksichtsvoll und doch haben sie auch ihre Ecken und Kanten. Ohne zu wissen warum, vertraut Mia ihrem neuen Freund, obwohl ihr manche Situation in die er sie bringt riskant erscheint.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr gefühlsbetont. Sie schafft es mit ihren Worten die Wärme des Sommers einzufangen. Ich konnte mir die einzigartige Landschaft und die Naturphänomene, die Noah Mia zeigt, sehr gut vorstellen. Die Story wird von Mia in der Ich-Form erzählt, so dass ich an den Gedanken und inneren Auseinandersetzungen der Protagonistin teilhaben konnte. Vor jedem Kapitel hat Jessi Kirby eine Tatsache oder einen Spruch über das Herz gestellt, der im Laufe des Buchs Wissen vermittelt, aber auch den Leser zwischen den teils atemlos stimmenden Kapiteln kurz aufatmen lässt. Denn über der romantischen Geschichte liegt stets die Angst von Mia, dass eine Aussprache mit Noah kein Verständnis von ihm bringt und ihre noch junge Liebe einer solchen Probe nicht standhalten wird.

Mich hat dieses Buch tief berührt und ich habe mich sehr über den versöhnlich stimmenden Abschluss gefreut. „Mein Herz wird dich finden“ ist definitiv ein Buch das ich sehr gerne weiterempfehle, nicht nur an Jugendliche ab 14 Jahren sondern auch an junge Erwachsene und interessierte ältere Leser.