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Veröffentlicht am 14.05.2020

Falscher Ehrgeiz

Todestreue (Ein Martin-Bauer-Krimi 3)
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Martin Bauer, Polizeiseelsorger, befindet sich seit der Geburt seiner zweiten Tochter Marie in Elternzeit. Seine Frau, die stets seine Alleingänge und nichtautorisierte Polizeiarbeit beklagt hat, bittet ...

Martin Bauer, Polizeiseelsorger, befindet sich seit der Geburt seiner zweiten Tochter Marie in Elternzeit. Seine Frau, die stets seine Alleingänge und nichtautorisierte Polizeiarbeit beklagt hat, bittet ihn um Beistand. Eine ihrer Schützlinge braucht Hilfe, um ihren Verlobten Leon bei der Abkehr von einer Biker Truppe zu unterstützen. Die Aktion läuft ziemlich schief.

Am nächsten Tag wird Hauptkommissarin Verena Dohr zu einem weiblichen Leichenfund auf einem Schrottplatz gerufen. Schnell kommt Leon als Verdächtiger ins Visier.

Kann Bauer die Ermittler von Leons Unschuld überzeugen?


Das ist bereits der dritte Fall von Martin Bauer und Verena Dohr, den ich gelesen habe und auch dieser hat mich überzeugt. Die Tatsache, dass beide Autoren seit Jahren gemeinsam als Drehbuchautoren tätig sind, merkt man ihren Kriminalromanen an. Sie sind lebendig, bestehen aus gut vorstellbaren Szenen und lassen im Kopf des Lesers einen tollen Film ablaufen.

Wenn man im vorherigen Buch das Gefühl hatte, dass Martin Bauer mittlerweile unrealistisch forsch und sich zu weit in seiner Aufgabe vorwagt, wurde in diesem Buch etwas beruhigt. Und doch folgte Martin immer mehr seinem Gewissen als seinen vorgegebenen Regeln.

Der eigentliche Kriminalfall, äußerst brutal in der Biker-Szene angesiedelt, gerät bei manchen Aktionen von Bauer und Dohr in den Hintergrund.

Es macht einfach Spaß, die Beiden zu begleiten und ihre familiären und beruflichen Probleme zu beobachten, Spannung und Unterhaltung pur.

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Veröffentlicht am 09.05.2020

Trauma Bewältigung

Ein halbes Herz
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Die gefragte Star-Fotografin Elin Boals stürzt sich geradezu in Arbeit und nutzt ihre Kamera zunehmend als Schutzschild vor dem Leben.

Aber jetzt überrollen sie die Ereignisse. Nach fast 20 Jahren erhält ...

Die gefragte Star-Fotografin Elin Boals stürzt sich geradezu in Arbeit und nutzt ihre Kamera zunehmend als Schutzschild vor dem Leben.

Aber jetzt überrollen sie die Ereignisse. Nach fast 20 Jahren erhält sie per Post eine Sternenkarte von Frederik, ihrem Freund aus Kindertagen. Plötzlich kommen Erinnerungen ans Licht, die sie längst verdrängt und begraben glaubte.

Ihr Mann Sam kann Elins Arbeitswut und ständige Abwesenheit nicht mehr ertragen und verlässt sie. Ihre Tochter Alice hat ihr Elternhaus schon einige Zeit vorher verlassen, um Tanz zu studieren.

Jetzt ist Elin allein und die Erinnerungen bringen sie völlig aus dem Gleichgewicht.


Wieder einmal beschäftigt Sofia Lundberg sich mit der Vergangenheit, in diesem Fall mit der Kindheit der Protagonistin.

Emphatisch und gefühlvoll beschreibt sie Elins Kindheit, die hart, aber doch gespickt mit Glücksmomenten war. Es entsteht schnell der Eindruck, dass Elin ihre schwere und entbehrungsreiche Kindheit angenommen hat und stets versuchte das Beste aus jeder Phase zu machen.

Erst das Verhalten ihres Stiefvaters hat sie verzweifeln lassen und sie Jahrzehnte lang glauben lassen, eine schwere Schuld auf sich geladen zu haben.

Erst als sie glaubt, alles, was liebt, verloren zu haben, kann sie sich ihrer vermeintlichen Schuld stellen. Auch diesen schweren Schritt der Konfrontation beschreibt Frau Lundberg ohne Pathos, aber mitfühlend auf unaufgeregte Weise. Elin und ihre Gefühlswelt sind sehr genau beleuchtet. Man fühlt mit, man leidet mit, aber man bemitleidet sie nicht.

Alice dagegen erscheint mir manchmal hysterisch. Sie ist entsetzt, dass Elin ihr die Großmutter jahrelang vorenthalten hat. Als sie endlich ihre Großmutter besuchen kann, kümmert sie sich mehr um Erik, einem Sohn von Frederik. Ich habe das Gefühl, sie empfindet Schweden, den Bauernhof und die Herkunft ihrer Mutter spannend und interessant wie z.B. Geschichtsunterricht.

Mit diesem Roman hat Frau Lundberg uns eine schönen, ans Herz gehende Geschichte geschenkt.

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Aufschlussreich

Der Empfänger
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Deutschland während der 30er Jahre. Junge Männer entfliehen der Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit und wandern in die USA aus, um dort ihr Glück zu machen. Josef und Carl Klein planen auch ihr Glück. ...

Deutschland während der 30er Jahre. Junge Männer entfliehen der Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit und wandern in die USA aus, um dort ihr Glück zu machen. Josef und Carl Klein planen auch ihr Glück. Leider kann nur Josef in die USA einwandern, da Carl nach Verlust seines Auges sein Visum verliert.
Ulla Lenze schildert eindrucksvoll, wie es jungen und naiven deutschen Auswanderern in den USA ergangen ist.


Ein Thema, das wenig literarisch verarbeitet bzw. aufgearbeitet wurde.

Vor und während des 2. Weltkriegs bauen Schergen der NSDAP sozusagen eine deutschsozialistische Vereinigung in Amerika auf. Frau Lenze beschreibt die Agenten und Verführer, die naive junge Männer, die sich ein neues freies Leben aufbauen wollen, in die Fänge des deutschen Geheimdienstes in Amerika treiben.

Die Unbeholfenheit und Unwissenheit von Josef Klein, der unbemerkt durch sein Hobby und seine Leidenschaft zum Verräter wird, ist schon sehr bedrückend. Er ist beschämt und sich eigentlich keiner Schuld bewusst. Beim späteren Aufeinandertreffen mit seinem Bruder Carl und dessen kleiner Familie, kann er über die Geschehnisse und seine Schuld nicht sprechen. Er ist heimatlos und wird ein Getriebener bleiben.

Ich musste das Gelesene erst einmal sacken lassen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Die verschieden Zeitebenen und die permanenten Zeitsprünge (vor und zurück) haben mir das Lesen und Verstehen nicht immer einfach gemacht. Vielleicht spiegelt diese puzzlehafte, verschachtelte Erzählweise aber auch die verworrene Lebensgeschichte von Josef wider.

Wie bereits gesagt, habe ich bis jetzt wenig über diese Zeit bzw. über diesen Schauplatz der Geschichte gelesen, aber die Ereignisse erscheinen mir glaubhaft und auch nachvollziehbar.

Dieser Roman ist sehr interessant und informativ für mich gewesen. Auch wenn er natürlich keine Dokumentation, sondern fiktiv ist, erscheint er durchaus glaubhaft und ist lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.04.2020

Absolut berührend und nachdenklich machend

Das rote Adressbuch
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Die 96-jährige Doris Alm lebt vereinsamt in ihrer kleinen Wohnung in Stockholm. Einmal täglich versorgt eine meist gedankenlose Pflegerin sie mit dem Nötigsten. All ihre Freunde und Verwandten sind bereits ...

Die 96-jährige Doris Alm lebt vereinsamt in ihrer kleinen Wohnung in Stockholm. Einmal täglich versorgt eine meist gedankenlose Pflegerin sie mit dem Nötigsten. All ihre Freunde und Verwandten sind bereits verstorben. Ihr einziger Lichtblick ist ihre Großnichte Jenny, die allerdings mit ihrer Familie in den USA lebt. Etwa einmal wöchentlich skypen die Beiden miteinander, Doris einziger Kontakt mit der Welt. Die Zeit dazwischen füllt Doris mit dem Niederschreiben ihrer Erinnerungen anhand der Namen aus ihrem roten Adressbuch.

Wow, was für ein berührendes Buch!
Ich glaube, ich bin nicht die einzige, die einige Tränen während der Lektüre vergossen hat. Ich bin froh, dass meine Mutter noch lebt, 87-jährig, und ich regelmäßig Kontakt mit ihr halten kann. Wie wichtig das für uns beide ist, hat dieses Buch noch einmal verdeutlicht.

Die Erzählweise von Frau Lundberg hat dem Leser wegen der ständigen Zeitsprünge schon einiges abverlangt. Mir fiel es durch die lebhafte Schilderung der Begegnungen in der Vergangenheit oft schwer mich wieder in der Gegenwart zurecht zu finden.

Allerdings hat sich mir nicht erschlossen, warum Allan bereits nach einem Jahr, in dem er sich nach eigenen Angaben nach Doris verzehrt hat, eine neue Frau gefunden und geheiratet hat. Unverständlich ist für mich auch, dass Beide immer postlagernd über Jahre, Jahrzehnte an die gleiche Adresse geschrieben haben und sich folglich nie fanden.

Bewundert habe ich, dass Frau Lundberg zwar sehr berührend aber nie kitschig geschrieben hat. Nachvollziehen kann ich daher, dass viele Leser ihr erzählt haben, dass der Roman dazu ermutigt habe, mit ihren älteren Verwandten wieder mehr ins Gespräch zu kommen.

Ich freue mich auf das nächste Buch dieser Autorin.

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Veröffentlicht am 26.04.2020

Geheimnisse, Grusel und Gänsehaut

VERGESSEN - Nur du kennst das Geheimnis
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Kirsty, Adrian und ihre beiden Töchter haben traumatische Erlebnisse hinter sich gelassen und wagen im walisischem Hywelphilly einen Neuanfang. Nach Adrians Selbstmordversuch und schwerer Depression wollen ...

Kirsty, Adrian und ihre beiden Töchter haben traumatische Erlebnisse hinter sich gelassen und wagen im walisischem Hywelphilly einen Neuanfang. Nach Adrians Selbstmordversuch und schwerer Depression wollen sie gemeinsam mit Kirstys Mutter ein Gästehaus eröffnen.

Nach anfänglicher Erleichterung der Lebenssituation geht Kirsty vor lauter Renovierungsarbeiten, Zimmerausstattungen und Vorbereitungen für die bevorstehenden Gäste buchstäblich die Puste aus. Ihr Asthma verschlimmert sich, ihre Mutter bevormundet sie, ihre Kinder fühlen sich in der neuen Umgebung noch nicht wohl und ihr Mann zieht sich zunehmend zurück.

Zu allem Unglück lädt ihre Mutter Selina, eine Cousine von Kirsty, zu der sie aus gutem Grund mehrere Jahre keinen Kontakt hatte, ein und das Chaos nimmt seinen Lauf.


Dies ist nicht mein erster Thriller von Claire Douglas und wieder entwickelt sich ihr Buch zum Pageturner. Sie hält den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite.

Die Lebenssituation der Kirsty entwickelt sich von hoffnungsvoll zu bedrückend bis sie voller panischer Angst lebt. Immer neue Fragen werden bei jedem Lüften eines Geheimnisses aufgeworfen. Kirsty hat ständig Angst als Tochter, Mutter und Ehefrau zu versagen. Kirstys Ängste sind es auch, die die Spannung ständig hochhalten.

Die genaue Beschreibung der einzelnen Charaktere ermöglicht es uns Lesern mit zu fiebern. Man kann immer besser Kirstys Ängste und Befürchtungen nachvollziehen. Carol, Kirstys Mutter, ihre Kinder Evie und Amelia und auch Selina sind sehr genau gezeichnet. Ihre Reaktionen und Krisen sind deshalb ebenfalls nachvollziehbar. Adrian erschien mir im Gegensatz dazu blass und teilweise zu unbeteiligt, weshalb ich ihm auch vieles geheime zugetraut habe.

Dieser Thriller war ein spannendes Vergnügen, das trotz einer Leiche mit wenig Blut und Gewalt auskam.

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