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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2019

Thriller vom Feinsten

Blind
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Nathaniel Brenner, seit seinem elften Lebensjahr blind, wird während eines Video-Chats Ohrenzeuge eines Verbrechens. Er hört einen Schrei, Gepolter und dann die Stille der unterbrochenen Leitung. Er kennt ...

Nathaniel Brenner, seit seinem elften Lebensjahr blind, wird während eines Video-Chats Ohrenzeuge eines Verbrechens. Er hört einen Schrei, Gepolter und dann die Stille der unterbrochenen Leitung. Er kennt nur den Vornamen der jungen Frau, die ihm mittels der anonymen App „Be my Eye“ bei der Auswahl seiner Hemden helfen wollte.
Niemand glaubt ihm. Der Polizei wurde kein Verbrechen gemeldet. Niemand wird vermisst.
Die befreundete Journalistin Milla ist die Einzige, die ihm zuhört und ihm hilft, die Wahrheit herauszufinden. Nicht nur Nathaniel stürzt sich dabei blind ins Abenteuer. Beide ahnen nicht, dass sie die einzige Rettung sind und dass sie sich beeilen müssen.

„Ein Verbrechen ist geschehen. Du bist dir ganz sicher. Du bist der einzige Zeuge. Doch niemand glaubt dir“
Das Zitat vom Cover beschreibt eigentlich schon die ganze Tragik und Spannung dieses Thrillers.

Die Schweizer Autorin Christine Brand, mir bis heute leider nicht bekannt, veröffentlicht mit „Blind“ ihren ersten Roman bei Blanvalet.
Sie ist im Schweizer Emmental geboren und aufgewachsen. Bis Ende 2017 arbeitete sie als Redakteurin bei der „NZZ am Sonntag“. Zuvor war sie Reporterin beim Schweizer Fernsehen und Redakteurin bei der Berner Zeitung „Der Bund“, wo sie unter anderem Gerichtsreportagen verfasste.
Christine Brand hat fünf Kriminalromane, ein Buch mit wahren Kriminalgeschichten und einen Märchenband über den Mond publiziert.
Ich bin mir sicher, mit diesem Thriller hat sie sich eine große Leserschaft erobert.

Das Cover ist auffällig. Das große, wie mit weißer Farbe gemalte Wort „BLIND“ lädt zum zugreifen ein. Nimmt man das Buch in die Hand, ist es griffig durch seine raue Struktur an den Ecken. Im ersten Augenblick dachte ich an Blindenschrift, aber die unterschiedliche Struktur lässt mich das Buch einfach länger halten, so dass ich das Zitat von Sebastian Fitzek lesen kann.

Der Thriller, der als simpler Kriminalroman angekündigt wird, entpuppt sich als einer der besonderen Art. Wenig Blut, wenig Brutalität, aber dafür feinsinnige Seelenschau, unkonventionelle Ermittlungen und verblüffende Entwicklungen.

Nicht nur die Polizei hat immer wieder in die falsche Richtung ermittelt. Als mitdenkender und mitermittelnder Leser wird man mehrfach in die falsche Richtung geschickt. Bis auf ein nahezu absurdes Verbrechen, dessen Motiv sich mir nicht erschlossen hat, waren alle Wendungen und Schlussfolgerungen logisch nachvollziehbar.

Die Charaktere sind gut ausgearbeitet worden. Die Gefühle und Empfindungen insbesondere von Nathaniel und Carole sind sehr gut beleuchtet worden.
Vor einigen Jahren war ich in Hamburg in einer Führung durch „Dialog im Dunkeln“. Dadurch konnte ich den Beschreibungen gut folgen und nachspüren wie authentisch sie sind.

Das Buch konnte ich ungefähr nach einem Drittel nicht mehr aus der Hand legen. Ich finde es einfach brillant. Ich hatte immer den Eindruck, die Autorin weiß genau worüber sie schreibt.
Und das ist ein gutes Gefühl. Ich freue mich darauf, mehr von dieser Autorin zu lesen.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Schade

GIER - Wie weit würdest du gehen?
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Die Welt ist in Aufruhr.
Wir steuern auf eine immense Weltwirtschaftskrise zu. Das Volk wehrt sich, demonstriert und kämpft gegen Massenarbeitslosigkeit, Sozialkürzungen und die ungerechte Umverteilung ...

Die Welt ist in Aufruhr.
Wir steuern auf eine immense Weltwirtschaftskrise zu. Das Volk wehrt sich, demonstriert und kämpft gegen Massenarbeitslosigkeit, Sozialkürzungen und die ungerechte Umverteilung der Ressourcen. Ein Sondergipfel in Berlin soll Lösungen bringen.
Der renommierte Nobelpreisträger Herbert Thompson wird die Eröffnungsrede halten. Einigen Wenigen ist bekannt, dass Thompson bereits eine mögliche Lösung gefunden hat und diese gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Kollegen Will Cantor in seiner Rede vorstellen möchte. Auf der Fahrt zum Sondergipfel werden die beiden Wissenschaftler bei einem Autounfall getötet.

Das Thema ist so aktuell wie nie und bietet jede Menge Futter für einen Thriller.

Noch ganz im Bann von „Blackout“, einen Thriller, der mich fesselte, der viele Denkanstöße bot, den ich immer nachvollziehen konnte, ohne das er mich mit technischen Erklärungen überforderte, fühlte ich mich bei diesem Thriller sehr schnell überfordert.

Die vielen wirtschaftswissenschaftlichen Theorien, die sich die Akteure regelrecht um die Ohren schlugen, habe ich nicht gekannt, habe ich nicht verstanden, haben mich auch nicht interessiert, haben mich erst überfordert, weil ich sie gerne nachvollziehen wollte, danach haben sie mich nur noch gelangweilt.

Neben den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen hat mich auch die restliche Handlung nicht überzeugt. Sie war einfach zu klischeehaft. Die dumme Polizei, der gierige Mächtige, der Schlägertypen und Militärkampfmaschinen einsetzt und die jungen aufgeschlossenen Studentinnen, die sofort Thompson Ideen verstehen und unterstützen.

Schade, ich hatte mehr und besseres erwartet.

Veröffentlicht am 27.03.2019

Gelungene Fortsetzung

Das Gutshaus in der Toskana
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Marco und Antonella finden nach ihrer Flucht einen Ruhepol zum Verschnaufen auf Alexandros Weingut in der Toskana.
Marco nutzt seine Erfahrung und Kenntnisse um das Weingut wieder aufzubauen. Antonella ...

Marco und Antonella finden nach ihrer Flucht einen Ruhepol zum Verschnaufen auf Alexandros Weingut in der Toskana.
Marco nutzt seine Erfahrung und Kenntnisse um das Weingut wieder aufzubauen. Antonella unterstützt als Köchin ihre neue Freundin Tiziana, der Wirtin einer Osteria. Beide arbeiten daraufhin die Zeit bis zu ihrer Abreise nach Amerika zu überbrücken. Als Antonella schwanger wird ist die Freude riesengroß und ihre Pläne richten sich nun auf einen längeren Aufenthalt ein.
Alles könnte in ruhigen Bahnen vor sich hinplätschern, wären da nicht Antonellas Ex-Verlobter Paolo und die Aufstände der Giovine Italia.

Schon in der Albatrosse-Saga hat es Katrin Seemayer perfekt verstanden, den Leser in den jeweiligen Landstrichen und in die entsprechen Zeit zu versetzen. Ihr flüssiger und erfrischender Schreibstil ermöglicht es dem Leser sich in die Geschichte fallen zu lassen. Man spürt die Sonne, den Duft der frischen Kräuter, den Staub der Wege..........

Ich möchte gar nicht so viel verraten um nicht die Spannung zu nehmen. Festzustellen ist allerdings, dass die einzelnen Protagonisten gut charakterisiert wurden und glaubhaft die geschichtlichen und privaten Wendungen durchschritten haben. Auch fand ich die Beschreibung der unterschiedlichen Lebensbedingungen während der Aufstände interessant, der deutliche Unterscheid zwischen Stadt und Land wurde sichtbar.

Mein einziger Kritikpunkt geht eigentlich an den Verlag. Im Klappentext wird erwähnt dass ihr Ex-Verlobter auftaucht und ihr Glück zu zerstören droht. Paolo, der Ex-Verlobte, taucht aber erst im 13.Kapitel auf. Mich hat diese Vorankündigung irgendwie irritiert, so dass ich 12 Kapitel lang immer wieder mit dem Auftauchen von Paolo gerechnet habe und mich deshalb das ruhige Leben von Antonella und Marco unruhig gemacht hat, sogar irgendwie genervt hat.

Eigentlich würde ich jetzt gerne sofort den 3.Teil der Trilogie lesen. Ich freue mich drauf.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Wie lange hält ein Lügengebilde?

Der Junge
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Die Welt der einzigartigen und perfekten Cecilia Wilborg droht zu zerbrechen als der Junge, Tobias, in ihr Leben einbricht. Cecilia lebt mit ihrem gutsituierten Mann, Johan, und ihren beiden Töchtern Hermine ...

Die Welt der einzigartigen und perfekten Cecilia Wilborg droht zu zerbrechen als der Junge, Tobias, in ihr Leben einbricht. Cecilia lebt mit ihrem gutsituierten Mann, Johan, und ihren beiden Töchtern Hermine und Nicoline in einem perfekt ausgestatteten und durchgestylten Haus in exponierter Lange von Sandefjord.
Tobias, ein kleiner, schüchterner, braunhäutiger Junge bringt Cecilia völlig aus der Fassung, weil er durch seine Hilflosigkeit ihr durchgestyltes Leben, was sie fest in ihrer Hand zu halten glaubt, nahezu pulverisiert.

Cover und Titel fallen auf. Sie deuten daraufhin, dass es mit dem Jungen eine besondere Bewandtnis hat. Das Bild des Jungen sticht aus dem grauen Umfeld heraus und lockt somit den geneigten Thriller-Leser zum Zugreifen.

Die Autorin, Alex Dahl, war mir bis jetzt nicht bekannt. Alex Dahl, geboren in Oslo, beherrscht als Halb-Norwegerin und Halb-Amerikanerin das Düstere der Skandinavien-Krimis und die atemlose Spannung der Thriller aus dem Amerikanischen.
Sie hat einen Master in Kreatives Schreiben und ist entfernt verwandt mit Roald Dahl.

Beste Voraussetzungen für einen düsteren, spannungsgeladenen Psychothriller!

Zu Beginn hat mich dieser Thriller begeistert. Ein Thriller, ganz nach meinem Geschmack, kommt er ohne Serienkiller und riesigen Blutlachen aus.

Der Thriller verlangt aber auch dem Leser, wegen seiner stetig wechselnden Erzählperspektiven und Rückblenden, einiges ab. Ich musste schon konzentriert und möglichst durchgängig lesen, was bei der fesselnden Erzählweise aber auch nicht schwer fiel.
Zwischenzeitlich hatte ich manchmal den Eindruck, dass mir die Geschichte beziehungsweise Cecilias Lügengeschichten zu verrückt und nicht nachvollziehbar waren. Trotzdem wollte ich immer weiter lesen um zu erfahren wie es weitergeht.

Die Charaktere wurden gut beleuchtet. Die Angst und Panik und das hin und her getrieben werden von Anni war gut nachvollziehbar. Die Angst und Hilfslosigkeit waren gut zu spüren. Cecilia selber war schwer zu fassen, aber das ging ihr als Figur ja ähnlich. Auch die Cecilia nacheifernden Freundinnen wurden gut getroffen. Nur Johan ist mir fern geblieben. Ich hatte zwischen zeitlich immer wieder das Gefühl, dass er ein falsches Spiel spielt und nicht dieser hingebungsvolle Ehemann ist. Vielleicht war dieser Zweifel aber auch von der Autorin so gewollt.

Um ein Fazit zu ziehen: „Der Junge“ ist spannend, undurchsichtig, manchmal unfassbar, manchmal unglaublich, aber immer fesselnd.

Veröffentlicht am 07.03.2019

Kalt und düster

Eisige Tage
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Ein toter Anwalt im Straßengraben beschäftigt die smarte Leipziger Kommissarin Hanna Seiler und ihren eigenwilligen Kollegen Milo Nivic. Michail Jegorowitsch Malinowski starb nicht durch den ...

Ein toter Anwalt im Straßengraben beschäftigt die smarte Leipziger Kommissarin Hanna Seiler und ihren eigenwilligen Kollegen Milo Nivic. Michail Jegorowitsch Malinowski starb nicht durch den Autounfall sondern er ist erschossen worden. Was wie ein Routinemordfall beginnt, mausert sich schnell zu einem Pädophilen -und Mädchenhandel-Fall, der in die unmittelbare Rotlicht-und Schutzgeld-Unterwelt führt.

Die Welt des Verbrechens beginnt vor unserer Haustür........


Dieser Kriminalroman kommt für mich kalt und düster daher.

Direkt der Beginn mit dem gruseligem Verbrechen im Gefangenenlager vermittelt den Eindruck, dass der Leser es mit geschundenen und in tiefster Seele verletzten Tätern und Opfern zu tun bekommt. Es wird auch deutlich gezeigt, wie unterschiedlich die verletzten Seelen ihr zukünftiges Leben angegangen sind.

Die beiden Ermittler machen einen guten Eindruck und befruchten sich gegenseitig weil sie unterschiedlicher eigentlich nicht sein können. Irritierend empfand ich aber, dass Hanna ihren Kollegen intensiv beobachtet, analysiert und einschätzt. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck, dass Milo strafversetzt wurde und Hanna seine Tauglichkeit und Teamfähigkeit bewerten soll.

Durch die mehrfachen Rückblenden erklärt sich dann einiges selbst.

Der Kriminalfall ist schon tricky, lange Zeit undurchsichtig, aber letztlich logisch und nachvollziehbar gelöst.

Trotz der Rückblenden und privaten Einblendungen erscheinen mir die Ermittler noch etwas blass. Da dieser Roman der Beginn einer neuen Reihe ist, wird der Autor sicher noch detaillierter nachzeichnen.

Fazit: Solider Krimi. Ich bin neugierig, wie es weitergeht.