Profilbild von Goch9

Goch9

Lesejury Star
offline

Goch9 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Goch9 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2018

Enttäuschend

Im Morgengrauen
0

Klappentext:
Der Sommer hält Einzug in die tiefen Wälder Pennsylvanias, doch für Officer Henry Farrell ist er voller dunkler Schatten. Als der Schreiner Kevin O’Keeffe zugibt, einen Mann erschossen zu ...

Klappentext:
Der Sommer hält Einzug in die tiefen Wälder Pennsylvanias, doch für Officer Henry Farrell ist er voller dunkler Schatten. Als der Schreiner Kevin O’Keeffe zugibt, einen Mann erschossen zu haben, und obendrein seine Freundin Penny als vermisst meldet, beginnt eine groß angelegte Suchaktion und eine nachtschwarze Reise in persönliche und gesellschaftliche Abgründe.

Dies ist eins der wenigen Bücher, durch die ich mich gequält habe und glücklich war, es hinter mir zu haben. Die Lektüre war enttäuschend. Ich hatte mich um dieses Buch bemüht, weil ich Krimis liebe und die Leseprobe ein Potpourri aus Verbrechen, Landleben in Pennsylvania, Umweltsünden und Düsternis versprochen hat. Der Roman hat nichts davon gehalten.

Die Aufmachung des Buches und die Gestaltung des Covers hatten mich sofort in den Bann gezogen. Statt Spannung und Einstieg in brisante Themen wie die Fracking-Problematik, wartete der Autor mit einer langweiligen Berichterstattung des Tagesablaufs eines Officers in den tiefen Wäldern und unergründlichen Seen Pennsylvanias auf. Die Landschaftsbeschreibungen waren eigentlich schon das Spannendste.
Der Vermisstenfall und Schusswaffengebrauch lagen schon oberhalb seines Zuständigkeitsbereichs, aber Farrell „ermittelt“ erst einmal alleine vor sich hin, trinkt, kifft, öffnet unerlaubt eine Wohnung, stolpert durch eine Personenüberwachung anderer Dezernate, befragt hier und sucht dort. Ein roter Faden lässt sich dabei nicht erkennen.
Es ist langweilig und ermüdend die Abfolge von Ereignissen, die erst einmal keinen Zusammenhang haben, zu verfolgen. Es tauchen immer neue Namen und Beteiligte auf, die aber nie genügend ausgestaltet werden, um ihnen einen Gesicht zu geben.
Während der ca. 320 Seiten hatte ich nie das Gefühl den Protagonisten näher zu kommen, Empathie empfinden zu können oder einfach nur ihre Handlungsweise nachvollziehen zu können.

Schade, aber dieses äußerlich schöne Buch hat mich nicht erreicht.

Veröffentlicht am 28.06.2018

Damals als wir Freunde waren

Wenn wir wieder leben
0

In Zoppot der 1920er Jahre erlebt Gundi Frieböse eine glückliche Kindheit bei ihrem Großvater Paul Otto Peter Frieböse genannt Pop. Sie leben in Danzig, aber im Sommer verbringen sie die Wochenenden in ...

In Zoppot der 1920er Jahre erlebt Gundi Frieböse eine glückliche Kindheit bei ihrem Großvater Paul Otto Peter Frieböse genannt Pop. Sie leben in Danzig, aber im Sommer verbringen sie die Wochenenden in Zoppot, dem vornehmen Ostseebad. Dort fühlt Gaudi sich als das glücklichste Kind von der Ostseeküste.
Mit siebzehn träumt sie am Strand von Zoppot mit ihren beiden Freunden Erik und Julius und ihrer Halbschwester Lore eine erfolgreiche Band zu werden. Das gelingt ihnen auch und schon bald tingeln sie nicht nur in Zoppoter Kneipen, sondern fahren mit dem Luxusliner Wilhelm Gustloff über die Meere. Es fällt ihnen nicht schwer den Band-Namen zu ändern und sich fortan die Vier aus Zoppot zu nennen, auch sind sie plötzlich keine Band mehr, sondern eine Tanzkapelle. Viel zu spät erkennt Gundi, wie extrem die Welt sich verändert hat, dass ihre polnischen und jüdischen Freunde verfolgt werden und dass der Mann, den sie liebt, im polnischen Widerstand kämpft.
Jahre später verfolgt die junge Wanda Gundis Spur um zu ergründen, was damals passiert ist.

Mein erster Eindruck von diesem Buch ist die pastellfarbene Weichzeichnung des Covers. Beim Lesen habe ich mich dann sofort in den Schreibstil und die Sprache verliebt. Ich empfinde die Sprache honigsüß oder nach Hagebuttentee riechend wie die Autorin sie beschreibt. Die melancholische Beschreibungen des Ostseebades oder Danzigs Straßen zeugen von einer großen Liebe und Sehnsucht nach der alten Heimat. Meine Schwiegereltern stammen aus dieser Gegend. „Noch ist Polen nicht verloren“ und „unsere alte ferne Heimat“ waren Sätze, die ich oft von ihnen hörte. Sie hätten auch ihre Freude an diesem Buch gehabt.
Mich hat sprachlich besonders überrascht, dass Begriffe wie Kaschemme, Matka. pieschern, Schisslaweng, krakeelen, verhohnepiepeln, die ich für Umgangssprache des Ruhrgebiets und Niederrheins gehalten habe, aus Polen beziehungsweise aus Danzig stammen. Die meisten dieser Begriffe hab ich vorher noch nie geschrieben gesehen.

Frau Roth hat eine wunderschöne, traurige und tragische Familiengeschichte geschrieben, die Zeitgeschichte aus einer anderen Sicht beleuchtet. Dieses Mal sind es nicht die Opfer und auch nicht die Verbrecher, die den Niedergang und Untergang der Deutschen schildern. Gundi ist eine, die glücklich mit ihrem Leben und ihrer Umgebung ist, die glücklich ist, ihre Musik machen zu können. Sie bekommt die Veränderung um sie herum nicht mit. Erst sehr spät drängen sich ihr die Ereignisse auf, aber in ihrer Naivität meint sie, dass alles wieder gut wird.

Der Roman lässt mich nachdenklich und vielleicht auch etwas wehmütig zurück. Der letzte Abschnitt „Noch ist Polen nicht verloren“ tut da sein übriges und erinnert mich an meine Oma Sonntag aus Meiderich, die zwar nicht aus Danzig stammt, aber sicher einiges mit ihrer Oma Lita gemein hat.

Veröffentlicht am 21.06.2018

Spannend und lehrreich!

Das Jahrhundertversprechen (Jahrhundertsturm-Serie 3)
0

Berlin 1921: Der Erste Weltkrieg wirft noch immer lange Schatten, auch auf die Familie von Briest. Otto und Hermine von Briest stehen vor dem Bankrott. Ihre Tochter Louisa träumt trotz der Notlage ...

Berlin 1921: Der Erste Weltkrieg wirft noch immer lange Schatten, auch auf die Familie von Briest. Otto und Hermine von Briest stehen vor dem Bankrott. Ihre Tochter Louisa träumt trotz der Notlage von einer Karriere als Filmschauspielerin. Der persönliche Kontakt mit dem Regisseur Fritz Lang, der die Unterstützung von Otto von Briest bei verschiedenen Drehbuchüberarbeitungen hoch zu schätzen weiß, ermöglicht Louisa ein Stipendium für das Max Reinhardt Institut. Louisa liebt Max Brandow, einen ehemaligen Gassenjungen. Otto von Briest hat diesen Jungen aus der Gosse geholt und für seine Detektei arbeiten lassen. Seitdem Max Weihnachten 1918 Louise das Leben gerettet hat, gehört er zur Familie. Ihm wird eine große Zukunft als Rennfahrer vorausgesagt.

Ein fulminanter Abschluss der Jahrhundert-Trilogie!
Wieder gelingt es Richard Dübell anhand der Lebens-und Leidensgeschichte der Familie von Briest die politischen und gesellschaftlichen Veränderung in Deutschland der 20er Jahre zu beschreiben und den Finger in die Wunde zu legen.

Die Geschichten neben den exzellent recherchierten politischen Ereignissen beschreiben, dass es nicht immer nur die Agitatoren, Rädelsführer und Politiker waren, die das Volk in den Untergang und die Arme der NSDAP getrieben haben. Es sind vor allem Dingen, die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit, Neid und Schwäche. Es sind die kleinen Katastrophen, Zusammenbrüche und Demütigungen, die von den neuen Machthabern genutzt wurden.

Sinnbildlich kann man das Schicksal derer von Cramm ansehen. Sie haben mit der Verfolgung und Tötung von Juden ihren eigenen Untergang besiegelt, genau wie das deutsche Volk. Ich weiß nicht, ob das vom Autor beabsichtigt war, aber der Gedanke drängt sich mir als Leser auf.
Max Brandows Versprechen: „Alles wird gut. Versprochen. Großes Ehrenwort“ zieht sich durch den ganzen Roman und bezieht sich leider nur auf die Familie von Briest.

Für die Deutschen wird alles immer schlimmer.
Der Roman endet vor der Machtergreifung. Die Geschichte der von Briest in Deutschland ist zu Ende erzählt. Was bleibt? Eine interessante und unterhaltsame Geschichtsstunde, in der dem Leser die Ursachen und die Entstehung des dritten Reiches aus Sicht des Autors näher gebracht wurden.
Meiner Meinung nach ist es ihm sehr gut gelungen.

Veröffentlicht am 18.06.2018

ROMANTIK THRILLER

Schwesterherz
0

Während ihrer alltäglichen Joggingrunde im Central Park stolpert Victoria Kensington fast über eine hilflose junge Frau. Erst auf dem zweiten Blick erkennt Victoria ihre Schwester Audrey, die sie in Florenz ...

Während ihrer alltäglichen Joggingrunde im Central Park stolpert Victoria Kensington fast über eine hilflose junge Frau. Erst auf dem zweiten Blick erkennt Victoria ihre Schwester Audrey, die sie in Florenz vermutet. Es ist früher Abend. Es regnet heftet. Keine ihrer Hilferufe wird gehört. Victoria muss Hilfe holen, aber bei ihrer Rückkehr ist ihre Schwester verschwunden. Umgehend macht sich die selbstständige Anwältin auf die Suche nach ihrer Schwester. Unterstützung findet sie überraschenderweise von ihrer ehemaligen großen Liebe Zachary Hamilton.

Dieser Thriller beginnt genau wie ich es liebe mit Angst, Schrecken und einer Gänsehaut.
Die einzelnen Protagonisten werden genau beschrieben. Die schwierigen und auch ein wenig seltsamen Familienverhältnisse von Victoria und ihrer Schwester werden aufgezeigt. Man kann so die verschiedene Entwicklung der beiden Schwestern gut nachvollziehen.

Die Liebesgeschichte zwischen Zack und Victoria empfand ich dagegen überzogen. Natürlich passen Liebesbeziehungen und Erotik gut in einen Thriller, aber in diesem Fall nahm das Gefühlschaos einen zu hohen Stellenwert ein, so dass die eigentliche Spannung abfiel. Zwischendurch hatte ich den Eindruck, dass die Autorin den Fokus aus den Augen verloren hat. Es schien lange Zeit völlig unsinnig, dass Audrey in einer Klinik festgehalten wird, die mit Drogen handelt beziehungsweise arbeitet. Erst als das Liebeschaos endlich entwirrt und geklärt war, nahm der Thriller wieder Fahrt auf. Der Spannungsbogen hielt dann bis zum Schluss, was mich wieder mit diesen Thriller versöhnte.

Alles in Allem ist „Schwesterherz“ ein spannender, lesenswerter Thriller mit einigen Abstrichen.

Veröffentlicht am 12.06.2018

Zufrieden mit dem eigenen Leben?

Das Paar aus Haus Nr. 9
0

Sara und Neil leben mit ihren beiden Söhnen in einer Doppelhaushälfte in einer mittelständigen Wohngegend. Während ihre Wohnhaushälfte gediegen und heimelig wirkt, ist die andere Hälfte ziemlich vernachlässigt ...

Sara und Neil leben mit ihren beiden Söhnen in einer Doppelhaushälfte in einer mittelständigen Wohngegend. Während ihre Wohnhaushälfte gediegen und heimelig wirkt, ist die andere Hälfte ziemlich vernachlässigt und heruntergekommen. Als Sara ihre Kinder von der Schule abgeholt hat, beobachtete sie mit ihrer Freundin und Nachbarin Carol, dass eine Familie mit drei Kindern in das Haus Nr. 9, der renovierungsbedürftigen Haushälfte, einzieht. Sofort macht Sara sich mit Lou bekannt und lädt sie und ihre Familie auf eine Erfrischung ein. Die beiden Familien kommen sich schnell näher. Sara und Neil lassen sich völlig in den Bann der beiden Künstler ziehen und werden mehr und mehr von ihnen abhängig.

Eigentlich habe ich wegen des Covers und Klappentextes ein anderes Buch erwartet.
Ich hatte mir im Haus Nr. 9 ein dunkles Geheimnis vorgestellt, das von beobachtenden Nachbarn oder den Neueingezogenen entdeckt und gelüftet wird.
Stattdessen kommt mir der Roman wie eine Milieustudie daher. Es war spannend zu lesen, wie sich die Menschen entwickeln und auch verändern, wenn Familien mit total unterschiedlichen Lebenseinstellungen nebeneinander wohnen. Diejenige mit dem kleinsten Selbstwertgefühl, in unserer Geschichte Sara, geht vollkommen auf die berühmten Künstler ein und schämt sich für alle, die nicht voller Ehrfurcht und Verständnis sind. Kreativität und Zügellosigkeit machen sexy, so stark dass Sara völlig von Gavin eingenommen wird und nur noch dem Objekt ihrer Begierde folgt. Ähnlich geht es auch ihrem Mann mit Lou.
Ganz ruhig Schritt für Schritt zeichnet die Autorin die Charaktere, wie sie sich verändern und wie insbesondere Sara ihr altes Leben blass und unbefriedigend empfindet. Die Eheleute driften auseinander, treffen sich aber immer wieder mit neuer Leidenschaft, die sich aus ihren neuen Ansichten und ihrer neuen Lebenseinstellung entwickelt, um dann doch wieder in die eigene Ereignislosigkeit zurückzufallen.
Die Künstler Gavin und Lou lassen sich nicht so leicht in die Karten gucken. Ich weiß nicht, ob die Autorin das bewusst recht offen gelassen hat. Die Tatsache, dass die beiden sich ein neues „Bewunderer-Pärchen“ gesucht haben, zeigt zu mindestens, dass sie wahrscheinlich ohne so ein Pärchen aufgeschmissen wären. Sie brauchen nicht nur jemanden, der ihnen die Kinder abnimmt, sondern auch Bewunderer um sich ihrer Kreativität und Größe bewusst zu sein.
Man kann noch über unzählige Aspekte dieses Buches philosophieren und diskutieren. Es wirkt nach und regt zum Nachdenken an.