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Veröffentlicht am 19.05.2023

1969 - erstmals Frauen im Polizeidienst

Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens
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„Die Kriminalistinnen – Der Tod des Blumenmädchens“ von Mathias Berg beinhaltet nicht nur einen spannenden Kriminalfall, sondern thematisiert insbesondere das Frauenbild Ende der 60er Jahre.

Klappentext:
Düsseldorf, ...

„Die Kriminalistinnen – Der Tod des Blumenmädchens“ von Mathias Berg beinhaltet nicht nur einen spannenden Kriminalfall, sondern thematisiert insbesondere das Frauenbild Ende der 60er Jahre.

Klappentext:
Düsseldorf, 1969: Erstmals werden Frauen zu Kriminalbeamtinnen ausgebildet – ein Novum, das Widerstände in der Behörde und der Bevölkerung hervorruft. Die zweiundzwanzigjährige Lucia Specht lässt sich davon nicht abhalten. Sie ist fasziniert vom Beruf der Kriminalistin und fest entschlossen, der Enge ihrer Heimatstadt zu entkommen. Als ein junges Hippiemädchen brutal ermordet wird, nimmt sich Lucia unter Mithilfe ihrer Kolleginnen des Falls an – und beweist, dass sie das Zeug zur Ermittlerin hat.

Ich kannte bereits Mathias Bergs Krimis „Preis der Rache“ und „Lohn des Verrats“ und freute mich, Otto Hagedorn, dem Ermittler aus diesen Bänden, wieder zu begegnen. Dennoch ist dieses Buch keine Fortsetzung, sondern offensichtlich der Start einer neuen Reihe rund um sechs Frauen, die sich im von Männern dominierten Polizeiapparat behaupten müssen. Die Handlung des Romans ist zwar erfunden, doch basiert sie auf einer Tatsache. Dieses Experiment „Frauen bei der Kriminalpolizei“ im Jahr 1969 gab es tatsächlich.

Das Buch erschien 2023. Bereits das Cover stimmt durch Motiv und Farbgebung auf die sogenannte Flower-Power-Zeit ein. Das Buch gliedert sich in drei Teile, innerhalb dieser wiederum in Kapitel mit angenehmer Länge, die zum Teil datiert sind. Der Handlungszeitraum umfasst zwei Wochen im August des Jahres 1969.

Der Schreibstil liest sich flüssig, die Sprache ist jener Zeit angepasst. Sehr bildhaft wurde ich in meine Teenagerzeit zurückversetzt. Ende 1969 war ich 16, zwar kein Hippiemädchen und manches, das hier geschildert wird, habe ich nie selbst erlebt, wie Hippie-Partys oder verrauchte Bars oder Beisln, aber das bürgerliche Umfeld ist mir noch lebhaft vor Augen: Telefonzellen, Telefone mit Wählscheibe, diktierte Texte zu stenografieren, die Schlagermelodien, Buchtitel, Marken wie Tosca, Pitralon oder Sinalco, VW-Käfer, natürlich die Mode, aber auch die Ermordung von Sharon Tate ist mir erinnerlich, u.v.a.m. Der Autor zeichnet ein authentisches Bild der damaligen Zeit, mit deutlichem Fokus auf das damalige Frauenbild, die Abhängigkeit der Frauen von den Ehemännern, die bestimmen durften, ob man und welchen Beruf man ausübt, dieses „Frauen-gehören-hinter-den-Herd“-Denken bis hin zu den riskanten verbotenen Abtreibungen. Deutlich spürt man, wie Frauen behandelt wurden, als Me-Too und Political Correctness noch nicht erfunden waren.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Lucia Specht, eine dieser jungen Frauen, die sich zur Kriminalbeamtin ausbilden lassen. Die Geschehnisse werden in Ich-Form aus ihrer Perspektive geschildert. Man ist einerseits mitten drinnen in den Ermittlungen, in den offiziellen ebenso wie in Lucias eigenmächtigen Aktionen, blickt andererseits aber auch in ihre Seele, lernt ihr privates Umfeld kennen, ihre Vergangenheit, ihre Motivation für die Berufswahl. Sie zeigt ihre verletzliche Seite ebenso wie ihren Durchsetzungswillen und ihre Zielstrebigkeit. Die Charakterisierung ihrer Person ist am ausführlichsten, doch auch ihre Kollegenschaft u.a. Nebenfiguren zeichnen sich durch markante Eigenschaften und Verschiedenartigkeit aus, wirken lebendig, mehr oder weniger sympathisch und sind gut vorstellbar beschrieben. Die Milieuschilderungen spannen sich vom Spießbürgerlichen bis zur lockeren Hippie-Party, inklusive einer Prise Erotik.

Die Handlung ist gut aufgebaut. Nachdem man im ersten Teil in die Atmosphäre dieser Zeit eingeführt wird und die handelnden Personen kennenlernt, steigert sich die Spannung ab Teil 2 zusehends, durch gefährliche Momente, Action und dramatische Ereignisse, bis sich letztlich, nach einigen irreführenden Fährten, der Fall schlüssig löst. Das Ende, der Aufbruch zum nächsten Fall, macht bereits neugierig auf die Fortsetzung.

Mir hat das Buch in seiner Gesamtheit ausnehmend gut gefallen, eine gut dosierte Mixtur aus Kriminalfall und Zeitbild. Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Idylle und Romantik

Willkommen in Rodderbach
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„Willkommen in Rodderbach - Frühlingsmorgen“ von Petra Schier ist der Auftakt zu einer neuen Liebesroman-Reihe voller Romantik und idyllischem Lokalkolorit.

Klappentext:
Die junge Schriftstellerin Larissa ...

„Willkommen in Rodderbach - Frühlingsmorgen“ von Petra Schier ist der Auftakt zu einer neuen Liebesroman-Reihe voller Romantik und idyllischem Lokalkolorit.

Klappentext:
Die junge Schriftstellerin Larissa Weiß hat sich in dem zauberhaften Eifelstädtchen Rodderbach eingemietet. Schreiben will sie hier und für ihren neuen Roman recherchieren. Auch sucht sie nach einer hässlichen Trennung Frieden für ihr verletztes Herz. Zwischen Gassen mit Kopfsteinpflaster, Bauernhöfen und einem uralten Kloster scheint sie endlich die ersehnte Ruhe zu finden. Doch die Mahlers, die sie freundlich aufnehmen, haben nicht nur hübsche Ferienwohnungen mit Familienanschluss zu bieten, sondern auch einen hochattraktiven Sohn. Mehr und mehr fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Dabei hatte sie sich geschworen, sich niemals wieder auf eine Beziehung mit einem Mann einzulassen, der so ganz anders ist als sie. Schon bald muss sie sich die Frage stellen, was sie wirklich will und ob sie den Mut aufbringen kann, noch einmal ganz neu anzufangen.

Schon das Cover vermittelt ein heimeliges, harmonisches Flair. Das Buch erschien 2023 im Weltbild-Verlag. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, locker, sehr dialogreich und wunderbar detailliert und bildhaft, was beschauliche Beschreibungen insbesondere der Eifel-Landschaft und des kleinstädtischen Umfelds anbelangt. Rodderbach selbst ist zwar ein fiktiver Ort, aber man bekommt generell richtig Lust in die Eifel zu fahren, Natur und Waldesruhe auf sich einwirken zu lassen. Das Lokalkolorit wird auch sehr gut durch den in dosierter Form eingestreuten Dialekt unterstrichen. Des Weiteren werden auch die landwirtschaftlichen Berufe und deren Bedeutung und Vielseitigkeit thematisiert.

Wie bei ersten Bänden neuer Reihen oft der Fall, kommt die Handlung erst langsam Schwung, wird man doch zunächst einmal mit dem Umfeld und vor allem mit den diversen Figuren bekannt gemacht, den übrigens sehr zahlreichen Akteuren. Anfangs hätte ich schon des Öfteren gerne ein Personenverzeichnis zum Nachschlagen gehabt. Erst im Laufe der Zeit überblickte ich die weitläufige Verwandtschaft sowie die übrigen wesentlichen Bewohner von Rodderbach. Die meisten der Nebenfiguren werden wohl in den kommenden Bänden in den Mittelpunkt rücken.

Nicht nur Larissa, die Hauptperson dieses Romans, fühlt sich willkommen in Rodderbach, sondern ich wurde ebenso von Beginn an von dieser herzlichen Atmosphäre erfasst, genoss dieses familiäre Wohlfühlklima. In Zeiten wie diesen, wo es in den Medien scheinbar nur Hiobsbotschaften zu geben scheint, wo nachbarliche Streitigkeiten, Mobbing und Attacken aller Art an der Tagesordnung sind, da flieht man gerne wenigstens für einige Lesestunden in eine heile Welt, in ein Märchen für Erwachsene, voller Liebe, Respekt und Harmonie, ein Märchen nicht nur ohne böse Hexen, hinterlistige Gnome oder gefräßige Wölfe, sondern eben ohne Missgunst, Eifersucht, Machtgier.

In Rodderbach begegnet man (fast) nur sympathischen Menschen, freundlich, fröhlich, zuvorkommend, fleißig, verantwortungsbewusst und verlässlich. Es ist eine idealisierte Gemeinschaft, es schwingen keine negativen Gefühle mit. Natürlich, sie leben in einer Kleinstadt, wo Klatsch und Tratsch ein Lebenselixier darstellen, aber der Tenor ist stets positiv, humorvoll, nie bösartig. Auch die Nebenpersonen verfügen über markante Wesenszüge oder äußerliche Merkmale, sodass man sie sich recht gut vorstellen kann und sie lebendig wirken.

Im Fokus stehen natürlich Larissa und Holger. Traumfrau trifft auf Traummann. Vor allem Larissa ist sehr intensiv charakterisiert, in ihrem geschwächten Selbstwertgefühl, ihrer Unsicherheit, geprägt durch ihre vorherige gescheiterte Beziehung, aber auch wie sie sich letztlich entwickelt. Man lernt auch ihre andere Seite kennen, die Seite der akkurat recherchierenden und auch erfolgreichen Autorin. In diesem Zusammenhang erfährt man sehr viel über die aufwendige und arbeitsintensive Tätigkeit des Bücherschreibens, das nicht nur aus Recherche und Schreiben besteht; auch über Vorurteile, mit denen AutorInnen immer wieder konfrontiert sind.

Es ist ein Liebesroman mit wunderschönen, romantischen Liebes- und auch Sexszenen, soft, trotzdem anregend, Leidenschaft vermittelnd. Die Autorin schafft diesen schmalen Grat der feinen Erotik hervorragend.

Was mich amüsierte war, dass, da ich schon einige Liebesromane von Petra Schier gelesen habe, ich den entzückenden, das Liebespaar verbindenden Hund vermisste.

So sehr ich diese allumfassende Harmonie genossen habe, so fehlte mir dennoch ein wenig Würze. Ein massiverer Stolperstein, der die Beziehung in Gefahr gebracht hätte. Larissas Selbstzweifel und Hedwigs Versuch, Holger anderweitig zu verkuppeln, waren mir etwas zu wenig unruhestiftend. Man will ja, dass es ein Happy-End gibt, aber davor sollte es mal ordentlich kriseln.

Das Buch ist eine entspannende Wohlfühllektüre, die für wenige Stunden aus der realen in eine heile sorgenfreie Welt entführt. Ich habe diese Wellness für die Seele genossen und freue mich schon auf weitere partnerschaftliche Entwicklungen in Rodderbach. Ich empfehle das Buch gerne jedem, der Romantisches liebt.

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Veröffentlicht am 08.05.2023

Spannungsgeladen und gefühlsstark

Theodora und der Tod des Richters
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„Theodora und der Tod des Richters“ von Ruth Edelmann-Amrhein ist bereits der zweite Band mit dem Schwäbischen Ermittlerduo Theodora Klein und Georg Eisele.

Klappentext:
Die Geheimnisse eines toten Richters, ...

„Theodora und der Tod des Richters“ von Ruth Edelmann-Amrhein ist bereits der zweite Band mit dem Schwäbischen Ermittlerduo Theodora Klein und Georg Eisele.

Klappentext:
Die Geheimnisse eines toten Richters, ein altes Tagebuch und ein unaufgeklärter Mord vor mehr als vierzig Jahren beschäftigen Theodora Klein und ihren Assistenten Georg Eisele in ihrem zweiten gemeinsamen Mordfall. Dieser führt sie über die Grenzen der Landeshauptstadt Stuttgart hinaus auf die Schwäbische Alb ins geheimnisvoll schöne Lautertal. Während ein tragisches Ereignis Theodora Klein aus den Ermittlungen reißt, verschwindet Georg Eisele spurlos. Zurück bleibt sein verbranntes Auto und eine verkohlte Leiche. Doch wo ist Georg Eisele und wer ist dieser Tote?

Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt, bis auf die Anfangsszene aus 1948, 65 Jahre danach, also 2013. Die Kapitel sind nummeriert und mit Wochentagen übertitelt, wodurch chronologisch gut nachvollziehbar ist, dass sich die Ermittlungen über zehn Tage erstrecken, mit einem Nachwort zwei Wochen nach Abschluss des Falles.

Der Schreibstil ist flüssig, sehr bildhaft, es entsteht wunderbares Kopfkino, sowohl was die handelnden Personen anbelangt als auch das Genre Regionalkrimi. Geschickt wird Lokalkolorit eingewoben. Ich mag vor allem den urig anmutenden, irgendwie amüsant klingenden schwäbischen Dialekt, der gut dosiert eingesetzt wird und auch von mir als Österreicherin locker verständlich ist.

Grundsätzlich sind die Geschichten der beiden Bände in sich abgeschlossen. Dennoch würde ich raten, sie in richtiger Reihenfolge zu lesen, da die charakterliche Entwicklung der Protagonisten mit den Reiz dieser Reihe ausmacht.

Bereits nach wenigen Seiten ist das Interesse an der Geschichte geweckt. Welche Bedeutung hat die Geburt eines Kindes im Jahr 1948 für den Fall? Und wer ist der Mörder, dessen Gedanken man 65 Jahre danach mitverfolgt? Und schließlich stirbt ein alter Mann in einem Seniorenheim. Theodora und Eisele erliegen zunächst einer falschen Spur, abgelenkt durch ihre privaten Probleme. Die stetigen Szenen- und Perspektivenwechsel zwischen dem Mörder einerseits und den getrennt agierenden Ermittlern, die so nach und nach dem Mörder gefährlich nahe kommen, andererseits, gestalten die Handlung nicht nur tempo- und abwechslungsreich, sondern steigern die Spannung bis zum dramatischen Showdown. Es fehlt weder an bedrohlichen Situationen noch an Action, manche Szenen sind richtig gruselig.

Ich wurde schon in Band 1 zum Fan dieses originellen Ermittlerpaares, das die Autorin sehr lebendig und vielschichtig charakterisiert. Denn die beiden haben so ihre Schrullen und einige nicht so liebenswürdige Wesenszüge, sodass es selten Liebe auf den ersten Blick ist, die man für diese Protagonisten empfindet. Es sind schwierige Charaktere, mit einer Menge Eigenarten, durch Elternhaus und Kindheit geprägt, die mit sich selber und mit der Umwelt so ihre Probleme haben. Aber je mehr man von ihnen erfährt, das Warum erkennt, weswegen sie so wurden wie sie sind, desto mehr schließt man sie in sein Herz. In diesem Band liegt der Fokus auf der Entwicklung der beiden noch mehr als im ersten. Das Gefühlsspektrum ist facettenreich, von Glücksgefühlen bis zu wütender Verzweiflung. Man erfährt viel von beider Seelenleben, ihren Wünschen und Hemmnissen und wie es ihnen letztlich gelingt, sich zu öffnen und zu verändern. Aber auch die Nebenfiguren, wie Eiseles nervige Mutter, die fürsorgliche Aylin oder der geckenhafte Leiter der Kriminalabteilung wirken authentisch.

Mit „Theodora und der Tod des Richters“ ist der Autorin wiederum nicht nur ein äußerst spannender Krimi gelungen, sondern das Buch besticht auch durch die emotional geprägten Persönlichkeiten des Ermittler-Duos. Es war pures Lesevergnügen und ich freue mich schon auf eine Fortsetzung!

Eine unbedingte Leseempfehlung meinerseits!

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Veröffentlicht am 08.05.2023

Die Verwandlung des netten Herrn Heinlein

Der nette Herr Heinlein und die Leichen im Keller
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Mit seinem Roman „Der nette Herr Heinlein und die Leichen im Keller“ gelang Stephan Ludwig ein ganz besonderer Krimi, eine absonderliche Mördergeschichte, spannend und unterhaltsam zugleich.

Klappentext:
Norbert ...

Mit seinem Roman „Der nette Herr Heinlein und die Leichen im Keller“ gelang Stephan Ludwig ein ganz besonderer Krimi, eine absonderliche Mördergeschichte, spannend und unterhaltsam zugleich.

Klappentext:
Norbert Heinlein, Delikatessenhändler in dritter Generation, legt größten Wert auf Qualität und Tradition. Seine Kundschaft geht ihm über alles, er bedient sie mit ausgesuchter Höflichkeit. So auch seinen neuen Stammkunden Adam Morlok, einen charismatischen Geschäftsmann. Bis Morlok eines Tages durch ein Versehen Heinleins tot zusammenbricht. In seiner Panik lagert Heinlein Morloks Leiche kurzerhand im alten Kühlhaus im Keller zwischen. Doch statt einen Weg aus der Sache zu finden, gerät Heinlein immer tiefer hinein. Und es wird nicht bei einer Leiche im Keller bleiben – Morlok bekommt bald Gesellschaft im Kühlhaus …

Bereits das Cover assoziiert ein wenig die weiße Weste des Täters, die mit Blut bekleckert wird; ebenso wie der immer mehr ins Blutrot verschwimmende Titel. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt während eines Zeitraums von ca. einem Dreivierteljahr, beginnend im Frühjahr, in einem nicht näher festgelegten Jahr der Gegenwart.

Das Buch ist in vier Abschnitte geteilt, wie ein Menü in mehrere Gänge, im vierten Abschnitt wird die Rechnung präsentiert. Innerhalb der Abschnitte wird in 70 relativ kurze Kapitel unterteilt. Von Abschnitt zu Abschnitt steigert sich die Spannung, es häufen sich die Ereignisse, man kann fast sagen, sie überschlagen sich letzten Endes. Die Handlung ist voll von Überraschungen und unerwarteten Wendungen.

Der Schreibstil ist flüssig. Mit Liebe zum Detail wird man in das aus der Zeit gefallene Ambiente des Pastetenbäckers Heinlein eingeführt, beobachtet seinen von Disziplin und Eintönigkeit geprägten Alltag und erlebt so nach und nach, von Leiche zu Leiche, wie die Stimmung sich wandelt. Diese Mischung aus heiler Welt, makabren Todesfällen, grausigen Details stürzt einen als Leser auch in ein gewisses Gefühlschaos. Denn einerseits mag man diesen höflichen, hilfsbereiten Mann, der aufopferungsvoll seinen dementen Vater versorgt und sich um einen autistischen jungen Menschen kümmert, man empfindet Mitleid mit ihm, als er quasi unschuldig in eine Mordsache schlittert. Aber andererseits erlebt man seine bedenkliche charakterliche Wandlung, vom harmlosen Menschen zum skrupellosen Mörder. Erstaunlich, welch kriminelle Energie er mit der Zeit entwickelt! Wie soll das nur gut für ihn ausgehen? Das ist die spannende Frage, die man sich bis zum Ende stellt – bis zur überraschenden Lösung.

Die Charaktere wirken lebendig, auch Nebenfiguren sind gut vorstellbar gezeichnet. Nicht nur Heinlein, sondern vor allem auch Marvin entwickelt sich im Laufe der Ereignisse, in ihm steckt ein wahres Spektrum an verborgenen Eigenschaften und Fähigkeiten.

Ich fand das Buch spannend, sogar etwas gruselig, aber auch sehr unterhaltsam, wobei man die Geschichte nicht zu realistisch betrachten darf. Die Story ist fantasievoll, facettenreich an mehr oder weniger arrangierten Unfällen, reich an skurrilen Situationen und unvorhersehbaren Entwicklungen. Aber es schwingen auch leise ernste Töne mit.

Gerne empfehle ich das Buch all jenen weiter, die einmal einen etwas anderen Krimi lesen wollen, etwas Originelles, voller Fantasie.

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Veröffentlicht am 02.05.2023

Einbruch- und Mordserie in Koppelried

Salzburger Männerherzen
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„Salzburger Männerherzen“ von Natascha Keferböck ist ein typischer Regionalkrimi, wo sich Lokalkolorit mit Spannung und Humor verbindet. Es ist bereits der 3. Band dieser Reihe.

Worum geht es?
Kauzige ...

„Salzburger Männerherzen“ von Natascha Keferböck ist ein typischer Regionalkrimi, wo sich Lokalkolorit mit Spannung und Humor verbindet. Es ist bereits der 3. Band dieser Reihe.

Worum geht es?
Kauzige Charaktere treffen auf schrägen Humor und Salzburger Charme. Als am Eröffnungsabend des jährlichen Volksfests ein umstrittener Lokalpolitiker tot aufgefunden wird, drängt sich die Frage auf: War es ein Mord aus Eifersucht, oder war der Mann in ein krummes Ding verstrickt? Kommissar Aigner stürzt sich kopfüber und mit zweifelhaften Methoden in die Ermittlungen und bekommt es mit unwirklich schönen Schönheitschirurgen, Kleinkriminellen und zwielichtigen Oldtimerliebhabern zu tun.

Da es schon eine Weile her war, dass ich den ersten Band „Bierbrauerblues“ gelesen hatte, waren mir Details ziemlich entfallen, sodass ich mich wie ein Quereinsteiger erst wieder mit dem Personenkreis vertraut machen musste. Wegen des roten familiären Fadens rund um den Protagonisten Raphi Aigner kann ich nur empfehlen, alle Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Ich kam aber dennoch rasch in die Handlung hinein und fühlte mich nach wenigen Seiten wieder heimisch in Koppelried. Nichtsdestotrotz wäre ein Personenverzeichnis recht angenehm gewesen.

Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft, detailliert. Das Salzburger Lokalkolorit wird durch Volkstümliches, auch typisch Kulinarisches, unterstrichen sowie durch typisch österreichisches Vokabular, für das es am Ende des Buches ein Glossar gibt. Sprachlich wird gut differenziert, denn abgesehen vom Dialekt fand ich auch den Jargon der Jugendlichen sehr authentisch. Die Kapitel haben eine angenehme Länge; sie sind mit dem jeweiligen Wochentag übertitelt, wodurch die Ermittlungszeitspanne von eineinhalb Wochen gut nachvollziehbar ist. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Das Buch erschien 2023.

Die Ereignisse werden aus Sicht von Chefinspektor Aigner, dem Leiter der Polizeistelle Koppelried, in Ich-Form erzählt. Von Beginn an ist man voll in sein Privatleben und in der Folge in die Ermittlungen integriert. Der Fall erweist sich von Anfang an als rätselhaft. Hat auch die Einbruchserie mit dem Mord zu tun? So nach und nach tröpfeln Erkenntnisse, finden sich Spuren und Verdächtige kristallisieren sich heraus, es ergeben sich unerwartete Wendungen. Das bietet viel Raum für eigene Theorien und zum Miträtseln, was ich sehr schätze. Es passiert auch sonst noch so einiges in dem scheinbar so friedlichen Ort, was nicht nur für Abwechslung sorgt, sondern auch die Spannung anfeuert – bis zum dramatischen Showdown, der einen unerwarteten Täter offenbart.

Abgesehen von der in einem Krimi erwarteten Spannung, haben mich vor allem auch die immer wieder eingestreuten humorvollen Szenen bestens unterhalten, mich nicht nur zum Schmunzeln, sondern sogar zu herzhaftem Lachen gebracht.

Die handelnden Personen sind gut vorstellbar beschrieben, die meisten sind sympathisch gezeichnet, doch wie im wahren Leben gibt es auch ungute Charaktere. Alle wirken lebendig und authentisch. Die Mischung Ermittlungsarbeit und Privatleben ist gut ausgewogen. Man spürt den familiären Zusammenhalt und gut funktionierendes Teamwork in der Polizeistation. Am meisten begeisterte mich Chefinspektorin Gescheitmeier – ich sage nur dazu: nomen est omen.

Für mich war es ein köstliches Lesevergnügen, das ich gerne all jenen weiterempfehlen, die amüsante Regionalkrimis mögen!

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