Profilbild von Haberleitner

Haberleitner

Lesejury Star
offline

Haberleitner ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Haberleitner über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.05.2021

Mordermittlung statt karibischem Traumurlaub

Mord auf Martinique
0

Die Saint-Tropez-Krimi-Reihe rund um Lucie Girard gehört zu meinen Lieblingsserien. Das liegt einerseits an der sympathischen Ausstrahlung der Kommissarin und ihrer Familie, andererseits an den abwechslungsreichen ...

Die Saint-Tropez-Krimi-Reihe rund um Lucie Girard gehört zu meinen Lieblingsserien. Das liegt einerseits an der sympathischen Ausstrahlung der Kommissarin und ihrer Familie, andererseits an den abwechslungsreichen Mordfällen, die sie mit sehr viel Einsatz, Intelligenz und Kombinationsgabe zu lösen hat.
Worum geht es? Lucie, Patric und Töchterchen Aude wollen ihre Flitterwochen nachholen und fliegen nach Martinique, wo sie infolge einer Autopanne sich mit einem Urlaubspärchen mit etwa gleichaltrigen Tochter anfreunden. Der Urlaubsgenuss endet jäh, als ein Mord passiert und Patric verdächtigt wird. Natürlich schaltet sich Lucie in die Ermittlungen ein.
Dass diesmal nicht Saint Tropez sondern Martinique als Tatort gewählt wurde, fand ich besonders reizvoll. Die freudige Urlaubsstimmung zu Beginn, das karibische Flair, das feucht-tropische Klima, exotische Flora und Fauna, das türkisblaue Meer und köstliche Drinks, bis alles plötzlich umschwenkt zu einem Albtraum, der Lucie und ihre Familie ganz persönlich trifft.
Der Spannungsbogen ist packend gestaltet, die Handlung bringt laufend Überraschendes und Unerwartetes zutage. Zudem sind neben Lucie und Patric auch die übrigen Charaktere anschaulich und glaubhaft dargestellt.
Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Die immer wieder eingeworfenen französischen Wörter und Floskeln machen das französische Ambiente authentisch und frischen nebenbei meine Sprachkenntnisse auf.
Dass die Lucie-Girard-Krimis stets in den 1970er Jahren spielen, genieße ich sehr. Ermittlungen ohne Handys, Internetrecherchen und DNA-Analysen lesen sich zur Abwechslung sehr angenehm. Zudem rücken die historischen Ereignisse der 70er Jahre, wie diesmal der Jom-Kippur-Krieg wieder ins Gedächtnis.
"Mord auf Martinique" war ein packender Lesegenuss, ich habe das Buch innerhalb eines Tages verschlungen und freue mich schon auf die zukünftigen Fälle, in denen Lucie Girard auf Mörderjagd gehen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.05.2021

Rätselhafter Mord an einem Studenten

Nacht über dem Campus
0

Mit „Nacht über dem Campus“ dem zweiten Band rund um die Rechtsanwältin Helene Freitag, hatte ich anfangs ziemliche Probleme, mich in die Gefühlswelt und das Umfeld der Protagonisten, insbesondere von ...

Mit „Nacht über dem Campus“ dem zweiten Band rund um die Rechtsanwältin Helene Freitag, hatte ich anfangs ziemliche Probleme, mich in die Gefühlswelt und das Umfeld der Protagonisten, insbesondere von Marie, zu versetzen. Ich unterbrach daher nach einigen Kapiteln, um Band 1 „Letzte Ausfahrt Auerberg“ zwischenzuschalten. Für mich war das detaillierte Wissen um Maries Vorgeschichte ausschlaggebend für das Verständnis und den Gesamteindruck der Charaktere, auch um ihre Entwicklung nachvollziehen zu können. Danach fand ich mit Leichtigkeit in die zweite Geschichte hinein. Für den Kriminalfall an sich benötigt man zwar keine Kenntnisse über das Vorleben der Protagonisten, aber sie gewinnen dadurch mehr an Struktur und Sympathie.
Worum geht es im Kriminalfall?
Ein Student wird in seinem Zimmer am Campus tot aufgefunden, er hat scheinbar Selbstmord begangen, doch seine Freundin glaubt nicht daran und ersucht die Rechtsanwältin Helen Freitag um Unterstützung. Diese schleust ihre Praktikantin Marie in ein Seminar ein, sie soll sich unter den Studenten umhören.
Der Schreibstil ist flüssig, die Kapiteln angenehm kurz gehalten. Der Fall ist rätselhaft, der mutmaßliche Täter scheint kein Motiv zu haben, wusste der getötete Student etwas, was ihn das Leben kostete? Die Spannung steigert sich gegen Ende stetig, die Lösung ist unerwartet. Für mich war jedoch, nach Kenntnis der Vorgeschichte, neben der Krimihandlung die Entwicklung von Marie und Helen im Hinblick auf zwischenmenschliche Beziehungen wesentlich von Bedeutung, der optimistische Faktor quasi als Gegensatz zu den menschlichen Abgründen rund um den Mord.
Ich habe das Buch mit zunehmender Begeisterung genossen und bin schon gespannt auf eine Fortsetzung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2021

Das Vermächtnis der Moorleiche

Schwarzwälder Morde
0

Der Krimi spielt in Bad Wildbad, wo die Kommissare Scholz und Schmälzle mit zwei Fällen zugleich konfrontiert werden: mit dem Fund einer Moorleiche aus dem 19. Jh und mit Attacken auf einen Investor einer ...

Der Krimi spielt in Bad Wildbad, wo die Kommissare Scholz und Schmälzle mit zwei Fällen zugleich konfrontiert werden: mit dem Fund einer Moorleiche aus dem 19. Jh und mit Attacken auf einen Investor einer Ferienanlage, die neben dem Anwesen eines ortsansässigen Schnapsbrenners erfolgen.
Das Reizvolle dieses Regionalkrimis sind die schwäbischen Dialoge, so manch urige Typen und einige amüsante Szenen mit Situationskomik.
Die Handlung vollzieht sich in einem Wechsel von der Vergangenheit, als 1869 eine Bäuerin mit Schmuggelware durchs Moor wandelt, und der Gegenwart, wo die beiden Kommissare mehr oder weniger ambitioniert den Vorkommnissen bei der Schnapsbrennerei auf den Grund gehen.
Der Schreibstil ist an und für sich flüssig, das Buch ist in kurze Kapitel gegliedert, die jeweils datiert sind, wodurch man einen guten zeitlichen Überblick behält. Die beiden Zeitebenen unterscheiden sich auch sprachlich, so erlebt man die nächtliche Wanderung der Bäuerin in der Ich-Form, der übrige Roman wurde in Erzählform verfasst.
Als Leser, der Bad Wildbad und Umgebung nicht kennt, erfährt man so einiges über Kirschlikör, Bollenhüte und andere Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten. Die eingeflochtenen schwäbischen Ausdrücke geben dem Text eine humoristische Note, sind entweder erklärt oder leicht verständlich. Wer dort ansässig ist, wird sicher auch seine Freude daran haben, sich anhand der angeführten Straßennamen ganz genau zurecht zu finden.
Die beiden Kommissare, der alteingesessene Schwabe Scholz und der erst vor kurzem nach Wildbad versetzte Badener Schmälzle, mit haitianischen Wurzeln, sind total gegensätzliche Persönlichkeiten und harmonisieren in ihrer Arbeitsweise bei weitem noch nicht, was sich dem Leser in streckenweise ermüdend langen Dialogen offenbart. Glücklicherweise gibt es in diesem Team eine sehr effiziente Mitarbeiterin und eine eigenständig agierende, wirklich sehr originelle Putzfrau, die beide letztlich die Ermittlungen so richtig in Schwung bringen.
Obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass es sich um einen Regionalkrimi handelt, wo es weder bluttriefende Untaten gibt noch um einen packenden Wettlauf um Leben und Tod geht, so hatte ich mir doch etwas mehr an überraschenden Wendungen, nicht vorhersehbaren Erkenntnissen erwartet, ein paar Spuren, die mich als Leser in die Irre führen. Zudem fand ich leider keinen richtigen Zugang zu den Protagonisten. Trotz der geschilderten Eigenheiten und Äußerlichkeiten blieben sie für mich eindimensional und leblos. Da es für mich persönlich stets wichtig ist, mit den Protagonisten zu sympathisieren, konnte mich das Buch leider nicht in seinen Bann ziehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.05.2021

Die Magie von Senfkörnern, Liebe überwindet alle Widrigkeiten

Die Senfblütensaga - Zeit für Träume
0

Der Roman spielt in der Zeit von 1905 bis 1910 vorwiegend in Metz. Metz war nach dem französisch-deutschen Krieg 1870/71 zunehmend von Deutschen besiedelt worden.
Für mich war „Zeit für Träume“ primär ...

Der Roman spielt in der Zeit von 1905 bis 1910 vorwiegend in Metz. Metz war nach dem französisch-deutschen Krieg 1870/71 zunehmend von Deutschen besiedelt worden.
Für mich war „Zeit für Träume“ primär eine von Stolpersteinen geprägte Liebesgeschichte vor – politisch gesehen - historisch nicht allzu detailliertem Hintergrund. Sehr klar wird das damalige Frauenbild vermittelt, nach dem Motto „lernen mache hässlich“ sollen sie nur für Mann, Haushalt und Kinder da sein. Die Dominanz und die Macht der Eltern über ihre erwachsenen Kinder werden thematisiert. Eltern, die das Glück und Wohl nur nach eigenen Ansichten messen, ihnen keine freie Entscheidung zubilligen, deren Streben nach Eigenständigkeit nicht akzeptieren wollen.
Der Schreibstil ist flüssig und leicht lesbar, es gibt allerdings einige in punkto Wortwahl jener Zeit nicht entsprechende Ausreißer. Die Ereignisse werden abwechselnd aus der Sicht von Emma, Carl und Antoine, Carls Freund, aber auch Rivalen, geschildert, was die Charaktere vor allem dieser Protagonisten besonders anschaulich macht.
Im Mittelpunkt steht Emma, die entgegen dem damals vorherrschenden Frauenbild nicht nur Hausfrau und Mutter sein möchte, sondern nur ein Ziel hat: sie will studieren. Für dieses Streben hegt niemand Verständnis, am wenigsten ihre Eltern, deren einziger Wunsch es ist, die Tochter gut zu verheiraten. Doch Emma lernt Carl kennen, den Sohn eines Fuhrwerkbetreibers, der wiederum nichts sehnlichster wünscht, als eine Senffabrik zu gründen. Zu verfolgen, wie die beiden sehr sympathisch gezeichneten Menschen trotz aller Widrigkeiten ihre Ziele weiterverfolgen, wie sie füreinander da sind und einander immer wieder ermutigen nicht aufzugeben, wie sie sich immer wieder gegen die negativen Einflüsse zur Wehr setzen, macht den Reiz des Romans aus, macht das Lesen spannend. Man zittert und fiebert mit den beiden mit, ärgert sich über die Verbohrtheit und die Intrigen der sie umgebenden Menschen und freut sich über Emmas und Carls Erfolge, wenn quasi das Gute doch über das Böse siegt.
Sehr interessant und informativ fand ich die ausführlichen Beschreibungen der Senferzeugung. Wer macht sich eigentlich Gedanken über jenes Produkt, das man so nebenbei in Tuben oder Gläsern kauft?
Mich hat dieser Roman, der Auftakt zu einer Trilogie, begeistert und ich bedaure sehr, dass ich nicht sofort zu Band 2 greifen kann, um das Schicksal von Emma und Carl weiter zu verfolgen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.05.2021

Vermächtnis eines Büßers

Wer Buße tut
0

Ein katholischer Büßer bricht während einer Osterprozession in Palma de Mallorca tot zusammen. Lediglich Inspektorin Xisca, die zufälligerweise Augenzeugin dieses Vorfalls ist, vermutet, dass es sich hiebei ...

Ein katholischer Büßer bricht während einer Osterprozession in Palma de Mallorca tot zusammen. Lediglich Inspektorin Xisca, die zufälligerweise Augenzeugin dieses Vorfalls ist, vermutet, dass es sich hiebei um keinen natürlichen Todesfall handelt.
„Wer Buße tut“ von Liliana Moreno empfand ich viele Kapitel lang eher als einen Roman, in dem die kürzlich nach Mallorca zurückgekehrte Inspektorin Xisca im Mittelpunkt steht. Es ist nicht einfach für sie, sich im neuen Kollegenkreis durchzusetzen, sie muss sich erst wieder an so manche mallorquinische Eigenheiten gewöhnen, sie macht sich Sorgen um ihr an MS erkrankte Mutter und kommt auch mit ihren schriftstellerischen Ambitionen nicht richtig vom Fleck.
Anfangs gehen die Ermittlungen nur schleppend voran, es dauert ziemlich lange, bis man so weit ist, dass man das Buch nicht mehr zur Seite legen möchte. Erst als nach und nach Verdächtige ins Bild kommen, sich auch eine außergewöhnliche Tötungsart herauskristallisiert, man zum Miträtseln angeregt wird, hebt sich der Spannungsbogen bis zum spektakulären Ende, wo es nicht nur eine unerwartete Auflösung gibt, sondern auch einen Täter, den man nicht im Fokus hatte.
Letztlich stand für mich trotz des interessant aufgebauten Kriminalfalls die Protagonistin Xisca im Zentrum des Geschehens. Einerseits ist sie die treibende Kraft bei den Ermittlungen, die trotz diverser Rückschläge und mangelnder Unterstützung ihrer Vorgesetzten nicht aufgibt, andererseits durchlebt sie auch eine persönliche Krise, aus der sie gestärkt hervorgeht. Diese charakterliche Entwicklung hat für mich den Roman auf eine über einen reinen Krimi gehende Ebene gehoben.
Was ich besonders genossen habe, war der Schreibstil, die facettenreiche Sprache, Wortkreationen, wie „ein Tausend-Watt-Lächeln“, „als das Tote Meer noch lebte“, „flachzuliegen wie ein gestrandetes Surfbrett“, „Ein Kriechen in Orte, wo die Sonne niemals scheint“ oder "Es war der Faden der Ariadne, an dem sie sich entlang hangeln würde, um aus dem gruseligen Irrgarten der Gefühle zu entkommen".
Dass der Krimi auf Mallorca spielt, wurde nicht nur durch Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten, kulinarischen Spezialitäten und dem emsigen Treiben in den Straßen und Gassen von Palma vermittelt, sondern auch durch zahlreiche spanische Ausdrücke, wobei hier für nicht Spanisch sprechende Leser ein Glossar sehr hilfreich wäre. Einen Stadtplan von Palma hätte ich mir auch gewünscht. Generell lernt man viel über Mallorca, nicht nur über die Bruderschaften und deren Osterbräuche. Natürlich kommt auch Urlaubsfeeling auf, Sehnsucht nach Strand und Meer.
Jedenfalls stellt „Wer Buße tut“ einen vielversprechenden Auftakt zu einer neuen Serie dar. Ich freue mich schon auf weitere interessante Fälle, die die sympathische Xisca zu lösen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere