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Veröffentlicht am 10.05.2021

Umweltschützer leben gefährlich

Doppelbock
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„Doppelbock“, der zweite Fall einer Reihe rund um die pensionierte Hauptkommissarin Frederike Stier, war nicht nur mein erster Krimi von Thomas Salzmann, sondern überhaupt der erste Krimi, der im Ruhrgebiet ...

„Doppelbock“, der zweite Fall einer Reihe rund um die pensionierte Hauptkommissarin Frederike Stier, war nicht nur mein erster Krimi von Thomas Salzmann, sondern überhaupt der erste Krimi, der im Ruhrgebiet spielt, in einer Region Deutschlands, die ich (als Wienerin) persönlich noch nie besucht habe. Wie authentisch die im Buch geschilderte Atmosphäre ist, kann ich nicht beurteilen, etwas Lokalkolorit wurde mir schon vermittelt. Ganz besonders eindrucksvoll empfand ich die Schilderungen der Umweltprobleme, mit denen dieser Landstrich im besonderen zu kämpfen hat, mit all den Altlasten, die aus dem seinerzeitigen Kohleabbau zurückgeblieben sind.
Und um Umweltschutz geht es in gewissem Sinne auch in dem Kriminalfall. Denn ein sehr aktiv gegen Umweltsünden eintretender Freund von Ex-Hauptkommissarin Frederike Stier wird ermordet. Für sie ist es selbstverständlich, dass sie privat zu ermitteln beginnt.
Was den Handlungsverlauf anbelangt, so ist es keineswegs erforderlich, den ersten Band gelesen zu haben. Doch Frederikes Charakter und die fast feindselige Haltung ihrer Ex-Kollegen, ebenso warum sie nach einer Reha nun in Pension ist, lässt sich viel besser nachvollziehen, wenn man von Beginn an in die Serie eingestiegen ist.
Frederike ist eine zielstrebige Frau mit Durchhaltevermögen, die sich durch nichts, nicht einmal Drohungen in Form von toten Ratten an der Haustür, abschrecken und von ihren Vorhaben abbringen lässt. Sie war es von Berufs wegen gewohnt, Entscheidungen zu treffen, eigene Wege zu gehen. Diese Eigenschaften erschweren ihr allerdings die Beziehung zu Hartmut, den sie bei der Reha kennengelernt hat und der sie in seiner Besorgnis um ihre Gesundheit zu sehr einschränken möchte. Auch wenn mich Frederike in ihrer Handlungsweise, ihrer Unerschütterlichkeit, ihrer Gewitztheit und ihrem Mut beeindruckt hat, mein Herz konnte sie noch nicht gewinnen. Aber vielleicht schafft sie es im nächsten Band.
Der Schreibstil ist kurz und prägnant, liest sich flüssig. Auch infolge der kurz gehaltenen Kapitel geht es flott dahin.
Der Spannungsbogen war ausgezeichnet aufgebaut, trotz eingestreuter Hinweise wurde man letztlich von der Lösung überrascht; der Showdown war unheimlich fesselnd.

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Veröffentlicht am 07.05.2021

Bestatterin als Hobby-Detektivin auf Mörderjagd

Dänische Gier (Ein Gitte-Madsen-Krimi 3)
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„Dänische Gier“, Band 3 dieser Reihe, ist ein Krimi wie ich ihn besonders mag. Leicht und flüssig geschrieben, sodass man ihn am liebsten in einem Zug verschlingt, mit sympathischen Protagonisten, wobei ...

„Dänische Gier“, Band 3 dieser Reihe, ist ein Krimi wie ich ihn besonders mag. Leicht und flüssig geschrieben, sodass man ihn am liebsten in einem Zug verschlingt, mit sympathischen Protagonisten, wobei ich eine Bestatterin als Privatschnüfflerin sehr originell fand.
Worum geht es? Nach einem Richtfest wird ein auf diesem Bau beschäftigter Polier ermordet und Gitte Madsen findet ihn nicht nur, sondern mischt sich wiederum in Kommissar Ole Ansgaards Ermittlungen ein, was sich als gefährlicher herausstellt als sie ahnt.
Dadurch dass auch relativ viel vom Privatleben bzw. der Vorgeschichte der Protagonisten quasi als Nebenhandlung hineinspielt, ist die Darstellung der Charaktere, insbesondere von Gitte, der Bestatterin, und Ole, dem Kommissar, gut abgerundet und recht verständlich. Ich habe trotzdem mehrmals bedauert, in das Vorleben von Gitte und Ole nicht kontinuierlich ab Band 1 eingestiegen zu sein. Auch wenn der Fall an sich abgeschlossen ist, allein des „roten Fadens“ wegen würde ich raten, die Serie mit dem ersten Band zu beginnen.
Alles in allem ist es ein Wohlfühl-Krimi, der Raum zum Miträtseln bietet. Puzzlesteinchen um Puzzlesteinchen trägt Gitte in plaudernder Art und Weise Informationen zusammen, zwar hilfreich für die Polizei, aber doch meist sehr zum Missfallen des zuständigen Kommissars. Die Handlung enthält natürlich packende, gefahrvolle Momente, durch neue Erkenntnisse und Wendungen ist sie abwechslungsreich, Mysteriöses spielt ebenso hinein wie Humorvolles und die nicht unproblematische Beziehungssituation von Gitte und Ole.
Mir hat das Buch Lesevergnügen bereitet, zudem habe ich so einiges über Dänemark erfahren. Der Krimi machte einerseits Lust auf weitere Mordfälle mit Gitte Madsen und regte andererseits auch zu einer Reise dorthin an, sowohl an den Strand, als auch auf eine Erkundung der Hauptstadt Kopenhagen, insbesondere Christiana fand ich sehenswert.

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Veröffentlicht am 04.05.2021

Packende Familiensaga rund um ein Hotel an der Ostsee Anfang des 20. Jh

Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang
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Michaela Grünigs erster Band über das „Palais Heiligendamm“ entführt den Leser in die Zeit vom Sommer 1912 bis zum Winter 1919.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Berliner Hoteliersfamilie Kuhlmann, die ...

Michaela Grünigs erster Band über das „Palais Heiligendamm“ entführt den Leser in die Zeit vom Sommer 1912 bis zum Winter 1919.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Berliner Hoteliersfamilie Kuhlmann, die in Doberan mit einem neuen Luxushotel einen Neuanfang gewagt hat. Durch den leichten und flüssigen Erzählstil, aber auch die anschaulichen Beschreibungen sowohl des Kurbadambientes, des mondänen Lebensstils, aber auch des geschäftigen Treibens in einem solchen Spitzenhotel fühlt man sich relativ rasch hineingezogen in die Epoche und in das Familienleben der Inhaber, ebenso auch in den Alltag der Bediensteten.
Erzählt wird aus der Sicht der drei Hauptpersonen, erstens aus Sicht von Elisabeth, der zweitältesten Tochter des Hoteliers, die sich mehr als ihre Brüder für den Hotelbetrieb interessiert, aber sehr darum kämpfen muss, als Frau akzeptiert zu werden, zweitens aus Sicht ihres Bruders Paul, der sich nicht nur eher einer musikalischen Laufbahn hingezogen fühlt als dem Hotelbetrieb, sondern zudem noch mit homosexuellen Neigungen zu kämpfen hat, und drittens aus Sicht von Minna, einem tüchtigen Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das sich mit Fleiß und Loyalität vom einfachen Stubenmädchen bis zur Spitzenköchin des Hotels hocharbeitet.
Durch diese verschiedenen Sichtweisen erlebt man nicht nur die Welt des Hotelbetriebs von der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Stärken und Schwächen der Menschen. Nicht nur innerhalb der Bediensteten herrscht strenge Disziplin, auch in den gehobenen Kreisen sind die jungen Menschen durch Etikette und Tradition stark eingeschränkt.
Die Handlung ist packend von Beginn an, stellt die Protagonisten vor viele Probleme, Prüfungen und Schicksalsschläge, lässt sie Glück und Leid, Enttäuschungen und Liebe erleben. Der Wandel der Zeit ist unverkennbar, die Anpassung an Modernes unabdingbar. Die Schrecken und die Leiden während des Krieges durchleben sie alle, ob am Schlachtfeld oder im zum Lazarett umgestalteten Luxushotel. Letztlich sind bereits die Probleme der Zukunft zu erahnen: politische Veränderungen sowie die Judenfrage.
Als ich die letzte Seite des Buches beendet hatte, hätte ich am liebsten sofort den zweiten Band zur Hand genommen, so sehr hat mich das Schicksal der Familie Kuhlmann in ihren Bann gezogen.

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Wenn aus Opfern Täter werden

Nordseegeheimnis
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Der Privatdetektiv Raphael Freersen ermittelt Undercover in einer Diebstahlangelegenheit in einer Kurklinik auf Föhr. Als er sich eines Nachts nach einer Lokaltour zurück in die Klinik schleicht, stolpert ...

Der Privatdetektiv Raphael Freersen ermittelt Undercover in einer Diebstahlangelegenheit in einer Kurklinik auf Föhr. Als er sich eines Nachts nach einer Lokaltour zurück in die Klinik schleicht, stolpert er im dunklen Keller über einen blutenden Menschen und verliert das Bewusstsein. Am nächsten Tag wacht er nicht nur in seinem eigenen Bett auf, sondern es finden sich auch keinerlei Spuren von einem Verletzten oder Toten. Er beginnt nachzuforschen.
Bei "Nordseegeheimnis" handelt sich um den zweiten Band rund um Raphael Freersen. Obwohl ich die Vorgeschichte nicht kannte, kam ich problemlos in die Geschichte hinein, würde aber dennoch empfehlen, mit Band 1 zu beginnen, um die private Story im Detail zu kennen.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und leicht. Mir gefielen vor allem die witzigen Situationen, das Humorvolle, die Art und Weise wie Raphael agiert. Er handelt eher impulsiv, trifft so manches Fettnäpfchen, wirkt vielfach nicht wirklich erwachsen, aber er hat das Herz am rechten Fleck. Und mit seinem Charme wickelt er nicht nur die holde Weiblichkeit um den Finger. Auch die zu seinem Umkreis gehörenden Personen sind in ihrer Verschiedenheit überzeugend und liebenswert dargestellt.
Die Ermittlungstätigkeit geht eher langsam voran und vermengt sich mit privatem Geschehen. Genau das machte für mich das Buch so unterhaltsam. Ich amüsierte mich köstlich über die diversen witzigen Begebenheiten und die Art und Weise, wie sich Raphael in so manche verfahrene Situation brachte bzw. wie er sich wieder heraus wand. Wirklich prickelnde Spannung kommt schließlich in den letzten Kapiteln auf. Die ganze Zeit über konnte ich wunderbar mit rätseln und wurde letztendlich doch überrascht.
Mir hat dieser eher ruhige, aber sehr humorvolle Krimi, mit einem sehr sympathischen Protagonisten und einer unerwarteten Auflösung des Falles so gut gefallen, dass ich mich schon auf die Fortsetzungen freue.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

Der Schein trügt

Der tote Rittmeister
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Mich hat dieses Buch vollauf begeistert, nicht nur weil es sich ungemein angenehm liest, flüssig und leicht, sondern weil es ein stimmiges Gesamtpaket ist, das pures Lesevergnügen bereitet, von den Charakteren ...

Mich hat dieses Buch vollauf begeistert, nicht nur weil es sich ungemein angenehm liest, flüssig und leicht, sondern weil es ein stimmiges Gesamtpaket ist, das pures Lesevergnügen bereitet, von den Charakteren über den exzellenten Spannungsbogen bis zum sehr gelungenen historischen Flair.
Auch wenn man den ersten Band dieser Reihe noch nicht kennt, hat das keinerlei Auswirkung auf diesen Roman. Man kommt problemlos in die Handlung hinein.
Worum geht es? Sommerfrische in Norderney. 1913. In den Dünen wird ein Rittmeister ermordet und gleichzeitig verschwindet ein kleines Mädchen aus einem Kinderspital. Während sich Viktoria auf die Suche nach dem Kind macht, wird Christian unfreiwillig zum Mord-Ermittler ernannt. Bald erkennen sie, dass die beiden Ereignisse zusammenhängen.
Die beiden Protagonisten Viktoria, die sozial und fortschrittlich denkende, aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammende Lehrerin, die sich bewusst für eine Berufstätigkeit entschieden hat, was zur damaligen Zeit für die besseren Kreise ungewöhnlich bis unvorstellbar war, und Christian, den engagierten, kriminalistisch begabten Journalisten, der sich aus der unteren Bevölkerungsschicht empor gearbeitet hat und eher unkonventionell agiert, habe ich sofort ins Herz geschlossen.
Die sehr anschaulichen Schilderungen der historischen Ereignisse, ob Pferderennen, kulturelle Veranstaltungen oder Schifffahrten, der mondänen Gesellschaft ebenso wie des ärmlicheren Teils der Bevölkerung, beflügeln die eigene Fantasie derart, dass man tatsächlich in die Welt von damals versinkt. Zudem passt auch die Dosierung: es gibt viele, viele Details und dennoch wird man nie von ellenlangen Beschreibungen erschlagen.
Last but not least das für einen Krimi wohl wichtigste: die Spannung. Diese war von Anfang bis zum Ende gegeben. Einerseits rätselt man bezüglich des Mörders und des Motivs, andererseits bangt man um das kleine Mädchen, von dem man nicht weiß, ob es noch lebt oder irgendwo hilflos herumirrt. Schritt für Schritt lüften Viktoria und Christian so manches wohlgehütete Geheimnis, decken Machenschaften und Abgründe auf, unerwartete Wendungen und Enthüllungen überraschen, bis letzten Endes der Übeltäter gefasst wird.
Für mich hat bei diesem Kriminalroman einfach alles gepasst. Er hat mir fesselnde und zugleich vergnügliche Lesestunden bereitet, hat Neugierde und Vorfreude auf den nächsten Fall geweckt.

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