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Veröffentlicht am 01.03.2021

Kindheit in den 60er-Jahren zwischen alten Rollenbildern und technischen Neuerungen

Die Welt war eine Murmel
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Mit „Die Welt war eine Murmel“ führt Herbert Dutzler die Leser auf eine Zeitreise in die 60er Jahre. Man erlebt mit dem Protagonisten Sigi, einem Jungen vom Land, sein erstes Schuljahr in einem Gymnasium, ...

Mit „Die Welt war eine Murmel“ führt Herbert Dutzler die Leser auf eine Zeitreise in die 60er Jahre. Man erlebt mit dem Protagonisten Sigi, einem Jungen vom Land, sein erstes Schuljahr in einem Gymnasium, seine erste Urlaubsreise nach Italien und wird, soferne man in etwa gleichaltrig ist wie der der Autor, an vieles aus der eigenen Jugendzeit erinnert.
Der erwachsene Sigi räumt die Wohnung seiner Mutter und stößt auf alte Fotos und erinnert sich an seine Jugend.
Sigi ist ein sympathischer, sehr kluger, aufgeweckter 10-jähriger Junge, Brillenträger und etwas dicklich, der sich mehr fürs Kochen als für Fußball interessiert und viel lieber liest als Sport zu betreiben, was dem damaligen Rollenbild widerspricht und was seine Eltern, Vater Eisenbahner, Mutter Hausfrau, in ihrer einfachen und praktisch orientierten Art nicht verstehen können.
Ich (Jahrgang 1953) bin wieder in meine Jugendzeit eingetaucht. Auch wenn es nur teilweise Parallelen gibt (weil ich quasi ein Mädchen und Stadtkind war), so fand ich doch so vieles, womit ich aufwuchs: die Lebensweise und das Rollenbild der Eltern, die Leitgedanken der Zeit, wie etwa „nur nicht aufzufallen“ sowie die Angst vor dem Gerede der anderen Leute, all die Tabuthemen, die Erziehungsmethoden, der unbedingte Gehorsam, der Respekt vor Lehrkräften und natürlich auch die in jener Zeit aufkommenden technischen Errungenschaften.
Mir hat das Buch unheimlich gut gefallen, der Sigi ist mir ans Herz gewachsen mit seiner Art, mit all dem zurecht zu kommen, was ihn umgab, auch mit Ungerechtigkeiten; er muss sich zwar zurücknehmen und schweigen statt aufzubegehren, geht dennoch seinen Weg, aus eigener Kraft, zielstrebig.
Ich hatte es zwar leichter als Sigi, meine Kindheit war unbeschwerter und sehr behütet. Sicher, den heutigen Überfluss gab es nicht, aber meine Mutter war zuhause, nicht zwischen Beruf und Haushalt gestresst, ich hatte nur wenige Spielsachen und wenige Bücher (die ich eben mehrmals las, so wie Sigi), aber ich habe gelernt, das wenige zu schätzen und darauf aufzupassen und mich mit mir alleine zu beschäftigen (ohne PC oder Handy).
Viele Erinnerungen sind in mir wach geworden, vom alten Radio über das Vierteltelefon, die Schulzeit, die ungeliebten Leibesübungen, spartanische Urlaubsquartiere und Tabuthemen.
Mir hat das Buch schöne Lesestunden beschert, wobei ich zugebe, dass ich mich vielleicht mehr mit meiner eigenen Jugendzeit befasst habe als mit der des Protagonisten.
Ich finde, es ist dem Autor ausgezeichnet gelungen, die Gedankenwelt und die Ereignisse dieser Zeit aufleben zu lassen und zu vermitteln.
Vor allem Menschen, die in dieser Zeit aufwuchsen, werden wie ich das Déjà-vu genießen und für jüngere, denke ich, sollte es nicht uninteressant sein, etwas darüber zu erfahren, in welchem Umfeld ihre Großeltern aufwuchsen.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Tod bringendes Erbe, spannungsreich und mörderisch

Kalt blütig
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Bereits nach wenigen Seiten befindet man sich schon mitten im mörderischen Geschehen und im Laufe der Handlung steigert sich die Spannung immer mehr bis zur überraschenden Klärung.
Eigentlich rettet Simone ...

Bereits nach wenigen Seiten befindet man sich schon mitten im mörderischen Geschehen und im Laufe der Handlung steigert sich die Spannung immer mehr bis zur überraschenden Klärung.
Eigentlich rettet Simone Jaan nur einen angeschossenen Hund, den sie bei einem winterlichen Waldspaziergang findet, doch auf einmal steckt sie und ihre Familie mitten in Mordfällen und in der Suche nach einem geheimnisvollen Erbschaftsteil.
Der Schreibstil ist flüssig, die kurzen Kapitel lesen sich flott, und die Geschichte gestaltet sich auch durch die stetig wechselnden Schauplätze sehr abwechslungs- und temporeich. Die Charaktere der Protagonisten sind zwar nicht sehr tiefgehend, aber anschaulich dargestellt.
Ich würde empfehlen, vor „Kalt blütig“ den ersten Band zu lesen. In diesen Mordfall kommt man zwar problemlos hinein, allerdings verfügt die Protagonistin über eine aus zahlreichen Familienmitgliedern bestehende und in den Fall involvierte Verwandtschaft, sodass man anfangs Schwierigkeiten hat, einen Durchblick zu gewinnen.
Anschaulich und unaufdringlich sind Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele in NÖ in die Handlung eingebaut, was Lust macht, sich dort einmal selbst umzusehen. Das beschauliche Szenario eines Weihnachtsmarkts und des Heiligen Abends im Familienkreis sind sehr stimmungsvoll.
Mir hat sowohl die packende Geschichte, als auch die Protagonistin sehr gefallen, und ich bin auf weitere Abenteuer von Simone Jaan sehr gespannt, dennoch würde ich „Kalt blütig“ eher als Kriminalroman bezeichnen, nicht als Thriller.

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Veröffentlicht am 25.02.2021

Rätselhafte Mordserie rund um einen 10jährigen Jungen

Festa Mortale
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Dieser Krimi hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und begeistert.
Der Fall: ein 10jähriger Junge geht auf dem Fest verloren, wird entführt; im Zuge der Suche nach ihm geschehen ein Reihe ...

Dieser Krimi hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und begeistert.
Der Fall: ein 10jähriger Junge geht auf dem Fest verloren, wird entführt; im Zuge der Suche nach ihm geschehen ein Reihe vom Morden und das Ermittlerteam hat das Rätsel zu lösen, in welchem Zusammenhang diese mit dem Jungen stehen.
Man ist sofort mitten im Geschehen und die Spannung lässt nie nach. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel in angenehmer Länge, der stetige Wechsel zwischen den Ermittlern, diversen Protagonisten und dem Täter gestaltet die Handlung sehr abwechslungsreich, vor allem auch die Gedanken des Täters. Trotz verschiedener Überraschungen, mehrerer Verdächtiger erahnt man vielleicht etwas zu früh den wahren Täter, doch die kompletten Zusammenhänge und Gründe klären sich wirklich erst auf den letzten Seiten.
Das Ermittlerteam wirkt sympathisch, arbeitet harmonisch zusammen und wirkt auch dadurch recht lebendig, da man auch Details über das Privatleben die einzelnen Kommissare erfährt.
Man kann als LeserIn auch die Ermittlungsschritte gut verfolgen, die Mutmaßungen des Teams, die Befragungen.
Die Mördersuche wird umrahmt vom jährlichen italienischen Fest in Unna, einem ganz besonderen Ereignis, das sehr anschaulich geschildert wird, mit all dem Trubel, den Menschengewühl, der Kulinarik, diverser Jahrmarktsattraktionen, Livemusik, Düften und Lichterglanz. Man bekommt Lust, dieses Fest irgendeinmal selbst mitzuerleben. Auch im Zuge diverser Zeugenbefragungen erfährt man so einiges über Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten der Stadt, unaufdringlich, aber dennoch Aufmerksamkeit erregend und einprägsam.
Bei „Festa mortale“ handelt es sich übrigens um den dritten Band der Serie, der Krimi kann jedoch problemlos als Einzelroman gelesen werden. Für mich war es das erste, aber bestimmt nicht das letzte Buch dieser Autorin.

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Veröffentlicht am 24.02.2021

Übertrieben harmonisch, zu wenig tiefgehende Gefühle

Die kleine Kanzlei entdeckt Neues
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„Die kleine Kanzlei entdeckt Neues“ von Elly Sellers ist der zweite Band einer Reihe, man kommt aber auch ohne Kenntnis des ersten Band problemlos in die Geschichte hinein, auch ist der handelnde Personenkreis ...

„Die kleine Kanzlei entdeckt Neues“ von Elly Sellers ist der zweite Band einer Reihe, man kommt aber auch ohne Kenntnis des ersten Band problemlos in die Geschichte hinein, auch ist der handelnde Personenkreis überschaubar.
Es wird der Alltag von zwei Rechtsanwältinnen und deren Sekretärin geschildert, neben ihren privaten Problemen wird auch auf Streitgründe bei Scheidungsfällen eingegangen, was sich stellenweise ziemlich juristisch trocken liest. Mediation ist nicht nur mit ein Thema, sondern erscheint mir als grundlegende Idee für den Roman, nämlich wie wichtig es ist, sich auszusprechen, nicht gegeneinander sondern miteinander Lösungen zu suchen.
Es gibt nur sympathische ProtagonistInnen, die trotz aufkommender Probleme, trotz Kränkungen oder Ärger stets liebenswürdig, verständig und kompromissbereit agieren. So gerne ich Bücher mit Happy-End lese, der Handlungsablauf war mir einfach zu harmonisch. In sämtlichen thematisierten Problembereichen lag viel mehr Konfliktpotential, viel mehr Möglichkeiten für Emotionen. Mir fehlten Ecken und Kanten, negative Gefühlsregungen, Ärger, Wut, Enttäuschung, Zweifel, Missverständnisse, aber auch Glücksgefühle, die vom Text auf den Leser überspringen. Daher blieben für mich die ProtagonistInnen auch etwas oberflächlich und ich fühlte mich mit ihnen nicht wirklich verbunden.
Was mir sehr gut gefiel, sind die Schilderungen von München, dem Viktualienmarkt, dem Englischen Garten u.a. Das machte Lust auf einen Besuch der Stadt.
An und für sich ist der Erzählstil flüssig und liest sich leicht, mein persönliches Lesevergnügen litt allerdings sehr unter dem schlampigen Lektorat dieses Buches, indem es nur so von Fehlern wimmelt, Rechtschreib-, Satzzeichenfehlern, vertauschten bzw. uneinheitlich geschriebenen Namen.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Spannend, mörderisch, turbulent

Zicke, zacke, tot
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Ohne die beiden Vorgängerbände zu kennen, bin ich in Band 3 eingestiegen. Zu Beginn hatte ich noch etwas Probleme mit den zahlreichen agierenden Personen, bin dennoch relativ schnell in die Geschichte ...

Ohne die beiden Vorgängerbände zu kennen, bin ich in Band 3 eingestiegen. Zu Beginn hatte ich noch etwas Probleme mit den zahlreichen agierenden Personen, bin dennoch relativ schnell in die Geschichte hineingekommen.
Im Ort findet der große Jahrmarkt statt mit Bierzelten und Fahrgeschäften, es herrscht Trubel und Fröhlichkeit. Die Atmosphäre wird lebendig und anschauliche geschildert, Fahrten mit der Achterbahn, Bierzeltstimmung.
Die Protagonistin, die Heilpraktikerin Karin Schneider glaubt nicht an den Selbstmordversuch von Rosi, einer ehemalige Patientin. Im Zuge ihrer Nachforschungen verdichtet sich ihr Verdacht, dass jemand böswillig nachgeholfen haben muss. Karin erfährt, dass Rosi so einiges über ihre Nachbarn wusste, was diese gerne verheimlichen würden. Karin hat einige Verdächtige im Auge und ermittelt auf eigene Faust, spontan, emotional, aber auch etwas unüberlegt und chaotisch, vertraut den falschen Personen und gerät somit in so manche unangenehme bis gefährliche Situation.
Die Handlung ist mit steigender Spannung aufgebaut, wartet mit überraschenden Effekten und Erkenntnissen ebenso auf wie mit bereits erahnbaren Wendungen, bis sich letztlich alles in einem furiosen Ende aufklärt.
Der Erzählstil ist flüssig, der landesübliche Dialekt ist verständlich eingesetzt und trägt zur Lebendigkeit und Authentizität bei, es gab keine Längen, es tut sich so einiges, nicht nur Aufregendes, sondern auch Szenen zum Schmunzeln.
Die diversen Typen und Protagonisten sind charakterlich anschaulich dargestellt, vor allem die sehr emotionale, spontane, aber auch zu überzogenen und unbedachten Aktionen neigende Karin. Da ich die Protagonistin zum Teil als zu chaotisch, naiv und nervig empfand, bin ich noch nicht ihr Fan geworden, will ihr aber noch eine Chance geben – im nächsten Fall.

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