Elinor Harriman hat kein einfaches Leben.
Nachdem ihre Mutter, die schon immer einen unseligen Hang zu Liebhabern und Glücksspielen besaß, nicht nur von ihrem Ehemann verstoßen wurde, sondern dieser auch noch rigoros die Trennung von Lady Caroline durchsetzte, blieb Elinor, ihrer Schwester Lydia und ihrer Mutter nur noch der Rückzug aus der Gesellschaft und die Flucht ins französische Exil.
Nun leben sie in Paris am Rande der Armutsgrenze, denn auch hier ist es Lady Caroline nicht gelungen, ihre egoistische Genuss- und Spielsucht unter Kontrolle zu bekommen und zu allem Überfluss zeigt das ausschweifende Leben Lady Carolines nun seine grausamen Spuren- die Mutter von Elinor und Lydia hat sich mit Syphilis angesteckt. Und dennoch gelingt es ihr eines Abends, sich heimlich aus dem Haus zu schleichen. Sie hat die letzten finanziellen Reserven der Harrimans bei sich, sogar ein letztes kostbares Schmuckstück, dass sie binnen kürzester Zeit am Spieltisch versetzen wird, wenn Elinor sie nicht aufhält.
Elinor ist fest entschlossen, ihre mittlerweile dem Wahn verfallene Mutter zurückzuholen, doch als sie erfährt, wo sich Lady Caroline vergnügen möchte, beschleichen sie im ersten Moment leichte Skrupel. Es sind Festivitäten besonderer Art, die Viscount Rohan auf seinem Landsitz anbietet- er, der sich selbst der „Fürst der Finsternis“ nennt, huldigt auf seinem Besitz nicht nur dem Glücksspiel und veranstaltet ausschweifende und zügellose Orgien für die bessere Gesellschaft, sondern soll zusammen mit anderen Mitgliedern Satan persönlich Untertan sein.
Trotz all ihrer Bedenken und Ängste macht sich die junge Frau auf in die „Höhle des Löwen“. Viscount Rohan, gelangweilt von all den Ausschweifungen auf seinem „Ball“, ist erfreut über die Ablenkung, die Elinor ihm bietet, denn sie zeigt ihm gegenüber nicht den Hauch von Ängstlichkeit, sondern fordert ihn kühn heraus. Obwohl sie keine große Schönheit ist, weckt sie das Interesse des Viscounts und so zeigt er zunächst seinen guten Willen, indem er Elinors Mutter von seinen Männern zurückbringen lässt und auch Elinor am nächsten Tag nach Hause begleiten möchte.
Ganz offen zeigt Rohan sein Interesse an Elinor, doch obwohl Rohan schön wie die Sünde ist, weigert sie sich standhaft ihm zu Willen zu sein; im Gegenteil, sie zeigt ihm unverhohlen die kalte Schulter, was ihn noch mehr anstachelt. Doch der Kuss, den Rohan Elinor anschließend gibt, lässt sie seltsam aufgeregt und verwirrt zurück. Auch für die Rückreise am nächsten Tag hat Rohan etwas ganz Besonderes geplant und obwohl Elinor von seinen Intimitäten erschrocken und beglückt zugleich ist, will sie Rohan nie wieder sehen…
Die Autorin Anne Stuart ist bekannt für eine besondere Art von Romances- in ihren Romanen sind die Protagonisten zumeist gebeutelt durch diverse Schicksale und geben sich ihren Mitmenschen gegenüber sehr misstrauisch und gefühllos- manchmal sogar grausam und unerbittlich. Das betrifft hauptsächlich die männlichen Romanhelden und man sollte schon ein kleines Faible für diesen dominanten, recht eigenwilligen „tortured heroes“ der Autorin haben, wenn man sich für einen ihrer Romane entscheidet.
Auch in ihrem aktuellen „Historical“ haben wir es erneut mit einem Helden dieser Kategorie zu tun. Rohans Ausschweifungen und sein zynisches Verhalten kann man nicht unbedingt schön reden, er ist durchaus kein „nice guy“, doch seltsamerweise ist es in „Paris-Stadt der Sünde“, so, dass man recht früh erfährt, was aus Rohan den Mann gemacht hat, der er heute ist. Leider erfährt man diese speziellen Dinge und Geschehnisse die zu seinem jetzigen Verhalten führten nur aus dritter Hand und auch im Verlauf der Story tauschen sich Rohan und Elinor nicht persönlich darüber aus, was ich sehr schade fand.
Auch Elinor trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum und man kann sehr gut verstehen, wieso sie möglichst wenig mit Rohan zu tun haben möchte. Dennoch verliebt sie sich langsam in Rohan. Aber auch hier versäumt es Anne Stuart intensive Gespräche in ihre Love Story einzubauen. Beide Hauptfiguren hatten im Vorfeld so viel Potential, doch es wurde leider nicht voll ausgeschöpft- im Gegenteil, Elinor und Rohans Gedanken und Gefühlswelt kam mir persönlich viel zu kurz. Dagegen war ich sehr angetan von der zweiten Liebesgeschichte in diesem Band um Elinors schöne Schwester Lydia und Rohans bestem Freund Charles, der durch eine Narbe gezeichnet ist. Diese beiden Figuren wirken sehr viel lebhafter, haben mehr charakterliche Tiefen zu bieten als das Hauptpaar der Story.
Dennoch ist der Roman durchaus lesbar und hat auch seine Stärken. Die ersten 100 Seiten sind für mich persönlich die stärksten gewesen- denn da lieferten sich Rohan und Elinor sehr amüsante Wortgefechte und Rohan als „Bad guy“ ist an sich eine interessante Figur.
Seltsamerweise ist es ausgerechnet seine 180 ° Wendung vom bösen Buben in einen verliebten Mann, die ich der Autorin nicht abnehmen konnte. Diese schwarz zu weiß Wandlung war mir nicht facettenreich und glaubwürdig genug geschildert.
Zudem schlichen sich im Laufe der Story leichte Längen ein und so ist die Story um Rohan und Elinor zwar nett zu lesen, aber in meinen Augen nicht herausragend.
Positiv fand ich dagegen, dass Elinor und Charles zwei Akteure waren, die nicht mit ihrer Schönheit, sondern mit ihrem Charakter punkten konnten. Von dieser Art Romanhelden und Heldinnen wünsche ich mir definitiv mehr!