Ein eindringlicher, düsterer Psychothriller, der unter die Haut geht und einen auch nach dem Lesen noch beschäftigt
Die ÜberlebendeSieben Jahre zuvor wurde die Collegestudentin Flora das Opfer einer Entführung. Ihr Peiniger hatte sie fünfzehn Monate in seiner Gewalt, in denen sie durch die sprichwörtliche Hölle ging. Zunächst war ...
Sieben Jahre zuvor wurde die Collegestudentin Flora das Opfer einer Entführung. Ihr Peiniger hatte sie fünfzehn Monate in seiner Gewalt, in denen sie durch die sprichwörtliche Hölle ging. Zunächst war sie nur eine Art unbedeutendes Spielzeug für Floras Peiniger, der sie immer wieder vergewaltigte, sie zeitweilig hungern ließ und in eine sargähnliche Holzkiste einschloss, wenn er sie mitnehmen wollte auf Reisen. Schließlich brach der Täter Floras Willen und nahm ihr jegliches Selbstvertrauen. Er fühlte sich sicher, zu sicher, denn Floras Lebenswillen konnte er nicht brechen. Schließlich konnte Flora befreit werden, doch zuvor erschoss sie ihren Peiniger. Ihr Bruder und ihre Mutter waren überglücklich, Flora wiederzuhaben, doch sie begriffen schnell, dass es die unbeschwerte, glückliche Flora nicht mehr gab.
Als nun, sieben Jahre später, junge Frauen verschwinden, ruft das Flora auf den Plan, die sich vorgenommen hat, Jagd auf Männer zu machen, die genauso gestrickt sind, wie ihr damaliger Entführer. Ausgerechnet dem Barkeeper, eines Nachlokals gelingt es, die alkoholisierte Flora auszuschalten und zu entführen. Er ist Flora damit auf den Leim gegangen, denn sie weiß mittlerweile gut, wie sie sich aus gefährlichen Situationen befreien kann und so endet seine Tat tödlich- für ihn, denn Flora gelingt es mit Hilfe einer Mixtur, den Mann auszuschalten. Die herbeigerufenen Cops, unter ihnen auch Detective D.D. Warren, ahnen bereits, dass sich Flora auf eine Art Kriegspfad befindet und beginnen sogleich mit ihren Ermittlungen. Es scheint allerdings, als ob Floras Entführer bereits gemordet hat, denn kurz darauf wird eine Frauenleiche entdeckt. Bevor D.D. Warren Flora nochmals in aller Ruhe ins „Kreuzverhör“ nehmen kann, verschwindet Flora plötzlich von einem auf den anderen Tag aus ihrer Wohnung. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass sie scheinbar schon wieder Opfer einer Entführung wurde. Doch wer könnte ein Interesse daran haben Flora zu töten? Immerhin ist ihr Peiniger von einst tot!
Ich las vor einiger Zeit bereits einen anderen Teil der D.D. Warren Reihe von Lisa Gardner, der mir an sich gut gefallen hatte, so dass ich schnell neugierig wurde, auf „Die Überlebende“. Beide Bücher haben gemeinsam, dass Frauen im Fokus der Geschichten stehen, die in der Not lernen mussten, über sich selbst hinauszuwachsen. Während ich fand, dass die psychologischen Aspekte in „Wer stirbt, entscheidest du“, damals noch eher eine untergeordnete Rolle spielten, ist es in „Die Überlebende“ völlig anders. Die Autorin hat sein gutes Händchen dafür, die Gefühle, die Angst, die Fassungslosigkeit und die ohnmächtige Wut Floras darzustellen. Mir gingen die Romanpassagen, in denen Flora sich in Rückblenden an ihre damalige erste Entführung erinnert, ziemlich nahe, weil man sich einfach zu gut in die Romanheldin hineindenken kann. Es ist nervenzerfetzend spannend, aber auch tragisch zu lesen, wie Flora sich während der 472 Tage ihrer Entführung entwickelt. Zugegeben, dass Flora so oft innerhalb kürzester Zeit entführt wird, mutet etwas unrealistisch an. Doch wenn die Autorin am Ende ihres Romans alle Fäden zusammenlaufen lässt, begreift man endlich auch wieso. Es ist, auch wenn man hier gottlob keine Schlachterplatte geboten bekommt, wegen der angesprochenen psychologischen Aspekte, eine ziemlich düstere Story, die nichts für zartbesaitete Leser ist.
Der Roman besteht aus den Romanpassagen der Gegenwart, in denen Flora fieberhaft versucht sich zu befreien, den Rückblenden und den Passagen, in denen D.D. Warrren versucht, mit Hilfe eines Opferspezialisten vom F.B.I. Licht ins Dunkel der laufenden Ermittlungen zu bringen. Ehrlich gesagt fand ich, dass D.D. Warrens Ermittlungsarbeit auch in diesem Band eher zäh und unspannend inszeniert wurde, so dass ich zwischenzeitlich am liebsten vorgeblättert hätte. Da sich aber der Großteil der Story mit Flora beschäftigt und ich bislang selten auf einen solch packenden Psychothriller gestoßen bin, möchte ich dennoch die volle Punktzahl für „Die Überlebende“ vergeben. Übrigens kann man diesen Roman auch gut als „stand alone“ lesen, da D.D. Warrens persönlicher Hintergrund hier rein nebensächlich ist und man auch so gut hineinkommt in die Story.
Kurz gefasst: Ein eindringlicher, düsterer Psychothriller, der unter die Haut geht und einen auch nach dem Lesen noch beschäftigt.