Unterhaltsamer Psychothriller mit unerwarteten Wendungen, allerdings auch in einer gemächlich erzählten Gangart dargeboten
Die Nacht in dirLucy verschlägt es, auf der Flucht vor ihrem brutalen, stalkenden Exfreund Davis, ins beschauliche Städtchen Woodstock. Hier ticken die Uhren völlig anders, als im pulsierenden New York, doch Lucy ist ...
Lucy verschlägt es, auf der Flucht vor ihrem brutalen, stalkenden Exfreund Davis, ins beschauliche Städtchen Woodstock. Hier ticken die Uhren völlig anders, als im pulsierenden New York, doch Lucy ist froh darüber, denn sie hofft, dass Davis sie hier niemals aufspüren wird. In dem gemieteten Häuschen das sie, von nun an, zusammen mit ihrem kleinen Hund Dusty bewohnen wird, findet sie beim Einräumen in der Schrankschublade Photos eines ihr unbekannten Mannes, doch sie denkt sich zunächst nichts dabei.
Erst als sie ihre Nachbarn, das Künstlerehepaar Vera und John, näher kennenlernt, das sie zum Essen eingeladen hat, erkennt Lucy in John den Mann auf den Photos wieder. Lucy ist überglücklich darüber, so schnell Anschluss gefunden zu haben, denn sie fühlt sich sehr einsam. Und obwohl sie von einer älteren Nachbarin davor gewarnt wird, sich lieber nicht zu sehr mit den beiden anzufreunden, schlägt Lucy alle Bedenken in den Wind. Im Gegenteil, sie hat Mitleid mit Vera, die sich kurz zuvor mit Rachel, Lucys Vormieterin überworfen hatte. Warum Rachel Bilder von John in ihrem Haus aufbewahrte, ist Lucy nach wie vor ein Rätsel, doch sie schweigt sich lieber darüber aus, um Vera und John nicht unnötig aufzuregen.
Denn das Paar hat sowieso schon unter schlimmen Gerüchten zu leiden, die über sie kursieren und besonders John schwer zu schaffen machen. Als Lucy, Vera und John eines Abends auf der Veranda zusammensitzen, kommt ihnen eine folgenschwere Idee. John muss lediglich für eine Weile von der Bildfläche verschwinden, bis die Gerüchte über seine Person verstummt sind. Doch nur wenige Stunden nach einem inszenierten Unfall ist John mausetot; er wurde ermordet aufgefunden. Und Lucy, die zuvor aussagte, Johns Unfall im Wald mit angesehen zu haben, rückt plötzlich ins Visier der Ermittler. Lucy würde zu gerne so schnell wie möglich Woodstock den Rücken kehren, weil sie ahnt, dass Davis ihr bereits auf der Spur ist, doch wegen der laufenden Mordermittlungen darf die junge verzweifelte Frau den Ort nicht verlassen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
„Die Nacht in dir“ fiel mir ins Auge, weil ich eine Schwäche für Psychothriller habe und der Klappentext mir eine spannende Story mit vielen unerwarteten Wendungen suggerierte. Der Roman wird in „Ich-Form“ aus Sicht er Romanheldin Lucy geschildert. Lucy ist eine junge, verschlossene Frau, die sich unsicher, einsam und ungeliebt fühlt. Man ahnt, dass Lucy nicht immer so war und ihr Exfreund einen großen Anteil an ihrem jetzigen Verhalten hat, doch trotz der Tatsache, dass ich Mitleid mit ihr entwickelte, blieb sie mir, auch im Verlauf der Story, fremd. Und auch die übrigen Akteure dieses Romans, sind leider durchweg keine Sympathieträger. Die Akteure wirken unterkühlt, egozentrisch und manches Mal auch wieder zu überschwänglich agierend, was nicht so recht ins Gesamtbild passen will.
Dennoch, jeder von ihnen hat Geheimnisse und diese sorgten, während ich Lea Kohnens Thriller las, dafür, dass meine Neugierde geweckt blieb. Die erste Hälfte des Thrillers plätschert in einem eher gemächlichen Tempo vor sich hin und der zwar gute, aber eigenwillige Schreibstil der Autorin, der mir leider nicht ganz so lag, brachte meinen Lesefluss dann und wann ins Stocken. Zudem glaubt man, man könne den Ausgang der Story bereits erahnen. Allen Lesern, denen es nach 150 Seiten ebenfalls so gehen sollte, empfehle ich aber unbedingt durchzuhalten, denn die Autorin hält tatsächlich noch einige unerwartete Überraschungen parat, die meinen zunächst verhaltenen Leseeindruck den ich gewonnen hatte, in der zweiten Hälfte des Buches, in ein positiveres Licht zu rücken vermochten.
Bei meiner Bewertung schwankte ich zwischen 3.5 und 4 von 5 Punkten, habe mich allerdings dann doch für die bessere Benotung entschieden, weil die Story in der zweiten Hälfte atmosphärischer und auch ein Tickchen packender erzählt wird. Es ist zwar kein Thriller, der wie eine blutige Schlachtplatte daher kommt oder mörderisch spannend erzählt wird, doch die Geheimnisse der Romanfiguren lassen den Leser nicht los und so manche Wendung, die die Geschichte nimmt, hat es durchaus in sich. Richtig gut gefallen hat mir das unerwartete (wirkliche) Ende; allerdings kann ich nicht zu sehr ins Detail gehen, sonst würde ich zuviel verraten. Die Romanheldin Lucy jedoch, nun, sie hat es mir leider nicht einfach gemacht. Denn ihre Naivität und Passivität ist so manches Mal kaum zum Aushalten. Erst wenn man gewisse Gründe für ihr Handeln erfährt, ergibt so manches einen Sinn.
„Die Nacht in dir“ ist das richtige Buch für alle diejenigen Leser, die eher eine Schwäche für subtilen Thrill und die mit einer etwas gemächlicher erzählten Story kein Problem haben.
Kurz gefasst: Dunkle Geheimnisse kommen immer ans Tageslicht- Unterhaltsamer Psychothriller mit unerwarteten Wendungen, allerdings auch in einer gemächlich erzählten Gangart dargeboten.