Aufwühlender, wichtiger Roman, der von Schuld, Sühne, Verzeihen aber auch gefährlicher Verdrängung erzählt
Leas SpurenParis, 1940:
Charlotte Schneider arbeitet im Büro der deutschen Botschaft- ist direkt dem deutschen Botschafter Otto Abetz unterstellt. Eines Tages lernt sie dort den Franzosen und Kunststudenten Victor ...
Paris, 1940:
Charlotte Schneider arbeitet im Büro der deutschen Botschaft- ist direkt dem deutschen Botschafter Otto Abetz unterstellt. Eines Tages lernt sie dort den Franzosen und Kunststudenten Victor Blanc kennen, der kürzlich vom Kulturattache eingestellt wurde. Victor soll sich um die geraubten Kunstschätze kümmern, die eingelagert wurden. Sein Kunstwissen ist gefragt, denn es gilt sogenannte entartete Kunst auszusortieren. Also Gemälde, Skulpturen etc., die mit der Kunstauffassung und dem Schönheitsideal der Nationalsozialisten nicht konform gehen oder Werke von jüdischen Künstlern.
Charlotte und Victor verlieben sich ineinander, doch es sind gefährliche Zeiten angebrochen im von den Deutschen besetzten Paris und Charlotte gerät in große Gefahr…
Paris, Juni 2016:
Marie Bergmann fällt aus allen Wolken, als sie erfährt, dass sie zusammen mit dem französischen Journalisten Nicolas Blanc eine Wohnung mitten in Paris geerbt hat. Der Mann, der sie zur Miterbin gemacht hat, Victor Blanc, ist ihr nämlich gänzlich unbekannt. An dem Erbe ist jedoch eine Bedingung geknüpft. Der mit fünfundneunzig Jahren, kürzlich verstorbene Victor, hatte im Testament bestimmt dass Marie und sein Enkel Nicolas, ein verschollenes Gemälde suchen müssen um es dann anschließend den rechtmäßigen Besitzern zukommen zu lassen. Ein Jahr haben sie dafür Zeit.
Neugierig macht sich das Gespann an die Arbeit, besichtigt die Wohnung und stellt schnell fest, dass Charlotte und Victor einige Geheimnisse hatten. Die Recherche wühlt Marie und Victor auf und verlangt ihnen alles ab, denn ihre Familien finden, dass man die sprichwörtlichen „Leichen im Keller“ lieber unberührt lassen sollte.
Ich hatte vor einiger Zeit bereits Bettina Storks Roman „Das geheime Lächeln“ gelesen, mochte besonders die frankophile Atmosphäre, die der Roman verströmte und war sehr angetan von der bild und wortgewaltigen Ausdrucksweise der Autorin.
Als ich nun erfuhr, dass Bettina Storks ihre Leser in ihrem aktuellen Roman, „Leas Spuren“, erneut in französische Gefilde entführt, wanderte dieses Buch sogleich auf meine Wunschliste. Und dann war mir die Glücksfee hold- ich gewann „Leas Spuren“ bei einer Buchverlosung und machte mich sogleich neugierig ans Lesen.
Auch diesmal verging die Lesezeit, trotz der 464 Seiten, wie im Fluge für mich. Und der Romanstoff hat mich emotional sehr aufgewühlt zurückgelassen. Bettina Storks erzählt ihren Roman auf mehreren Zeitebenen. In der Gegenwart schauen wir Marie, der Großnichte von Charlotte und Victors Enkel über die Schulter, während die beiden herauszufinden versuchen, was mit dem verschwundenen Gemälde eines jüdischen Künstlers geschah.
Diese Recherche fand ich sehr packend geschildert. Doch die Autorin verliert dabei zu keinem Zeitpunkt die emotionale Ebene aus den Augen. Ob es sich nun um Verdrängung von Schuld, Sorge um das familiäre Ansehen oder verletzte Gefühle handelt und genau diesen angesprochenen Punkt fand ich nicht nur wichtig sondern überzeugend und sehr bewegend dargeboten.
In Rückblenden lässt die Autorin ihre Leser an Charlottes und Nicolas Liebesgeschichte teilhaben, doch spielt die Love Story hier verständlicherweise eher eine untergeordnete Rolle. Victor und Charlotte sind charismatisch und vielschichtig gestrickt. Was mir aber noch besser gefallen hat, war, dass ihnen reichlich Sensibilität auf den Leib geschrieben wurde. Ihre Gedankengänge regen nicht nur zum Nachdenken an, man kann sich auch gut in die beiden hineinversetzen.
Das gilt auch für die übrigen Akteure in diesem Roman- dazu kann die historische Komponente zu jeder Zeit überzeugen. Es ist ein wichtiger Roman, der zwar unterhalten will, aber dennoch in die Tiefe geht. Ein Roman der vom dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte erzählt. Von Schuld, Sühne, Verzeihen aber auch gefährlicher Verdrängung.
Für mich ist ein guter Roman, ein Roman, der mich auch nach dem Lesen noch beschäftigt und genau so ein Roman ist „Leas Spuren“, der an die Menschlichkeit in uns appelliert und an Aktualität nicht verloren hat.
Kurz gefasst: Aufwühlender, wichtiger Roman, der von Schuld, Sühne, Verzeihen aber auch gefährlicher Verdrängung erzählt.