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Veröffentlicht am 14.09.2020

Englisches Buddy-Movie in Romanform

Mord in Highgate
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ichard Pryce, Scheidungsanwalt der Reichen und Schönen, kommt so zu Tode, wie er gelebt hat. Für ihn ist das Beste nur gut genug, und so verlässt er die Welt, den Schädel eingeschlagen mit einem hochpreisigen ...

ichard Pryce, Scheidungsanwalt der Reichen und Schönen, kommt so zu Tode, wie er gelebt hat. Für ihn ist das Beste nur gut genug, und so verlässt er die Welt, den Schädel eingeschlagen mit einem hochpreisigen 82er Château Lafite Rothschild. Aber Pryce war Abstinenzler, und was hat die an die Wand geschmierte Zahl 182 zu bedeuten? Scotland Yard steht vor einem Rätsel, und so soll es einmal mehr der Ex-DI Hawthorne richten, der natürlich umgehend seinen „persönlichen Schreiber“ Horowitz hinzuzieht. Warum? Nun ja, Hawthornes Erfolge sollen natürlich der Nachwelt überliefert werden, und diese Aufgabe hat er Horowitz übertragen.

Dass ein Autor sich selbst zur Hauptfigur seines Romans macht, kommt selten vor. Bei Krimis kenne ich es nur von Arthur Conan Doyle und dem ersten Band der Hawthorne/Horowitz-Reihe „Ein perfider Plan“. Und wie bereits bei dem Vorgänger funktioniert es auch hier sehr gut, ist äußerst amüsant. Vor allem dann, wenn in Horowitz‘ Kommentaren der typisch britische Humor aufblitzt und den Leser damit bestens unterhält. Aber auch die entlarvenden Informationen zum Literaturbetrieb, die der Autor natürlich aus erster Hand und eigenem Erleben hat, sind höchst vergnüglich zu lesen. Als Kriminalroman funktioniert die Story ebenfalls, denn die Anzahl der Verdächtigen und Motive nimmt ab der Mitte rasant zu.

„Mord in Highgate“ ist ein Buddy-Movie in Romanform, der sich an den Klassikern der englischen Kriminalliteratur, allen voran Sir Arthur Conan Doyle, orientiert. Wie dessen Sherlock Holmes ist auch Hawthorne ein Meister der Deduktion und kann mit seinen Beobachtungen und Schlussfolgerungen nicht nur seinen Sidekick Horowitz sondern auch den Leser immer wieder verblüffen. Am Ende ist der Fall gelöst, aber wie in jeder guten Krimireihe deckt der Autor nicht alle Karten auf. Und so müssen wir uns wohl bis zu dem dritten Fall des Duos Hawthorne/Horowitz gedulden.

Veröffentlicht am 13.09.2020

Kali orexi!

Jamas! Griechisch kochen und gemeinsam genießen
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Fernweh, aber kein Urlaub in Sicht? Dann ist „Jamas! Griechisch kochen und gemeinsam genießen“ genau das richtige Kochbuch, denn mit diesen Rezepten holt man sich Griechenland-Feeling auf den heimischen ...

Fernweh, aber kein Urlaub in Sicht? Dann ist „Jamas! Griechisch kochen und gemeinsam genießen“ genau das richtige Kochbuch, denn mit diesen Rezepten holt man sich Griechenland-Feeling auf den heimischen Teller. Und wie Tanja Dusy bin ich ein großer Fan dieser mediterranen Küche, die Leib und Seele erfreut. Bei zahlreichen Urlauben abseits der Touristenzentren hatte ich das Glück, in kleinen Tavernen schlichte Gerichte kennenzulernen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden und mit den diversen Fantasietellern der „deutschen Griechen“ so überhaupt nichts zu tun haben.

Die Gliederung des Kochbuchs orientiert sich an der klassischen Menüfolge. Mezedes und Snacks (Vorspeisen), Fisch und Fleisch (Hauptgerichte), Salate und Gemüse (Beilagen) sowie süße und kalorienreiche Desserts zum Abschluss. Natürlich sind auch die Klassiker wie Gyros, Bifteki und Souvlaki zu finden, diese sind allerdings zum einen deutlich abgespeckt, zum anderen auch jeweils noch in vegetarischen Varianten zu finden. Für mich ein großes Plus dieser Sammlung, denn wer einmal die schmackhaften Kolokithokeftedes mit Joghurt-Dip (Zucchini-Krapfen), Gemista (Gemüse mit Reisfüllung) oder Briam mit Feta (Gebackenes Gemüse aus dem Ofen) probiert hat, wird keinen Gedanken mehr an üppige Grillteller verschwenden.

Die Rezepte, meist für 4 bis 6 Personen, werden jeweils auf einer Doppelseite vorgestellt, links die in jedem Supermarkt erhältlichen Zutaten (mit Ausnahme der Wildkräuter, die man aber problemlos durch Rote Bete Blätter, Brunnenkresse oder Löwenzahn ersetzen kann) sowie eine detaillierte Kochanleitung, rechts ansprechende und appetitanregende Fotos des fertigen Gerichts. Positiv zu bewerten ist die Vielzahl der Gemüserezepte, die allesamt als Hauptgericht taugen, aber auch die Fleisch- und Fischesser kommen durchaus auf ihre Kosten.

Alles in allem ein sehr schönes, alltagstaugliches Kochbuch mit authentischen Rezepten, die sich problemlos realisieren lassen und weder besonderes Know how, noch exotische Zutaten erfordern. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Gerichte - zumindest im Register - auch unter ihrem griechischen Namen aufgeführt werden, denn die eingedeutschten Bezeichnungen wirken dann doch das eine oder andere Mal etwas fantasievoll. Und es erschwert die Suche, wenn man ein Gericht nachkochen möchte, das man nur unter dem Originalnamen kennt.

Veröffentlicht am 13.09.2020

Vom Suchen und Finden

Volkswagen Blues
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Jack Waterman, mäßig erfolgreicher Autor in einer Schaffenskrise, an einem Punkt angelangt, an dem die Vergangenheit an Bedeutung gewinnt. Insbesondere sein vor knapp zwanzig Jahren verschwundener Bruder ...

Jack Waterman, mäßig erfolgreicher Autor in einer Schaffenskrise, an einem Punkt angelangt, an dem die Vergangenheit an Bedeutung gewinnt. Insbesondere sein vor knapp zwanzig Jahren verschwundener Bruder Theo. Die einzige Spur ist eine unleserliche Postkarte, in Gaspé abgeschickt. Jack möchte ihn wiedersehen, und so macht er sich in seinem altersschwachen Bulli auf den Weg. Gleich zu Beginn seiner Tour gabelt er eine Anhalterin auf, die ihm im weiteren Verlauf nicht nur eine angenehme Reisebegleitung sondern auch eine wertvolle Hilfe sein wird. Pitsemine, die „Große Heuschrecke“, ist eine Halb-Innu, eine intelligente junge Frau, rastlos auf der Suche nach der wahren Geschichte der Ureinwohner und somit auch nach ihrer eigenen Identität.

Das Highlight dieses Romans sind für mich die Gespräche der Protagonisten, in denen sie sich über Literatur und die amerikanische Geschichte austauschen, nicht nur unterhaltsam sondern auch höchst informativ. Insbesondere der Blick Pitsemines zeigt einen gänzlich anderen Blick auf die gängige Geschichtsschreibung, was die Entdeckung Nordamerikas angeht. Die Motivationen der französischen Forscher mögen ja edel gewesen und einem wissenschaftlichen Interesse entsprungen sein, aber ihre Reisen bereiteten den Boden für all diejenigen, denen es in erster Linie nicht um die Entdeckung sondern um die Eroberung, die Inbesitznahme des Kontinents und seiner Ressourcen ging. Die Dezimierung und Vertreibung der Ureinwohner und damit auch die Zerstörung ihrer Identität wurde dabei billigend in Kauf genommen.

„Volkswagen Blues“ ist ein Klassiker der franko-kanadischen Literatur, der der Gattung der Road Novel zugeordnet wird. Und obwohl im Original bereits 1984 erschienen, wirkt der Roman noch immer zeitlos. Es ist eine melancholische Geschichte, in der die Suche nach dem Bruder gleichsam zu einer Suche nach dem kollektiven Gedächtnis und dem eigenen Selbst wird.

Veröffentlicht am 11.09.2020

Hunger und wenig Zeit zum Kochen?

Tasty Das Original - Die geniale Jeden-Tag-Küche
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Hunger und wenig Zeit zum Kochen? Dann ist „Tasty- Die geniale Jeden-Tag-Küche“ mit 75 Rezepten samt Variationen genau das Richtige und animiert auch Kochanfänger dazu, auf den Lieferdienst zu verzichten ...

Hunger und wenig Zeit zum Kochen? Dann ist „Tasty- Die geniale Jeden-Tag-Küche“ mit 75 Rezepten samt Variationen genau das Richtige und animiert auch Kochanfänger dazu, auf den Lieferdienst zu verzichten und selbst den Kochlöffel zu schwingen.

Die Gerichte sind durch die Bank weg leicht nachzukochen und erfordern weder besondere Fähigkeiten noch die Ausrüstung einer Profiküche. Allerdings merkt man ihnen bei dem Blick auf die Gewichte an, dass sie ursprünglich für den britischen Markt entwickelt und 1:1 ins Deutsche übertragen wurden. Und auch der Einsatz von Crockpots (Schongarer & Multikocher), dem ein ganzes Kapitel gewidmet ist, lässt darauf schließen, wobei man aber gut darauf verzichten kann, indem man die Garzeit entsprechend anpasst.

Die Rezepte decken sämtliche Bereiche ab: Von der Suppe, über das Hauptgericht, bis hin zum Dessert ist alles vertreten, wobei allerdings Vegetarisches eher mit der Lupe zu suchen ist. Dafür gibt es unzählige Meal Prep Variationen, die aber meiner Meinung nach eher etwas einfallslos daherkommen. Beispiel gefällig? Das Ausgangsrezept ist die Toskanische Bohnensuppe, die Varianten beschränken sich auf – wohlgemerkt jeweils – pürieren und frisch geriebenen Parmesan, auf die Zugabe von Grillhähnchenfleisch, eine Scheibe Brot, eine Handvoll Nudeln. Das wirkt dann doch eher einfallslos. Aber wenn es hilft Reste zu verarbeiten, ist es unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit absolut in Ordnung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zutatenlisten überschaubar und problemlos überall zu bekommen sind. Die einzelnen Arbeitsschritte sind detailliert beschrieben, was insbesondere für Kochanfänger wichtig ist, und das Endergebnis kann sich sehen lassen und schmeckt. Die großzügige Bebilderung macht Appetit und motiviert zum Nachkochen. Ein ansprechendes Kochbuch mit kleinen Schwächen (s.o.), gleichermaßen für Anfänger und versierte Hobbyköche geeignet.

Veröffentlicht am 08.09.2020

Piries neue Fälle

Das Grab im Moor
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Was haben ein Highlander mit Kilt, zwei Motorräder, Ohrringe von Tiffanys, das schwarze Wohnmobil, die Schatzkarte, der rote Rover 214, der Hundekuchen und die Moorleiche gemeinsam? Richtig, all das spielt ...

Was haben ein Highlander mit Kilt, zwei Motorräder, Ohrringe von Tiffanys, das schwarze Wohnmobil, die Schatzkarte, der rote Rover 214, der Hundekuchen und die Moorleiche gemeinsam? Richtig, all das spielt eine Rolle in „Das Grab im Moor“ von Val McDermid und somit den neuen Fällen für Karen Pirie (Band 5 der Reihe).

Karen Pirie, noch immer in Trauer um Phil, ihren Liebhaber, Seelenverwandten und ehemaligen Vorgesetzten, muss diesmal an verschiedenen Fronten kämpfen. Zum einen hat die Historic Cases Unit zwei knifflige Altfälle auf dem Tisch, zum anderen gilt es, sich gegen Ann Markie, ihre neue Chefin zu behaupten, die, von Missgunst und verletzten Gefühlen getrieben, alles daran setzt, Piries berufliche Reputation zu beschädigen. Und dann ist da noch die Unterhaltung zweier Frauen, die sie per Zufall in ihrem Lieblingscafé mitangehört und sie misstrauisch gemacht hat.

Wieder einmal beweist Val McDermid, dass sie zurecht zur oberen Liga der schottischen Autoren gehört. Natürlich ist es spannend, die Polizeiarbeit an Altfällen zu begleiten, aber genauso interessant ist die Sicht der Autorin auf das Edinburgh der Gegenwart, in dessen Vielfalt ein syrisches Café ebenso seinen Platz hat wie das italienische Gebäck, der schottische Whisky und der Craft-Gin. Und auch die mehr oder weniger in Nebensätzen eingeflochtenen Informationen zur jüngeren Historie und die kritischen Anmerkungen zur Arbeit der Stadtplaner und Bauträger, die gewachsene Viertel zugunsten des Profits zerstören. Durchaus ernste Themen, die McDermid aber mit dem ihr eigenen trockenen Humor auflockert. Und der harmoniesüchtige Leser wird natürlich auch zufriedengestellt. Die Fälle gelöst, der Angriff der Vorgesetzten abgewehrt und der Boden (vielleicht) bereitet für eine neue Beziehung. Also -alles zur absoluten Zufriedenheit erledigt. Aber etwas anderes hätte ich von der Autorin auch nicht erwartet. Daumen hoch!