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Veröffentlicht am 11.11.2019

Wunderbar unspektakulär

Von Oma mit Liebe
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„Kuchentratsch“ ist ein nachahmenswertes Senioren-Projekt, ins Leben gerufen von Katharina Mayer. Hier können Omas und Opas ihre im Lauf des Lebens gesammelten Backkenntnisse einbringen, Gleichgesinnte ...

„Kuchentratsch“ ist ein nachahmenswertes Senioren-Projekt, ins Leben gerufen von Katharina Mayer. Hier können Omas und Opas ihre im Lauf des Lebens gesammelten Backkenntnisse einbringen, Gleichgesinnte treffen und sich mit ihnen austauschen. Nach einem Leben voller Arbeit nicht zur Untätigkeit verdammt und isoliert, sondern eine Aufgabe haben, produktiv sein, etwas schaffen und Anerkennung erhalten. Und aus diesem Projekt ist „Von Oma mit Liebe“ entstanden, ein Backbuch, das weniger Wert auf schnelllebige Kuchenkreationen legt, sondern sich dem Erhalt und der Weitergabe traditioneller, langjährig erprobter Rezepte verschreibt, die die Jahre überdauert haben und auch zukünftig noch gerne gegessen werden.

In vier Rubriken – Kleine Leckerbissen, Lieblingskuchen für jeden Tag, Torten für jeden Anlass, Trendig und aus aller Welt - bietet es einen Querschnitt durch Altbekanntes, wie natürlich den Marmorkuchen oder die Linzer Torte, aber auch raffinierte Kleinigkeiten wie schokolierte Baumkuchenspitzen oder Cantuccini. Ergänzt werden die ausführlich beschriebenen Rezepte durch Tipps und Tricks der erfahrenen Kuchenbäcker/innen sowie ansprechende und appetitanregende Fotos der „Endprodukte“.

Alles in allem ein wunderbar unspektakuläres Backbuch ohne Chi-Chi, das nicht jedem Trend hinterher läuft, sondern sich auf bewährte Rezepte konzentriert und genau deshalb für jede/n Hobbybäcker/in geeignet ist, die/der nicht nur seine Enkel mit Selbstgebackenem verwöhnen möchte.

Veröffentlicht am 06.11.2019

Muss das sein?

Blood Orange - Was sie nicht wissen
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Havers vor ein paar Sekunden


In den Thrillern/Krimis, die in erster Linie und offensichtlich für Leserinnen geschrieben werden, weist man Frauen immer die Opferrolle zu. Und da macht "Blood Orange" ...



Havers vor ein paar Sekunden


In den Thrillern/Krimis, die in erster Linie und offensichtlich für Leserinnen geschrieben werden, weist man Frauen immer die Opferrolle zu. Und da macht "Blood Orange" keine Ausnahme. Natürlich ist Gewalt gegen Frauen ein gesamtgesellschaftliches Problem, das spätestens nach der "MeToo" Debatte verstärkt in den Fokus gerückt ist.

Aber bedarf es dazu wirklich einer solch holzschnittartigen Protagonistin, wie sie uns die Autorin mit ihrer Protagonistin präsentiert? Eine Anwältin mit einem gravierenden Alkoholproblem, die ihr Leben nicht im Griff hat? Alkohol, Sex, psychische und physische Gewalt - und das ganze noch sehr direkt beschrieben. Ja, der ganze Kanon ist vorhanden, der der Hauptfigur die klassische Opferrolle zuweist. Da hilft es auch nicht wirklich weiter, dass man der Leserin eine beruflich erfolgreiche Anwältin als Hauptfigur präsentiert, die in ihrem ersten Mordfall eine Klientin vertritt, die ihren übergriffigen Mann erstochen haben soll. Das wirkt alles nur noch unglaubwürdig und soll den Voyeurismus der weiblichen Leserschaft befriedigen.

Ich kann und will diese weibliche Opferthematik so nicht mehr lesen, denn es gibt genügend Autor/innen, die bereits zahlreiche Schritte weiter sind und in ihren Büchern toughe Frauen in den Mittelpunkt stellen. Und dabei meine ich nicht nur Ermittlerinnen sondern auch richtig böse Täterinnen.

Veröffentlicht am 06.11.2019

Zwiespältiges Leseerlebnis

Verborgen im Gletscher
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„Verborgen im Gletscher“ ist der Auftakt einer neuen Reihe des hierzulande durch seine Kriminalromane mit Kommissar Erlendur bekannt gewordenen Isländers Arnaldur Indriðason. Im Zentrum steht Konráð, Kommissar ...

„Verborgen im Gletscher“ ist der Auftakt einer neuen Reihe des hierzulande durch seine Kriminalromane mit Kommissar Erlendur bekannt gewordenen Isländers Arnaldur Indriðason. Im Zentrum steht Konráð, Kommissar im Ruhestand, der mit einem Fall aus der Vergangenheit konfrontiert wird.

Eine Touristengruppe stößt bei einer Gletscherwanderung auf die Leiche eines langjährig Vermissten, dessen Verschwinden nie zweifelsfrei aufgeklärt werden konnte. Zwar gab es einen Verdächtigen, der schlussendlich dafür auch verurteilt wurde, aber Kommissar Konráð, einer der Ermittler in diesem Fall, war nie von dessen Schuld überzeugt.
Inzwischen ist er pensioniert, aber man hat nicht den Eindruck, dass er den Ruhestand genießt und mit seiner Freizeit etwas anzufangen wüsste. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, auch weil ihn dieser „Cold Case“ noch immer umtreibt, dass er die Gelegenheit ergreift und auf eigene Faust und ohne Autorisierung ermittelt. Könnte eventuell ein tödlicher Verkehrsunfall mit Fahrerflucht, der auf den ersten Blick nichts mit dem Toten im Gletscher zu tun hat, Licht ins Dunkel bringen?

Aber - jetzt wird es unglaublich zäh. Konráð geht Hinweisen nach, führt Gespräche mit allen möglichen Leuten, die sich an diese zurückliegenden Ereignisse erinnern oder eventuell etwas wissen könnten. Zeitliche Sprünge, Personen über Personen, Spuren, die ins Leere führen, mehr dazu gedacht, den Leser zu verwirren als Licht ins Dunkel zu bringen. Alles in allem langatmige Tempokiller, die den Lesefluss hemmen. Dazu dann völlig unmotivierte Bemerkungen, keine Erklärungen, über die isländische Finanzkrise und das Schmelzen der Gletscher, die weder etwas zum Fortgang der Handlung beitragen noch in irgendeiner Weise Atmosphäre schaffen. Interessanter waren da schon die Ausflüge in die Vergangenheit des Protagonisten, die das Interesse des Lesers zumindest im Ansatz wecken. Erst im letzten Drittel kommt so etwas wie Konzentration auf das Wesentliche auf, ziehen sowohl Tempo als damit auch Spannung an und führen letzten Endes zu einem halbwegs befriedigenden Abschluss des Falls.

Alles in allem für mich ein eher zwiespältiges Leseerlebnis: langatmig, behäbig, unspektakulär, mit verhaltener Spannung und ohne die typischen Kennzeichen der nordischen Kriminalromane. Löst seine Versprechen leider nur in Ansätzen ein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Stimmung
  • Figuren
Veröffentlicht am 05.11.2019

Schwächster Band der Reihe

Hotel Cartagena
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Eine Geburtstagsfeier im Kollegenkreis endet in einem Fiasko. Und diesmal ist ausnahmsweise nicht Chasity Riley dafür verantwortlich. Eine Gruppe von Bewaffneten dringt in die Location ein und nimmt die ...

Eine Geburtstagsfeier im Kollegenkreis endet in einem Fiasko. Und diesmal ist ausnahmsweise nicht Chasity Riley dafür verantwortlich. Eine Gruppe von Bewaffneten dringt in die Location ein und nimmt die Gäste als Geiseln. Wer, warum und wieso erschließt sich erst allmählich im Handlungsverlauf. Ein junger Mann, ein neues Leben in Kolumbien, Drogen, die falschen Freunde – die Katastrophe scheint unausweichlich. Und nun soll in der Nobelbar eine alte Rechnung beglichen werden.

Was soll ich sagen? Ich habe sämtliche Bände der Reihe mit der toughen Staatsanwältin mit dem losen Mundwerk gerne gelesen, neun mittlerweile, aber „Hotel Cartagena“ konnte mich nicht überzeugen. Mag damit zusammenhängen, dass diesmal für mein Empfinden zu viel Drumherum und zu wenig Chasity zu lesen war. Mit Ausnahme ihres Schwafelns im Delirium infolge einer Blutvergiftung. Aber: diese Verletzung am Daumen und die nachfolgende Bewusstseinstrübung hätte man nicht so ausufernd beschreiben müssen, denn das überstrapaziert die Geduld des Lesers immens.

Fazit: „Hotel Cartagena“ ist für mich definitiv der schwächste Band der Reihe.

Veröffentlicht am 04.11.2019

Schottische Hochspannung

Tod im Februar
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Februar 1973, willkommen zurück in Glasgow, der dunklen, heruntergekommenen, gewalttätigen Schwester von Edinburgh. Die Wirtschaft liegt am Boden, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Nicht nur die Armut wächst ...

Februar 1973, willkommen zurück in Glasgow, der dunklen, heruntergekommenen, gewalttätigen Schwester von Edinburgh. Die Wirtschaft liegt am Boden, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Nicht nur die Armut wächst sondern auch die Kriminalitätsrate. Das organisierte Verbrechen hat die Stadt fest in seiner Hand. „Crime Capital of Europe“, weit und breit noch nichts zu sehen von der Auszeichnung als „European Capital of Culture“.

Harry McCoy ist nach seinem dreiwöchigen Genesungsurlaub und drei Terminen beim Therapeuten zurück im Dienst (wir erinnern uns an die Schlussszene auf dem Dach in „Blutiger Januar“). Und wieder gilt es einen neuen Mordfall zu lösen. Auf dem Dach eines Rohbaus liegt ein entsetzlich zugerichteter Toter, Fussballer bei den Celtics und zukünftiger Schwiegersohn einer der großen Gangsterbosse, die nicht nur die Unterwelt der Stadt fest im Griff haben. Und er wird nicht der einzige Tote bleiben.

Wie bereits im ersten Band der Reihe begleiten wir McCoy, Wattie und Murray, Chief Inspector und väterlicher Freund Harrys, an zehn Tagen während ihrer Ermittlungen. Ermittlungen, die McCoy alles abverlangen. Den Spagat zwischen Pflichtbewusstsein im Job und Verbundenheit zu alten Freunden. Es ist weniger die Brutalität der Morde, die ihm zu schaffen machen, es sind vielmehr die Gespenster seiner Vergangenheit. Erinnerungen an die Heime, in denen er seine Kindheit verbrachte, die Einsamkeit, die Hilflosigkeit, das Leiden. Beschützt von Stevie Cooper, der mittlerweile auch eine feste Größe in der Glasgower Unterwelt ist und seinen Teil vom Kuchen beansprucht. Cooper, der seinen Freund noch immer schützt und sich, im wahrsten Sinn des Wortes, deshalb für ihn auch in das sprichwörtliche Schwert stürzt (siehe Band 1).

Der Protagonist ist kein Vorzeigepolizist, er trinkt mehr als für ihn gut ist, nimmt Drogen und schlägt schonmal härter als nötig zu. Aber er ist loyal, hat einen moralischen Kompass und Mitgefühl für diejenigen, die ganz unten angekommen sind. Klingt ein bisschen nach Klischee, aber passt für mich absolut.

Schottische Hochspannung vom Feinsten, die den Vergleich nicht scheuen muss. Alan Parks geht es nicht in erster Linie nicht um das Wer, es ist das Warum, das ihn interessiert. Für mich liegt die Qualität dieses Kriminalromans in der besonderen Dynamik, die sich aus der Freundschaft zwischen McCoy und Cooper ergibt. Und in der atmosphärischen Beschreibung der schottischen Metropole in den Siebzigern. Den Gegensätzen zwischen Oben und Unten, zwischen Katholiken und Protestanten, zwischen Celtic und Rangers Fans.

Band 3 der Glasgow-Chronik ist im Original für März 2020 angekündigt. Ein Titel steht bereits fest: „ Bobby March will live forever“ und wird natürlich gelesen.