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Veröffentlicht am 10.11.2018

Isaiah, der Sherlock aus der Hood, ist zurück

Stille Feinde
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"Stille Feinde" ist nach "I.Q." der zweite Thriller des amerikanischen Autors Joe Ide, der in South Central L.A. aufgewachsen ist, einer Gegend, die derjenigen ähnelt, in der sein Protagonist „I.Q.“ Isaiah ...

"Stille Feinde" ist nach "I.Q." der zweite Thriller des amerikanischen Autors Joe Ide, der in South Central L.A. aufgewachsen ist, einer Gegend, die derjenigen ähnelt, in der sein Protagonist „I.Q.“ Isaiah Quintabe mit Deduktion und Intelligenz im Stil des Meisterdetektivs Sherlock Holmes Verbrechen aufklärt.

Isaiah, 26 Jahre alt, Afroamerikaner, hat noch immer mit dem Tod seines Bruder Marcus zu kämpfen - und hier setzt der Prolog ein. Marcus kam angeblich bei einem Hit-and-Run, einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht, vor sechs Jahren ums Leben, ein Ereignis, dessen Bilder sich unvergesslich in Isaiahs Gedächtnis eingebrannt haben. Als er zufällig auf einem Schrottplatz das Unfallfahrzeug entdeckt und näher untersucht, kommt er zu dem Ergebnis, dass es ein als Unfall getarnter Mord war.

Schnitt, und dann die Gegenwart: Isaiah verdient sich seinen Lebensunterhalt als Privatdetektiv, hat aber in der Regel nur Kleinscheiß-Fälle. Und doch gerät er ins Visier der Locos Surenos 13, einer üblen Gang, deren Mitglieder nur durch das unvermutete Eingreifen ihres Bosses davon abgehalten werden, ihn halb tot zu prügeln.

Und dann ist da noch Sarita, die ehemalige Freundin seines Bruders, die ihn um einen Gefallen bittet. Ihre Halbschwester Janice und deren Freund Benny sind in ernsten Schwierigkeiten. Die beiden sind spielsüchtig und haben sich bei Leo, einem Kredithai Geld geliehen, das sie nicht zurückzahlen können. Und dass dieser Leo sich nicht verarschen lässt, wird spätestens dann deutlich, als er sich Benny schnappt, mit diesem zu einer Müllkippe in die Wüste fährt und ihn dann in die Grube stößt. Zumindest Sarita gilt es zu retten, und so machen sich IQ und sein Kumpel Dodson (sic!) gemeinsam auf dem Weg gen Nevada…

Szenenwechsel, Nebenhandlungen, jede Menge Action und unterschiedliche Locations bringen von Beginn an Abwechslung und Tempo in die Story, sodass die Lektüre zu keinem Zeitpunkt Längen hat oder langweilt. Die Eckdaten des Plots werden schon am Anfang gesetzt und versprechen eine spannende Story. Ide (und seine geniale Übersetzerin Conny Lösch) verstehen es meisterhaft, die Szenerien anschaulich zu beschreiben und einen Film vor den Augen des Lesers anzustoßen. Klar, Ide kennt dieses Neighborhoods und auch die Typen, die dort rumhängen. Ob South Central LA oder Long Beach, das macht keinen großen Unterschied.

Großes Kino und tolle Reihe mit einem ungewöhnlichen Protagonisten, das ich mit Sicherheit weiterverfolgen werde!

Veröffentlicht am 10.11.2018

...und keinen Trost für niemand

Tiefenscharf
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Das Grenzgebiet zwischen Oberfranken und Tschechien, ein Mekka für Zigarettenschmuggler und einer der Hauptumschlagplätze für Crystal Meth. Auf die Schnelle einen ordentlichen Batzen Geld verdienen und ...

Das Grenzgebiet zwischen Oberfranken und Tschechien, ein Mekka für Zigarettenschmuggler und einer der Hauptumschlagplätze für Crystal Meth. Auf die Schnelle einen ordentlichen Batzen Geld verdienen und gleichzeitig der Langeweile des Alltags entkommen, diese Aussicht verleitet dann doch den einen oder anderen dazu, scheinbar kalkulierte Risiken auf sich zu nehmen und im Geschäft mitzumischen.

So auch Max Thoss, dessen Karriere als Drogenkurier, oder wie er es nennt Sales Manager, ein jähes Ende findet, als er in einer Winternacht in eine Polizeikontrolle gerät und in Panik sein 20.000 Euro Päckchen aus dem Fenster wirft, nicht wissend, dass er sich damit in eine verhängnisvolle Gewaltspirale begibt, die mit einem erschlagenen Flaschensammler und zwei erschossenen Polizisten endet. So schnell wird es dann wohl doch nichts mit Neuseeland…

Geplatzte Träume, davon kann auch Sascha ein Lied singen. Studierter Geisteswissenschaftler, der sich früher mit „der systemkritischen Analyse von Texten zur alternativen Metaphysik“ beschäftigt hat und nun als schlechtbezahlter Video-Journalist Berichte über Wasserpistolen-Attentäter und zu Brei gefahrene Unfallopfer Primetime tauglich aufbereiten muss. Den täglichen Frust ersäuft er in Alkohol. Hilft aber auch nicht weiter sondern schafft nur noch mehr Probleme: Unfall, Auto kaputt, Führerschein weg, Job verloren. Und in der Klinik wartet seine Freundin mit dem Neugeborenen…

Diese Leben sind trostlos wie die Umgebung im Grenzgebiet mit den Billig-Bäckern, den Häuserruinen und zweckentfremdeten Turnhallen. Null Perspektive, kein Trost für niemand. Die männlichen Protagonisten sind allesamt gefangen in nicht existierenden Lebensentwürfen. Überschätzen sich, hangeln sich mit den falschen Entscheidungen von Tag zu Tag. Scheitern ist vorprogrammiert, und am Ende gibt es für niemanden Trost.

Und dennoch, einen kleinen Hoffnungsfunken gibt es. Vielleicht gelingt es Kira, Max‘ Freundin, am Ende doch, diesem Leben zu entkommen: „Sie steigt in den nächsten Fernbus. Die Richtung ist ihr egal. Hauptsache :weg.“

Nicht gezuckert, unbarmherzig ausgeleuchtet, schwärzer als schwarz –so geht „Deutscher Polar“.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Jede Menge Stoff für einen spannenden Krimis aus Down Under

Leiser Tod
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Es läuft nicht rund bei Hall Challis und seinem Team von der Waterloo Crime Investigation Unit. Die wohlhabenden Bewohner der Mornington Peninsula beschweren sich über obszöne Graffiti an ihren Anwesen, ...

Es läuft nicht rund bei Hall Challis und seinem Team von der Waterloo Crime Investigation Unit. Die wohlhabenden Bewohner der Mornington Peninsula beschweren sich über obszöne Graffiti an ihren Anwesen, ein Bankräuber ist offensichtlich in Richtung Waterloo unterwegs, ein Typ in Polizeiuniform vergewaltigt Frauen und hinterlässt keine Spuren, die man forensisch auswerten könnte, wohingegen es im Fall der Einbruchsserie immerhin Schuhabdrücke gibt. Zu dumm nur, dass ihn seine Freundin Ellen bei den Ermittlungen im Vergewaltigungsfall nicht unterstützen kann, da sie im Zuge einer Fortbildung für zwei Monate nach Europa muss. Und dann ist da noch die drohende Suspendierung, die sich Challis mit seinen Äußerungen zur chronischen Unterbesetzung seiner Unit, den über Gegühr anfallenden Überstunden und den ständigen Budgetkürzungen eingehandelt hat.

Ordentlich Stoff also, den Garry Disher in „Leiser Tod“, dem sechsten Band der Hall Challis-Reihe, in einem stimmigen Plot zu verarbeiten hat. Viele Autoren würden sich hierbei mit Sicherheit verzetteln, aber hier zeigt sich wieder einmal das Können Dishers. Da gibt es keine Hänger und keine Logiklücken, alles passt und fügt sich am Ende zu einem harmonischen Ganzen.

Und doch hat mir etwas gefehlt. Ich hätte mir mehr sozialkritische Untertöne gewünscht, so wie in „Bitter Wash Road“, denn da hat Challis sie genial in den Plot eingebaut. Mag vielleicht aber auch daran liegen, dass ich „Leiser Tod“ nach „Blut Salz Wasser“ der schottischen Autorin Denise Mina gelesen habe, die das meisterhaft beherrscht.

Am gelungensten fand ich übrigens den Handlungsstrang mit Grace, der von Beginn an bekannten Einbrecherin mit Vergangenheit, die stark an Wallace Strobys Crissa Stone erinnert. Ich hoffe, dass wir von ihr auch in den nächsten Challis-Krimis lesen werden. Vielleicht ergibt sich ja die Möglichkeit…

Eine Bemerkung zum Schluss: Ich schätze die Übersetzungen Peter Torbergs üblicherweise sehr, aber ein „boom-boomender Subaru“ (soll das Lautmalerei sein?), die „Hühnerparty der Gemeindeangestellten“ oder ein Vergewaltigungsopfer, das „erschöpft und gestaucht“ aussieht – da hätte ich mir doch etwas mehr Sprachgefühl des renommierten Übersetzers erwartet.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Eine kritische und äußerst spannende Zukunftsvision

New York 2140
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Da sie dem Klimawandel keine besondere Beachtung schenken, sind die USA aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Welche Konsequenzen die kontinuierliche Erderwärmung auch für die Vereinigten Staaten ...

Da sie dem Klimawandel keine besondere Beachtung schenken, sind die USA aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Welche Konsequenzen die kontinuierliche Erderwärmung auch für die Vereinigten Staaten haben könnte, scheint in Washington offenbar niemand auf dem Schirm zu haben. Zumindest genießt dieser Fakt keine besondere Priorität. Klima ist Nebensache, im Mittelpunkt des Interesses stehen ausschließlich monetäre Interessen. Soweit die Realität.

Kommen wir zur Fiktion. In seinem Science-Fiction Roman „New York 2140“ führt uns der amerikanische Autor Kim Stanley Robinson vor Augen, was passieren könnte, wenn der Meeresspiegel unkontrolliert ansteigt. New York, wie wir es kennen, liegt zum großen Teil unter Wasser. Zwei große Flutwellen haben dafür gesorgt, dass sich das Leben in der Metropole drastisch verändert hat, ein „Supervenedig“ ist entstanden, in dem die Bewohner ihren Alltag an die geänderten Bedingungen anpassen müssen. Fortbewegung ist nur noch per Boot möglich, die Lebensräume konzentrieren sich auf Wolkenkratzer, die noch nicht komplett überspült wurden. Das tägliche Leben wird weitestgehend genossenschaftlich organisiert, die Versorgung mit Lebensmitteln erfolgt über den Anbau auf den Dachterrassen. Mahlzeiten werden gemeinsam zubereitet und verzehrt, es gibt mehr Miteinander als vor der Flut. Dennoch, die Welt ist zwar neu, aber nicht uneingeschränkt schöner. Es gibt noch immer Menschen, die unterhalb der Wasserlinie leben und für ihren Unterhalt in den toxischen Gewässern sorgen müssen. „Wasserratten“, obdachlose Kinder, die zum Überleben auf das Wohlwollen ihrer Mitmenschen angewiesen sind. Und langsam aber sicher kriechen auch die Spekulanten wieder aus ihren Löchern. Wie Franklin, aalglatter Investmentbanker, der sich über persönliche Beziehungen Informationen über bevorstehende Gentrifizierungen innerhalb der Metropole verschafft. Er ist ein Bewohner des Met Life Tower, auf den Robinson sein besonderes Augenmerk richtet.

Der Autor lässt wechselweise insgesamt acht Personen zu Wort kommen: Mutt und Jeff, Programmierer ohne festen Wohnsitz, die spurlos verschwinden. Gen, eine Inspektorin beim NYPD, die mit den Ermittlungen zu diesem Fall betraut wird. Franklin, der bereits erwähnte Banker mit dem besonderen Interesse an Immobilienpreisen in den überfluteten Gebieten. Stefan und Roberto, zwei Jungs ohne Familie, die einen Schatz in der Bronx heben wollen. Amelia, die Videobloggerin, mit ihren Reportagen aus einem Zeppelin die Menschen für Umweltthemen sensibilisieren möchte. Charlotte, Sozialarbeiterin mit Schwerpunkt Einwanderer und im Verwaltungsrat des Met Life Tower vertreten. Vlad, Hausmeister, der sich im Tower um die anfallenden Arbeiten kümmert. Und schließlich der „Bürger“ mit seinen Kommentaren zur Historie von New York sowie der Gegenwart.

Es ist eine kritische und äußerst spannende Zukunftsvision, die Robinson in „New York 2140“ entwirft, denn die verschiedenen Sichtweisen der Protagonisten sorgen für eine immense Themenvielfalt, aus der sich im Laufe der Lektüre immer stärker die Zusammenhänge bzw. Einflüsse zwischen Wirtschaftslage und Klimaveränderung herauskristallisieren. Lesen!

Veröffentlicht am 10.11.2018

Ende gut, alles gut?

Die Tote im Pfarrhaus
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Ende gut, alles gut. Ob dieses Zitat auch für „Die Tote im Pfarrhaus“ gilt, im Original zwei Jahre vor dem Tod Ruth Rendells, der britischen Lady of Crime, erschienen; ist die Frage. Ohne vorwegzugreifen, ...

Ende gut, alles gut. Ob dieses Zitat auch für „Die Tote im Pfarrhaus“ gilt, im Original zwei Jahre vor dem Tod Ruth Rendells, der britischen Lady of Crime, erschienen; ist die Frage. Ohne vorwegzugreifen, dieser Roman sollte nach 25 Bänden der Reihe mit Inspector Wexford den Schlusspunkt markieren. Obwohl routiniert heruntergeschrieben wie eh und je, merkt man diesem Krimi doch deutlich eine gewisse Ideenlosigkeit an. Ein Phänomen, das auch in den Venedig-Krimis von Donna Leon zu beobachten ist.

Im Gegensatz zu Brunetti befindet sich der ehemalige Inspector zwar bereits im Ruhestand, verbringt aber ebenso wie dieser seine Tage/Freizeit mit dem Studium der Klassiker, in diesem Fall dem mehrbändigen Werk „Verfall und Untergang des römischen Imperiums“. Der Zusammenhang mit der Handlung erschließt sich mir jetzt nicht wirklich, es sei denn, es ginge der Autorin um den Werteverfall und die fehlende Moral der heutigen Zeit. Ein bisschen Philosophie, so sie nachvollziehbar im Bezug zu Plot oder Personen ist, schadet mit Sicherheit nicht. Aber die Langatmigkeit und permanenten Reflexionen derselben, in die sich Wexfords Gedankengänge über weite Teile verstricken, und die daran erzwungene Teilnahme des Lesers – man will nichts verpassen, es könnte später ja noch wichtig werden – haben mir recht früh die Freude an dem Buch genommen, zumal dies massiv auf Kosten der Spannung und des Tempos geht.

Obwohl alle Zutaten für einen spannenden Kriminalroman vorhanden sind, konnte mich die Story nicht packen. Natürlich gibt es einen Mordfall, die Personen, selbst die nervige Zugehfrau, sind interessant und gut gezeichnet und das in Rendells Krimis wiederkehrende Thema Rassismus ist gesellschaftspolitisch relevant. Alles korrekt, und dafür gibt es Pluspunkte, aber dennoch wirkt „Die Tote im Pfarrhaus“ über weite Strecken wie einer jeder klassischen britischen „cozy crimes“ von Agatha Christie – allerdings nicht zeitlos elegant, sondern einfach nur behäbig und langweilig.