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Veröffentlicht am 03.11.2018

Intelligenter Krimi mit unorthodoxem Ermittler

Zuletzt gesehen in Kidlington
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Die beiden TV-Serien „Lewis – Der Oxfordkrimi“ und „Endeavour – Der junge Inspektor Morse“ nach Motiven der Kriminalromane des leider im Vorjahr verstorbenen Colin Dexter, haben mit Sicherheit bei einigen ...

Die beiden TV-Serien „Lewis – Der Oxfordkrimi“ und „Endeavour – Der junge Inspektor Morse“ nach Motiven der Kriminalromane des leider im Vorjahr verstorbenen Colin Dexter, haben mit Sicherheit bei einigen Zuschauern das Interesse an den zwischen 1985 und 1999 erschienenen literarischen Vorlagen geweckt (in der deutschen Übersetzung), die in der Zwischenzeit aber leider nur noch zu horrenden Preisen antiquarisch zu haben waren. Umso erfreulicher ist es, dass der Unionsverlag sich entschieden hat, die Inspector Morse-Reihe neu aufzulegen und so ein Lesen bzw. Wiederlesen zu ermöglichen.

Gestartet wird mit „Zuletzt gesehen in Kidlington“ (erstmals 1985 unter dem Titel „…wurde sie zuletzt gesehen“ veröffentlicht), dem zweite Band der Reihe, in dem sich Morse und sein Sidekick Lewis mit einem alten ungelösten Fall auseinandersetzen müssen. Die siebzehnjährige Valerie Taylor verschwand vor zwei Jahren spurlos, und noch immer gibt es keine Spur von ihr. Gemeinsam mit DS Lewis macht sich Morse an die Aufklärung des Falls und kann nach einigen Umwegen die Verschwundene ausfindig machen und die Lösung des Rätsels präsentieren.

Morse ist (und war) eine willkommene Abwechslung nach all den schießwütigen Ermittlern mit Superman-Qualitäten und Hobby-Detektiv/innen, denn hier betritt ein Polizeibeamter die Bühne, der über eine umfassende geisteswissenschaftliche Bildung verfügt und mit einem scharfen Verstand gesegnet ist (ja natürlich, der Bezug zu Sherlock Holmes muss sein). Er denkt um die Ecke und stellt Verbindungen her, die seinen Kollegen entgehen, und genau das ist es, was ihn so erfolgreich in seinem Beruf macht. Aber neben diesen Stärken hat er auch jede Menge Schwächen: als Single ist er sehr empfänglich für die Flirtversuche seiner „Klientinnen“, von denen er sich ablenken lässt, er raucht zu viel und spricht auch dem Alkohol in größeren Maßen zu. Aber all das macht ihn nur menschlicher, sympathischer.

Dexter lässt den Leser hautnah an der Ermittlungsarbeit teilhaben. Das macht er gut, obwohl es manchmal etwas ermüdend ist, wenn Morse die zigste mögliche Auflösung präsentiert. Aber durch diese unterschiedlichen Möglichkeiten beleuchtet er gleichzeitig sämtliche Aspekte des Falls und führt uns tief in die Gedankenwelt seines Protagonisten.

„Zuletzt gesehen in Kidlington“ ist ein intelligent komponierter Kriminalroman mit einem unorthodoxen Ermittler, der neben der Aufklärung eines spannenden Vermisstenfalls jede Menge Atmosphäre transportiert. Ich freue mich bereits auf die nächsten Bände der Reihe!

Veröffentlicht am 03.11.2018

Ein Lesevergnügen, das seinesgleichen sucht!

Der Lärm der Fische beim Fliegen
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Dass kommerzielles Fischen nichts mehr mit dem geruhsamen Angeln an einem idyllischen Flüsschen zu tun hat, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Und da mittlerweile die Wildfischbestände dramatisch zurückgegangen ...

Dass kommerzielles Fischen nichts mehr mit dem geruhsamen Angeln an einem idyllischen Flüsschen zu tun hat, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Und da mittlerweile die Wildfischbestände dramatisch zurückgegangen sind, gibt es rund um den Globus immer mehr kommerzielle Fischzuchtbetriebe. So auch in Norwegen, dem Land, mit dem wir unverbrauchte Natur und glasklare Fjorde verbinden. Dem Land, aus dem der leckere Räucherlachs kommt, der überall auf der Welt in riesigen Mengen verzehrt wird und mit dessen Verkauf die Produzenten fette Gewinne einsacken.

Vor diesem Hintergrund hat der norwegische Profi-Fliegenfischer, Rockmusiker und Autor Lars Lenth einen bitterbösen Öko-Krimi/-Roman geschrieben, der dem Leser wegen seines durchgängig schwarzen Humors die Lachtränen in die Augen treibt.

„Der Lärm der Fische beim Fliegen“ erzählt die Geschichte von Leo und Axel, Freunde seit Kindheitstagen. Leo, der Loser mit Jurastudium, wird von Axel, dem Lachszuchteigner mit der dicken Geldbörse darum gebeten, auf dessen Fischfarm im Norden nach dem Rechten zu sehen. Dort haben nämlich Öko-Aktivisten Anschläge auf die Zucht verübt und zweihundertausend Zuchtlachse befreit. Eher widerwillig macht sich Leo auf gen Norden, aber der von Axel in Aussicht gestellt Lohn kommt dem ewig klammen Leo gerade recht. Vor Ort muss er aber schnell erkennen, dass diese ganze Geschichte nicht so harmlos ist, wie es den ersten Anschein hatte, sind doch viel zu viele dubiose Personen in diese involviert. Und so hat er es bald nicht nur mit den Umweltaktivisten sondern auch mit den drei skrupellosen Vega-Brüdern zu tun, die alles daran setzen, ihre Pfründe zu sichern. Und irgendwann muss er sich entscheiden, auf welcher Seite er schlussendlich steht…

Hohes Tempo, eine Sprache, die Spaß macht ( danke an den Übersetzer Frank Zuber), überraschende Wendungen, jede Menge Information zu diesem unappetitlichen Gewerbe und vor allem der trockene Humor des norwegischen Autors machen dieses Buch zu einem Lesevergnügen, das die Augen öffnet und seinesgleichen sucht!

Zum Schluss noch ein Hinweis: ich kann Ihnen versprechen, dass Sie den norwegischen Lachs auf dem Kalten Büffet zukünftig mit anderen Augen sehen werden.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Lost zum Zweiten - Unterhaltung mit ernsten Untertönen

Lost in Fuseta - Spur der Schatten
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Die „Lost in Fuseta-Reihe“ ist eine erfrischende Ausnahme unter den momentan gehypten Urlaubskrimis. Zum einen liegt das mit Sicherheit an der Region. Portugal bietet zwar viele interessante Ecken, aber ...

Die „Lost in Fuseta-Reihe“ ist eine erfrischende Ausnahme unter den momentan gehypten Urlaubskrimis. Zum einen liegt das mit Sicherheit an der Region. Portugal bietet zwar viele interessante Ecken, aber meist werden als Handlungsorte die Hotspots Lissabon bzw. Algarve gewählt. Gil Ribeiro hingegen verortet seine Stories in deren Hinterland, das touristisch kaum erschlossen ist und sich noch seine Ursprünglichkeit bewahrt hat.

Zum Zweiten ist da der unkonventionelle Leander Lost, zwangsausgetauschter Kommissar aus Hamburg, Asperger und dadurch der Mann mit den besonderen Eigenschaften, der das Team der Policia Judiciária unter Leitung der taffen Subinspektorin Rosada ergänzt und bereichert. In weiten Teilen ist es dieser Protagonist, der durch seine unkonventionelle, erfrischend unverstellte ehrliche Art diese Krimis so lesenswert macht.

Aber auch – und jetzt kommen wir zum dritten Punkt, sind es die Themen aus Portugals Gegenwart und Vergangenheit, die Gil Ribeiro (offenes Pseudonym des erfolgreichen Drehbuchautors Holger Karsten Schmidt) als Ausgangspunkt für seine spannenden Kriminalromane ausgesucht hat. Ging es in dem ersten Band um die portugiesische Wassermafia und ihre schmutzigen Geschäfte, taucht er in „Spur der Schatten“, dem aktuellen Band der Reihe, tief in die portugiesische Geschichte ein und thematisiert einen unrühmlichen und ach so gern verdrängten Aspekt der Historie dieser ehemaligen Kolonialmacht.

Im Vergleich zu Band eins kommt diese Story allerdings etwas schwerfälliger daher. Die erläuternden Passagen sind zwar informativ, aber stellenweise einfach zu lang geraten, so dass sie den Fortgang der Handlung bremsen. Doch sie sind notwendig, um die Zusammenhänge verstehen zu können. Unter dem Strich ist „Spur der Schatten“ dennoch ein spannendes, unterhaltsames Lesevergnügen mit ernsten Untertönen – und nicht nur Portugal-Fans empfohlen. Continue assim, Gil Ribeiro!

Veröffentlicht am 03.11.2018

Bitte nicht um Gnade

Der Kormoran
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Der schwedische Autor kennt sich aus in Russland, das er im Zuge seines Russisch-Studiums zum einen mehrmals bereist hat, zum anderen, weil er für seine Abschlussarbeit dort auch über einen längeren Zeitraum ...

Der schwedische Autor kennt sich aus in Russland, das er im Zuge seines Russisch-Studiums zum einen mehrmals bereist hat, zum anderen, weil er für seine Abschlussarbeit dort auch über einen längeren Zeitraum lebte (Anfang/Mitte der neunziger Jahre) und so die politischen Umwälzungen hautnah miterleben konnte. Er schreibt also nicht aus dem hohlen Bauch heraus, sondern verarbeitet in seinem Politthriller Eindrücke, die er aus dieser Zeit mit nach Hause genommen hat.

Worum geht es? „Der Kormoran“ ist Band 1 und der Auftakt einer geplanten Trilogie, in deren Zentrum Max Anger, schwedischer Ex-Militär und Russland-Experte bei Vektor, steht. Wir schreiben das Jahr 1996, es ist die Zeit vor den russischen Präsidentschaftswahlen, in denen das zarte Pflänzchen Demokratie auf den Prüfstand gestellt wird. Auf der einen Seite Jelzin, als erster demokratisch gewählter Präsident, maßgeblich an der Auflösung der Sowjetunion beteiligt, auf der anderen Seite Sjuganow, Vertreter der Stalinisten, die alles daran setzen, zu den alten Verhältnissen zurückzukehren. Der schwedische Thinktank Vektor beobachtet und analysiert von Stockholm aus die Lage. Gleichzeitig ist Anger mit seiner eigenen Familiengeschichte beschäftigt. Nach dem Tod seiner Mutter versucht er herauszufinden, warum sein Vater einen solch großen Hass auf Russland hatte. Als jedoch seine Freundin Paschie, ebenfalls bei Vektor beschäftigt, spurlos verschwindet und ein Hackerangriff auf das schwedische Mobilfunknetz stattfindet, packt Anger die Koffer und macht sich auf gen Osten, nicht wissend, dass ihn die Suche nach Paschie mit mächtigen Feinden, aber auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontieren wird.

Österdahl verknüpft ein seinem Erstling sehr geschickt das schwedisch-russische Verhältnis im Kalten Krieg mit aktuellen Ereignissen (bezogen auf die neunziger Jahre), wobei der familiäre Hintergrund seiner Freundin eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Die Handlung an sich ist komplex und fordert einiges an Konzentration von dem Leser, wobei es der Autor dem Leser allerdings durch kursiv gesetzte Einschübe und eine klare Sprache nicht gar so schwer macht. Natürlich verwendet er das bekannte Elemente des klassischen Politthrillers: es sind die typischen Vertreter der alten Denke, denen die Annäherung an den Westen äußerst suspekt ist und die die alten Zustände mit aller Macht und allen Mitteln wiederherstellen wollen und dabei über Leichen gehen. Hat mich aber weiter nicht gestört, denn Österdahl bekommt das wesentlich eleganter als beispielsweise Clancy hin.

„Der Kormoran“ ist ein solider Politthriller, spannend und mit Tempo erzählt, der interessante Einblicke in die jüngere russische Geschichte gewährt.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Und jeder hat eine Mission

Teuflische Saat
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Wer kennt sie nicht, die Bilder aus dem Südsudan, die uns mit den Nachrichten ins Haus geliefert werden. Ein Land, vom Krieg verwüstet. Lager, in denen Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Zuständen hausen. ...

Wer kennt sie nicht, die Bilder aus dem Südsudan, die uns mit den Nachrichten ins Haus geliefert werden. Ein Land, vom Krieg verwüstet. Lager, in denen Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Zuständen hausen. Hunger und Elend. Kein Land, in das man freiwillig reisen würde. Es sei denn, man hätte eine Mission zu erfüllen.

Wie George Bartholomew, Leutnant der Royal Air Force, der dort einen Drohnenangriff auf ein ziviles Ziel vertuschen will. Er sucht nach den Überresten des Schrapnells, um die Urheberschaft der Bombe zu verschleiern. Angetrieben von der Furcht vor ernsthaften Konsequenzen macht er sich trotz gesundheitlicher Probleme auf den Weg. Aber zu seinem Leidwesen entwickelt sich diese Expedition nicht wie geplant.

Oder wie der englische Botaniker Gabriel Cockburn, der nach der Intervention eines Kollegen davon besessen ist, eine ganz spezielle Pflanze im Südsudan aufzutreiben. Falls er diese nicht findet, sieht er sein bisheriges Forschungsprojekt in Gefahr. Aber dazu muss der egozentrische Wissenschaftler nach Afrika reisen.

Vor Ort wird letzterer von einer jungen Frau unter die Fittiche genommen, die sich ihm als Führerin anbietet. Die junge Sudanesin hat Schreckliches gesehen, aber überlebt. Doch nun ist auch sie auf einer Mission und verfolgt schlussendlich ganz andere Ziele, als Cockburn zu seiner seltenen Pflanze zu bringen.

„Teuflische Saat“, der vierte Roman des Südafrikaners Andrew Brown, wird zwar als Thriller beworben, aber das ist er beileibe nicht. Dafür hat die Story viel zu viele Längen, ist schwerfällig und kommt kaum in die Gänge. Es ist ein politischer Roman, und auch der Autor verlangt offensichtlich von sich, eine Mission zu erfüllen. Er möchte uns Lesern für die Lage im Südsudan sensibilisieren. Aufzeigen, was in dem afrikanischen Land geschieht, wer die Geschäfte macht und von ihnen profitiert. Zumindest das ist ihm gelungen, denn auch wenn der Bürgerkrieg im Südsudan weit entfernt erscheint und als afrikanisches Problem abgetan wird, tragen doch die westlichen Regierungen durch ihre Waffenlieferungen durchaus dazu bei, dass er nicht so schnell beendet wird. Aber dann könnten ja auch die Rüstungsfirmen keine Geschäfte mehr machen!