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Veröffentlicht am 01.05.2023

Endzeitszenario

Und dann verschwand die Zeit
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Um ihre Kinder auch noch nach der drohenden Katastrophe in Sicherheit zu wissen haben ihre Eltern, beide Umweltwissenschaftler, ihr früheres Feriendomizil High House in jahrelanger Arbeit renoviert und ...

Um ihre Kinder auch noch nach der drohenden Katastrophe in Sicherheit zu wissen haben ihre Eltern, beide Umweltwissenschaftler, ihr früheres Feriendomizil High House in jahrelanger Arbeit renoviert und Grandy, das Faktotum des Ortes, als Verwalter eingesetzt. Caro ist achtzehn und ihr kleiner Halbbruder Pauly erst vier, als der Anruf ihrer Eltern kommt, sie sollen London unverzüglich verlassen und High House aufsuchen, das weiter im Norden an einem Fluss auf einer Anhöhe nahe am Meer liegt. Das ehemalige Sommerhaus ist umgebaut und verfügt nun über ein eigenes Gezeitenbecken, eine Mühle, einen großen Gemüsegarten, einen Trinkwasserbrunnen und eine Scheune voller Vorräte. Als die beiden dort ankommen, werden sie von Grandy und seiner Enkelin Sally empfangen. Abgeschieden von der Zivilisation müssen die vier Menschen jetzt miteinander auskommen. Doch das Leben ist hart, die Winter nass und kalt und die Sommer glühendheiß – und die Vorräte sind begrenzt. Wie lange sind sie dort noch in Sicherheit vor dem einsetzenden Regen und der steigenden Flut?

Jessie Greengrass, geb. 1982, ist eine britische Schriftstellerin, die heute in Berwick-upon-Tweed lebt. Sie studierte Philosophie in Cambridge und London. 2015 veröffentlichte sie einen Band mit Erzählungen, für den sie den Somerset Maugham Award und den Edge Hill Short Story Prize erhielt. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 2018 mit dem Titel „Sight“, es folgte 2021 „The High House“, der nun, 2023, unter dem deutschen Titel „Und dann verschwand die Zeit“ vom Verlag Kiepenheuer & Witsch veröffentlicht wurde.

Der Roman ist eine Dystopie über eine Zeit, die zwar in weiter Ferne zu liegen scheint, vielleicht aber schon näher ist als man zu glauben vermag. Es war anfangs etwas verwirrend, den Kontext der Geschichte herauszufinden, doch nach und nach ergibt das ganze einen Sinn. Bald müssen vier Menschen zusammen in einem Haus abseits der Zivilisation leben und versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Durch die ausgefeilte Schreibweise der Autorin haben wir das präzise Bild der Landschaft, des Anwesens und auch der Eigenheiten seiner Bewohner vor Augen, die sie abwechselnd in den einzelnen Kapiteln zu Wort kommen und über ihre Sichtweise berichten lässt.

Wohl ganz bewusst hat die Autorin den Fokus auf das Zusammenleben der Personen und deren Überleben gesetzt, denn was in der weiteren Umgebung und in anderen Ländern geschieht, wird nicht erwähnt. Die Spannung wird dadurch aufrecht erhalten, dass man als Leser ständig darüber nachdenkt und rätselt, wie lange der alte Grandy noch lebt und was nach seinem Tod passieren wird. Wie sieht das Leben der drei jungen Menschen in der Zukunft aus? Wird sich ihre Situation einmal ändern?

Fazit: Ein sehr emotionaler Roman der aufrüttelt und uns zeigt, wohin die bisherige Mentalität der Gleichgültigkeit führen wird. Wir müssen unsere Einstellung zur Natur ändern, bevor es zu spät ist. Meine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 27.04.2023

Es braucht wenig, um zufrieden und glücklich zu sein

Das Leben ist gut
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Seit fünfundzwanzig Jahren sind Max und Tina schon verheiratet, jetzt sind sie zum ersten Mal getrennt. Tina ist in Paris, wo sie eine Gastprofessur erhalten hat, während sich Max um die drei halbwüchsigen ...

Seit fünfundzwanzig Jahren sind Max und Tina schon verheiratet, jetzt sind sie zum ersten Mal getrennt. Tina ist in Paris, wo sie eine Gastprofessur erhalten hat, während sich Max um die drei halbwüchsigen Söhne kümmert. Er betreibt eine kleine Bar, wo sich abends die Stammgäste aus allen Gesellschaftsschichten der Stadt treffen, und ist nebenbei auch noch Schriftsteller. Max vermisst seine Frau samt ihrer Schrullen und Marotten. Voller Liebe denkt er an sie, während er seine täglichen Arbeiten verrichtet. Er ist glücklich mit seinem Leben, so wie es ist. Veränderungen mag Max nicht, er liebt seine Heimat, die große weite Welt kommt ja in den Erzählungen seiner Freunde und Gäste zu ihm - mehr braucht er nicht für ein zufriedenes Leben …

Alex Capus ist ein Schweizer Schriftsteller, der 1961 in Frankreich als Sohn einer Schweizerin und eines Franzosen geboren wurde. 1966 zog seine Mutter mit ihm in die Schweiz, wo er später an der Universität Basel Geschichte, Philosophie und Ethnologie studierte. 1994 veröffentlichte er seinen ersten Erzählband - Kurzgeschichten, historische Reportagen und Romane folgten, für die er etliche Auszeichnungen erhielt. Mit seinem Roman „Léon und Louise“ war er 2011 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Geschichtlich überlieferte Tatsachen recherchiert er sorgfältig und verknüpft diese gerne mit fiktiven Geschichten, die oft in der Schweiz spielen. Der Roman „Das Leben ist gut“ (2016) enthält einige Details, die Rückschlüsse auf Capus‘ eigenes Leben zulassen. Der Autor ist verheiratet und Vater von fünf Söhnen. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Olten/Schweiz.

Wie wohltuend einmal ein Buch zu lesen, in dem der Protagonist nicht nach dem Sinn des Lebens sucht oder seine diversen Probleme zu bewältigen hat. Der Reiz dieses Romans besteht darin, dass wir den Protagonisten eine Woche lang durch sein ganz normales, unspektakuläres Leben begleiten. Er lässt uns teilhaben an seinen Gesprächen mit Freunden und Gästen und an seinen Gedanken über das alltägliche Glück, über schöne Erinnerungen und die innige Liebe zu seiner Familie. Er erinnert sich auch an vergangene Tage, an alte und neue Freundschaften und lässt uns fühlen, dass er mit sich und der Welt im Reinen ist. Es geschieht nicht viel in diesem Leben, aber das merkt man als Leser eigentlich erst, wenn man das Buch am Schluss mit einem angenehmen, zufriedenen Gefühl zuklappt.

Fazit: Ein kleines feines Buch, das Ruhe ausstrahlt und wohltuend zu lesen ist.

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Veröffentlicht am 23.04.2023

Geister und Familiengeheimnisse

Der letzte Sessellift
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Rachel konnte bei den amerikanischen Skimeisterschaften 1941 in Aspen keinen Sieg erringen, kommt aber dafür schwanger nach Hause zurück. Ihr Sohn Adam wächst in den Wintermonaten bei der Großmutter auf, ...

Rachel konnte bei den amerikanischen Skimeisterschaften 1941 in Aspen keinen Sieg erringen, kommt aber dafür schwanger nach Hause zurück. Ihr Sohn Adam wächst in den Wintermonaten bei der Großmutter auf, während Rachel als Skilehrerin arbeitet. Den Fragen nach dem Vater des Jungen weicht sie stets aus. In der Familie wird allerhand gemunkelt und Adam macht sich so seine eigenen Gedanken. Auf der Suche nach Antworten fährt er nach Aspen, wo er im Hotel Jerome eine erste Begegnung mit Geistern hat. Skurrile Figuren und weitere Geister werden ihn fortan auf seinem Lebensweg begleiten …

„Der letzte Sessellift“ ist der 15. Roman des 1942 in Exeter, New Hampshire, geborenen US-amerikanisch/kanadischen Schriftstellers John Irving. Skurrile Personen, makabre Geschehnisse, gesellschaftliche Tabus und tragikomische zwischenmenschliche Beziehungen sind die Merkmale seiner Werke, für die er zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erhielt. Der heute 81jährige Irving ist in zweiter Ehe mit seiner Agentin verheiratet und lebt abwechselnd in Vermont und Toronto.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe die Lektüre bei etwa der Hälfte frustriert abgebrochen, nachdem ich ständig den Faden verloren hatte und nicht richtig in die Geschichte rein kam. Der Roman hätte m.E. so viel Potential, wenn nur nicht die vielen Wiederholungen, die mehrfachen Namen und Benennungen der einzelnen Protagonisten und die wirklich ärgerlichen, nervtötenden Längen wären. Man liest z.B. seitenlang über Skirennfahrer der 50er und 60er Jahre, die heute kein Mensch mehr kennt, sämtliche Musicals der 60er und 70er Jahre werden erwähnt, zahlreiche Filme mit ihren Darstellern und Regisseuren sowie die Lebensläufe der damaligen Filmstars samt Ehen und Affären füllen die Seiten und, ach ja, die Gräueltaten im Vietnamkrieg fehlen natürlich auch nicht. Adam als Ich-Erzähler kommt unmotiviert von einem Thema zum anderen, schweift ab und erzählt zwischendurch sogar, was erst Jahre später geschehen wird.

Dazwischen gibt es selbstverständlich auch großartige interessante Passagen, die wirklich zum weiter lesen animieren und die schriftstellerischen Qualitäten Irvings unterstreichen. Skurrile und abartige Romanfiguren, eine unkonventionelle Familie, Homosexualität, lesbische Frauen, Kleinwüchsigkeit, Transgenderprobleme, Kritik an der amerikanischen Regierung und ihrer Vietnampolitik - alles äußerst interessante Themen – aber leider nicht ausreichend, um die durch die unnötigen Längen aufkommende Langeweile zu überdecken. Da ich, wie bereits erwähnt, das Buch nur zur Hälfte gelesen habe, möchte ich zum Inhalt keine Empfehlung aussprechen – die drei Sterne sind für den Einfallsreichtum des Autors.

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Somebody is watching you

Going Zero
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Um die CIA von der Wirksamkeit ihres neu entwickelten Überwachungsprogrammes zu überzeugen, veranstaltet die FUSION-Initiative unter Leitung des Milliardärs Cy Baxter einen Betatest. Zehn Personen wurden ...

Um die CIA von der Wirksamkeit ihres neu entwickelten Überwachungsprogrammes zu überzeugen, veranstaltet die FUSION-Initiative unter Leitung des Milliardärs Cy Baxter einen Betatest. Zehn Personen wurden ausgewählt, um 30 Tage lang abzutauchen, spurlos zu verschwinden. Wem dies für die Dauer des Testlaufs gelingt, den erwarten 3 Millionen Dollar als Prämie. Eine dieser Personen ist Kaitlyn Day, eine Bibliothekarin Mitte 30 aus Boston, von der die Verantwortlichen glauben, sie als erste zu erwischen. Doch Kaitlyn ist schlauer als erwartet, sie schafft es immer wieder ihren Häschern zu entkommen. Für sie geht es nicht um das Preisgeld, sie hat andere Gründe hier mitzumachen …

Anthony McCarten wurde 1961 in New Plymouth/NZL geboren und ist ein neuseeländischer Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor und Filmproduzent. Er schrieb zahlreiche Romane, Theaterstücke, Drehbücher und Kurzgeschichten für die er mehrfach Auszeichnungen erhielt. Der Autor hat drei Kinder und pendelt abwechselnd zwischen Los Angeles, London und München.

Wie in all seinen bisherigen Romanen gelingt es McCarten, dem Leser auch in „Going Zero“ ein ernsthaftes, brisantes Thema mit viel Witz und Humor zu vermitteln. Ist es überhaupt noch möglich, in unserer heutigen digital vernetzten Welt zu verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen? Gibt es weiterhin eine Privatsphäre, oder werden wir schon alle überwacht ohne es zu merken? Unser leichtsinniger Umgang mit sensiblen Daten, sei es mittels Mobiltelefon, Laptop oder PC, wird aufgezeigt, dem ungeahnte neue raffinierte technische Möglichkeiten gegenüber stehen. Wir erfahren, wie gut vernetzte Organisationen auch psychologische Mittel anwenden, um unsere Spuren zu verfolgen – das alles unter dem Vorwand, das Volk vor Gefahren zu bewahren.

Ein ungewöhnlich spannender Psycho-Thriller, ein gedankliches Experiment, dessen Handlung durchaus real und glaubwürdig rüber kommt. Man fiebert mit der Protagonistin mit, hofft und erwartet einen guten Ausgang für sie. Die Spannung ist durchweg hoch gehalten, so dass man das Buch vor dem Ende nicht mehr aus der Hand legen kann. Ich kann es nur jedem empfehlen, der mit Handy, Laptop oder PC im Internet zugange ist.

Wie der Diogenes-Verlag anmerkt, ist das Buch bereits in 23 Sprachen verkauft und eine Verfilmung in Planung.

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Veröffentlicht am 13.04.2023

Gute Mütter, schlechte Mütter

Institut für gute Mütter
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Zweieinhalb Stunden waren für Frida entscheidend für ihr weiteres Leben. Das war genau die Zeit, in der sie ihr 20 Monate altes Mädchen alleine in der Wohnung zurück lies. Völlig überfordert und vom Schreien ...

Zweieinhalb Stunden waren für Frida entscheidend für ihr weiteres Leben. Das war genau die Zeit, in der sie ihr 20 Monate altes Mädchen alleine in der Wohnung zurück lies. Völlig überfordert und vom Schreien der Kleinen mit den Nerven am Ende wollte sie sich nur einen Kaffee holen, stieg aber dann in ihr Auto, fuhr davon und genoss die Stille. Als sie zurück kam, hatte ein Nachbar bereits die Polizei gerufen. Was dann folgte war ein Albtraum. Frida verlor das Sorgerecht für ihre Kleine und kam in ein Umerziehungs-Institut, um dort ein Jahr lang zu lernen und zu beweisen dass sie fähig ist, ihr Kind zu lieben und liebevoll zu erziehen …

Jessamine Chan ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Autorin chinesischer Abstammung. Sie wuchs in einem Vorort von Chicago auf, machte ihren Bachelor-Abschloss an der Brown University und ihren Master of Fine Arts an der Columbia University. Bereits 2014 begann sie mit dem Schreiben ihres Debütromans „The School for Good Mothers“, für dessen Fertigstellung sie 2017 das Literaturstipendium der Elizabeth George Foundation erhielt. 2022 erschien er in den USA und im März 2023 in Deutschland unter dem Titel „Institut für gute Mütter“. Zu dem Roman wurde die Autorin nach eigenen Aussagen dadurch inspiriert, dass sie selbst im Zweifel war, ob sie ein Kind haben sollte oder nicht. Teile des Romans spielen in Philadelphia wo sie wohnte, bevor sie nach Chicago zog, wo sie heute mit ihrem Mann und ihrer Tochter lebt.

Natürlich ist dieser Roman eine Dystopie, doch vieles ist von der Realität nicht weit entfernt. Dass in manchen Ländern Kinder den Eltern weggenommen werden und bei Adoptiveltern oder in Heimen aufwachsen, kann man ab und an in der Tageszeitung lesen, Besserungs- oder Erziehungsanstalten gab es früher auch bei uns und sind auch heute noch in einigen Staaten zu finden, Rassendiskriminierung ist leider immer noch weit verbreitet und das Thema KI (künstliche Intelligenz) ist ohnehin gerade aktuell. Dass das männliche Geschlecht auch heute noch gegenüber dem weiblichen bevorzugt behandelt wird zeigt sich darin, dass die Bestrafung für schlechte Väter (ja, auch die gibt es in der Geschichte) viel lockerer gehandhabt wird.

Obwohl die Fülle an Problemen durchaus zum Nachdenken anregt, konnte mich das Buch nicht wirklich packen. Leider konnte ich mich in Fridas Empfindungen nur bedingt einfühlen, zu seltsam fand ich ihr Benehmen. Für mich zeigt sie nicht wirklich Einsicht in ihr Fehlverhalten, sondern tut es ständig als „schlechten Tag“ ab. Ihre Versuche, ihre Liebe zu ihrem Kind zu beweisen, fühlen sich falsch an und anstatt Dankbarkeit für Susanna, der neuen Frau ihres Exmannes, die sich rührend und liebevoll um die kleine Harriet kümmert, zu zeigen, überschüttet sie diese gedanklich mit Hass- und Neidgefühlen. Eine Änderung ihres egoistischen Verhaltens ist bis zum Schluss, der mich übrigens ziemlich ratlos zurückgelassen hat, nicht zu spüren.

Fazit: Eine interessante Leseerfahrung, die starke Nerven und einiges an Fantasie erfordert.

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