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Veröffentlicht am 22.08.2024

Hoffnungsland Amerika

Sing, wilder Vogel, sing
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Gerade als Honora geboren wurde flatterte ein Vogel ins Haus, was zur damaligen Zeit ein schlechtes Omen bedeutete. Bald darauf starb ihre Mutter. Ihr Vater lehnte das Kind ab, sodass sie völlig auf sich ...

Gerade als Honora geboren wurde flatterte ein Vogel ins Haus, was zur damaligen Zeit ein schlechtes Omen bedeutete. Bald darauf starb ihre Mutter. Ihr Vater lehnte das Kind ab, sodass sie völlig auf sich selbst angewiesen war und ohne menschlichen Kontakt aufwuchs. Auch im Dorf wurde sie als Außenseiterin gemieden, bis sich William für sie interessierte und sie heiratete. Dann kam das Jahr 1849, das Jahr der schlechten Ernte. Die Menschen hungerten und starben, Honora überlebte als eine der wenigen und wagte die gefahrvolle Überfahrt nach Amerika, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch auch dort sollte sie enttäuscht werden …

Jaqueline O’Mahony, geb. 1972 in Cork, ist eine irisch/britische Schriftstellerin, die bereits im Alter von 14 Jahren als „Young Irish Writer of the Year“ ausgezeichnet wurde. Sie studierte in Irland, Italien und den USA und arbeitete als Journalistin u.a. für die ‚Vogue‘. 2015 absolvierte sie ihren Master in Creative Writing an der City University. Ihr Debütroman „A River in the Trees“ erschien 2020 und wurde bereits für diverse Preise nominiert. Die Autorin lebt heute mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in London.

„Sing, wilder Vogel, sing“ ist die schonungslose Geschichte menschlichen Leids, Hunger, Entbehrungen und verzweifelter Hoffnung. Packend und mitreißend beschreibt die Autorin die Tragödie an der irischen Westküste im Jahr 1849, das infolge der Kartoffelfäule und Missernten als Hungerjahr in die Geschichte einging. Der Marsch der verzweifelten Menschen über den Doolough Pass, ihre Hoffnung etwas Nahrung zu bekommen, ihre grenzenlose Enttäuschung und der unheilvolle Rückweg bei Kälte und Schnee, bei dem nur wenige überlebten, war für mich eine der besten Passagen des Buches. Die Beschreibung von Fakten der irischen Geschichte verbunden mit Auswanderung und der Hoffnung auf ein besseres Leben ist der Autorin außerordentlich gut gelungen. Die Geschichte von Honora, einer jungen Frau die in der Heimat keine Perspektive mehr hat, damit zu verbinden, ist ganz besonders glaubwürdig.

Trotz meiner Begeisterung habe ich auch einiges zu kritisieren. Bisweilen kam es mir tatsächlich so vor, als hätte die Autorin den Faden verloren und sich nicht mehr an das vorher geschriebene erinnert. Es werden Situationen geschildert, von denen man als Leser keine Ahnung hat, wie es dazu gekommen ist. Einige Beispiele: Honoras erster Ehemann ist plötzlich tot – Honora hat es ohne Ticket und ohne Geld aufs Schiff geschafft, dort hatte sie ein Bett und Verpflegung – Honora und die kranke Mary machen sich von NewYork auf den Weg in den Westen, auf einmal sind sie dort und Mary ist gesund – Honora/Nell flieht mit Prosper aus dem Bordell, dann sind sie urplötzlich im zweiten Sommer auf ihrer Farm – wie kann jemand mit einem gebrochenen Bein nach zwei Tagen wieder springen? – von dem am Ende erwähnten Blutmond, unter dem sie zur Welt gekommen sein soll, wurde bei ihrer Geburt jedoch nichts erwähnt.

Fazit: Keine leichte Kost, aber trotz meiner Kritikpunkte eine lohnende Lektüre!

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Veröffentlicht am 18.08.2024

Falsche Entscheidungen

Lord Jim
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Jim ist noch keine vierundzwanzig Jahre alt aber schon Erster Offizier auf der Patna, die mit achthundert Pilgern auf dem Weg nach Mekka beladen ist. Als das Schiff ein Leck bekommt und zu sinken droht, ...

Jim ist noch keine vierundzwanzig Jahre alt aber schon Erster Offizier auf der Patna, die mit achthundert Pilgern auf dem Weg nach Mekka beladen ist. Als das Schiff ein Leck bekommt und zu sinken droht, verlässt es die Besatzung, ohne sich um die unter Deck schlafenden Passagiere zu kümmern. Doch die Patna sinkt nicht, ein anderes Schiff entdeckt sie und schleppt sie in den nächsten Hafen. Bevor ihnen der Prozess gemacht werden kann, setzt sich der Kapitän der Patna mit seiner Besatzung ab, lediglich Jim stellt sich der Verantwortung. Bei der Gerichtsverhandlung verliert er seine nautischen Patente. Marlow, der als Beobachter den Prozess verfolgte, hat Mitleid mit Jim und vermittelt ihm schließlich, nach mehreren Fehlversuchen, eine Stelle. Er soll in Patusan, einer abgelegenen Gegend in Südostasien, für Marlows Freund Stein, einem reichen Kaufmann, als dessen Stellvertreter tätig sein. Jim bewährt sich, es gefällt ihm dort, bis er von seiner Vergangenheit wieder eingeholt wird …

„Lord Jim“ Ist ein Roman des polnisch-britischen Schriftstellers Joseph Conrad, der von 1857 bis 1924 lebte. Er zählt zu den großen Meistern der englischen Literatur, seine Werke wurden teilweise verfilmt bzw. dienten als Vorlage und gehören auch heute noch zum Repertoire der Schullektüre. Er sprach vier Sprachen und schrieb mehrere Romane, deren Schauplätze er als britischer Kapitän bereiste. Conrad wurde im Russischen Kaiserreich in Berdytschiw, heute Ukraine, geboren und ist in Canterbury, England, begraben.

Die erste Auflage des Romans „Lord Jim“ in englischer Sprache stammt aus dem Jahre 1900 – die mir vorliegende deutsche Übersetzung ist ein Druck von 1962 der Büchergilde Gutenberg. Schreibstil und Ausdrucksweise sind daher etwas antiquiert und nicht ganz einfach zu lesen. Dennoch war es für mich äußerst lohnenswert, mich mit dem Buch zu befassen.

Der Autor bedient sich verschiedener Erzählperspektiven. Anfangs berichtet ein neutraler Erzähler über die Ereignisse, später übernimmt Marlow, der einigen Freunden und Bekannten über das Geschehen berichtet. Auch Jim kommt einige Male ausführlich zu Wort, während ein Brief von Marlow den Schluss bildet. Der Roman gliedert sich in zwei große Teile, Jims seelische Verfassung und sein Gewissenszustand nach seinem moralischen Fehler an Bord des Auswandererschiffes Patna und seine abenteuerlichen Erlebnisse unter den Eingeborenen von Patusan, wo er sich endlich bewähren kann und sogar die Liebe einer einheimischen Frau, die er Juwel nennt, gewinnt.

Doch nichts ist von Dauer – es handelt sich bei dem Roman schließlich um eine Tragödie!

Fazit: Wer sich gerne mit alten Klassikern befasst, dem kann ich das Buch ans Herz legen – alle anderen, Finger weg!

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Veröffentlicht am 12.08.2024

Mathematik verbindet

Pi mal Daumen
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Für den 16jährigen hochbegabten Oscar adliger Abstammung erfüllt sich endlich ein Traum, er beginnt heute sein Mathematik-Studium und hofft, dem von ihm schon lange verehrten berühmtesten Mathematiker ...

Für den 16jährigen hochbegabten Oscar adliger Abstammung erfüllt sich endlich ein Traum, er beginnt heute sein Mathematik-Studium und hofft, dem von ihm schon lange verehrten berühmtesten Mathematiker Deutschlands, Daniel Johannsen, dort zu begegnen. Die erste Vorlesung hat bereits begonnen, als eine schrille, schon ältere Frau polternd neben ihm Platz nimmt. Oscar hält sie zunächst für eine Putzfrau, die sich hierher verirrt hatte. Doch bald muss er sich eines Besseren belehren lassen. Moni Kosinsky erfüllt sich nach entbehrungsreichen Jahren als Mutter ebenfalls den Traum des Mathe-Studiums, obwohl ihr wichtige Grundkenntnisse fehlen. Diese hat Oscar reichlich, während es ihm an Erfahrung im Alltag mangelt. Als beide die Schwächen des jeweils anderen erkennen, entsteht zunächst eine Notgemeinschaft zwischen ihnen, in der sie sich gegenseitig unterstützen. Bald jedoch entwickelt sich daraus eine mütterliche Freundschaft und Vertrautheit, die auch ihr weiteres Leben beeinflussen wird …

Alina Bronsky (der Name ist ein Pseudonym) ist eine russisch-deutsche Schriftstellerin. Sie wurde 1978 in Swerdlowsk in der UdSSR geboren. Als sie 12 Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Deutschland aus. Sie arbeitete später als Werbetexterin und Redakteurin beim Darmstädter Echo, nachdem sei ein begonnenes Medizinstudium abgebrochen hatte. Alina Bronsky ist Mutter von vier Kindern. Ihr Ehemann und Vater ihrer ersten drei Kinder verunglückte 2012 tödlich in den Walliser Alpen. Heute lebt sie mit dem Theater- und Filmschauspieler Ulrich Noethen, von dem sie eine Tochter hat, in Berlin-Charlottenburg.

Obwohl das Thema Mathematik eine Hauptrolle spielt, lässt sich die Geschichte auch ohne mathematische Kenntnisse fließend lesen. In kurzen Kapiteln kommt Oscar als Ich-Erzähler zu Wort, dessen jugendliche, unausgegorene Meinung oft zum Schmunzeln Anlass gibt. Zwei Sonderlinge finden sich zusammen zu einer unkonventionellen Freundschaft, wie sie nicht alle Tage vorkommt. Der Schreibstil der Autorin ist mit feinem Humor durchzogen, jedoch immer dezent der jeweiligen Situation angepasst. Alles klingt sehr real, nichts ist überzogen. Die Charaktere sind in ihrer Unterschiedlichkeit sehr fein gezeichnet und wirken, wie auch die gesamte Handlung, sehr realistisch. Einige interessante und unerwartete Wendungen gegen Ende des Geschehens geben dem Leser Anlass zum Nachdenken.

Fazit: Eine interessant erzählte Geschichte, eine Mischung aus Tiefsinn und Humor – empfehle ich gerne weiter!

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Veröffentlicht am 03.08.2024

Ein Kindheitstrauma der Mutter wird zum Problem ihres Kindes

Kleine Monster
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Pia und Jakob werden in die Schule ihres Sohnes bestellt, es soll einen Vorfall mit einem Mädchen gegeben haben. Was sie dort hören können sie zunächst nicht glauben, ihr Luca ist doch erst sieben Jahre ...

Pia und Jakob werden in die Schule ihres Sohnes bestellt, es soll einen Vorfall mit einem Mädchen gegeben haben. Was sie dort hören können sie zunächst nicht glauben, ihr Luca ist doch erst sieben Jahre alt. Was kann ein Kind in diesem Alter schon schlimmes anstellen? Doch als Luca auf Nachfragen der Eltern eisern schweigt, kommen Pia erste Zweifel. Sie erinnert sich an ihre Kindheit, an die Abgründe in ihrer Familie und an das innige Verhältnis zu ihren beiden Schwestern. Plötzlich misstraut sie ihrem kleinen Sohn, überwacht ihn und lässt ihn nicht mehr aus den Augen. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn verschlechtert sich zusehends …

Jessica Lind geb. 1988 in St. Pölten, ist eine österreichische Schriftstellerin und Drehbuchautorin, die mit dem Gewinn des Literaturwettbewerbs „Open Mike 2015“ bekannt wurde. Sie wuchs in Niederösterreich auf und lebt heute in Wien. „Kleine Monster“ ist ihr zweiter Roman.

Die Geschichte beginnt recht spannend und weckt die Erwartung, etwas über Lucas Verhalten und die Hintergründe zu erfahren. Leider wird dieser Aspekt zugunsten von Pias Trauma in ihrer Kindheit vernachlässigt. Einen Zusammenhang zwischen dem Tod ihrer Schwester und ihrer heutigen skeptischen Haltung gegenüber Luca und seinem möglicherweise boshaften Tun, konnte ich dabei nicht feststellen. Dies bewirkt, dass einige Fragen offen bleiben und die anfängliche Spannung allmählich abflaut. Ein Grund, dass Pia an der Unschuld ihres Sohnes zweifelt, ist für mich nicht ersichtlich.

Dennoch finde ich das Buch ganz gut gelungen. Die familiären Verhältnisse sind intensiv beschrieben und gut nachvollziehbar, wenn auch die Personen etwas emotionslos wirken. Der Schreibstil ist gut lesbar, die immer wieder auftauchenden österreichischen Ausdrücke hemmen den Lesefluss nur wenig. Etwas anstrengend jedoch ist der häufige, meist abrupte Wechsel von Gegenwart zu Vergangenheit, da man sich immer neu orientieren muss. Am Ende bleiben einige Fragen offen. Der Schluss der Geschichte ist überraschend, wirkt aber nicht in sich abgeschlossen, da das Geschehen in eine ganz andere Richtung abweicht.

Fazit: Ein interessantes, gut geschriebenes Thema, aus dem man noch etwas mehr hätte herausholen können.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Es ist nie zu spät

Man sieht sich
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Friederika und Robert kennen sich seit 1988, seit er neu in die Schule gekommen ist. Sie verlieben sich sofort ineinander, aber keiner getraut sich es dem anderen einzugestehen. Nach dem Abitur trennen ...

Friederika und Robert kennen sich seit 1988, seit er neu in die Schule gekommen ist. Sie verlieben sich sofort ineinander, aber keiner getraut sich es dem anderen einzugestehen. Nach dem Abitur trennen sich zunächst ihre Wege, bis zu einer zufälligen Begegnung im Winter 2002. Frie ist inzwischen Mutter einer kleinen Tochter und Robert hat Karriere als Musiker gemacht. Die alten Gefühle sind sofort wieder da, aber nach einer kurzen Episode trennen sie sich abermals. Im Sommer 2022 ist Frie, sie ist nun bald fünfzig, auf dem Weg zum 30-jährigen Abi-Treffen. Ihre Gedanken schweifen zurück, erinnern sich an Robert, den sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hat. Wird er auch da sein? Was wird passieren? Werden sie nun endlich zueinander finden?

Julia Karnick, geb. 1970 in Hamburg, ist eine freiberufliche Autorin. Nach dem Abitur absolvierte sie eine journalistische Ausbildung und ist seit Jahren für BRIGITTE und FÜR SIE als Kolumnistin tätig. 2022 schrieb sie ihren ersten Roman, der zum SPIEGEL-Bestseller wurde, ihr zweiter Roman „Man sieht sich“ ist seit dem 13.6.24 auf dem Markt. Die Autorin ist verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter, und lebt in Hamburg.

Wer hat sich nicht schon gefragt was wohl wäre, wenn man sich früher einmal anders entschieden hätte oder wie es wäre, wenn man plötzlich seine Jugendliebe wieder treffen würde? Ein interessantes Thema, das die Autorin in diesem Roman großartig umgesetzt hat, realistisch und durchaus nachvollziehbar. Warum können zwei Menschen, die sich immer als beste Freunde bezeichnen, einfach nicht zueinander finden? Warum können sie über alles reden, nur nicht über ihre Liebe? Julia Karnick lässt uns teilhaben an der wunderbaren Freundschaft der beiden Protagonisten, mit all seinen Höhen und Tiefen. Wir lernen ihr Elternhaus kennen, begleiten sie vom Teenager bis ins reife Erwachsenenalter und hoffen immer, dass aus ihnen endlich ein Paar wird. Wann endlich werden sie die Hürden, die ihnen das Leben in den Weg stellt, überwinden können und sich zu ihrer Liebe bekennen?

Fazit: Ein unterhaltsamer Roman über verpasste Gelegenheiten und neue Chancen, den ich mit Vergnügen gelesen habe und gerne weiter empfehle!

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