Pia und Jakob sitzen im Klassenzimmer der 2B, ihnen gegenüber die Lehrerin ihres Sohnes. Es habe einen Vorfall gegeben, mit einem Mädchen. Pia kann zunächst nicht glauben, was ihrem siebenjährigen Kind da vorgeworfen wird. Denn Luca ist ein guter Junge, klug und sensibel. Sein Vater hat daran keinen Zweifel. Aber Pia kennt die Abgründe, die auch in Kindern schlummern, das Misstrauen der anderen erinnert sie an ihre eigene Kindheit. Sie lässt ihren Sohn nicht mehr aus den Augen und sieht einen Menschen, der ihr von Tag zu Tag fremder wird. Bei dem Versuch, ihre Familie zu schützen, wird Pia schließlich mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Ein fesselndes psychologisches Drama über die Illusion einer heilen Kindheit.
Es beinhaltet zwei Erzählstränge. Der erste spielt in der Gegenwart und handelt davon, dass der Sohn der Erzählerin verdächtigt wird eine Klassenkameradin ...
Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen.
Es beinhaltet zwei Erzählstränge. Der erste spielt in der Gegenwart und handelt davon, dass der Sohn der Erzählerin verdächtigt wird eine Klassenkameradin sexuell übergriffet behandelt zu haben.
Es wird deutlich, dass die Mutter ihrem Sohn sehr argwöhnisch gegenüber steht und im Verlaufe der Geschichte auch zu fragwürdigen Methoden im Umgang mit ihm greift.
Der zweite Strang behandelt die Vergangenheit der Erzählerin, ihr Aufwachsen mit einer Adoptivschwester und einem leiblichen Nachzüglerchen.
Hier wird viel angedeutet, der Leser weiß nicht so richtig, was damals geschehen ist, es bleiben viel Fragen offen.
Das macht aber nichts, die Geschichte ist sehr stimmig geschrieben und aufgebaut.
Die Autorin behandelt hier viele Themen sehr eindrucksvoll, Eltern-Kind-Bindung, die Traumatisierung durch Erziehung, der Umgang in der Gesellschaft mit dem Thema Missbrauch.
Aber auch die äußerliche Heileweltfamilie mit ihren inneren Abgründen und die Un(Schuld) von Kindern.
Sehr viele psychologische Betrachtungen, sehr viel Input.
Die Spannung ist von Anfang bis Ende gegeben, das Buch hat Tiefe und Substanz. Es regt zum Nachdenken an, das gefällt mir sehr gut.
Pia und Jakob werden zu einem Gespräch in die Schule gebeten. Ihr siebenjähriger Sohn Luca soll ein gleichaltriges Mädchen sexuell belästigt haben. Die Lehrerin beschränkt sich auf Andeutungen. Es wird ...
Pia und Jakob werden zu einem Gespräch in die Schule gebeten. Ihr siebenjähriger Sohn Luca soll ein gleichaltriges Mädchen sexuell belästigt haben. Die Lehrerin beschränkt sich auf Andeutungen. Es wird also nicht klar, um welche Art Grenzüberschreitung es sich gehandelt hat. Und Luca schweigt zu den Vorwürfen. Aus Angst? Aus Trotz? Aus schlechtem Gewissen ? Der Vorfall hat Folgen. Pia und Jakob werden sofort aus der WhatsApp - Elterngruppe ausgeschlossen, man geht ihnen aus dem Weg.
Während Jakob seinem Sohn vertraut und das Ganze als kindliches Spiel abtut, nagen in Pia die Zweifel. Misstrauisch beginnt sie ihren Sohn zu beobachten, versucht sein Verhalten zu interpretieren. Sind Kinder so unschuldig, wie es Eltern gerne glauben mögen? Oder stecken in ihnen nicht doch „ kleine Monster“? „ Jakob sieht nicht, was ich sehe. Weil er das Dunkle nicht kennt. Aber ich kenne es, und wenn Luca auch so ist, dann ist er es wegen mir.“.
Bald wird klar, dass Pias Zweifel viel mit ihr selber zu tun haben, mit ihrer Sicht auf sich selbst. „ Ich bin die, mit der etwas nicht stimmt.“
Der Vorfall löst Erinnerungen aus an in ihre eigene Kindheit. Aufgewachsen ist sie mit zwei Schwestern, mit der adoptieren Romi und dem Nachzügler Linda, in einem idyllischen Haus am Waldrand. Die Eltern haben sich aus altruistischen Gründen für ein Adoptionskind entschieden, sie wollten „ einem Kind eine Chance geben, mit dem es die Welt nicht so gut meint“ . Nach außen hin entsprachen sie so dem Bild einer glücklichen Familie. Aber stimmte dieser Eindruck? Wie soll man sich sonst den wütenden Vorwurf der Mutter erklären, den Pia nie vergessen kann? „ Dich habe ich geboren, aber Romi habe ich mir ausgesucht. Sie ist unser Wunschkind.“ Die Schwestern schwanken zwischen inniger Verbundenheit und Eifersüchteleien und Rivalitäten.
Aber erst ein tragischer Unfall, der nie ganz aufgeklärt wird, führt zum Bruch in der Familie. „ Wir drei sind eins. Drei Schwestern. Eine glückliche Familie. Bis wir es nicht mehr sind.“
Das Gefüge zerbricht. Ein großes Schweigen legt sich über alles. Doch darunter gärt es. Unausgesprochene Vorwürfe wirken sich im Umgang miteinander aus. Die Eltern werden hart; der Vater entzieht sich, die Mutter ist mal liebevoll, mal grausam. „ Ich hatte drei Mütter.“ heißt es im Roman. „ Die erste war gut und lieb, streng, aber gerecht. Die zweite war kalt und verschlossen. Die dritte lächelt immerzu und backt Apfelkuchen“
Romi wird zum Sündenbock in der Familie, bis diese auszieht und den Kontakt abbricht.
In diesem Roman wird deutlich vorgeführt, wie Traumata weiterwirken. Unverarbeitetes aus der Vergangenheit hat Folgen bis in die Gegenwart hinein.
Pia kennt die Fragilität von Familienbeziehungen und die Unwägbarkeit von Menschen; ihre Erfahrungen haben zu einem grundsätzlichen Misstrauen und zu großen Verlustängsten geführt. Dabei traut sie auch ihrer Sicht auf die Wirklichkeit nicht.
Die Autorin hält auf beiden Zeitebenen die Spannung aufrecht bis zum Schluss. Nicht nur, weil man sich fragt, was denn nun in beiden Fällen genau geschehen ist, sondern auch weil sich Pia immer mehr in ihren Argwohn Luca gegenüber hineinsteigert. Dabei greift sie zu Methoden, die sich nicht entschuldigen lassen. Man kann nur hoffen, dass ihr Verhalten keine langfristigen Folgen für den sensiblen Jungen hat.
Pia ist die Ich- Erzählerin, aus ihrer Sicht erfahren wir alles. Sie ist keineswegs zuverlässig und auch nicht unbedingt sympathisch. Erzählt wird in kurzen Kapiteln, das verwendete Präsens schafft eine Unmittelbarkeit. Die Autorin hat ein gutes Gespür für prägnante Szenen und aussagekräftige Dialoge. Die Stimmung wirkt oftmals bedrohlich und unheimlich. Cliffhanger und vage Andeutungen machen das Buch zu einem echten Pageturner. Nur das Ende kommt etwas zu abrupt daher.
Pia kann sich in weiten Teilen mit ihrer Vergangenheit aussöhnen. Klärende Gespräche mit Mutter und Schwester haben ihr dabei geholfen. Dass nicht alle Fragen beantwortet werden, ist hier kein Manko.
Jessica Lind greift die Themen Mutterschaft, Eltern-Kind-Beziehungen und Familie in verschiedenen Konstellationen auf. So bekommen wir auch einen Einblick in Jakobs Familie. Hier gab es keine einschneidenden Geschehnisse, trotzdem ist das Verhältnis nicht ungetrübt.
Hervorzuheben sind noch der eher doppeldeutige Titel und das surrealistische Cover, das perfekt zum Inhalt passt.
„Kleine Monster“ ist der zweite Roman der österreichischen Autorin und er steht zu Recht auf der Liste für den diesjährigen österreichischen Buchpreis. Man darf gespannt sein auf weitere Bücher von ihr.
Der Roman ist ein packendes Familiendrama, das sich mit seinen psychologisch spannenden Fragestellungen wunderbar für Lesekreise eignet.
Bereits das Cover hat mich angesprochen und mich neugierig auf den Inhalt gemacht. Nach der vielversprechenden Leseprobe habe ich mich dann für das eBook entschieden ... und ich wurde überrascht.
"Kleine ...
Bereits das Cover hat mich angesprochen und mich neugierig auf den Inhalt gemacht. Nach der vielversprechenden Leseprobe habe ich mich dann für das eBook entschieden ... und ich wurde überrascht.
"Kleine Monster" ist für mich ein absolutes Highlight! Ein fesselndes und gleichzeitig sehr beklemmendes Familiendrama mit Sogwirkung. Jessica Lind konnte mich von der ersten Seite an in ihren Bann ziehen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und war in dem Sog gefangen. Wir erhalten tiefe Einblicke in die Seele der Protagonistin und werden entlang der tiefen familiären Abgründe geführt. Das Buch thematisiert Mutterschaft, Familie, Schatten der eigenen Kindheit und so viele weitere wichtige Themen auf eine fesselnde und gleichzeitig sehr beklemmende Art und Weise. Absolute Leseempfehlung! Nun freue ich mich auf weitere Werke der Autorin.
Ehrlich gesagt dachte ich bei dem Buchcover und -titel, dass es sich hierbei um ein humorvolles Büchlein handelt, in dem ich über witzige Alltagssituationen mit Kindern lese…
Tja, weiter entfernt hätte ...
Ehrlich gesagt dachte ich bei dem Buchcover und -titel, dass es sich hierbei um ein humorvolles Büchlein handelt, in dem ich über witzige Alltagssituationen mit Kindern lese…
Tja, weiter entfernt hätte ich nicht sein können. Jessica Lind erzählt von den dunklen Seiten des Mutterseins, was man fühlt, wenn das Kind nicht so „funktioniert“ wie man es sich eben so vorstellt, wenn man noch kein Kind hat. Die Gedanken, die pure Verzweiflung, der Zweifel an sich und dem Kind… das alles ist (leider) so wahnsinnig nah an der Wahrheit, dass es wehtut. Jede Mutter möchte so sein wie Olivia Walton, in der Realität sind wir aber weit davon entfernt, denn Mütter sind auch nur Menschen und diese machen Fehler. Und dann haben auch Mütter eine Vergangenheit und schleppen die Altlasten aus ihrer eigenen Kindheit herum. Auch wenn man sich noch so oft schwört: Ich werde nie wie meine Mutter!… dieses Erbe sitzt tief und kommt hoch, wenn man es nicht erwartet.
Probleme als Eltern, traumatische Ereignisse in der Kindheit, die Spuren hinterlassen, Entfremdung innerhalb der Familie - über all das schreibt Jessica Lind in ihrem Roman, der nicht spritzig leicht ist, sondern harte Kost.
Eine grossartige psychologische Skizze, die unter die Haut geht. Sehr lesenswert!
Kann das eigene Kind wirklich zu einem „kleinen Monster“ werden oder besser gesagt, manipulieren?? Pia und Jakob sind Eltern des kleinen Luca, 2. Klasse. Nach einem Elternabend und einem Gespräch ändert ...
Kann das eigene Kind wirklich zu einem „kleinen Monster“ werden oder besser gesagt, manipulieren?? Pia und Jakob sind Eltern des kleinen Luca, 2. Klasse. Nach einem Elternabend und einem Gespräch ändert sich die bisher heile Welt. Es gab einen „Vorfall“ zwischen Luca und einem Mädchen. Nahezu umgehend werden Pia und Jakob aus dem Elternchat entfernt und es fühlt sich für Pia an, als gehe ihr jeder aus der Klasse aus dem Weg. Der gute Vorsatz, sich auch Lucas Version anzuhören, scheitert an Lucas Schweigen. Pia und Jakob gehen ziemlich unterschiedlich mit der Situation um. Während Jakob entspannt bleibt, wird Pia von Ihrer Vergangenheit eingeholt und dies schlägt sich in ihrem Verhalten gegenüber Luca nieder. Schafft man es als Eltern wirklich immer unvoreingenommen an das eigene Kind zu glauben? Wie sehr wird das Bild aus eigenen Erfahrungen geprägt? Können 8jährige so berechnend sein?
Meine Meinung:
Jessica Lind schnappt sich eine Alltagssituation und packt sie in eine Geschichte, die Eltern sofort nachvollziehen können. Chatgruppen - Segen und Fluch. Andere Eltern, böse Blicke, die „Angst“, dass das eigene Kind aus der Norm fällt, das Kopfkino geht an und verselbstständigt sich. Psychologisch leise kommt Pias Erfahrung aus der Vergangenheit ans Licht und man versteht umso mehr ihre aufkommende Angst und den Druck. Am Ende bleibt die Frage, ob es wirklich immer so einfach ist, seinen Kindern vorbehaltlos zu vertrauen oder ob manchmal nicht eigene Erfahrungen dem entgegen stehen. Erwartungen von außen, eigene Erlebnisse die geprägt haben - all das kommt ins Spiel und baut einen enormen Druck auf. Sehr angenehmer Schreibstil , gut und schnell zu lesen, unterhaltsam, berührend - tolles Buch.