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Herbstrose

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.03.2019

Viele Fragen – kaum Antworten …

Vertauschtes Leben
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Meine Wertung:
Nach dem Lesen der Inhaltsangabe erwartete ich von dem Buch mehr, viel mehr. Obwohl es sich um eine wahre Begebenheit handeln soll, (am Ende des Buches erklärt die Autorin, dass einige ...



Meine Wertung:
Nach dem Lesen der Inhaltsangabe erwartete ich von dem Buch mehr, viel mehr. Obwohl es sich um eine wahre Begebenheit handeln soll, (am Ende des Buches erklärt die Autorin, dass einige Szenen und Dialoge dramaturgisch umgestaltet wurden und kein Anspruch auf Faktizität bestehe) konnte mich das Buch nicht wirklich fesseln. Die Geschichte ist nicht wirklich spannend und zieht sich sehr in die Länge. Mir will auch nicht einleuchten, dass ein erwachsener Mensch, bis er 36 Jahre alt ist, nichts von einer Vertauschung bemerkt haben will, obwohl alle Anzeichen lange schon dafür sprachen.
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten, Gefühle und Emotionen konnte ich nicht erspüren. Wohl um das Buch zu füllen wird seitenlang über die Familienverhältnisse, über Verwandtschaften, über Tanten, Onkels und Cousinen berichtet, was man ohnehin dann später wieder vergessen hat. Über Gabis Wut auf alle Beteiligten wird zwar ständig geschrieben, aber wirklich nachvollziehbar ist sie für mich nicht. Die Geschichte dreht sich nur im Kreis, nichts wird wirklich hinterfragt und eine Erklärung oder Lösung des Problems gibt es auch nicht.

Fazit: Kann man lesen, muss aber nicht.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Gibt es noch eine Zukunft? …

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung
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Alfredo ist tot, wirklich tot - heute ist die Beerdigung. Beatrice weiß mit ihren Gefühlen nichts anzufangen. Soll sie um ihren Freund trauern wenn sie nicht mal sicher ist, ob sie ihn wirklich geliebt ...

Alfredo ist tot, wirklich tot - heute ist die Beerdigung. Beatrice weiß mit ihren Gefühlen nichts anzufangen. Soll sie um ihren Freund trauern wenn sie nicht mal sicher ist, ob sie ihn wirklich geliebt hat? Aber eines weiß sie ganz sicher, sie will weg, weg aus diesem Haus, weg aus diesem Armenviertel, in dem sie zusammen aufgewachsen sind und wo man sie die Zwillinge nannte. Bea erinnert sich zurück an schöne und weniger schöne Stunden, an Tage und Nächte, die sie zusammen verbrachten und die nun der Vergangenheit angehören. Ob sie es schaffen wird, sich mit 20 Jahren irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen? …

Valentina D’Urbano war gerade 26 Jahre alt, als sie sich bei einem italienischen Schreibwettbewerb bewarb, dessen erster Preis die Buchveröffentlichung war - sie gewann und der Verlag Longanesi veröffentlichte 2012 ihren Roman „Il rumore dei tuoi passi“. Valentina D‘Urbano wurde 1985 geboren, stammt aus Rom und wuchs in einem Viertel auf, das dem im Buch beschriebenen sehr ähnlich ist.

Die Autorin lässt Beatrice die Geschichte erzählen – vom heruntergekommenen Viertel La Fortezza am Rande der Stadt, vom besetzten Haus, in dem sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder lebt und von Alfredo und seinen Brüdern, die von ihrem betrunkenen Vater ständig verprügelt werden. Sie berichtet wie es ist, an einem Ort aufzuwachsen, wo man fürs Leben gezeichnet ist und wo sich nicht mal die Polizei hin traut, wo man sich aber trotz allem zu Hause fühlt. Sie schildert ihre Gefühle zu dem Jungen, der für sie erst wie ein Bruder war, den sie liebte, später begehrte und gleichzeitig auch hasste.

Sehr beeindruckend ist die Sprache und Ausdruckskraft dieses Erstlingswerkes der jungen Autorin. In Rückblenden, manchmal auch vorausschauend, erfährt der Leser Beas Geschichte, leidet mit ihr, ist bestürzt und entsetzt darüber, wie man so leben kann. Schonungslos und brutal schildert D’Urbano das Leben in diesem Elendsviertel. Man spürt hautnah die Tiefe der Gefühle der beiden Protagonisten Beatrice und Alfredo - Hass, Missgunst und Verzweiflung wechseln in rascher Folge mit Vertrauen, Freundschaft und Liebe. Wie das Verhältnis der beiden zueinander, die von Kindheit an nur die „Zwillinge“ genannt wurden, wirklich war, klärt sich erst ganz zum Schluss, was die Geschichte meiner Meinung nach perfekt abrundet. Auf weitere Romane dieser begabten Autorin darf man gespannt sein.

Fazit: Ein beeindruckendes Buch das mitreißt und begeistert, auch wenn man die Jugendzeit schon lange hinter sich gelassen hat.

Veröffentlicht am 21.02.2019

Schatten aus der Vergangenheit …

Wenn du mich siehst
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Es war ein Zufall, dass er gerade dazu kam, als sie nachts bei strömendem Regen auf einer einsamen Landstraße eine Reifenpanne hatte. Es war auch ein Zufall, dass ihre Schwester nur anhand ihrer Schilderungen ...

Es war ein Zufall, dass er gerade dazu kam, als sie nachts bei strömendem Regen auf einer einsamen Landstraße eine Reifenpanne hatte. Es war auch ein Zufall, dass ihre Schwester nur anhand ihrer Schilderungen diesen Mann als einen Kommilitonen erkannte. So lernten sie sich kennen – und waren sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten auch bald sympathisch - Maria, die Anwältin und Tochter mexikanischer Einwanderer und Colin, ein ehemaliger Schläger mit dunkler Vergangenheit, der bereits mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Aus anfänglicher Sympathie wurde bald Liebe und aus Maria und Colin ein Paar. Doch das Glück währt nicht lange, Maria bekommt plötzlich seltsame Botschaften und fühlt sich von einem Stalker verfolgt. Colin möchte ihr helfen, aber kann er sich dabei zurück halten, oder fällt er in seine alten Gewohnheiten als brutaler Schläger zurück …?

Nicholas Sparks, geb. 1965 in Omaha/Nebraska, ist US-amerikanischer Schriftsteller. Nach seinem Schulabschluss 1984 begann er ein Bachelor-Studium in Business Finance, das er 1988 abschloss. Während dieser Zeit schrieb er seine beiden ersten Romane, die jedoch abgelehnt wurden und bis heute unveröffentlicht blieben. Sein Durchbruch begann 1994 mit „Wie ein einziger Tag“, was ein weltweiter Bestseller wurde. Es folgten viele weitere Bestseller, die teilweise auch verfilmt wurden. Die Bücher des Autors wurden in 50 Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von nahezu 100 Millionen Exemplaren. Sparks war seit 1989 verheiratet, hat fünf Kinder und lebt seit 2015 getrennt von seiner Frau Cathy in North Carolina.

Der Titel „Wenn du mich siehst“ passt sehr gut zu diesem Roman, der im englischen Original einfach nur „See me“ heißt. Auch das Cover ist stimmig und bringt die gelegentlichen romantischen Szenen am Strand perfekt rüber. Wie von Nicholas Sparks gewohnt ist die Sprache nicht besonders poetisch, aber dennoch ausdrucksstark und voller Gefühl. Durch die eher kurz und knapp gehaltenen Sätze lässt sich die Geschichte leicht lesen und die spannende Handlung gut verfolgen. Die Charaktere wirken lebensecht und authentisch, der Autor hat ein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen.

Bereits der Prolog macht dem Leser klar, dass etwas Schreckliches geschehen wird. Wir erleben einen interessanten, recht gefühlsbetonten Anfang. Nach etwa der Hälfte des Buches entwickelt sich die Geschichte nach und nach zu einem Psycho-Thriller mit reichlich dramatischen Situationen, bei denen Marias Leben und Colins Bewährungsstrafe öfters in Gefahr geraten. Viele unvorhersehbare Wendungen und neu hinzukommende Personen halten die Spannung hoch. Sparks lässt abwechselnd kapitelweise Maria und Colin berichten, so dass der Leser das Geschehen aus mehreren Perspektiven verfolgen kann. Der Epilog zum Schluss ist stimmig und rundet die Geschichte perfekt ab.

Fazit: Ein gefühlvoller, spannender Roman, bei dem sich gekonnt dramatische mit besinnlichen Szenen abwechseln. Eine gute Mischung zwischen Liebesroman und Thriller.

Veröffentlicht am 13.02.2019

Ungleiche Schwestern …

Die Zuckerbäckerin (Die Zarentöchter-Saga 1)
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Es war ein großes Glück für die beiden Schwestern Eleonore und Sonia, dass sie beim Diebstahl auf dem Stuttgarter Wochenmarkt erwischt wurden. Dadurch konnten sie Katharina, die Königin von Württemberg, ...

Es war ein großes Glück für die beiden Schwestern Eleonore und Sonia, dass sie beim Diebstahl auf dem Stuttgarter Wochenmarkt erwischt wurden. Dadurch konnten sie Katharina, die Königin von Württemberg, kennen lernen, die sie dann aus Mitleid als Küchenmägde ins Schloss holte. Während Eleonore sich rasch einfügt, Freude an der Arbeit hat und später sogar als Zuckerbäckerin zum Einsatz kommt, drückt sich Sonia vor jeglicher Arbeit und versucht, sich mit Hinterlist und Tücke durchs Leben zu mogeln. Als dann der Holzträger Leonhard mit Eleonore nach Russland auswandern will, lehnt diese aus Rücksicht auf ihre Schwester ab. Währenddessen versucht die aus Russland stammende Königin Katharina nach dem Vorbild ihrer Heimat die Armut in Württemberg zu bekämpfen …

Die Autorin Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Nach dem Gymnasium absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Übersetzerin und Wirtschaftskorrespondentin. Nachdem sie einige Jahre im Import- und Exportgeschäft tätig war, begann sie in den 1990er Jahren mit dem Schreiben historischer Romane. Diese wurden in viele Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von weit über 2,5 Millionen Exemplaren. Im Jahr 2015 wandte sie sich der Gegenwartsliteratur zu. Heute lebt Petra Durst-Benning mit ihrer Familie südlich von Stuttgart auf dem Land.

In ihrem Roman „Die Zuckerbäckerin“ schildert Petra Durst-Benning das Leben zweier ungleicher Schwestern zwischen 1816 und 1820 am Königlichen Hof in Stuttgart sowie das von Katharina, der zweiten Frau Wilhelm I. von Württemberg. Es vermischen sich hier Fiktion und Fakten, wie die Autorin selbst im Nachwort erklärt. Während die Geschichte von Eleonore und Sonia frei erfunden ist, ist das Schicksal der Katharina Pawlowna aus dem Haus Romanow geschichtlich belegt und gut recherchiert. Von 1816 bis 1819 war sie Königin von Württemberg. In ihrem Denken und Handeln der Zeit weit voraus, gründete sie während einer Notzeit (Missernten, Hungersnot) den ersten Wohtätigkeitsverein. Auch das Katharinenstift, das Katharinenhospital in Stuttgart und die Württembergische Landessparkasse gehen auf sie zurück, was im Buch sehr geschickt in die Handlung eingeflochten ist.

Der Schreibstil der Autorin ist leicht, flüssig, gefühlvoll - ohne ins Kitschige abzudriften - und liest sich sehr angenehm. Sie versteht es gut, Menschen zu beschreiben und sie mit liebens- oder hassenswerten Eigenschaften auszustatten. Dadurch kann man als Leser tief in das Geschehen eintauchen und sich mit den Protagonisten freuen oder auch mir ihnen leiden. Die geschilderten historischen Tatsachen wecken die Neugierde, noch mehr über Katharina und die damalige Zeit zu erfahren, zumal hier ihre Bemühungen zu Bekämpfung der Armut in Württemberg sehr realistisch beschrieben sind.

Der Prolog zu Beginn nimmt bereits ein Teil des Schlusses vorweg, was ich eigentlich sehr schade fand, da es einen Teil der Spannung nimmt. Ein Nachwort mit interessanten historischen Fakten und ein Anhang mit zahlreichen Rezepten der Zuckerbäckerin, die gut erläutert und einfach nach zu kochen bzw. zu backen sind, vervollständigen das rundum gelungene Werk.

Fazit: Eine Lektüre zum Entspannen, leicht geschrieben und flüssig zu lesen.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Rache für eine niederträchtige Intrige …

Die Farben des Feuers
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Paris 1927: Der Trauerzug für den verstorbenen Bankier Marcel Péricourt, an dem alles was Rang und Namen hat und sogar der Präsident der Republik teilnimmt, setzt sich eben in Bewegung, als der 7jährige ...

Paris 1927: Der Trauerzug für den verstorbenen Bankier Marcel Péricourt, an dem alles was Rang und Namen hat und sogar der Präsident der Republik teilnimmt, setzt sich eben in Bewegung, als der 7jährige Enkel des Verstorbenen, Paul, aus dem Fenster des oberen Stockwerks der Villa fällt und auf dem Sarg landet. Er überlebt den Sturz schwerverletzt, ist aber fortan querschnittsgelähmt. Madeleine, die Mutter des Jungen und Alleinerbin des Bankenimperiums, kümmert sich aufopfernd um ihn, wobei sie vom Hauslehrer André und der Gesellschafterin Léonce tatkräftig unterstützt wird. Die Geschäfte überlässt sie vertrauensvoll Gustave Joubert, dem ehemaligen Vertrauten ihres Vaters und Prokuristen der Bank. Unbesehen unterschreibt sie alles, was man ihr vorlegt, was sich jedoch als großer Fehler erweisen sollte. Als Madeleine merkt, dass nicht jeder ihr Freund ist, ist es zu spät - die Bank ist ruiniert, ihr Vermögen veruntreut. Nun schmiedet sie einen perfiden Plan, um sich an den vermeintlichen Freunden zu rächen …

Pierre Lemaitre, geb. 1951, war als Lehrer für Literatur in der Ausbildung von Bibliothekaren tätig, bevor er Schriftsteller und Drehbuchautor wurde. Für seine Werke erhielt er mehrere französische Auszeichnungen und bekam 2013 den wohl bedeutendsten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt. Der Autor lebt heute in Paris.

Was zunächst mit einem Knalleffekt beginnt und sich dann wie ein Familienroman liest, entwickelt sich bald zu einem psychologischen Sittenroman einer dekadenten Gesellschaft. Sei es der Dünkel der Oberschicht, die Überheblichkeit der Politiker oder die Selbstverliebtheit von Journalisten, alles wird vom Autor kritisch unter die Lupe genommen und treffsicher in die Handlung eingebunden. Der Schreibstil ist dabei recht anspruchsvoll und erfordert vom Leser ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit, um dem komplexen Geschehen zu folgen. Die Sprache ist bildgewaltig und von großer erzählerischer Kraft, oftmals gewürzt mit tiefschwarzem Humor. Paris in der Zeit zwischen dem I. und dem II. Weltkrieg, die gesellschaftlichen Veränderungen sowie die schleichende Entwicklung zum Nationalsozialismus sind gut eingefangen und werden dem Leser von einem unbeteiligten Beobachter nahe gebracht, der ihn gelegentlich auch direkt anspricht. Die Charaktere mit ihren Dialogen sind sehr lebensecht und authentisch heraus gearbeitet. Jeder hat seine Ecken und Kanten die sie so realistisch wirken lassen, als würde es sich bei diesem Roman um einen Tatsachenbericht handeln. Einige Längen zwischendurch kann man dabei getrost vernachlässigen.

Fazit: Ein gut gelungener, spannender Roman über die Rache einer Frau, die sich in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht anders wehren konnte.