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Veröffentlicht am 22.04.2019

Am Königshof in Stuttgart 1863 bis 1883 …

Die russische Herzogin (Die Zarentöchter-Saga 3)
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Siebzehn Jahre ist Olga, die Tochter des Zaren, nun schon mit Kronprinz Karl, dem Sohn des Württembergischen Königs, verheiratet, als sie gebeten wird, Großfürstin Wera, die neunjährige Tochter ihres Bruders ...

Siebzehn Jahre ist Olga, die Tochter des Zaren, nun schon mit Kronprinz Karl, dem Sohn des Württembergischen Königs, verheiratet, als sie gebeten wird, Großfürstin Wera, die neunjährige Tochter ihres Bruders Konstantin aufzunehmen. Da ihre Ehe kinderlos geblieben ist, willigt das Paar gerne ein. Doch Wera ist ein äußerst schwieriges Mädchen, das Olga öfters in peinliche Situationen bringt. Ihr wildes Benehmen ändert sich erst, als Wera langsam erwachsen wird. Bald entdeckt auch sie ihren Hang zur Wohltätigkeit und tritt in die Fußstapfen ihrer Vorgängerinnen, Ziehmutter Olga und Großtante Katharina, die bedeutende soziale Projekte für Stuttgart und Württemberg ins Leben gerufen hatten …

Die Autorin Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Nach dem Gymnasium absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Übersetzerin und Wirtschaftskorrespondentin. Nachdem sie einige Jahre im Import- und Exportgeschäft tätig war, begann sie in den 1990er Jahren mit dem Schreiben historischer Romane. Diese wurden in viele Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von weit über 2,5 Millionen Exemplaren. Im Jahr 2015 wandte sie sich der Gegenwartsliteratur zu. Heute lebt Petra Durst-Benning mit ihrer Familie südlich von Stuttgart auf dem Land.

„Die russische Herzogin“ ist der dritte Roman der Autorin über Töchter eines russischen Zaren am Königlichen Hof in Stuttgart. Er basiert zum Teil auf Olgas Memoiren, die 1955 beim Verlag Günter Neske in Pfullingen unter dem Titel „Traum der Jugend gold’ner Stern“ erschienen sind. Wenn auch vieles nicht der historischen Realität entspricht, bietet das Buch dennoch gute Unterhaltung. Mit viel Einfühlungsvermögen beschreibt die Autorin die Kindheit Weras, ihre Ängste und ihre Sehnsucht nach den Eltern – aber auch ihre Streiche und ihre anfängliche Trotzhaltung gegen die neue Umgebung und gegen ihre Zieheltern. Der Schreibstil ist flüssig und klar, so dass sich die Geschichte, trotz einiger Längen, zügig lesen lässt. Dass Wera eine sehr kluge Frau ist und nicht die strahlende Schönheit, wie die Damen gerne in historischen Romanen beschrieben werden, macht sie wohltuend authentisch und sehr sympathisch. Unerwartete Ereignisse sorgen für die nötige Spannung und die geschickt eingewobenen detaillierten Beschreibungen der Schauplätze der Handlung runden den guten Gesamteindruck harmonisch ab.

Fazit: Eine interessante Geschichte mit solidem historischen Hintergrund, die dem Leser unterhaltsame Lesestunden bietet.

Veröffentlicht am 08.04.2019

Vergessen und vorbei ? …

Die vergessene Generation
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Während heutzutage sehr viel über die Flüchtlingskinder und die Kinder in den Kriegsgebieten der Welt geredet und für sie getan wird, wurden die Kinder der Geburtenjahrgänge zwischen 1930 und 1945, also ...

Während heutzutage sehr viel über die Flüchtlingskinder und die Kinder in den Kriegsgebieten der Welt geredet und für sie getan wird, wurden die Kinder der Geburtenjahrgänge zwischen 1930 und 1945, also die Kriegsjahrgänge, total übergangen. Die damals erlittenen Seelenqualen wurden einfach ignoriert, sie hatten sich anzupassen und zu funktionieren, der Krieg war ja vorbei. Es gelang dieser Generation offenbar auch ausgezeichnet, die schlimmen Erlebnisse beiseite zu schieben und sich der Gegenwart und der Zukunft zuzuwenden. Man redet halt nicht darüber, dann wird man schon vergessen, das war ihr Standpunkt. Dass aber die Schrecken und Ängste der Bombennächte im Bunker oder Keller, die Flucht aus der Heimat, Hunger und Kälte ihre Spuren bei den damaligen Kindern hinterlassen haben, zeigt sich erst jetzt – ihre seelischen Leiden drängen ans Tageslicht, da sie im Rentenalter nicht mehr durch Beruf und Arbeit überdeckt werden können …

Die Autorin Sabine Bode, Jahrgang 1947, lebt als freie Journalistin in Köln und arbeitet überwiegend für die Kulturredaktion des Hörfunks von WDR und NDR. Über das Thema Kriegskinder und seine Folgen hat sie mehrere Bücher geschrieben.

Für das Buch „Die vergessene Generation“ hat die Autorin zahlreiche Gespräche mit Betroffenen geführt, Schicksalen nachgeforscht und Akten des Suchdienstes eingesehen. Es ist für Leser aller Generationen gedacht und soll dazu anregen, sich mit der Vergangenheit der eigenen Familie zu beschäftigen. Wie Sabine Bode ausführt ist es durchaus möglich, dass Probleme und Verhaltensweisen der nachfolgenden Generation auf die traumatischen Erlebnisse der Eltern oder Großeltern bzw. deren Erziehungsmethoden zurückzuführen sind. Es ist daher unerlässlich, Gespräche mit unmittelbar Betroffenen über ihre Kriegserlebnisse zu führen und ihnen unsere Empathie zu zeigen, solange dies altersmäßig überhaupt noch möglich ist.

Fazit: Ein aufschlussreiches und oft berührendes Buch, das zum besseren Verständnis zwischen den Generationen beitragen kann.

Veröffentlicht am 07.04.2019

« Non, je ne regrette rien » …

Madame Piaf und das Lied der Liebe
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Paris 1944, die Stadt atmet auf. Die deutschen Besatzer sind vertrieben, das kulturelle Leben kann wieder stattfinden. Wie auch einige andere Künstler wird die 29-jährige Chanson-Sängerin Édith Piaf der ...

Paris 1944, die Stadt atmet auf. Die deutschen Besatzer sind vertrieben, das kulturelle Leben kann wieder stattfinden. Wie auch einige andere Künstler wird die 29-jährige Chanson-Sängerin Édith Piaf der Kollaboration beschuldigt, es droht ihr ein Auftrittsverbot. Während eines Engagements im wieder eröffneten Moulin Rouge trifft sie auf den damals 23jährigen Yves Montand. Sie erkennt sein hoffnungsvolles Talent und beginnt mit ihm zu arbeiten. Bald schon wird aus den beiden ein Liebespaar, sie gehen gemeinsam auf Tournee. Das glückliche Leben mit Yves inspiriert Édith zu ihrem Lied „La vie en rose“, das sie, neben „Non, je ne regrette rien“, weltberühmt machen sollte …

Michelle Marly ist das Pseudonym der deutschen Schriftstellerin Micaela Jary, der Tochter des Komponisten Michael Jary. Sie wurde 1956 in Hamburg geboren und schreibt seit 1993 unter verschiedenen Künstlernamen. Die Autorin ist verheiratet, hat eine erwachsene Tochter und lebt heute in München und Berlin.

In dem Roman „Madame Piaf und das Lied der Liebe“ beschreibt die Autorin einen Abschnitt im Leben der Édith Piaf, der wohl einer der glücklichsten und erfolgreichsten dieser Ausnahmesängerin gewesen sein dürfte. In Erinnerungen und Rückblicken erfährt der Leser einiges über ihre Kindheit und Jugendzeit und in einem kurzen Nachwort auch über ihr weiteres, eher tragisches Leben. Wie die fernere, äußerst erfolgreiche Karriere von Yves Montand verlief, ist ebenfalls nachzulesen, so dass man letztendlich ein umfassendes Bild beider Künstler erhält.

Die Autorin hat hier sehr gut und gewissenhaft recherchiert. Sie gibt dem Leser das Gefühl dabei zu sein, die Persönlichkeiten kennen zu lernen und Anteil an ihrem Leben zu nehmen. Man liebt und leidet mit Édith Piaf, dieser kleinen und willensstarken Frau, die sich über alle Konventionen hinwegsetzt, trinkt und feiert als gäbe es kein Morgen, und - wie in ihrem Lied „Non, je ne regrette rien“, nichts davon bedauert, nichts bereut. Man spürt förmlich ihre Liebe zu Yves Montand, die sie in ihrem Chanson das sie unsterblich gemacht hat, „La vie en rose“, zum Ausdruck bringt. Der flüssige Schreibstil, die ausführliche Darstellung der einzelnen Charaktere und die detaillierte Beschreibung der Gegebenheiten sind weitere Komponenten, die zum guten Gelingen dieses wunderbaren Buches beitragen.

Fazit: Ein ausgezeichneter Roman über eine außergewöhnliche Frau und Künstlerin, den ich gerne weiter empfehle.

Veröffentlicht am 26.03.2019

Das Heiratskarussell der Romanows …

Die Zarentochter (Die Zarentöchter-Saga 2)
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Zarenhof in Sankt Petersburg, 1. Hälfte 19. Jahrhundert: Die Weichen für den Nachwuchs des Zarenpaares Nikolaus I. und seiner Gemahlin Alexandra sind längst gestellt. Während der Erstgeborene Alexander ...

Zarenhof in Sankt Petersburg, 1. Hälfte 19. Jahrhundert: Die Weichen für den Nachwuchs des Zarenpaares Nikolaus I. und seiner Gemahlin Alexandra sind längst gestellt. Während der Erstgeborene Alexander als Zarewitsch zum Nachfolger des Zaren bestimmt ist, sollen die Mädchen die Macht und den Einfluss Russlands erhöhen, indem sie standesgemäß in hochrangige europäische Herrscherhäuser einheiraten. Doch die Erwartungen des Zaren gehen nicht auf. Maria, die Älteste, heiratet unter ihrem Stand und Olga lehnt jahrelang jeden der zahlreichen Bewerber ab. Sie will aus Liebe heiraten und sich nicht den diplomatischen Zwängen unterwerfen. Doch dann lernt sie Karl, den Sohn des Württembergischen Königshauses und Nachfolger König Wilhelm I. kennen. In ihm findet sie endlich einen Gleichgesinnten zur Verwirklichung ihrer sozialen Pläne …

Die Autorin Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Nach dem Gymnasium absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Übersetzerin und Wirtschaftskorrespondentin. Nachdem sie einige Jahre im Import- und Exportgeschäft tätig war, begann sie in den 1990er Jahren mit dem Schreiben historischer Romane. Diese wurden in viele Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von weit über 2,5 Millionen Exemplaren. Im Jahr 2015 wandte sie sich der Gegenwartsliteratur zu. Heute lebt Petra Durst-Benning mit ihrer Familie südlich von Stuttgart auf dem Land.

In ihrem Roman „Die Zarentochter“ schildert Petra Durst-Benning das Leben von
Großfürstin Olga, die im Familienkreis nur Olly genannt wurde, am Hof in Sankt Petersburg. Aufgewachsen mit sechs Geschwistern hatte sie eine wohlbehütete und liebevolle Kindheit. Schon früh zeigten sich ihr starker Wille, ihre Durchsetzungskraft und ihre soziale Neigung. Sie wollte zwar eine fügsame Tochter sein, sich aber nicht in eine ungeliebte Ehe drängen lassen und hatte daher einige verliebte Schwärmereien, die allesamt mit einer Enttäuschung endeten. Als sie dann Karl, ihren späteren Ehemann kennen lernte, war es nicht die große Liebe, aber eine innige Seelenverwandtschaft.

Es vermischen sich hier Fiktion und Fakten, wie die Autorin im Nachwort selbst erwähnt. Leider überwiegt für meinen Geschmack das Erdachte, historische Tatsachen und die Geschichte Russlands verbleiben doch sehr im Hintergrund. Es dreht sich beinahe alles um die Zarenkinder, über ihr prunkvolles Zuhause, ihre Klugheit, ihre Schönheit und ihre Zukunft. Das liest sich anfangs noch ganz interessant, verliert aber dann mehr und mehr an Qualität. Plötzlich stehen die Schönheit der Mädchen, ihre prunkvollen Kleider und oberflächliche Vergnügungen im Mittelpunkt, was dem Roman äußerst abträglich ist. Der Schreibstil ist leicht, flüssig und sehr gefühlsbetont, so dass sich die Geschichte zügig lesen lässt. Die Autorin versteht es gut, die Protagonisten zum Leben zu erwecken. Der Cliffhanger am Schluss weckt die Neugierde auf Olgas Ehe und ihr Leben in Stuttgart, was dann in Band 3 der Zarentochter-Saga zu lesen ist.

Veröffentlicht am 18.03.2019

Schicksal ...

Bella Ciao
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Als Giulia Masca entdeckte, dass ihr Verlobter Pietro sie mit ihrer besten Freundin Anita hinterging, verließ sie fluchtartig ihr Heimatdorf Borgo die Dentro im Piemont, um in Genua das nächste Schiff ...

Als Giulia Masca entdeckte, dass ihr Verlobter Pietro sie mit ihrer besten Freundin Anita hinterging, verließ sie fluchtartig ihr Heimatdorf Borgo die Dentro im Piemont, um in Genua das nächste Schiff nach Amerika zu nehmen. Jetzt, 1946, 45 Jahre später, kehrt sie als wohlhabende Frau mit ihrem Sohn Michael zu einem kurzen Aufenthalt zurück. Sie möchte mit der Vergangenheit abrechnen, erfahren wie es Anita und Pietro erging. Giulia selbst hatte Glück. Als sie Anfang des 20. Jahrhunderts schwanger in New York ankam, lernte sie den älteren Krämer Libero Manfredi kennen, der sie heiratete und für ihr Kind wie ein leiblicher Vater war. Doch nun, zurück in der alten Heimat, zögert sie. Soll sie sich zu erkennen geben? Soll sie Anita und Pietro aufspüren? Soll sie alte Wunden aufreißen? …

Die Autorin Raffaella Romagnolo wurde 1971 in Casale Monferrato/Piemont geboren. Sie ist Lehrerin für Geschichte und Italienisch und schreibt seit 2007 auch Romane, für die sie bereits für den Premio Strega nominiert war. Heute lebt die sie in Rocca Grimalda im Piemont.

Der Roman „Bella Ciao“ (Original „Destino“) befasst sich sowohl mit dem Leben einiger Familien in Italien, als auch mit dem Schicksal italienischer Auswanderer in New York, und umfasst den Zeitraum von etwa 1900 bis 1946. Der Leser erhält einen tiefen Einblick in die Not in Italien während der beiden Weltkriege, erfährt über die Ausbeutung der Fabrikarbeiter und der Landpächter, liest über Naturkatastrophen, über Gemetzel an der Front und über den schier aussichtslosen Kampf der Partisanen gegen den aufkommenden Faschismus unter Mussolini. Es sind viele Tote und Verletzte zu beklagen. Auch die ausgewanderten Italiener in den USA hatten ihre Probleme, mussten sie doch gegen manche Vorurteile ankämpfen. Während Giulia durch das Dorf wandert und auf ihr eigenes, manchmal hartes, Leben zurückblickt erfährt man auch, wie es ihrer damals besten Freundin Anita, deren Familie und Giulias Verlobten Pietro nach ihrer Flucht ergangen ist.

Das Buch beeindruckt durch seine Sprachintensität, ist jedoch wegen der vielen Zeitsprünge, Rückblenden und Perspektivwechsel nicht ganz einfach zu lesen. Es erfordert schon ein gewisses Maß an Konzentration, um das Geschehen zu verfolgen und die Ereignisse richtig einzuordnen. Sehr viele Personen bevölkern die Geschichte, so dass die eingefügten Familien-Stammbäume und die Übersicht über weitere Personen zu Beginn jedes der drei Teile sehr hilfreich sind. Die Autorin zeichnet ein atmosphärisch dichtes Bild des Lebens der Menschen im Piemont zur damaligen Zeit und besitzt ein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen. Die Charaktere sind sehr lebensecht und authentisch. Auf eindrückliche, höchst lesenswerte Weise wurden hier fiktive Familiendramen mit historischer, sehr gut recherchierter Zeitgeschichte verbunden.

Fazit: So muss gute Literatur sein, anspruchsvoll, ernsthaft und doch unterhaltend.