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Veröffentlicht am 27.04.2017

Autobiographie einer chaotischen Familie

Das Siegel der Tage
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„… ich spürte, wie ich mit diesem Mann verschmolz, mit dem ich einen langen und steilen Weg gegangen war, mit dem ich gestolpert und gefallen und wieder aufgestanden war, mich gestritten und mich versöhnt ...

„… ich spürte, wie ich mit diesem Mann verschmolz, mit dem ich einen langen und steilen Weg gegangen war, mit dem ich gestolpert und gefallen und wieder aufgestanden war, mich gestritten und mich versöhnt hatte, ohne dass wir einander je verraten hätten. Das Siegel der Tage, Leid und Freuden geteilt zu haben, war längst unser Schicksal.“

Mit diesen bewegenden Worten schließt Isabel Allende ihr Buch „Das Siegel der Tage“ ab, das an ihren zuvor erschienenen Roman „Paula“ anknüpft. Sie wendet sich darin an ihre verstorbene Tochter Paula und erzählt ihr, wie ihr Leben und das der Familie in den vergangenen vierzehn Jahren seit ihrem Tod weiter gegangen ist. Sie beginnt damit, wie die ganze Familie an einen idyllischen Platz im Kalifornischen Nationalpark fuhr, um dort ihre Asche zu verstreuen. Allende erzählt - und das kann sie sehr gut. Es fallen ihr immer wieder neue Anekdoten und Geschichten ein. Geschichten über sich selbst, ironisch und nicht immer schmeichelhaft, und Ereignisse in der Familie, über die die betroffenen Familienmitglieder wohl nicht immer erfreut waren. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und erzählt in aller Offenheit über Trennungen, neue Liebschaften und Kuppeleiversuche innerhalb ihrer großen Familie und ihres Freundeskreises, den sie zur erweiterten Familie hinzu zählt. Allende benimmt sich wie eine Glucke, die alle ihre Lieben um sich scharen möchte. Sie sucht und kauft Häuser in ihrer Nähe, um Familienmitglieder dort unter zu bringen. Gerne mischt sie sich auch in deren Privatleben ein und gibt ungebeten Ratschläge in Liebesdingen. Ja, sie schreckt auch nicht davor zurück, für den Buchhalter ihres Mannes im Internet eine passende, heiratswillige Chinesin zu suchen.

Da dies kein Roman mit fortlaufender Handlung ist möchte ich empfehlen, die einzelnen, teils in kurzen Kapiteln eingeteilten Episoden, häppchenweise zu genießen. Die ganze Fülle an Ereignissen und Begebenheiten auf einmal zu lesen, könnte den Leser leicht überfordern. Dann kann man eintauchen in ein Buch voller Herzenswärme und ironischem Humor, in ein Leben mit Höhen und Tiefen und Phasen der Freude und der Trauer, geschrieben von einer starken Frau, die ihre Erfüllung im Kreise ihrer außergewöhnlichen Familie findet.

Fazit: Ein interessantes Buch das, obwohl kein Roman, doch bemerkenswert gut unterhält.

Veröffentlicht am 08.04.2017

Trügerische Erinnerungen …

Das Buch der Spiegel
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Der Literaturagent Peter Katz bekommt das Manuskript eines Romans zugeschickt, von dem er sofort begeistert ist. Verfasser ist ein gewisser Richard Flynn. Er berichtet über den nie aufgeklärten Mord an ...

Der Literaturagent Peter Katz bekommt das Manuskript eines Romans zugeschickt, von dem er sofort begeistert ist. Verfasser ist ein gewisser Richard Flynn. Er berichtet über den nie aufgeklärten Mord an einem Professor für Psychologie aus dem Jahre 1987 in Princeton und verspricht neue Enthüllungen. Doch das Manuskript endet an einer entscheidenden Stelle. Als Katz sich mit Flynn in Verbindung setzen will erfährt er, dass dieser in der Zwischenzeit verstorben ist. So beauftragt er den befreundeten Reporter John Keller damit, den Rest des Manuskripts zu finden oder einen passenden Schluss zu erfinden. Keller gelingt es einige Zeitzeugen zu befragen, von denen alle ein Puzzlestück zur Lösung des Falles beitragen könnten. Doch dabei stößt er auf ein Gewirr von Widersprüchen und Ungereimtheiten, denn jeder der Beteiligten hat nach beinahe dreißig Jahren eine andere Erinnerung. So setzt er sich mit Roy Freeman, einem pensionierten Polizisten, der in dem damaligen Mordfall ermittelte, in Verbindung. Diesem gelingt es offenbar, Licht ins Dunkel zu bringen. Doch ist das wirklich die Wahrheit? Kann man den Erinnerungen trauen? …

„Das Buch der Spiegel“ ist sowohl der Arbeitstitel des Romanmanuskripts in der Geschichte, als auch der Titel des Kriminalromans des rumänischen Schriftstellers E.O. Chirovici. Das Buch wurde bereits in über 30 Länder verkauft und vom britischen „The Guardian“ gar als ‚Sensation‘ bezeichnet. Vom Verlag und auf dem Cover als Roman charakterisiert, würde ich es doch eher unter der Bezeichnung „Kriminalroman“ einordnen. Obwohl sehr viel auf das trügerische menschliche Erinnerungsvermögen, auf Einbildungskraft und Unterbewusstsein, eingegangen wird, überwiegt m.E. doch das kriminalistische, denn der Leser brennt naturgemäß darauf zu erfahren, wer seinerzeit den allseits beliebten Professor ermordet hat und was die Gründe für die Tat waren.

Vier Ich-Erzähler schildern in chronologischer Reihenfolge den Fall jeweils aus ihrer Sicht. Daraus entwickelt sich zu Beginn eine gewisse Spannung und die Frage, wie sich das alles am Ende wohl zusammen fügen wird. Viele Wendungen und immer wieder neue Erkenntnisse kommen in Umlauf, so dass sich die Sichtweise des Lesers ständig ändert. Rückblicke und aktuelle Ereignisse wechseln rasch, familiäre Probleme der Protagonisten verknüpfen sich mit dem Geschehen, neue Personen und belanglose Nebenschauplätze tauchen plötzlich auf, so dass man schon mal den Überblick verlieren kann.

Der Schreibstil ist sachlich und eher nüchtern, die Erzählweise den berichtenden Personen angepasst, insgesamt jedoch flüssig und schnell lesbar. Die Spannung ist zu Beginn sehr hoch, fällt aber bald rapide ab. Bedingt durch die unterschiedlichen Erzähler ergeben sich zwar neue Sichtweisen, jedoch bleibt die Geschichte immer dieselbe mit einigen Abwandlungen. Die Charaktere und ihr Umfeld sind sehr ausführlich und sehr detailgetreu beschrieben, so dass man sich während des Lesens ständig fragen muss, was wohl für die Geschichte relevant ist und was man getrost vergessen kann. Das Ende ist schlüssig und passend, wenn auch einige Fakten ungeklärt bleiben.

Fazit: Ein Roman mit kriminalistischem Hintergrund, der geschickt mit den Tiefen der Psyche, dem menschlichen Erinnerungsvermögen, Einbildungskraft und trügerischem Unterbewusstsein, spielt.

Veröffentlicht am 08.04.2017

Schiff ahoi – willkommen an Bord

Passagier 23
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Kein Einsatz ist ihm zu gefährlich, keine Gefahr als verdeckter Ermittler zu groß, seit der Polizei-Psychologe Martin Schwartz vor fünf Jahren seine Frau und seinen Sohn verloren hat. Die beiden verschwanden ...

Kein Einsatz ist ihm zu gefährlich, keine Gefahr als verdeckter Ermittler zu groß, seit der Polizei-Psychologe Martin Schwartz vor fünf Jahren seine Frau und seinen Sohn verloren hat. Die beiden verschwanden spurlos während der Überfahrt des Kreuzfahrtschiffs „Sultan of the seas‘‘ von Hamburg nach New York. Mit der Erklärung der Reederei, es handelte sich um „erweiterten Suizid“, kann und will Schwartz sich nicht abfinden. Gerade hat er wieder einen lebensgefährlichen Einsatz erfolgreich abgeschlossen als er den Anruf einer älteren Dame erhält, die sich als Krimi-Autorin vorstellt. Sie erklärt ihm, dass sie Dauergast auf der „Sultan“ sei und behauptet, Hinweise zum Verbleib seiner Familie gefunden zu haben.

Schwartz begibt sich auf den Luxusliner und erfährt, dass ein vor längerer Zeit ebenfalls spurlos verschwundenes Mädchen mit dem Teddy seines Sohnes im Arm plötzlich wieder aufgetaucht ist. Die kleine Anouk ist traumatisiert, völlig verstört und nicht ansprechbar. Während der Ozeanriese mit einigen Tausend Passagieren an Bord durch den Atlantik pflügt, sucht Schwartz im Bauch des Schiffes nach der Mutter des Kindes und auch nach weiteren Erklärungen über den Tod seiner Familie. Er wird fündig, doch als dann eine Leiche entdeckt wird und ein weiteres Mädchen vermutlich über Bord gegangen ist, wird es für Martin Schwarz lebensgefährlich …

Ein heikles Thema, das der Autor Sebastian Fitzek in dem Psychothriller „Passagier 23“ aufgegriffen hat. Auf Cruiseliner verschollene Personen ist keineswegs eine Erfindung Fitzeks, sondern leider Tatsache. Durchschnittlich gehen jährlich etwa 23 Personen an Bord von Kreuzfahrtschiffen, die mittlerweile einer schwimmenden Kleinstadt gleichen, verloren. Meist wird das spurlose Verschwinden als Selbstmord erklärt, damit die Behörden das Schiff nicht beschlagnahmen und wochenlang durchsuchen. Dazu muss man wissen, dass jeder verlorene Tag die Reederei Millionen kostet. Dieses Vertuschen geht aber nur, solange keine der verschwundenen Personen wieder auftaucht – so wie hier, in diesem spannenden Thriller.

Das Buch fällt zunächst durch das sehr gut gelungene Cover auf. Durch ein Bullauge, das im Schutzumschlag ausgespart ist, blickt man auf die tosende See, die auf dem Buch selbst aufgedruckt ist. Der Schreibstil ist, wie von Fitzek gewohnt, sehr fesselnd – man wird sofort in das Geschehen hinein gezogen. In rascher Folge und kurzen Kapiteln wechseln Schauplätze und Personen und halten so die Spannung extrem hoch. Erst ganz allmählich fügt sich die Fülle von Handlungsabläufen zu einem sinnvollen Ganzen zusammen. Durch die Vielzahl der verschiedenen Charaktere bleiben diese leider etwas blass und ohne Kontur. Da sich die Handlung meist unter Deck abspielt, kommt auch keine richtige „maritime“ Atmosphäre auf. Lobenswert ist hingegen die gründliche Recherche über Kreuzfahrtschiffe und deren nicht für Passagiere zugänglichen Decks, Kabinen und Örtlichkeiten.

Am Ende hat Fitzek für den Leser noch eine Überraschung parat. Nach einer längeren Danksagung folgt ein Epilog, in dem er die aufregende Handlung des Prologs nochmals aufgreift und sinnvoll zu Ende führt. Auch der Verlag hat eine Überraschung für den Leser. Das dem Buch beiliegende Lesezeichen enthält einen rätselhaften Dechiffrierungscode, den es zu knacken gilt.

Fazit: Ein Thriller wie er sein soll, interessant und spannend von Anfang bis Ende.

Veröffentlicht am 08.04.2017

Original und Fälschung …

Das letzte Bild der Sara de Vos
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Seit vielen Generationen ist das Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, „Am Saum eines Waldes“, schon im Besitz der Familie. Doch nun hängt im Schlafzimmer des reichen New Yorker Patentanwaltes Marty de Groot ...

Seit vielen Generationen ist das Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, „Am Saum eines Waldes“, schon im Besitz der Familie. Doch nun hängt im Schlafzimmer des reichen New Yorker Patentanwaltes Marty de Groot plötzlich eine Kopie – vermutlich ausgetauscht bei der Wohltätigkeits-Party vor einigen Tagen. Bei dem Bild handelt es sich um das einzige verbliebene Werk der holländischen Malerin Sara de Vos, die 1631 als erste Frau in die Amsterdamer Meistergilde aufgenommen wurde. De Groot schaltet einen Detektiv ein, der auch bald den Maler der brillanten Kopie ausfindig machen kann. Es ist die junge Kunststudentin Ellie Shipley, die für den Kunsthändler Gabriel gelegentlich beschädigte Gemälde restauriert. Zu spät merkt sie, dass sie einem Betrug aufgesessen ist und für Gabriel eine Fälschung gemalt hat – mit weitreichenden Folgen …

Der Autor Dominic Smith wuchs in Sidney auf und lebt heute in Austin, Texas. Er schrieb Beiträge für einige namhafte Zeitungen und erhielt für seine historischen Romane zahlreiche Preise, doch erst mit seinem Buch „Das letzte Bild der Sara de Vos“ errang er weltweit Beachtung und Anerkennung. Der Roman zeichnet sich durch Liebe zur Malerei, großen Sachverstand und ausgezeichnete Recherche aus, das Cover dazu ist hervorragend gelungen und verrät bereits im Voraus einiges über den Inhalt.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend und lässt sich gut und flüssig lesen. Besonders ausdrucksstark sind dem Autor die Landschaftsbeschreibungen und sehr lebendig die Lebensumstände der Protagonisten gelungen. Erklärungen zur Malerei, Maltechniken und Pinselführung sind anschaulich geschildert. Wie Dominic Smith im Nachwort erwähnt, ist die Handlung frei erfunden, wobei er jedoch biographische Details einiger Malerinnen des 17. Jahrhunderts, wie Judith Leyster und Sarah van Baalbergen, mit eingebunden hat.

Die Geschichte baut auf drei Hauptpersonen in drei verschiedenen Zeitebenen an drei verschiedenen Orten auf. Da ist die Malerin Sara de Vos, ihr Leben und Wirken in den Jahren 1636 und 1637 in Holland – der Anwalt Marty de Groot und die Kunststudentin Ellie Shipley in New York 1958 – und ein nochmaliges Zusammentreffen des Anwalts und der Fälscherin in Sidney im Jahr 2000. Handeln und Beweggründe der Protagonisten sind sehr real geschildert, menschliche Schwächen und ihre Hintergründe sind gut nachvollziehbar. Kurze Kapitel und ein stetiger Wechsel von Ort und Zeit steigern allmählich die Spannung und halten sie bis zum Schluss auf hohem Niveau. Obwohl die Grundstimmung eher melancholisch ist, blitzt doch ab und zu Humor durch, das Ende stimmt versöhnlich und lässt einen zufriedenen Leser zurück.

Fazit: Ein außergewöhnliches Buch, sehr empfehlenswert – für Kunstinteressierte ein Muss.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Mordserie in Frankfurt

Siebenschön
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Das wunderschöne Cover und der Titel „Siebenschön“ lässt alles Andere als einen brutalen Thriller erwarten. Doch um einen solchen handelt es sich. Die Autorin Judith Winter zieht hier sämtliche Register ...

Das wunderschöne Cover und der Titel „Siebenschön“ lässt alles Andere als einen brutalen Thriller erwarten. Doch um einen solchen handelt es sich. Die Autorin Judith Winter zieht hier sämtliche Register und packt alles rein, was einen spannenden und aufregenden Krimi ausmacht. Durch die verschiedenen Sichtweisen der Ermittler, der Opfer und des Mörders gewinnt man tiefen Einblick in das Geschehen. Rätselhafte Briefe, Leichen die seltsam präpariert aufgefunden werden und nicht zuletzt Hinweise von Psychologen und Vermutungen der Ermittler ergeben nach und nach ein Puzzle, das den Leser in den Bann zieht und zum Miträtseln förmlich einlädt.

Der Schreibstil ist solide und sachlich mit interessanten und teilweise humorvollen Dialogen. Durch die vielen Namen und häufigen Perspektivwechsel fühlt man sich anfangs leicht überfordert, gewöhnt sich aber rasch an die temporeiche Erzählweise. Die Polizeiarbeit ist logisch und gut nachvollziehbar beschrieben, die beiden Hauptprotagonistinnen Emilia und Mai Zhou gewinnen im Laufe der Geschichte ungemein an Sympathie. Der Täter wird schon früh erwähnt, bleibt bis kurz vor dem rasanten Showdown im Dunkeln. Dies trägt wesentlich dazu bei, die Spannung aufzubauen und bis zum Schluss mehr und mehr zu steigern. Alles fügt sich dann schlüssig zusammen.

Fazit: Ein gut gemachter, logisch aufgebauter und stimmig gelöster Thriller. Für das Ermittlerduo bleibt noch Potential zur weiteren Entwicklung. Was die Story mit Titel und Cover gemein hat, hat sich mir jedoch nicht erschlossen.