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Veröffentlicht am 17.03.2018

Vor sich hin plätschernder Roman, der meine Erwartungen nicht erfüllt hat

Idaho
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Der Roman „Idaho“ wurde nach meinem Empfinden extrem gehyped und ich hatte große Erwartungen, als ich ihn zu lesen begonnen habe.

Kurz zum Inhalt:
Jenny und Wade haben zwei Töchter – June und May. Sie ...

Der Roman „Idaho“ wurde nach meinem Empfinden extrem gehyped und ich hatte große Erwartungen, als ich ihn zu lesen begonnen habe.

Kurz zum Inhalt:
Jenny und Wade haben zwei Töchter – June und May. Sie fahren in den Wald, um Brennholz zu holen. Jenny hat ein Beil in der Hand. May stirbt, June verschwindet, Jenny geht lebenslang ins Gefängnis und Wade heiratet neu.

Meine Meinung:
Als Thema das Romans war angekündigt worden, dass man Erinnerungen manipulieren kann oder dass einem die eigenen Erinnerungen teilweise einen Streich spielen. Ich habe den Roman mit der Erwartung zu lesen begonnen, dass man aus den verschiedenen Erinnerungsfetzen der verschiedenen handelnden Personen im Laufe verschiedener Jahre am Ende ein Bild zusammensetzen kann und erfährt, was sich an diesem heißen Sommertag im Wald wirklich zugetragen hat, warum es dazu gekommen ist und wie sich die Personen anschließend verhalten haben.
Diese Erwartung wurde leider in keiner Weise erfüllt. Der Roman plätschert in verschiedenen Szenen vor sich hin und man erfährt irgendwelche Details aus der Sicht von unterschiedlichen Personen. Besonders der Anfang, aber fast auch der gesamte Roman, ist von einer extrem beklemmenden Atmosphäre geprägt. Es gibt nichts Fröhliches, es gibt keine Normalität, es gibt nur kranke oder psychisch gestörte Protagonisten….
Ich habe Abschnitt für Abschnitt gelesen, in der Erwartung, dass es am Ende doch noch eine Art Auflösung gibt, und wurde leider sehr enttäuscht.

Fazit:
In der Vorstellung des Buches wurden völlig falsche Erwartungen geweckt. Der Hype um diesen Roman ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt.

Veröffentlicht am 10.03.2018

Spannender Wissenschaftsthriller

Der Schlüssel des Salomon
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Der CIA-Agent Frank Bellamy wird tot im CERN in Genf aufgefunden. Bei ihm findet man einen Zettel mit einem Hinweis auf den portugiesischen Geschichtsprofessor und Kryptanalyst Tomás Noronha, der sich ...

Der CIA-Agent Frank Bellamy wird tot im CERN in Genf aufgefunden. Bei ihm findet man einen Zettel mit einem Hinweis auf den portugiesischen Geschichtsprofessor und Kryptanalyst Tomás Noronha, der sich zeitlich auch in Genf aufhält. Es beginnt eine Verfolgungsjagd durch Portugal und in die USA, bei der es darum geht, herauszufinden, was es mit dem sogenannten „Schlüssel des Salomon“, einem Amulett mit versteckten Hinweisen, auf sich hat, und was hinter dem Projekt „Quantenauge“, am dem Frank Bellamy zuletzt gearbeitet hat, steckt. Tomás wird schnell klar, dass er und seine Freundin Maria Flor, die ihn begleitet, in Lebensgefahr schweben. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.


Meine Meinung:
Nachdem mir der Wissenschaftsthriller „Das Einstein Enigma“ von Dos Santos aufgrund der guten Darstellung des wissenschaftlichen Teils bereits sehr gut gefallen hatte, hatte ich sehr hohe Erwartungen an seinen neuen Roman „Der Schlüssel des Salomon“. Insbesondere bezüglich der Dialoge rund um die interessanten Erkenntnisse aus dem Bereich der Quantenmechanik hat sich für mich die Lektüre des Romans auch wieder sehr gelohnt. Dos Santos versteht es, wissenschaftliche Theorien und Zusammenhänge und vermeintlich trockene Theorie so gekonnt in Gespräche, Dialoge… zu packen, dass sie auch für Nicht-Experten auf dem Gebiet verständlich sind und auch so spannend beschrieben, dass man die Seiten einfach nur verschlingt. Besonders gut gefallen haben mir die Beschreibungen zur Entstehung der Theorie rund um Quantenmechanik, Welle-Teilchen-Dualismus und Quantencomputer; ich habe sehr viel gelernt über die Konferenzen von Solvay und den Physikerstreit zwischen Einstein und Bohr und ihren jeweiligen Mitstreitern.
Die Thrillergeschichte rund um die Wissenschaft war dagegen vergleichsweise schwach. Einiges kam mir vor wie ein Dan Brown-Abklatsch, anderes war so überzogen dargestellt, dass es mir sehr unglaubwürdig vorkam. Auch viele der handelnden Personen bleiben eher blass.


Fazit:
Ich freue mich auf weitere Bücher von Dos Santos, allerdings nicht auf die Thrillerelemente, sondern auf seine phantastischen gut verständlichen Schilderungen wissenschaftlicher Zusammenhänge!

Veröffentlicht am 07.03.2018

Ein Spiegel der (amerikanischen) Gesellschaft - für mich so gut wie Jonathan Franzen

Die Herzen der Männer
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Wisconsin, USA, in den 1960er, 1990er Jahren und heute: Jungen verschiedener Generationen verbringen die Sommerferien im Pfadfinderlager.
Es beginnt mit dem 16jährigen Außenseiter Nelson, der im Pfadfinderlager ...

Wisconsin, USA, in den 1960er, 1990er Jahren und heute: Jungen verschiedener Generationen verbringen die Sommerferien im Pfadfinderlager.
Es beginnt mit dem 16jährigen Außenseiter Nelson, der im Pfadfinderlager total aufgeht, auch wenn er dort zunächst keine Freunde hat.
Nelson ist es wichtig, im Pfadfinderlager möglichst viele Abzeichen zu erhalten und jeden Morgen die anderen mit seiner Signaltrompete zu wecken. Der Lagerleiter hält ihn für besonders und lässt ihm ein besonderes Coaching zukommen.
Der unbekümmerte Jonathan geht auf Nelson zu und freundet sich mit ihm an.
Wie wird das Leben der beiden ungleichen Freunde Nelson und Jonathan weiter verlaufen?
Wie nehmen nachfolgende Generationen das Pfadfinderlager wahr?


Meine Meinung:
Der Roman von Nickolas Butler ist ganz wunderbar geschrieben. Die Charaktere sind keine Personen zum unbedingten Liebgewinnen, sondern (im Wesentlichen) Männer mit Ecken und Kanten, an denen man sich reiben kann. Nelson ist ein Außenseiter, der im Pfadfinderlager von den anderen Kindern gemobbt wird. Dennoch entwickelt er sich im Laufe der Jahre zu einer interessanten Persönlichkeit, die sich um andere sorgt und kümmert.
Auch die anderen Charaktere (aus unterschiedlichen Generationen) sind sehr fein gezeichnet und bieten viel Stoff zum Nachdenken. Alle haben ihre positiven und ihre negativen Seiten.

Besonders gut gefallen hat mir an Butlers Roman das Spiegelbild der (US-amerikanischen) Gesellschaft, das er zeichnet und sehr fein beschreibt. Dauerhaft aktuelle Themen wie der Umgang mit Waffen, Einsätze in Kriegsgebieten, der Umgang von Männern mit Frauen etc. werden so beschrieben, dass sie polarisieren und zur Diskussion anregen.

Die Erzählweise hat mich sehr an den großen Jonathan Franzen (z.B. "Die Korrekturen") erinnert und ich habe aus der Lektüre des Romans viel mitnehmen können.


Fazit:
"Die Herzen der Männer" ist für mich ein großer Roman, der nachdenklich macht und an dem man sich herrlich reiben kann!

Veröffentlicht am 27.02.2018

Umfangreiches und gut recherchiertes Werk über Gerhart Hauptmann zum Ende seines Lebens 1945/1946

Wiesenstein
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Hans Pleschinski legt mit "Wiesenstein" ein sehr umfangreiches Werk vor, das nach dem Wohnsitz des Schriftstellers Gerhart Hauptmann in Schlesien benannt ist, wo auch die meisten Teile der Handlung spielen.
Die ...

Hans Pleschinski legt mit "Wiesenstein" ein sehr umfangreiches Werk vor, das nach dem Wohnsitz des Schriftstellers Gerhart Hauptmann in Schlesien benannt ist, wo auch die meisten Teile der Handlung spielen.
Die Darstellung beginnt in Dresden im März 1945, kurz nachdem die Stadt durch Bombenangriffe fast vollständig zerstört wurde, und endet mit Hauptmanns Tod im Jahre 1946.
Während große Fluchtbewegungen in den Westen eingesetzt haben, fährt Gerhart Hauptmann mit seiner Frau sowie Bediensteten von Dresden aus in die entgegengesetzte Richtung, um sich nach einem Aufenthalt im Sanatorium nun wieder in seiner Residenz Villa "Wiesenstein" im Riesengebirge einzurichten. Auch über das Kriegsende hinaus bleibt Gerhart Hauptmann mit seiner Entourage in Wiesenstein wohnen; die russischen und polnischen Verwalter halten bis zu seinem Tod die Hand über ihn.


Meine Meinung:
Das Werk ist keine leichte Kost, in die man schnell Einstieg findet und die man nebenher schnell lesen kann. Durch die Mischung von Erlebnisberichten und Zitaten aus den Werken Hauptmanns wird der Lesefluss des Öfteren unterbrochen, und der Zugang fällt zunächst aufgrund der Sperrigkeit etwas schwer.
Im Laufe des Buches werden jedoch Abschnitte - gerade die Beschreibungen der Erlebnisse zum Ende des zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach - zunehmend spannend zu lesen. Ich kenne bisher kein Buch, dass die Ereignisse von 1945/46 - gerade auch in Schlesien - so eindringlich beschreibt. Hierdurch habe ich viel gelernt, aber vor allem aber auch die bedrückende Atmosphäre fast hautnah gespürt.

Dem Buch merkt man deutlich an, dass der Autor sehr gut und gründlich recherchiert hat. Das Werk und die Person Hauptmanns werden differenziert aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt, wobei sich der Autor geschickt der verschiedenen handelnden Personen, z.B. Butler, Masseur, Sekretärin, Archivar, Köchin, Gärtner, Ehefrau..., bedient, die alle ihre eigene Sicht vertreten und die Pleschinski gekonnt in Gesprächen reflektieren und zurückschauen lässt.
Als Leser wird man nicht unbedingt ein Freund oder Fan Hauptmanns, aber man bekommt einen sehr guten Überblick und kann auch reflektiert eine zeitgeschichtliche Einordnung vornehmen. Gerade eine kritische Sicht auf Hauptmann, der während des Dritten Reiches in Deutschland geblieben und nicht emigriert ist, wird durch das Buch befördert. Darüber hinaus ist auch die Beschreibung der Kontakte, die der Schriftsteller während seines Lebens hatte, ist sehr interessant, denn natürlich war während des langen Lebens des Nobelpreisträgers viel Prominenz zu Gast bei ihm - ob in Wiesenstein oder im Haus auf Hiddensee oder auch in Italien.

Sehr wichtig fand ich auch die Darstellung der Konflikte zwischen Flüchtlingen und beispielsweise den Bewohnern Schlesiens, die (noch) nicht geflohen waren / vertrieben worden waren, da diese vor allem vor dem Hintergrund der Beschreibung der Gefühlslage - wieder und immer noch - sehr aktuell sind.

Auch wenn die Beschreibungen (gerade im Zusammenhang mit dem Werk oder Gesprächen Hauptmanns) zum Teil recht sperrig zu lesen waren, ist es doch insgesamt ein wichtiges Buch, von dem man sehr lange zehren wird.


Fazit:
Bei "Wiesenstein" handelt es sich sicherlich nicht um leichte Kost; man lernt jedoch eine Menge, nicht nur über Gerhart Hauptmann und sein Werk, sondern auch über ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Spannender historischer Roman im Umfeld des Kathedralenbaus in Magdeburg

Die Kathedrale des Lichts
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Der Roman spielt im Wesentlichen im 13. Jahrhundert in Magdeburg.
Moritz hat in seiner Kindheit Schlimmes erlebt; er ist der einzige Überlebende aus seiner Familie und fristet dann zunächst sein Leben ...

Der Roman spielt im Wesentlichen im 13. Jahrhundert in Magdeburg.
Moritz hat in seiner Kindheit Schlimmes erlebt; er ist der einzige Überlebende aus seiner Familie und fristet dann zunächst sein Leben als Sklave an einem Hof.
Als er in der Bauhütte eingesetzt wird, stellt sich heraus, dass er ein besonderes Talent für die Bildhauerei hat und er bezaubernde Figuren schaffen kann, die die Gefühle und den Charakter der Menschen widerspiegeln, die Vorbild für die Figuren waren.
Die junge Helena ist die Tochter des Baumeisters, der die Magdeburger Kathedrale zu Ehren des Heiligen Mauritius bauen soll. Um sie werben gleich mehrere Ritter und andere im Umfeld der Bauhütte.
Darüber hinaus spielt eine Vielzahl weiterer Personen im Umfeld der Bauhütte mit.


Meine Meinung:
Im ersten Teil der Geschichte lernt man zunächst die Vielzahl der Personen kennen, die in dem Roman vorkommen. Man hat als Leser leider zunächst wenig Gelegenheit, die Figuren besser kennenzulernen, da die Perspektive jeweils relativ schnell zwischen den einzelnen Charakteren wechselt. Im Laufe der Geschichte konsolidiert sich die Situation zwar etwas, aber insgesamt hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe bei den Personen gewünscht (und dafür vielleicht eine oder zwei Personen weniger im Roman).
Die Handlung ist grundsätzlich jedoch spannend und gewinnt zusätzlich durch die geschickt eingeflochtenen Beschreibungen zum Kathedralenbau. Insbesondere in dieser Hinsicht habe ich "nebenbei" viel gelernt, was mich angeregt hat, zum Beispiel bei der anstehenden Besichtigung einer Kathedrale auf andere Dinge zu achten und den Baumeistern noch mehr Wertschätzung zu zollen.

Gut gefallen hat mir auch, dass in die Handlung Einschübe aufgenommen wurden, die in die Zeit des Heiligen Mauritius, zu dessen Ehre die Kathedrale gebaut wird, zurückschauen.

Insgesamt erscheint mir der Roman sehr gut recherchiert, so dass er nicht nur gute Einblicke in das Handwerk in einer Bauhütte bietet, sondern auch in das alltägliche Leben der Leute.


Fazit:
Mit einigen wenigen Abstrichen rund um die Beschreibung der handelnden Personen ist "Die Kathedrale des Lichts" für mich ein gelungener und gut recherchierter historischer Roman.