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Veröffentlicht am 16.10.2021

Ein Ex-Paar in einem kleinem Auto, einige Konflikte und viele Erinnerungen

Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden
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„Ich liebe dich“, sage ich und weine. „Ich habe dich sogar geliebt, als ich dich gehasst habe. Ich habe dich geliebt, als alles andere mir lieber gewesen wäre.“

Eigentlich sollte es eine ganz entspannte ...

„Ich liebe dich“, sage ich und weine. „Ich habe dich sogar geliebt, als ich dich gehasst habe. Ich habe dich geliebt, als alles andere mir lieber gewesen wäre.“

Eigentlich sollte es eine ganz entspannte Fahrt für die Schwestern Addie und Deb (und ihren Mitfahrer Rodney) zur Hochzeit ihrer besten Freundin Cherry in Schottland werden. Doch dann fährt ihnen einen Auto auf und darin sitzen keine Unbekannten: Addies Exfreund Dylan und sein Freund Marcus, die zur selben Hochzeit unterwegs sind. Der Wagen der Männer ist nicht mehr fahrtüchtig, also bleibt Addie nichts anderes übrig, als Dylan und Marcus Plätze in ihrem Mini anzubieten. Keine einfache Situation für Addie und Dylan, die sich seit zwei Jahren weder gesehen noch gesprochen haben und die damals nicht im Guten auseinandergingen. Auf so engem Raum können die zwei sich und ihren Erinnerungen natürlich nicht entkommen...

Beth O’Leary schreibt klar verständlich und flüssig im Präsens, abwechselnd aus Dylans und Addies Sicht. Sie schildert sowohl die aktuelle Situation auf der Fahrt nach Schottland als auch Erinnerungen der beiden Protagonisten in Rückblenden. Es geht dabei um die Zeit, als sich die beiden kennenlernen und später als Paar zusammen sind. Durch diese nicht durchgehend chronologische Erzählweise wird im Verlauf immer deutlicher, warum sich Addie und Dylan damals trennten.

Addie und Dylan sind spannende Charaktere, die mir im Verlauf immer vertrauter wurden. Beide sind sensible, feinfühlige Personen, die vom ersten Augenblick an ineinander verliebt sind und eigentlich wie füreinander geschaffen scheinen. Addie arbeitet als Lehrerin, nimmt ihren Beruf ernst, Dylan schreibt leidenschaftlich gern besondere Gedichte wie „Die Kraft, die mir zu eigen ist, gehört mir/ ein Geschenk/ das zurückzufordern ich nun beschließe.“ Doch manche Menschen in seinem Umfeld verunsichern ihn. Er fühlt sich nicht wohl in seiner Haut, sein Vater setzt ihn unter Druck und sein Freund Marcus unterstützt ihn vor allem dann nicht, wenn er es dringend bräuchte. Marcus ist ohnehin ein komplizierter Zeitgenosse, der sich nicht für seine Fehler entschuldigen kann und der andere oft sehr hart kritisiert. Ich empfand ihn häufig als „ziemlich ätzend“. Auch mit Addie hat Markus, der Antiheld, seine Probleme und Dylan gerät immer öfter zwischen die Fronten. Erfrischend dagegen Deb, die ehrlich und direkt sagt, was sie denkt und berechenbar und verlässlich scheint. Wie interessant und reizvoll die Figurenkonstellation ist, wird im engen Raum des Autos schnell deutlich, da treffen so einige Emotionen aufeinander.

Ganz langsam, nach und nach nimmt, die Geschichte Fahrt auf, nach dem Auffahrunfall passiert erst einmal nicht viel, aber gegen Ende, wenn endlich herauskommt, was damals wirklich geschah, entwickelt sich die Handlung zunehmend interessanter, packender und überraschender. Nach etwas längerer Anlaufzeit war ich mitten drin im Geschehen, fieberte mit Addie, spürte die schneidende, unangenehme Atmosphäre im Auto beinahe selbst und wollte unbedingt wissen, warum Addie und Dylan so schlecht aufeinander zu sprechen sind. Beth O’Leary hat einen lesenswerten Liebes- und Beziehungsroman darüber geschrieben, dass sich Menschen durchaus ändern können und dass man manchmal den richtigen Menschen zur falschen Zeit trifft, ein Buch wie ein Roadtrip, der mit der Zeit intensiver wird.
Vielleicht hätte die erste Hälfte etwas straffer erzählt werden können, aber insgesamt habe ich „Drive me Crazy- Für die Liebe bitte wenden“ sehr gerne gelesen. Nicht immer locker leicht, manchmal auch ziemlich ernst und nachdenklich stimmend, aber zu meinem Leserglück auch eine schöne Geschichte mit einer großen Portion Romantik fürs Herz.

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Finnisch-unkonventionell, turbulent, witzig und manchmal ziemlich kurios

Flora Salmanteri und die Mini-Piraten Band 1
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Das kann ja heiter werden. Mama und Papa haben eine wichtige Dienstreise und so müssen Lilli und Mikko ihre Ferien bei ihrem fürchterlichen kinderhassenden Onkel Jim verbringen. Zum Glück ist Jim den ganzen ...

Das kann ja heiter werden. Mama und Papa haben eine wichtige Dienstreise und so müssen Lilli und Mikko ihre Ferien bei ihrem fürchterlichen kinderhassenden Onkel Jim verbringen. Zum Glück ist Jim den ganzen Tag über nicht zu Hause und die Geschwister lernen ganz heimlich Flora Salmanteri, Jims schrullige Nachbarin, kennen. Die sieht zwar aus wie eine harmlose, nette Oma, ist aber alles andere als „normal“. Mit ihr und ihrem Freund Tom Holzbein-Vorsteen schlittern die beiden Kinder in ein irrsinnig verrücktes und unglaubliches Abenteuer.

Autorin Noora Kunnas schreibt unterhaltsam, kindgemäß und lebendig mit viel direkter Rede in der ersten Vergangenheit. Ihre Schreibstil ist gut verständlich. Zeichner Teemu Juhani hat komische, charakteristische und sehr individuelle Bilder zur Handlung gezeichnet, die die teils skurrilen Situationen aus der Geschichte anschaulich darstellen.
Das Buch eignet sich für Selber-Leser ab acht Jahren, zum Vorlesen auch schon für jüngere Kinder.

Während sich die kleinen Leserinnen und Leser mit den „durchschnittlichen“, netten, aufgeweckten Kindern Lilli und Mikko bestimmt gut identifizieren können, die sich neugierig und abenteuerlustig auf die neue Bekanntschaft mit Flora einlassen, sind einige anderen Figuren doch eher unkonventionell und teilweise ganz schön schräg. Flora Salmanteri beispielsweise ist schon ziemlich weit in der Welt herumgekommen, kann mit einem 3D-Drucker umgehen und zeigt sich für eine ältere Dame erstaunlich umtriebig. So möchte sie lateinamerikanische Tänze lernen und spielt mit ihrem Freund Holzbein-Vorsteen in einer Band. Holzbein-Vorsteen wirkt zunächst auf die Kinder ein bisschen erschreckend und gruselig, doch das ändert sich, als sie ihn näher kennenlernen. Der plappernde Hahn Pedro und die Minipiraten sind ebenso ziemlich kuriose Figuren. Und mit Rita und ihrem Mann Malte gibt es auch ausgewachsene Bösewichte, der egoistische Onkel Jim komplettiert die Riege der unsympathischen Figuren. Schlagersängerin Monika hält für alle noch eine extra Überraschung bereit. Eine ziemlich abwechslungsreiche und besondere Figurenkonstellation.

Lilli und Mikko erleben eine unerwartet aufregende Zeit bei Onkel Jim. Da können nicht nur Hähne sprechen und Gartenzwerge werden lebendig, es gibt auch einen Kriminalfall zu lösen und
ein Blumen- und Dekorationswettbewerb entwickelt sich überaus spannend. Langeweile ist bei „Flora Salmanteri und die Minipiraten“ Fehlanzeige, Humor dagegen reichlich vorhanden. Wer es turbulent, chaotisch und überdreht mag, liegt mit diesem phantasievollen, originellen Kinderbuch aus Finnland richtig. Meiner sechsjährigen Tochter hat das Buch, das durch die vielen finnischen Namen fast exotisch wirkt, jedenfalls viel Spaß gemacht. Sie ist schon neugierig auf das nächstes Abenteuer der lustigen Truppe.

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Veröffentlicht am 12.10.2021

In der Parallelwelt der Elfen - Solider Auftakt einer neuen Serie mit Anleihen bei Harry Potter

Keeper of the Lost Cities – Der Aufbruch (Keeper of the Lost Cities 1)
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„Die Menschen geben ihr Bestes, aber ihr Verstand kann noch nicht einmal annähernd begreifen, wie komplex die Realität in Wirklichkeit ist.“

Sophie Foster ist ein Wunderkind, sie bringt hervorragende ...

„Die Menschen geben ihr Bestes, aber ihr Verstand kann noch nicht einmal annähernd begreifen, wie komplex die Realität in Wirklichkeit ist.“

Sophie Foster ist ein Wunderkind, sie bringt hervorragende Schulleistungen und hat ein fotografisches Gedächtnis. Mit nur zwölf Jahren bietet ihr die Yale-Universität bereits ein Stipendium an. Sophie fühlt sich allerdings oft, als gehöre sie nicht dazu, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie Gedanken anderer Menschen hören kann. Davon erzählt sie aber sicherheitshalber niemandem, um nicht für verrückt gehalten zu werden. Eines Tages lernt Sophie Fitz kennen. Der hat Unglaubliches zu berichten und eine Erklärung dafür, warum Sophie so anders ist: Sophie ist ein Elf. Fitz bringt Sophie in die Elfenwelt, wo sie ein komplett neues Leben beginnt und eine Schule mit für sie völlig neuen Fächern besucht. Das ist gar nicht so einfach, wenn man zwölf Jahre als Mensch gelebt hat. Und leider wissen auch die Elfen nicht, woher Sophie wirklich stammt und wer sie eigentlich ist…

Shannon Messenger schreibt altersgemäß und verständlich, manche speziellen Ausdrücke aus der Welt der Elfen müssen aus dem Kontext erschlossen werden. Das Cover mit zwei Figuren und blauen und gelben Lichteffekten passt sehr gut zum Genre Fantasy. Der silberne Schriftzug auf dem Buchrücken verblasst leider recht schnell. Das mit über 500 Seiten sehr umfangreiche Buch richtet sich an aufmerksame, ausdauernde Leserinnen und Leser ab elf, zwölf Jahren.

Die Charaktere sind hauptsächlich Elfen und daher natürlich ziemlich ungewöhnlich und interessant. Mit der großen Anzahl an Personen hatte ich allerdings so meine Schwierigkeiten. Es kommen so viele verschiedene Figuren vor, dass ich teilweise die Übersicht verlor und die einzelnen Charaktere schwer einschätzen konnte. Es ist erforderlich, sehr konzentriert zu lesen, um den Überblick zu behalten.
Sophie als Figur erinnert ein wenig an Harry Potter. In die Menschenwelt gehört sie nicht, fühlt sich dort unwohl. Sie hat besondere Fähigkeiten, von denen keiner wissen darf. Aber auch in der Elfenwelt ist ihre Herkunft ein Geheimnis und so manche Charaktere begegnen ihr mit Misstrauen. Während ihres Studiums an der Foxfire treten einige bisher unbekannte Talente bei ihr auf. Sophie ist ein Rätsel, das die Leser herausfordert. Gleichzeitig tat sie mir auch leid, weil sie überall fremd ist und ihren Platz noch nicht gefunden hat.
Auch andere Figuren bringen zum Grübeln, da sie sehr undurchsichtig sind. Bronte, der in Foxfire unterrichtet zum Beispiel, er scheint der „Snape“ der Foxfire zu sein und eine „wirklich harte Nuss“. Mir persönlich war Sophies Freund Dexter sehr sympathisch, er hat Humor, ist loyal, wie Ron Weasley, einfach ein netter Kerl. Bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er es stets ehrlich meint und dass sich Sophie auf ihn verlassen kann. Auf einige andere dubiose Figuren trifft das nicht zu. Dieses Buch ist der Auftakt einer Reihe, sicherlich werden die Figuren im Laufe der Zeit noch klarer herausgearbeitet und kommen so den Leserinnen und Lesern näher.

Sophies Leben ist ein einziges Abenteuer. Sie muss sich in „Keeper of the lost cities - Der Aufbruch“ in einer neuen Umgebung zurecht finden. Sie weiß dabei nicht, wie sie sich verhalten soll, kennt die Regeln nicht und bringt sich immer wieder in die Bredouille. Gleichzeitig scheint Sophie nicht sicher, ihr droht von unbekannter Seite große Gefahr. Ziemlich spannend, was ihr alles widerfährt. Und ziemlich komplex die Handlung. In der Elfenwelt muss man sich auch als Leser erst einmal orientieren. Eigentlich ist die Gesellschaft dort berechenbar, fast erschreckend kontrolliert und gesetzestreu, doch befindet sie sich gerade im Umbruch, passt sich der Menschenwelt an. Es kommt nun auch häufiger bei den Elfen zu Verfehlungen. Wie Elfen- und Menschenwelt dargestellt und verknüpft werden, fand ich grundsätzlich sehr reizvoll und faszinierend, auch wenn mir noch nicht ganz klar war, wie genau beide parallel existieren können. Auch wenn die Elfen das anders sehen, muss da ein wenig Magie dahinter stecken.
Für meine Begriffe kann das Buch trotz vieler offensichtlicher Parallelen dem Vergleich mit Harry Potter noch nicht standhalten. Mir ist noch zu vieles unklar, es gibt für mich noch zu viele Fragezeichen. Ich habe bis jetzt noch zu wenig Bezug zu den Figuren, konnte daher noch nicht komplett in Sophies Welt „eintauchen“. Aber in den nächsten Bänden kann sich das alles noch entwickeln, die Figuren kommen vielleicht der Leserschaft näher, die komplexe Welt wird sicher klarer, einige Rätsel werden gelöst werden. Vielversprechendes Potential ist definitiv vorhanden. Für mich kein perfekter Wow-Auftakt, aber ein stellenweiser doch gelungener, der durchaus Lust auf mehr macht.

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Veröffentlicht am 12.10.2021

Chaotisch, turbulent, urkomisch und dennoch ziemlich weihnachtlich

Weihnachten mit Juli
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Juli ist zurück und wieder sorgt die Stute für allerhand Chaos. Ihr „Herrchen“ Paul und dessen Freund Max freuen sich sehr auf Weihnachten und sogar Nachbarin Anna, die eigentlich kein Weihnachten feiert, ...

Juli ist zurück und wieder sorgt die Stute für allerhand Chaos. Ihr „Herrchen“ Paul und dessen Freund Max freuen sich sehr auf Weihnachten und sogar Nachbarin Anna, die eigentlich kein Weihnachten feiert, kommt langsam in weihnachtliche Stimmung. Alles könnte so schön und harmonisch sein, lediglich der Schnee lässt noch auf sich warten. Doch dann zieht ein neuer Nachbar ins Haus nebenan und der ist alles andere als begeistert davon, dass Juli sich in seinem Garten herumtreibt, seinen neuen Rasen zerstört und seine geliebte Katze tyrannisiert. Er fordert: Juli muss entweder schleunigst unter Kontrolle gebracht werden oder verschwinden. Die tierischen Vier entwickeln einen Plan, wie sie den neuen Nachbarn doch noch von Julis Qualitäten überzeugen können. Doch Juli mag da leider nicht mitspielen. Ist damit ein „Weihnachten ohne Juli“ besiegelt?

Petra Eimer schreibt direkt, klar und sehr witzig aus Pauls Sicht in der ersten Person im Präsens. Wie im Comicroman üblich enthalten die Seiten viele Sprech- und Denkblasen. Manche Wörter im Text werden durch eine andere Schriftart und -größe betont. Die Seiten sind sehr abwechslungsreich gestaltet, lassen sich aber ohne Probleme flüssig und angenehm lesen und auch vorlesen. Trotz des kreativen Layouts ist es kein Problem, sich im Text zu orientieren.
Besonders motivierend sind die absolut gelungenen Illustrationen der Autorin. Die Figuren- allen voran Juli- sehen sehr drollig aus, die dargestellten witzigen, teils herrlich skurrilen Szenen sorgen immer wieder für gute Laune. Die Schrift ist trotz der recht kleinen Größe gut lesbar, sie hat einen etwas weiteren Zeilenabstand. Kinder ab acht Jahren werden das Buch schon selbständig lesen können, es eignet sich auch zum Vorlesen.

Stute Juli ist eine besonders originelle Hauptfigur. Sie macht, was sie will, hält sich an keine Regel, ist verfressen und impulsiv. Sie unter Kontrolle zu halten, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist sogar schwieriger, als einen Sack Flöhe zu hüten. Klar, dass Julis Herrchen Paul da manchmal die Geduld verliert und ein bisschen ungerecht wird. Aber hinterher tut es ihm dann leid. Paul ist nämlich eigentlich ein wirklich lieber Junge, der sich ein Leben ohne Juli nicht mehr vorstellen kann, auch wenn er manchmal etwas anderes sagt. Max ist Pauls bester Freund, auf ihn kann sich Paul verlassen. Max hat einen Faible für Plätzchen, für Weihnachten und für Juli. Anna, Pauls Nachbarin, kann vieles echt gut: malen, rechnen, turnen und klettern. Nur Ihre Fähigkeiten im Singen sind noch ausbaufähig. Diese tierischen Vier sind wie die vier Musketiere, eine tolle Truppe voller Ideen. Mit ihnen wird es nie langweilig. Dass sie sich mit dem nicht so sympathisch neuen Nachbarn Herrn Sauber herumschlagen müssen, ist eine große Herausforderung. Der ist nämlich ganz schön pingelig und hat genaue Vorstellung, wie es in einer gesitteten Nachbarschaft zuzugehen hat.

Ob es den Vieren gelingt, den Nachbarn umzustimmen? Und was stellt Juli noch so alles an?
Eine turbulente, witzige, chaotische, pferdige und am Ende auch besinnliche Weihnachtsgeschichte. Dass Paul und Juli ein echtes Vorbild haben - Sohn und Pferd der Autorin- macht die Geschichte nur noch interessanter. Klar geht es im Buch etwas extremer und schräger zu als in Wirklichkeit. Vermutlich haben sich der echte Paul und die echte Juli zum Beispiel nicht auf den Weihnachtsmarkt gewagt, aber lustig ist so ein Weihnachtsmarktbesuch mit Pferd außer Rand und Band auf jeden Fall.
Wir können Weihnachten ohne/mit Juli uneingeschränkt empfehlen, es ist eine etwas andere Weihnachtsgeschichte, aber eine ziemlich gute und unterhaltsame.

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Veröffentlicht am 06.10.2021

Ein phantastische, märchenhafte und ziemlich überraschende Reise durch Raum und Zeit

Annemone Apfelstroh
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Annemone Apfelstroh wohnt mit ihrem Vater in einem gemütlichen kleinen Haus mit grünen Fensterläden und roter Tür zwischen zwei Hügeln in einer Welt, in der das Wünschen wunderbar funktioniert. Eines Tages ...

Annemone Apfelstroh wohnt mit ihrem Vater in einem gemütlichen kleinen Haus mit grünen Fensterläden und roter Tür zwischen zwei Hügeln in einer Welt, in der das Wünschen wunderbar funktioniert. Eines Tages dreht Annemone die Töpferscheibe ihres Vaters und danach ist nichts mehr wie vorher. Annemone findet sich plötzlich in einer ganz anderen Zeit wieder und hat keine Ahnung, wie sie wieder dahin zurück kommen soll, wo sie hergekommen ist.

„Annemone Apfelstroh“ ist kein alltägliche Geschichte, es ist eine Staffelgeschichte. Autorin Karin Müller bat neun ihrer Kollegen und Kolleginnen ihren Text fortzusetzen. Die beteiligten Autorinnen und Autoren haben jeweils zwei Kapitel zu den insgesamt 20 Kapiteln beigetragen, wussten dabei aber selbst nicht, wie sich ihre Geschichte weiterentwickeln würde, schließlich schrieb ja jemand anderes weiter.
Alle Mitwirkenden haben ihren eigenen, individuellen Sprachstil, die Abschnitte sind gut verständlich, klar und kindgemäß formuliert. Lediglich das Vorwort liest sich etwas holprig. Gut gefallen hat mir, dass die Leser immer wieder angeregt werden, sich über Sprache, besondere Wörter und ihre Bedeutung Gedanken zu machen. Annemone sind manche modernen Wörter genauso unbekannt wie bestimmte technische Neuerungen (von einem Handy hat sie beispielsweise noch nie gehört). Gleichzeitig prägt sie aber auch neue Begriffe wie das treffende Wort „Vorglück“, so nennt sie den Zustand, der noch vor dem Erreichen des Glücks kommt.
Ganz besonders hervorzuheben ist die Gestaltung des Buchs. Illustratorin Florentine Prechtel hat zur Geschichte wunderschöne, farbenprächtige, aussagekräftige und naiv-märchenhafte Bilder gemalt, die meinen Kindern und mir beim Lesen große Freude gemacht haben. Ein echter Augenschmaus dieses Buch!
Jedem Autor wurde eine eigene Schriftart zugeteilt. Eine prima Idee, die erstens nach außen deutlich zeigt, dass verschiedene Köpfe hinter der Geschichte stecken und zweitens den Fokus auf Schriftarten legt, meinem siebenjährigen Sohn war beispielsweise gar nicht bewusst, dass Schriftarten so unterschiedlich aussehen können. Insgesamt ist die Schrift etwas größer gedruckt und hat einen etwas erweiterten Zeilenabstand. Kinder ab acht, neun Jahren sollten keine Schwierigkeiten haben, die Geschichte selbstständig zu erfassen. Zum Vorlesen eignet sich das Buch auch schon für Jüngere, da die Handlung aber aufgrund der Zeitreisen etwas komplexer und mitunter verwirrend ist, werden kleinere Zuhörer nicht jedes einzelne Detail vollständig nachvollziehen können.

Einige besondere Figuren spielen in der Geschichte eine Rolle. Da ist zunächst Annemone Apfelstroh, die -sehr neugierig und wissbegierig- gerne den Dingen auf den Grund geht. Der blauhaarige Finn stellt schon äußerlich einen Gegenpol zu Annemone dar, er kommt aus der modernen Welt, spricht nicht nur eine andere Sprache, er hat auch eine andere Perspektive auf die Dinge. Ungewöhnlich sind auch die Auftritte einer ein- bis zweihörnigen Ziege, eines sehr dicken Katers und eines pausenlos plapperndenden Paradiesvogels. Langweilig wird es bei diesen bunten, teilweise recht undurchsichtigen Figuren nie.

Ob Annemone wieder zu ihrem alten Leben zurückkehren kann? Ihre Reise durch Raum und Zeit ist ein besondere, die mit vielen herausfordernden Rätseln und merkwürdigen Geheimnissen aufwartet. „Ein Abenteuer nach dem anderen“ und eine Überraschung folgt auf die nächste. Wer es magisch, phantastisch, humorvoll und märchenhaft mag, liegt mit Annemone Apfelstroh absolut richtig. Für meine Mitleser und mich war das Projekt „Staffelgeschichte“ definitiv erfolgreich. Das Ergebnis kann sich auch aufgrund der rundum gelungenen äußeren Gestaltung absolut sehen und lesen lassen. Wir hoffen sehr, dass die Geschichte nicht das letzte Projekt dieser Art war.

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