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Veröffentlicht am 17.01.2021

Farbenprächtige Zeitreise mit pfiffiger Maus - ein packendes, phantasievolles (Vor-)Leseabenteuer

Mopsa – Eine Maus kommt ganz groß raus
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Die Maus Mopsa lebt mit ihrem Bruder Otto und anderen Mäusen auf dem Dachboden des Rathausturms. Mit ihren dramatischen Darbietungen unterhält die begnadete Schauspielerin gerne ihre Mitmäuse. So richtig ...

Die Maus Mopsa lebt mit ihrem Bruder Otto und anderen Mäusen auf dem Dachboden des Rathausturms. Mit ihren dramatischen Darbietungen unterhält die begnadete Schauspielerin gerne ihre Mitmäuse. So richtig lustig ist das Leben dennoch nicht. Tartar, der selbsternannte Mäusekönig, unterdrückt „sein Volk“ und zwingt es dazu, den ganzen Tag nach Futter für ihn zu suchen, den anderen Mäusen lässt er dabei kaum Nahrung übrig. Als Mopsa sich das nicht mehr gefallen lassen möchte und sich bei Tartar beschwert, wirft er sie kurzerhand aus der Gruppe. Mopsa muss sich nun allein in der großen Stadt behaupten. Für Mopsa bedeutet das ein ganz großes Abenteuer. Ob sie dabei auch ihrem Traum von einem richtigen Bühnenauftritt näher kommt?

Die bekannte Autorin Charlotte Habersack schreibt anschaulich und lebendig. Der Text lässt sich recht flüssig (vor-)lesen. Einige Ausdrücke mögen dabei aber fremd erscheinen, so ist von „Paradeisern“ und „Erdäpfeln“ die Rede, Mäuse werden manchmal als „Myš“ bezeichnet. Auch wenn einleitend erklärt wird, dass nicht klar ist, wo und wann die Geschichte spielt, würde ich sie Anfang des 20. Jahrhunderts im böhmischen Raum verorten.
Laura Fuchs macht mit ihren Illustrationen zum Buch für mich alles richtig. Schon das Cover, auf dem Mopsa vor dem Hintergrund einer Stadt von einem Scheinwerfer angestrahlt wird, zeigt, dass das Buch mit ganz besonderen Bildern aufwartet. Mopsa mit ihrer Eicheltasche ist einfach hübsch anzusehen. Auf den anderen farbenprächtigen, detaillierten und sehr ausdrucksstarken Bildern gibt es viel zu entdecken. Es macht einfach nur Spaß, die Bilder näher zu betrachten und sich darin zu verlieren, zumal sie eine Zeit darstellen, die mit unserem vertrauten Alltag wenig gemein hat, wie man deutlich an den Kleidungen der Figuren erkennt.
Das Buch ist etwas kleiner und kompakter als DIN A 4, dadurch handlicher, trotzdem kommen die tollen Abbildungen gut zur Geltung.
Zum Vorlesen ist Mopsa für Kinder ab fünf Jahren geeignet, evtl. müssen dabei manche unbekannte Begriffe geklärt werden, die aber nicht notwendig zum Verständnis der Geschichte sind. Geübte Leser ab acht Jahren werden das Buch selbstständig lesen können.

Mopsa ist eine selbstbewusste, aufgeweckte Maus, die sich nicht unterkriegen lässt. Früher war der Rathausturm ihre Welt, nun erkundet sie die Stadt. Ihr Motto „Immer der Schnauze nach und nie den Mut verlieren!“ bringt sie gut durchs Leben und lässt sie zuversichtlich immer daran glauben, dass sich ihr Traum von der Bühne doch noch erfüllen könnte. Die liebenswerte Maus lernt auf ihrem Abenteuer ganz verschiedene Tiere und Menschen kennen. Sie und die anderen Tiere werden mit ihren Eigenarten sehr menschlich dargestellt, Tartar sitzt z.B. auf einem Thron, Mopsa schläft schon mal in einem winzigen Bett. So können sich die kleinen Zuhörer und Leser sicher problemlos mit der kleinen Heldin identifizieren. Tatar, den tyrannischen Mäusekönig, wird vermutlich kein Leser leiden können, die unangenehme Figur verleiht aber der Geschichte Würze und Spannung.

Wird Mopsa einmal auf einer großen Bühne stehen? Sieht sie ihre Freunde wieder? Und was geschieht mit dem bösen Tatar?
Wahnsinnig aufregend, was Mopsa alles in der großen Stadt erlebt. Die Stadt aus vergangenen Zeiten ist für für Mopsa ein riesiges Abenteuer. Es braucht manchmal eben gar keine besonders exotischen Schauplätze, für Kleine können Erlebnisse in einem überschaubaren Rahmen immens spannend sein, alles eben eine Frage der Perspektive. Nebenher wird ganz beiläufig, kindgerecht und keine Spur belehrend erklärt, was Demokratie und ein glückliches Miteinander ausmacht. Eine farbenprächtige, turbulente, phantasievolle Geschichte mit drolligen Figuren zum Mitfiebern, Staunen und Schmunzeln, die eindrucksvoll zeigt, dass es sich manchmal lohnt, bekannte Pfade zu verlassen, um sein Leben zu verbessern und dass es mehrere Arten gibt, seine Träume zu verwirklichen.

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Veröffentlicht am 14.01.2021

Sehr viele kluge, schöne Gedanken, manchmal aber zu viele davon

Die Farbe von Glück
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„Wie konnte es falsch sein, das Richtige zu tun? War das nicht ein Zeichen dafür, dass die Welt in der sie lebte, verkehrt war?“

Charlotte kümmert sich um den kleinen Antoine, nachdem er von seiner Mutter ...


„Wie konnte es falsch sein, das Richtige zu tun? War das nicht ein Zeichen dafür, dass die Welt in der sie lebte, verkehrt war?“

Charlotte kümmert sich um den kleinen Antoine, nachdem er von seiner Mutter verlassen wird. Sie adoptiert ihn aber nicht offiziell und hat daher rechtlich nicht das Sorgerecht. Das macht die Krankenschwester erpressbar. Als der Richter Jules, dessen Frau Louise schon drei Babys verloren hat, erneut ein krankes Kind bekommt, zwingt er Charlotte, die auf der Neugeborenenstation arbeitet, seine kranke Tochter gegen ein gesundes Mädchen auszutauschen. Diese Handlung zieht für alle Beteiligten lebenslange Konsequenzen nach sich.

Clara Maria Bagus pflegt einen sehr individuellen, oft blumigen Sprachstil. Sie reiht Sätze aneinander wie: „Die Bäume lichteten sich. Der Wald lag hinter ihnen. Smaragdgrün ein Fluss vor ihnen. Das Rauschen plätschernden Wassers dort, wo er einen schmalen Bach speiste. Milchweiß stieg der Nebel über dem Fluss auf. Mal dicht. Mal spärlich. Und zog über das Grün der umliegenden Felder.“ Eine schöne, aber mitunter auch ins kitschige abdriftende Sprache.

Die Figuren aus „Die Farbe von Glück“ sind alle durch Jules und Charlottes Tat miteinander verbunden. Jeder Charakter ist durch seine Rolle im Geschehen gekennzeichnet, reagiert auf Ereignisse, die ihm passieren. Auf Jules lastet schwere Schuld: „Was er getan hat, schien sich von seiner Seele nie mehr abstreifen zu lassen.“ Jules ist durch sein Tat zu dem Menschen geworden, der er jetzt ist, ihn machen aber keine besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten aus. Auch die anderen Figuren wirken ähnlich blass, vielleicht ist das aber auch so gewollt. Es geht weniger um individuelle Persönlichkeiten als um das, was ihnen geschieht und wie sie damit umgehen.

Kann man Schuld wiedergutmachen? Wie wird man ein guter Mensch? Wie lebt man ein gutes, glückliches Leben, gewinnt das Spiel des Lebens?
Clara Maria Bagus Roman berührt einige sehr existenzielle Fragen des Lebens. Im Gespräch der Protagonisten untereinander, in Gedanken der Figuren erhält der Leser zahllose Antworten, die zum Nachdenken über das eigene Leben anregen:

„Wir sollten nicht vorschnell über jemanden urteilen. Kein Urteil wird einem Menschen je gerecht. Um die Motive zu verstehen, müssen wir in seine Haut schlüpfen. Ganz und gar. Und wer weiß schon, wozu er selbst fähig wäre, wenn er in der Haut eines anderen steckte?“

„Wann ist man ein guter Mensch?“ „Wenn man auch dann gut ist, obwohl man weiß, dass es niemand sehen kann.“

Viele kluge Sätze finden sich da, für mich mitunter aber zu viele. Bei der Menge an verschiedenen Lebensweisheiten fehlte mir manchmal der rote Faden. So wirkten die durchaus bemerkenswerten Aussagen dann wie eine bloße Aneinanderreihung von schönen Worten, etwas aufgeblasen, etwas zuviel Pathos. Für mich wäre eine vertiefende Konzentration auf weniger Themen hier oftmals mehr gewesen. So bleibt manches nur an der Oberfläche.

Die Handlung konnte mich durchaus fesseln, mir hat die Darstellung, wie alle Figuren miteinander verbunden sind, sehr gut gefallen. Das Ende empfand ich allerdings als nicht ganz stimmig. Einige Entwicklungen haben mich nicht überzeugt, wirkten an den Haaren herbeigezogen. Freilich ist die Geschichte nicht realistisch, das Setting hat etwas Märchenhaftes, die dargestellte Welt entspricht mehr der Phantasie als der Wirklichkeit, auch wenn es durchaus Bezüge zu unserer Gesellschaft gibt. Manche Details passten für mich trotzdem nicht in die beschriebene Welt.
Ich bin ein wenig zwiegespalten, Die Geschichte hat durchaus Potential, gibt durchdachte Antworten darauf, wie wir unser Leben gestalten können, enthält viele kluge Gedanken. Der Aufbau des Romans ist aber nicht hundertprozentig rund. Ein nettes Buch, das zum Nachdenken anregt, aber nicht tiefgreifend und nachhaltig beeindruckt, sondern schnell wieder vergessen sein wird. Ich vergebe 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 13.01.2021

Buntes, abwechslungsreiches und spannendes Sachbuch in gewohnter Ravensburger-Qualität

Wieso? Weshalb? Warum? Alles über Roboter
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Bewertet wird das Buch:

Roboter sind zweifelsohne ein sehr faszinierendes, aufregendes Thema für Kinder. Prima, dass nun auch in der beliebten Ravensburger Sachbuch-Reihe „Wieso, weshalb, warum“ ein Buch ...

Bewertet wird das Buch:

Roboter sind zweifelsohne ein sehr faszinierendes, aufregendes Thema für Kinder. Prima, dass nun auch in der beliebten Ravensburger Sachbuch-Reihe „Wieso, weshalb, warum“ ein Buch über die vielfältigen elektronischen Helfer erschienen ist.

In „Alles über Roboter“ gibt es einiges über ganz unterschiedliche Roboter zu erfahren.
Zunächst widmet sich Autorin Andrea Erne auf der ersten Doppelseite der Frage „Wie helfen uns Roboter in der Zukunft?“. Anschließend wird erklärt, was ein Roboter überhaupt ist und wie Roboter funktionieren. Die folgenden Seiten beantworten die Fragen „Welche Roboter arbeiten in Fabriken?“, „Wer hilft auf dem Acker und im Stall?“, „Welche Roboter sind im Krankenhaus im Einsatz?“ „Wobei unterstützen Roboter Hilfsbedürftige?“, „Welche klugen Maschinen gibt es zu Hause?“, „Wie können Roboter Leben retten?“, „Warum gehen Roboter auf Erkundungsreise?“ und „Wie lernen Roboter denken?“. Die letzte Seite befasst sich mit Wettkämpfen zwischen Robotern und Menschen und erläutert, bei welcher Art von Wettkämpfen Robotern den Menschen über- oder unterlegen sind.
Für die zahlreichen Illustrationen des Sachbuchs ist Markus Humbach verantwortlich. Die Bilder sind gewohnt detailliert, bunt, lebendig, realistisch und gut zu erkennen. Auf jeder Seite befinden sich verschiedene Entdeckerklappen ganz unterschiedlicher Größe. Mal lässt sich die halbe Seite durch Umklappen verwandeln, mal muss man ganz genau hingucken, um eine kleine Klappe zu entdecken. Die Klappen sind meist mit kurzen Texten versehen, die die Abbildungen näher erklären. Neben den grundlegenden, längeren, größer gedruckten Fließ-Sachtexten direkt unter der Überschrift, sind auf den Seiten auch immer wieder kleinere Texte zu einzelnen Elementen des Bildes zu finden. Da werden bspw. spezielle Roboter wie Entschärfungsroboter oder Melkroboter näher beschrieben. Auf jeder Doppelseite hat sich ein kleiner gelber Roboter versteckt, der in einer Sprechblase einen auflockernden Kommentar zum Thema der jeweiligen Seite abgibt. Manche der Klappen lassen sich anfangs schwer öffnen und reißen leicht ein, aber wenn man das Buch pfleglich behandelt, sollte das kein größeres Problem darstellen.

Der angegeben Altersempfehlung von 4-7 Jahren stimme ich zu, ich würde sie sogar unter Umständen erweitern. Auch mein zweijähriger Sohn hat schon Spaß beim Betrachten der vielen Bilder im Buch. Wenn ein Erwachsener mitliest und beim Öffnen der Klappen hilft, können sich natürlich auch schon jüngere Kinder mit dem Buch auseinandersetzen. Auch ältere Kinder entdecken hier durchaus noch für sie Neues und Wissenswertes, selbst mir als Erwachsene ging das so.

Aufbau und Themenspektrum haben mich überzeugt. Wirklich erstaunlich auf welch vielfältige Art Roboter eingesetzt werden können! Das wird sehr anschaulich und beeindruckend aufgezeigt. Vielleicht hätten die einführenden Themen „Was ist ein Roboter“ und „Wie funktioniert ein Roboter?“ voran gestellt werden und mit der darauffolgenden Seite „Roboter in der Zukunft“ vertauscht werden können, aber das ist vermutlich Geschmacksache. Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings anzumerken, mich stört ein wenig, dass Roboter recht unkritisch betrachtet werden. Zweifelsohne bieten sie viele Vorteile und viele Roboter sind durchaus sinnvoll, hilfreich und sehr nützlich. Aber sie benötigen eben auch Energie und erhöhen den Stromverbrauch, was aus Umweltschutzgründen natürlich nicht optimal ist. Manchmal ersetzen Roboter menschliche Arbeitskräfte, die sich dann nach neuen Jobs umsehen müssen. Und ob es wirklich sinnvoll ist, dass Kinder ihre Schulranzen in der Zukunft nicht mehr selbst tragen müssen, sei auch dahingestellt.

Die Reihe „Wieso Weshalb Warum“ steht für hohe, solide Qualität. Ich habe noch keinen Kauf aus der Reihe bereut, ganz im Gegenteil. In unserer privaten Hausbibliothek sind die Bücher beliebte Dauerbrenner und werden immer wieder gerne angeschaut. Auch dieser neue Band macht da keine Ausnahme. Ein spannendes, hochinteressantes, abwechslungsreich und motivierend gestaltetes Sachbuch zum Immer- wieder-Neues- Entdecken und Lernen. Klare Kaufempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.01.2021

Pflichtlektüre für alle erwachsenen Fans des Autors und seiner Bücher

Wie alles kam
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Paul Maars Bücher zählten für mich als Kind zu meinen wichtigsten und liebsten Lektüren. Sie haben mich sicherlich auf die ein oder anderer Weise geprägt. Ich habe mit dem Sams gewünscht und gelacht und ...

Paul Maars Bücher zählten für mich als Kind zu meinen wichtigsten und liebsten Lektüren. Sie haben mich sicherlich auf die ein oder anderer Weise geprägt. Ich habe mit dem Sams gewünscht und gelacht und mit Lippel immer wieder geträumt.
Daher war ich natürlich sehr neugierig, was der Autor Paul Maar aus seiner Kindheit zu erzählen hat. Und das ist wirklich einiges:
Der Schriftsteller schildert in „Wie alles kam“ in recht einfacher, aber authentischer Sprache entscheidende Ereignissen in seinem Leben. Er geht dabei nicht chronologisch vor, sondern eher thematisch. Beim Lesen fühlte ich mich, als befände ich mich mit Maar in einem ruhigen Gespräch über seine Schulzeit in Schweinfurt, über die frühe Kindheit bei den geliebten Großeltern, die auf dem Land ein Gasthaus führen, über die Alzheimererkrankung seiner Frau, über seine Stiefmutter und über die alles überschattende schwierige Beziehung zu seinem Vater.
Was Paul Maar über seinen Vater, der nach dem Krieg nicht mehr derselbe war, berichtet, lässt einen erstmal schlucken:
„Der böse Zwerg schien auch meinen Vater verzaubert zu haben. Bei ihm wartete ich aber vergeblich auf einen goldenen Schimmer.“
„Der einzige Weg für ihn, Nähe herzustellen, war mich zu schlagen. Da musste ich auf ihn reagieren, weinen, schreien, seine Nähe akzeptieren. Das verselbstständigte sich zur Gewohnheit.“
Immer wieder sucht Paul die Bestätigung seines Vaters, er kann nicht loslassen, verhält sich auch, wenn der Vater nicht in der Nähe ist angepasst, versucht den Schein zu wahren. So tut er beispielsweise als Erwachsener in einem russischen Hotel nur so, als ob er duscht, um kein schlechtes Licht auf sich zu werfen.
Doch es geht nicht nur traurig zu in Maars neuestem Werk . Über viele Erinnerungen Maars musste ich sehr lachen, so z.B. über sein typisch fränkisches Rechtschreibproblem mit hartem und weichem d und b oder die Szene, als er auf der Geburtsstation eine Uhr mit Sekundenzeiger für das eigentliche Wunder hält.

Einiges aus Maars Geschichten begegnet mir auch in seiner Autobiographie wieder. Wie seine Figur Lippel ist auch Paul Maar ein Träumer: „Träumen ist, wie wenn man ein ein Bonbon lutscht.“ Anstatt anzunehmen, dass sein Freund gestorben ist, besucht Paul das Grab seines Freundes nicht, um die Hoffnung und Illusionen aufrecht zu erhalten, dass er vielleicht doch noch lebt.
Und wenn ich die Beschreibung von Paul Maars Sportlehrer Fischer lese, kommt mir unweigerlich Herr Daume aus „Sams in Gefahr“ in den Sinn.

Paul Maar verarbeitet in „Wie alles kam“ einiges, vor allem die verkorkste Beziehung zum Vater. Auch wenn am Ende nicht alles rosarot ist, wirkt es, als habe er letztendlich auch mit seinem Vater seinen Frieden gemacht, zumindest ein wenig. Sein Verhältnis zum Vater ist sicher beispielhaft für so viele Vater-Sohn-Beziehungen nach dem Krieg zu sehen.

Mir als Fan des Autors hat dieses Buch noch gefehlt. Es hilft Sams und Co, aber auch den Autor selbst besser zu verstehen, ist wie eine Brücke zwischen dem Autor und seinem Werk. Für erwachsene Maar-Fans Pflichtlektüre.

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Veröffentlicht am 11.01.2021

Very british und very amusing - nicht ganz ernstzunehmender, aber sehr unterhaltsamer cosy Krimi

Das Windsor-Komplott
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Nach einer vergnüglichen Abendgesellschaft auf Schloss Windsor, kommt es am nächsten Morgen zum bösen Erwachen. Der junge russische Pianist Maksim Brodsky wird tot in seinem Zimmer aufgefunden. Die Recherchen ...

Nach einer vergnüglichen Abendgesellschaft auf Schloss Windsor, kommt es am nächsten Morgen zum bösen Erwachen. Der junge russische Pianist Maksim Brodsky wird tot in seinem Zimmer aufgefunden. Die Recherchen des MI 5 ergeben, dass der Mann einem Mord zum Opfer fiel. Gavin Humphreys, der Generaldirektor des britischen Inlandsgeheimdienstes, ist sich sicher, dass ein Komplott Putins hinter dem Verbrechen steckt. Ihre Majestät die Queen hat schon früher ganz unbemerkt Erfahrung im Lösen verzwickter Kriminalfälle gesammelt und sie spürt, dass sich der MI 5 auf dem Holzweg befindet. Gemeinsam mit ihrer neuen nigerianischen Privatsekretärin Rozie nimmt sie also die Sache selbst in die Hand, klammheimlich versteht sich....

S J Bennett schreibt abwechselnd aus der Perspektive der Queen und der ihrer Sekretärin Rozie. Bennetts Sprachstil empfand ich nach kurzer Eingewöhnungszeit als angenehm und flüssig lesbar. Die britische Autorin würzt ihren Text mit einer ordentlichen Portion trockenem Humor. So denkt Elizabeth nach einem sehr dringlichem Toilettenbesuch: „Alte Frauen. Keine Feuchtigkeit, wenn und wo man sie bräuchte. Dann wieder literweise und ohne Vorwarnung, wenn keinerlei Bedarf bestand.“ Derart amüsante Passagen tummeln sich zu Hauf im Roman.

Die Queen präsentiert sich hier ganz unerwartet als „Queen of Crime“. Und wie sympathisch wird sie dabei dargestellt! Während Königin Elizabeth versucht „Das Windsor Komplott“ aufzudecken, erweist sie sich nicht nur als überaus scharfsinnig, engagiert und neugierig, sondern auch als recht bescheiden, liebevoll und sehr mitfühlend. Ihr Mann Philip erinnert sie „Du bist nicht für die ganze Welt verantwortlich, weißt Du.“
Auch Philip kommt im Roman sehr gut weg. Seine doch sehr direkten Aussprüche sorgen immer wieder für Schmunzler, so begrüßt er die Königin mit den Worten „Morgen, mein Kohlkopf.“ Und die Verdächtigungen des Geheimdiensts tut er ganz lapidar und unverblümt mit einem „Putin! Pah!“ ab. Elizabeth und Philip passen einfach perfekt zusammen und das Geheimnis der Langlebigkeit der Beziehung der beiden Romanfiguren mag viel mehr sein als „reine Übung“, wie es Lilibeth nennt.
Mit Rozie ihrer neuen Privatsekretärin hat die Queen eine erstklassige Mitarbeiterin, die sich sofort in den Ermittlungen festbeißt. „Für Rozie war alles ein Wettkampf.“ Sie ist der Queen trotz ihrer gänzlich unterschiedlichen Herkunft sehr ähnlich. Die zwei scheinen aus „dem gleichen Holz geschnitzt.“

Bennetts Queen hat mit der echten vermutlich sowenig gemein wie Meghan mit Kate, aber ich finde die Vorstellung, dass Fiktion und Realität auch nur ein bisschen übereinstimmen könnten, sehr schön und angenehm. Meinen Geschmack hat „Das Windsor Komplott- Die Queen ermittelt“ jedenfalls getroffen: sympathische Figuren mit herrlichen mehr oder wenig britischen Eigenheiten, ein solider, stimmiger Kriminalfall mit wirklich spezieller Auflösung und immer wieder sehr viel Augenzwinkern. Ich hätte gerne mehr davon und freue mich schon auf den nächsten Fall mit der Königin als „Wasserträgerin“

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