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Veröffentlicht am 10.11.2018

Sehr ausschweifend

Im Wald (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 8)
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In Ruppertshain, auf einem Campingplatz bei der Billtalhöhe, wird eine Leiche in einem ausgebrannten Campingwagen gefunden. Kurz darauf ist der Pfarrer des Dorfes tot, eine alte Dame in einem Seniorenheim ...

In Ruppertshain, auf einem Campingplatz bei der Billtalhöhe, wird eine Leiche in einem ausgebrannten Campingwagen gefunden. Kurz darauf ist der Pfarrer des Dorfes tot, eine alte Dame in einem Seniorenheim wird erwürgt. Kriminalkommissar Oliver von Bodenstein und seine Kollegin Pia Sander gehen von einem Serientäter aus, da noch weitere Morde geschehen. Die Opfer haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind alle alte Bekannte von Oliver. Sehr schnell stellt sich heraus, dass die Verbindung der Opfer, ein Fall von 1972 ist. Damals verschwand der beste Freund von Oliver spurlos.

Für mich war " Im Wald " ein neuer Versuch, eines der Bücher von Nele Neuhaus zu lesen. Da ich bisher erst ein Buch von ihr begonnen und abgebrochen hatte, war ich doch gespannt auf dieses Buch, das auf meinem SuB schon eine Weile schlummerte. Und ich wurde positiv überrascht. Zwar ist dies schon der achte Fall rund um das Ermittlerduo. Doch im Grossen und Ganzen kam ich gut in die Geschichte rein. Einzig die privaten Beziehungen der Ermittler erschienen mir etwas undurchsichtig und verworren. Doch schließlich lese ich ja einen Krimi nicht wegen den privaten Sympathien und Antipathien. Sondern weil ich vorwiegend an Mord, Totschlag und den Ermittlungen interessiert bin. Als dann die privaten Beziehungen in den Ermittlungen eine Rolle spielten, war ich schon so informiert, dass ich mehr oder weniger folgen konnte.
Ich habe auch hier wieder den komplexen und anspruchsvollen, ja ausschweifenden Schreibstil gefunden, weswegen ich schon ein Buch in der Vergangenheit abgebrochen habe. Vielleicht hatte ich diesmal mehr Geduld und Nerven um durchzuhalten? Ich habe mir gesagt, dass ich versuchen muss Unrelevantes von Wichtigem zu trennen. Denn wenn die Frisuren von Nebenfiguren detailliert beschrieben wurden, überlas ich das einfach grob. Und die Story strotzt vor solchen unwichtigen Details. Etliche Wiederholungen haben mich zudem etwas genervt. Wenn zum Beispiel ein oder zwei mal erwähnt wird, dass Pia Sander traurig ist, weil ihr Chef Oliver von Bodenstein eine Auszeit im Job nehmen will, ginge das ja noch. Doch dieses Thema kam immer wieder hoch und ist nach dem vierten Mal einfach nicht mehr prickelnd und interessant zu lesen. Leider, muss ich sagen. Denn der Plot und die Ausführung wären toll. Ebenfalls gut gelungen die Ausführungen zu den Tötungsarten und zu der Leichenschau. Soweit ich das beurteilen kann, tönt es authentisch und man spürt gute Recherchen. Eine interessante Komponente ist, dass der Hauptermittler alle Beteiligten, Opfer wie Täter und Mitläufer, seit der Kindheit kennt. Die Verstrickung zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist hervorragend und schlüssig gemacht. Die Identität des Täters wird erst ganz zum Schluss aufgedeckt und die empfand ich als überraschend...und schlussendlich logisch.
Die Figurenanzahl ist enorm. Nicht nur im Ermittlerteam, sondern auch die Anzahl der Opfer, der Beteiligten bei den Taten und die involvierte Dorfgemeinschaft. Hier hätte wie auch bei den oben erwähnten Wiederholungen gestrafft werden dürfen.

Veröffentlicht am 06.11.2018

Weniger gut als die Vorgänger---

Todesreigen
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Sabine Nemez vom BKA Wiesbaden hat es mit mysteriösen Todesfällen zu tun: Führungskräfte vom BKA begehen Selbstmord, kurz nachdem ein naher Verwandter starb. Leider muss sie das Kind erst mal alleine schaukeln, ...

Sabine Nemez vom BKA Wiesbaden hat es mit mysteriösen Todesfällen zu tun: Führungskräfte vom BKA begehen Selbstmord, kurz nachdem ein naher Verwandter starb. Leider muss sie das Kind erst mal alleine schaukeln, da ihr Mentor Maarten S. Sneijder immer noch suspendiert ist. Verstärkung bekommt Nemez von Tina Martinelli, auch sie eine ehemalige Schülerin von Sneijder.


Der Start in das Buch ist gelungen. Ein Geisterfahrer auf der Autobahn: da wird jedem, der Auto fährt, doch gleich ziemlich mulmig. Noch dazu ist diese beklemmende Situation sehr eindrücklich geschrieben. Und hier zeichnet sich schon das grosse Können von Andreas Gruber aus. Brenzlige Situationen so zu beschreiben, dass man als Leser Kopfkino sieht und Gänsehaut kriegt.
Leider hat mich die Geschichte im weiteren Verlauf nicht wirklich packen können. Der Grund ist wohl die komplexe Handlung, bei der es meine ganze Aufmerksamkeit benötigte, um nicht den Faden zu verlieren. Es geschehen so viele Morde und " Selbstmorde " dass ich nicht mehr wusste , wo mir der Kopf steht. Ständig wurde immer wieder eine der toten Personen erwähnt und ich wusste bei der Menge oft nicht mehr, was diese vor dem Ableben für eine Funktion hatte. Da die Handlung zudem immer wieder hin und her sprang, 30 Jahre zurück und dann wieder in die Gegenwart, war ich gegen Mitte Buch leicht verwirrt. Ein paar Tote weniger wären aus meiner Sicht definitiv mehr gewesen. Ein paar Zeitsprünge weniger, ebenfalls. Gerade die Beziehungen, Sympathien und Antipathien untereinander in den Reihen des BKA waren sehr komplex und haben mich etwas ermüdet. Hier hat sich eine leichte Langatmigkeit breit gemacht.
Da Sneijder erst mal suspendiert ist, kam er in der ersten Hälfte des Buches kaum zum Zug. Dafür schlüpfte Sabine Nemez in die Hauptrolle. Leider hat sie nicht sein Charisma und so hat mir im Hinblick zu den Vorgängern schon etwas gefehlt. Ich gebe offen zu, dass ich diese Reihe vor allem wegen Maarten S. Sneijder lese. Denn die Figur ist einer meiner liebsten Ermittler in Thrillern. Sehr sarkastisch und trocken verweist er, egal ob Kollege, Chef oder Zeuge alle auf ihren Platz. Und ich habe mich mittlerweile nun auch damit abgefunden, dass er kifft um besser denken zu können….
Wo man zu Beginn denkt, dass eine schlüssige Verbindung nicht möglich sein wird, beweist der Autor viel Fingerspitzengefühl. Die völlig verschiedenen Stränge verbinden sich zu einem Motiv des Täters, das nachvollziehbar ist. Leider ist der Täter sehr früh bekannt, was doch noch mal eine ganze Menge Spannung aus der Story nimmt.
"Todesreigen" ist der vierte Band einer Reihe und meiner Meinung nach sollte man die vorderen kennen um folgen zu können. Gerade die etwas spezielle Beziehung von Nemez, Martinelli und Sneijder, die auch den Reiz der Story ausmacht, versteht man sonst schwer.
Mir hat "Todesreigen" nach den ersten drei starken Büchern leider weniger gefallen. Gestrafft und mit weniger (toten) Figuren wäre dieses Buch vielleicht an seine Vorgänger heran gekommen.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Wann werde ich sterben?

Die Unsterblichen
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Es ist ein heisser Sommer im Jahre 1969 als die vier Geschwister Varya, Daniel, Klara und Simon in die Hester Street gehen um einer Wahrsagerin einen Besuch abzustatten. Schon Tage zuvor war sie Gesprächsthema ...

Es ist ein heisser Sommer im Jahre 1969 als die vier Geschwister Varya, Daniel, Klara und Simon in die Hester Street gehen um einer Wahrsagerin einen Besuch abzustatten. Schon Tage zuvor war sie Gesprächsthema Nummer eins, da sie das genaue Todesdatum voraussagen kann. Die vier Geschwister lassen, getrennt voneinander, sich das eigene Sterbedatum voraussagen...und ahnen da, als Kinder, noch nicht, wie das ihr ganzes Leben beeinflussen wird.


Wie sehr beeinflusst das Wissen des genauen Sterbedatums das eigene Leben? Diese Frage wurde in "Die Unsterblichen " hervorragend ausgearbeitet. Die ersten Kapitel handeln von der Kindheit der Geschwister der Familie Gold. Darauf folgen die Perspektiven, Jahre später, aus der Sicht jedes einzelnen der mittlerweile flügge und erwachsen gewordenen Geschwister. Diese Perspektiven wurden strikte getrennt und teilen das Buch in vier Teile. Was mir unheimlich gut gefallen hat. Denn so taucht man tief ein, in die Lebenssituationen von Simon, Klara, Daniel und Varya. Diese Perspektiven sind unheimlich dicht beschrieben und haben mich sehr gefesselt. Jede einzelne der Geschichten ist mir nahe gegangen und hat mich berührt. Egal ob Simon, der Jüngste, der sein Glück in einer fremden Stadt sucht, und endlich so lebt, wie er es schon immer tun wollte. Oder Klara, die ihren Traum als grosse Zauberin die Menschen zu begeistern, nicht nur träumt, sondern auch lebt. Und dabei merkt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Und mit dem Wissen bald Sterben zu müssen, das Gefühl hat, zu wenig erreicht zu haben. Daniel, der Zweitälteste ist Arzt und versucht das Erlebnis in der Kindheit, als die Wahrsagerin seinen Tod voraussagt, rationell anzugehen. Dann noch Varya, die ihr Leben komplett der Forschung gewidmet hat. Sie versucht Leben zu verlängern, dies vor allem um etwas von der Schuld abzuarbeiten, die sie gegenüber ihren Geschwistern empfindet.
Diese Teile sind chronologisch geordnet und erzählen nahtlos die Handlung weiter.
Sehr gut gefallen hat mir, wie die Autorin geschichtliche Details, wie die erste Mondbegehung 1969 oder die Verurteilung des Mörders von Martin Luther King, dezent eingeflochten hat. Gerade die Zaubertricks von Klara sind sehr bildlich und anschaulich beschrieben. Sehr interessant auch die Regeln und Gebräuche rund um den jüdischen Glauben, dem die Familie Gold angehört. Zum Schluss und im letzten, dem "Varja-Strang", geht es um Forschung. Und die wird keinesfalls trocken, sondern sehr flüssig zu lesen, erzählt.
Mich hat nicht nur die Geschichte der vier Geschwister, sondern auch der Gedanke " was wäre wenn man wüsste, wann genau man stirbt" , fasziniert. Ich empfand die Umsetzung rund um diesen Gedanken als fesselnd und spannend! Ab Teil 3, der Daniel gewidmet ist, wird es mysteriöser und eine neue Komponente der fast Krimigefühle aufkommen last, wird eingeflochten. In allen vier Teilen findet man die gemeinsame Verbindung: Den Tag des Todes, den man kennt und der unweigerlich das Leben beeinflusst. In der Summe ergibt dies eine tragische Familiengeschichte und der letzte Teil um Varja rundet diese wunderbar ab.

Veröffentlicht am 31.10.2018

Leseempfehlung!

Die Schokoladenvilla
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1903: Wilhelm Rothmann führt die Familie, Bedienstete und seine Schokoladenfabrik mit eiserner Hand. Was vor allem Tochter Judith zu spüren bekommt. Obwohl sie mehr als interessiert am Geschäft und der ...

1903: Wilhelm Rothmann führt die Familie, Bedienstete und seine Schokoladenfabrik mit eiserner Hand. Was vor allem Tochter Judith zu spüren bekommt. Obwohl sie mehr als interessiert am Geschäft und der Schokoladenherstellung ist, will ihr Vater sie verheiraten. Und das möglichst gewinnbringend. Judith ist ganz und gar nicht einverstanden, hat sie sich doch in einen Anderen als den von ihrem Vater Ausgewählten verguckt.

Ich weiss gar nicht wo ich beginnen soll, zu beschreiben, was mir alles in diesem Buch gefallen hat!
Erst mal empfand ich das Grundthema der einflussreichen Familie, die einen Schokoladenfabrik besitzt ungeheuer spannend. Denn die Schokoladenproduktion mit den um 1900 gängigen Maschinen und Lagerungs - und Kühlungsmöglichkeiten sind sehr gut beschrieben. Hier spürt man die hervorragenden Recherchen! Wie auch bei den beschriebenen Frisuren, Kleidern und Gepflogenheiten. Dies alles ist mit den nötigen Details versehen, dass man es bildlich vor sich sieht, ohne langatmig zu wirken. Das Geschäft in dem es allerlei Köstlichkeiten zu kaufen gibt ist sehr anschaulich erklärt. Mich hat die Angst gepackt, dass mein Schokoladenkonsum während der Lektüre in ungeahnte Höhen steigt.
Sehr schnell sind mir die Figuren ans Herz gewachsen. Dies vor allem, weil sie sehr prägend und gut charakterisiert wurden. Egal ob Judith, die reiche Tochter des Hauses, die versucht ihren Weg zu finden und von ihrem Vater immer wieder in die Schranken gewiesen wird. Oder ihre Mutter, die die Flucht vor dem tyrannischen Mann ergriffen hat und so wieder neuen Lebenswillen findet. Hervorragend charakterisiert auch die Brüder von Judith, die zur Auflockerung so einige Streiche aushecken und ihren Vater an den Rand der Verzweiflung treiben. Eigentlich gibt es in diesem Buch keine Figur, die mich nicht überzeugen konnte.
Ein einschneidendes Thema zu der damaligen Zeit findet ebenfalls seinen Platz. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft, Ehe und dem Berufsleben. Mit leisen und manchmal ein wenig lauteren Zwischentönen wird die Emanzipation, die natürlich noch in den Kinderschuhen steckt, in die Geschichte eingeflochten. Mir hat ebenfalls der sozialkritische Touch sehr gefallen. Hier schlüpft vor allem Robert, der Diener des Hauses, in die Rolle des Zweiflers zu der damaligen sozialen Hirarchie.
Der Schreibstil ist toll und hat mir sehr gefallen. Wechselnde Perspektiven machen das Buch vielschichtig und vielfältig. Ein schneller Erzählrythmus lässt keine Langeweile aufkommen. Und trotzdem wird sehr tiefsinnig und detailliert erzählt.
Ein zweiter Teil ist geplant, darauf freue ich mich jetzt schon! Und das, obwohl ich sehr selten historische Romane lese.

Veröffentlicht am 31.10.2018

Nicht doch, Herr Fitzek!

Der Insasse
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Max, der sechsjährige Sohn von Riccarda und Till, verschwindet spurlos. Schnell ist klar, dass der Täter Guido Tramnitz ist, der schon zuvor zwei Kinder entführt hat. Doch Tramnitz schweigt sich über das ...

Max, der sechsjährige Sohn von Riccarda und Till, verschwindet spurlos. Schnell ist klar, dass der Täter Guido Tramnitz ist, der schon zuvor zwei Kinder entführt hat. Doch Tramnitz schweigt sich über das Verbleiben von Max aus. Ein Jahr später will sein Vater endlich Gewissheit und lässt sich in den psychiatrischen Sicherheitstrakt, in dem Tramnitz einsitzt, einschleusen. Sein Plan ist, Tramnitz auszuhorchen und zu erfahren, was mit Max geschehen ist.

Das Setting, erst ein Gruselkeller, in dem der Täter seinen Opfer gefangen gehalten hat und dann der psychiatrische Sicherheitstrakt haben bei mir Gänsehaut ausgelöst. Sie sind nämlich so gut beschrieben, dass ich fast Schnappatmung bekam.
Ich habe schon etliche Thriller von Sebastian Fitzek gelesen. Einige haben mir gefallen, andere nicht. Bei denen, die mir nicht gefallen haben, hatte ich immer das Gefühl, er hat eine Grenze überschritten. Die Gratwanderung Authentizität und "unwahrscheinlich und an den Haaren herbeigezogen", gelingt ihm nicht immer. In etlichen Büchern hatte ich den Eindruck, dass er vor lauter überraschenden Wendungen leicht in das Abstrakte abrutscht. Das ist hier zu weiten Teilen nicht so. In "der Insasse" darf man zwar kleine Details nicht hinterfragen. Wie die, wie ein Mensch es schafft, sich durch Vitamin B in die geschlossene, psychiatrische Abteilung zu Schwerverbrechern einschliessen zu können. Doch im Grossen und Ganzen erschien die Handlung glaubwürdig.
Leider hat jedoch dann Herr Fitzek zum Schluss wieder zu viel auf die Buchseiten zu pressen versucht. Und zwar wird der Plot, der über lange Zeit sehr gradlinig und klar ist, auf den letzten 20 bis 30 Seiten wirr und unausgegoren. Schade kann Fitzek es nicht einmal gut sein lassen und nicht noch zum Schluss zu überkonstruieren. So bleibt für mich doch ein fader Nachgeschmack von einem ansonsten spannenden Buch.
Eigentlich findet man in diesem Thriller alles, was ein gutes Buch in diesem Genre ausmacht. Gänsehaut auslösende Situationen, überraschende Wendungen, ein Grundthema das wohl jeden und jede berührt und ausgezeichnet charakterisierte und überzeugende Figuren. Gemischt mit einem unheimliche Settig wäre das Lesevergnügen pur.
Der Autor hat den Aufbau mit wechselnden Perspektiven gewählt, und die wechseln kapitelweise. Was bei anderen Autoren chaotisch sein kann, ist hier ein hervorragender Aufbau um die Handlung voranzutreiben. Durch den Schreibstil, der sich sehr gut und schnell liest, kommt man schnell voran und so fliegen die Seiten nur so dahin.