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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.05.2024

interessante Idee, nicht erfülltes Potenzial

Der Spiegelorden
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Dieses Buch hat mich weder so richtig begeistert noch groß enttäuscht. Es ist eine Fantasy Geschichte mit einer durchaus interessanten Idee und Ausgangslage, die Auseinandersetzung mit Legenden, Schicksal ...

Dieses Buch hat mich weder so richtig begeistert noch groß enttäuscht. Es ist eine Fantasy Geschichte mit einer durchaus interessanten Idee und Ausgangslage, die Auseinandersetzung mit Legenden, Schicksal und Eigenverantwortung am Beispiel eines kleinen Kindes, Nauri, auf dem alle Erwartungen ruhen hat mich neugierig gemacht. Auch die Hauptcharaktere Bjoron und Darien waren für mich eine der Stärken des Buches. Beide kamen mir lebendig und mit ihren Eigenheiten rüber, es hat mir Spaß gemacht zu lesen wie sie miteinander ihren Weg gefunden haben. Ihre Streitereien, Vorurteile über die Kultur des jeweils anderen und wie sie voneinander gelernt haben, sprich ihre ganze Dynamik miteinander hat mich überzeugt. Durch die Wechsel der Erzählperspektive wurde diese Dynamik unterstützt und das Buch in nicht zu langen Abschnitten gut lesbar. Auch die Nebencharaktere waren interessant und für die Geschichte gewinnbringend gestaltet, nur wenige kamen etwas flach rüber. Etwas flach blieb leider auch der titelgebende Spiegelorden, wir erfahren nicht wirklich viel über seine Hintergründe. Das, was wir erfahren gefällt mir allerdings gut. Die Art mit der wir Informationen darüber nach und nach im Handlungsverlauf erfahren passt gut zu der Entwicklung der Themen rund um Nauri. So wie auch sie ihre Magie erst kennenlernen muss, müssen wir als Lesende uns Fähigkeiten und Auswirkungen auch erst erschließen. Gleichzeitig beginnt die Erzählung „mittendrin“, es wird nicht langweilig und trotz schöner reflexiver Momente ist immer was los. Der Autor hat einige Wendungen eingebaut, aber meistens gab es genug foreshadowing für aufmerksam Lesende. Etwas negativ in Erinnerung bleiben mir die vielen blutigen Schlachten und Abschlachtereien, wer da sensibel ist sollte dieses Buch vielleicht lieber meiden. Gleichzeitig hat dieses Buch Witz und eine feine gefühlvolle Note die sehr im Widerspruch zu den Gemetzeln steht und von der ich mir gewünscht hätte, dass sie mehr Raum einnehmen darf. Auffällig waren in dieser Ausgabe auch einige Lektoratsfehler, was mich allerdings nicht wirklich gestört hat.

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Veröffentlicht am 05.05.2024

unterhaltsam, berührend und manchmal vielleicht ein bisschen Klischee

The Happiness Blueprint
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Dieses Buch ist eine gelungene Mischung aus Witz, Herzschmerz, Zuckerguss und schweren Themen. Gerade am Anfang war ich etwas erschlagen von der Schwere der Alex-Kapitel, da es sehr viel um den Tod seines ...

Dieses Buch ist eine gelungene Mischung aus Witz, Herzschmerz, Zuckerguss und schweren Themen. Gerade am Anfang war ich etwas erschlagen von der Schwere der Alex-Kapitel, da es sehr viel um den Tod seines Bruders und Alex Trauer geht. Das kam etwas unerwartet, passt aber zu dem Charakter und letztlich auch zur Geschichte. Die Missverständnisse zwischen Alex und Klara sorgen für jede Menge Herzschmerz, manchmal auch Frust und ein die beiden schütteln wollen „verdammt jetzt redet halt mal drüber!“. Witzig ist es allerdings und die Beziehung zwischen Alex und Klara wartet neben diesem Humor auch mit genug Zuckerguss auf um für den Herzschmerz zu entschädigen (oder ihn noch mehr in die Höhe zu treiben?). Slow burn im Sinne von sweet torture, ich habe gelitten und es geliebt. Ally Zetterberg hat hier zwei Charaktere wie für einander geschaffen und trotzdem legen beide noch eine ordentliche Charakterentwicklung hin. Nebencharaktere, die am Anfang etwas einseitig erscheinen, wie Klaras Schwester, werden im Laufe der Zeit immer runder, was direkt auf Klaras Entwicklung zurückzuführen ist und meiner Meinung nach einen sehr gelungenen Umgang mit dem perspektivischen Erzählen darstellt. Wie sehen die Welt wirklich durch Klaras und Alex Augen, was insbesondere dann spannend wird, wenn die beiden einander sehen.
Diese Geschichte ist unterhaltsam, berührend und manchmal vielleicht ein bisschen Klischee.

(Ich fand leider die gewählten Schriftarten fast durchgängig anstrengend zu lesen, zt waren die Kontraste nicht gut und das Druckbild unscharf.)

Achtung, (eventuell) Spoiler:
Klara war für mich sehr offensichtlich autistisch, dies kommt allerdings erst zum letzten Drittel hin explizit zur Sprache, da Klara dies selber zu Beginn nicht weiß. Auf diese Art dürfen Lesende Klara mit ihrer Art die Welt zu sehen und in ihr zu interagieren erstmal unvoreingenommen kennenlernen, lachen mit ihr aber nicht über sie. Ally Zetterberg schafft gerade bevor das Thema explizit wird eine sehr runde ausgewogene Darstellung, die durch ihre Selbstverständlichkeit überzeugt. Die Auseinandersetzung mit der Diagnose ist dann doch etwas oberflächlich beschrieben, der Prozess der Verarbeitung für die Geschichte beschleunigt dargestellt. Kernelemente sind trotzdem vorhanden und in gewisser Weise wird auch hier die Selbstverständlichkeit des so-seins aus dem Beginn der Erzählung beibehalten. Insgesamt aus meiner Sicht eine gelungene Darstellung einer autistischen Hauptperson, bei der weniger Wert auf sachliche Aufklärung gelegt, sondern einfach fundamental das autistische Erleben dieser einen Person dargestellt wird.

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Veröffentlicht am 28.04.2024

mit Emmy trauern

Wohin das Licht entflieht
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Schon das Cover mit der Metallic-Folie ist so wunderschön und fein gestaltet, es sollte nicht überraschen, dass dieses Buch mehr ein kleines Kunstwerk als irgendeine Story ist. Sara Barnard beschenkt uns ...

Schon das Cover mit der Metallic-Folie ist so wunderschön und fein gestaltet, es sollte nicht überraschen, dass dieses Buch mehr ein kleines Kunstwerk als irgendeine Story ist. Sara Barnard beschenkt uns Lesende mit einer authentischen Erzählung voller emotionaler Wucht zu einem Thema, bei dem sonst eher Distanz und erhobene Zeigefinger dominieren. Emmy, die Protagonistin, hat ihre Schwester durch Suizid verloren. „Wohin das Licht entflieht“ nimmt uns mit durch die Trauer und das Leben danach. Barnard spielt mit der Typographie, der Textart, dem Schreibstil um die Nuancen dessen, was hier passiert greifbar zu machen. Emmys Geschichte berührt unmittelbar und das liegt zum großen Teil an dieser Gestaltung. Das ganze Buch transportiert eine warme, ruhige Gelassenheit in der Begleitung von Emmys Weg, auf dieser Grundlage fällt es leicht sich auf die Gefühle und das Geschehen einzulassen. Alles darf sein, auch wenn nicht alles gut oder richtig ist. Die Liebe der Autorin zu ihrer Protagonistin ist tröstlich auch für mich als Leser.

Durch Emmys Perspektive lernen wir die anderen Protagonisten kennen, allen voran natürlich ihre verstorbene Schwester. Diese deutliche perspektivische Zentrierung fand ich im Endeffekt sehr hilfreich, auch wenn ich zwischendrin nur zu gerne die Gedanken und Gefühle anderer Charaktere unmittelbar wissen wollte. Wenn Zeitungsartikel oä gezeigt werden, waren sie immer so eingebunden, wie Emmy sie gesehen hat. Mit der Zeit verändert sich Emmys Blick und wir Lesende dürfen und müssen zusammen mit ihr langsam die Komplexität begreifen. Denn das sind Themen rund um Prominenz, Showbusiness, Suizid und Trauer und ich rechne es der Autorin hoch an, wie sie damit umgegangen ist. Am Ende ist es rund. Am Ende ist Emmys Schwester (natürlich) immer noch tot und da ist immer noch Trauer aber da ist auch Leben. Dieses Buch macht Mut, gerade indem es das nicht plakativ vor sich her trägt, nicht dem Anfang das Ende vornwegnimmt, sondern indem es aushält. Das sprachlich so ansprechend rüber zu bringen ist eine große Leistung.

Dieses Jugendbuch lohnt sich nicht für Jugendliche.

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Veröffentlicht am 25.04.2024

eine ruhige, fein erzählte tiefgründige Geschichte

Zuckerbrot
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Ich mag die Unaufgeregtheit mit der wir in „Zuckerbrot“ Pin und ihre Familie kennenlernen. Pin, aus deren Sicht der Großteil der Geschichte erzählt wird, merkt die Untiefen der Familiengeschichte an ihren ...

Ich mag die Unaufgeregtheit mit der wir in „Zuckerbrot“ Pin und ihre Familie kennenlernen. Pin, aus deren Sicht der Großteil der Geschichte erzählt wird, merkt die Untiefen der Familiengeschichte an ihren klugen Beobachtungen der Gegenwart. Die Beschreibungen von Jinis Kochkünsten und Pins Interpretation der Gefühle ihrer Mutter über diese sind berührend. Im Verlauf der Geschichte werden langsam aus Andeutungen und Ahnungen Wissen. In beständigem Erzähltempo und mit Beschreibungen Singapurs die eindrücklich und zugänglich sind, folgen wir Pin zur Schule, in den Sikh-Tempel und auf den Platz zum Fußballspielen. Jeder der Charaktere ist mir schnell ans Herz gewachsen, nicht zuletzt weil Pins Liebe für ihre Familie aus den Beschreibungen spricht. Gleichzeitig ist da die Vorsicht, das auf Eierschalen laufen, die Abgründe, die die Charaktere auch haben. Langsam, wie Perlen in einem Wasserglas, brechen Konflikte auf, zeitweise hatte ich den Eindruck drückender Luft bei einem Sommergewitter. Meisterhaft vermittelt die Autorin diese Stimmungen und die sanften Entwicklungen. Es ist eine Familiengeschichte, ein Gesellschaftsroman und auch einfach eine berührende Coming-of-age Geschichte in der die verschiedenen Themen immer wieder die verschiedenen Ebenen berühren, insbesondere das Thema Religion. „Zuckerbrot“ liest sich gut, im Anhang gibt es noch ein Glossar zu kulturellen oder singlischen Begriffen, ich musste nie nachschlagen um dem Text folgen zu können, mochte diese Einblicke aber trotzdem.

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Poetisch, drückend: Portrait der Odile Ozanne

Das andere Tal
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„Das andere Tal“ folgt in der Erzählung dem Leben von Odile, zu Beginn des Romans 16 Jahre alt. Das Besondere: Gleichzeitig existieren in den Tälern nach Ost und West jeweils 20 Jahre zeitversetzt Odile ...

„Das andere Tal“ folgt in der Erzählung dem Leben von Odile, zu Beginn des Romans 16 Jahre alt. Das Besondere: Gleichzeitig existieren in den Tälern nach Ost und West jeweils 20 Jahre zeitversetzt Odile und die anderen Bewohner. So kommt es, dass Odile Besucher erkennt und aufgrund der Regelungen zur Genehmigung solcher Zeitreisen absehen kann, dass einer ihrer Mitschüler wohl sterben wird. Damit muss Odile umgehen.

Dieses Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen, es ist wie ein düsteres Loch, das mich verschluckt hat. Die Zeitreisemöglichkeit, die erstmal wie süße Freiheit klingt, wird stark reglementiert, die (räumliche) Existenz und Anwesenheit von Zukunft und Vergangenheit wird zwar auch zum reizvollen Gedankenspiel, hauptsächlich aber zur drückenden Last. So sind die Themen des Romans Fragen zu Freiheit, Vorherbestimmung und dem Umgang mit einer Gegenwart die doch nicht so ganz gegenwärtig sein will. Hin und wieder tauschen sich auch die Charaktere über die philosophischen Fragen aus, viel mit Explizitem oder gar mit festen Antworten dient das Buch aber nicht.

Odile ist eine Hauptperson, die mich stark mitgezogen hat, so wie sie sich mitziehen ließ. Bei mir kam selten der Frust mit ihr hoch, ich fand es eher tröstlich ihre fortlaufende Existenz mitzuerleben. Wer sich nach Action sehnt wird das womöglich ganz anders sehen. Die wenigen wirklich wichtigen Charaktere sind alle interessant, viele Entwicklungen bleiben angedeutet, trotzdem findet sich eine überzeugende Tiefe.
Dieses Buch besticht mit einer durchweg poetische Sprache, bei der immer wieder ganze Sätze oder Satzteile hängen bleiben und nachhallen. Sie trägt die Stimmung und macht das größtenteils langsame Tempo der Handlung gewinnbringend. Trotz seiner diesbezüglichen Anlagen bleibt mir dieses Buch nicht als Logikrätzel, sondern als Biografie, als Portrait von Odile, in Erinnerung.

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