Profilbild von Isaopera

Isaopera

Lesejury Profi
offline

Isaopera ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Isaopera über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.04.2017

Berührt und irritiert gleichermaßen

Ein fauler Gott
0

"Ein fauler Gott" ist der Debütroman des Autors Stephan Lohse und wirklich ein beachtliches Werk. Der Autor nähert sich einem sehr sensiblen Thema sehr angemessen, denn es geht um den Tod eines Kindes. ...

"Ein fauler Gott" ist der Debütroman des Autors Stephan Lohse und wirklich ein beachtliches Werk. Der Autor nähert sich einem sehr sensiblen Thema sehr angemessen, denn es geht um den Tod eines Kindes. In diesem Jahr gab es bereits einige tolle Bücher zum Thema Tod und Verlust in den Neuerscheinungen zu lesen, gerade dieses Buch beschreibt jedoch durch den plötzlichen und unverständlichen Tod des kleinen Jonas eine echte Tragödie.
Zurück bleiben Ben, 11 Jahre alt, und seine Mutter. Obwohl die Geschichte vorwiegend mit Bezug zu Ben geschrieben ist, wird auch die Trauerverarbeitung der Mutter ausreichend beleuchtet.
Wie der Titel schon vermuten lässt, ist es ein besonderes Buch. Es steigt sehr stark ein und hat mich spontan unglaublich gepackt. Die Beerdigung des kleinen Jonas hat mich so berührt, dass ich wirklich in Tränen aufgelöst war. Im Verlauf wurde die Geschichte dann nicht weniger interessant, aber teilweise schon etwas merkwürdig. Hierbei hat mich gestört, dass viele Handlungsstränge aufgenommen und dann nicht so recht weitergeführt werden, da alles sehr episodisch wirkt. Es gibt einige wunderbare Nebenfiguren wie den Nachbar Hr. Gäbler, die für mich noch mehr genutzt werden könnten. Gerade die Gespräche mit diesem Nachbarn sind toll geschrieben, beinahe poetisch, und insgesamt ist es ein Buch, aus dem der interessierte Leser viele tolle Zitate mitnehmen kann und wird!
Ich muss sagen, dass ich zwischen dem 2. und dem letzten Drittel des Buches einen kleinen "Hänger" hatte, da die Geschichte schon etwas absonderlich wird und teilweise sehr viele Details genannt werden. Das hat den Lesefluss für mich etwas gestört, daher 1 Stern Abzug.

Insgesamt ein starker Debütroman mit kleinen Schwächen, der nicht unbedingt leicht zu lesen, aber für literarisch interessierte Leser sehr empfehlenswert ist.

Veröffentlicht am 06.04.2017

Kein gewöhnlicher Kriegsroman

Heute leben wir
0

Als geschichtsinteressierte Leserin habe ich bereits sehr viel Literatur über den 2. Weltkrieg gelesen und verfolge die aktuellen Neuerscheinungen in diesem Bereich. "Heute leben wir" ist kürzlich im S. ...

Als geschichtsinteressierte Leserin habe ich bereits sehr viel Literatur über den 2. Weltkrieg gelesen und verfolge die aktuellen Neuerscheinungen in diesem Bereich. "Heute leben wir" ist kürzlich im S. Fischer Verlag erschienen und hebt sich meiner Meinung nach deutlich von anderen Kriegsromanen ab.
Beschrieben wird die Geschichte eines jüdischen Mädchens, dessen längere Fluchtgeschichte in Rückblenden aufgegriffen wird. In der aktuellen Handlung geht es um ihre Beziehung zu einem deutschen SS-Mitglied, der einer besonderen Einheit von Elite-Soldaten angehört, welche als Amerikaner getarnt operieren, um die feindlichen Linien zu unterlaufen. Im Gegensatz zu seinen sonstigen Empfindungen rettet Matthias, der Soldat, das Mädchen vor ihrem Todesurteil und kann sich in der Folge nur schwer ihrem Bann entziehen.
Die Geschichte war für mich sehr gut geschrieben und höchst spannend! Ich habe das Ganze tatsächlich fast als Krimi wahrgenommen, weil man nie wissen konnte, ob vielleicht alles nur eine Lüge oder eine Täuschung ist. Renée ist ein ganz besonderes Mädchen und wirkt deutlich reifer, als ihr Alter es vermuten lassen würde. Das Buch ist aus Erwachsenenperspektive geschrieben und auch Renée wirkt oft selbst wie eine erwachsene Person. Matthias hingegen ist eine sehr komplexe Persönlichkeit, einerseits sehr reif und kalt, andererseits aber auch verletzlich.
Die Geschichte der beiden beruht auf wahren Begebenheiten, was das Ganze für mich noch einmal besonderer gemacht hat.
Insgesamt fehlte mir an manchen Stellen ein wenig der emotionale Bezug. Durch die hohe Spannung kam das für mich etwas kurz. Zudem hätte ich mir gewünscht, dass Renées Vergangenheit konkreter dargestellt wird. Für mich hätte die Geschichte ruhig früher einsetzen dürfen. Der Epilog war für mich ein wenig dick aufgetragen...deshalb insgesamt 1 Stern Abzug.

Ein sehr spannender und besonderer Roman, den ich in jedem Fall weiterempfehlen kann!

Veröffentlicht am 03.04.2017

Sehr speziell

Die Verseflüsterin
0

Bei der Bewertung der Verseflüsterin schwanke ich zwischen 3,5 und 4 Sternen. Da mir aber einige Aspekte doch sehr gut gefallen haben, gebe ich insgesamt 4 Sterne!
Dieser Roman ist ungewöhnlich, das stimmt. ...

Bei der Bewertung der Verseflüsterin schwanke ich zwischen 3,5 und 4 Sternen. Da mir aber einige Aspekte doch sehr gut gefallen haben, gebe ich insgesamt 4 Sterne!
Dieser Roman ist ungewöhnlich, das stimmt. Man kann auch sagen, er polarisiert, denn viele Leser finden ihn wunderbar und viele andere finden ihn völlig daneben.
Ich bin ohne Erwartungen an den Roman herangegangen, hatte aber von der Leseprobe erstmal einen positiven Eindruck. In dieser geht es vor allem um die Rahmenhandlung mit den Protagonisten Marcus und Isabelle. Diese Geschichte hat mir über das ganze Buch hinweg gut gefallen und gerade Isabelle war für mich ein sehr sympathischer und auch greifbarer Charakter. Beide wirkten authentisch und lebensnah.
Zusätzlich gibt es ziemlich bald eine Hinwendung zur Psychologie. Marcus erhält nicht nur mysteriöse Glücksbotschaften, sondern macht auch die Bekanntschaft mit Angelo, der ihn coacht und ihm neue Dinge aufzeigt. Durch ihn kommt er beispielsweise zum Yoga. Dieser Teil der Geschichte ist sehr speziell. Die Themen sind eigentlich alle interessant, aber es wird dann teilweise doch etwas viel "Lebensberatung". Der Stil schwankt hier plötzlich zwischen Ratgeber, Sachbuch und Roman und für mich passen die Stellen nicht immer gut in den Erzählfluss.
Daher war ich im ersten Teil etwas irritiert von diesem Buch.
Etwa ab der Hälfte gibt es dann eine Wendung. Ohne spoilern zu wollen verändert sich die Beziehung der Figuren durch ein gelüftetes Geheimnis drastisch und es gibt auf einmal eine tiefgreifende neue Geschichte. Diese fand ich wirklich interessant und spannend - auch, wenn das Ganze gegen Ende dann wieder ein wenig ins Spirituelle abdriftet.

Bei diesem Buch war ich hin und her gerissen, allerdings mochte ich den Stil des Autors einfach gern. Jeder Leser sollte sich hier sein eigenes Urteil bilden. Stellt euch auf Stoff zum Nachdenken ein!

Veröffentlicht am 30.03.2017

Sehr starke Rückblenden

Die Kirschvilla
0

Hanna Caspian - dahinter steckt laut Verlag eine bekannte deutsche Autorin, die irgendwo am Rhein zu Hause ist. Wer es sein mag? Keine Ahnung, aber ihre Liebe zur Stadt Köln liest sich auf jeden Fall aus ...

Hanna Caspian - dahinter steckt laut Verlag eine bekannte deutsche Autorin, die irgendwo am Rhein zu Hause ist. Wer es sein mag? Keine Ahnung, aber ihre Liebe zur Stadt Köln liest sich auf jeden Fall aus den Zeilen heraus :)

"Die Kirschvilla" hat einen sehr romantischen Titel und ein ebensolches Cover, allerdings steckt in diesem Roman nicht nur Romantik, sondern auch eine Fülle an düsteren Ereignissen und Geheimnissen, die mich immer wieder ziemlich überraschen konnten! Unvorhersehbare Wendungen sind in diesem Buch nicht allzu selten und ich finde, dass gerade die Rückblenden eine große Stärke des Romans sind. Ohne zu viel darüber verraten zu wollen, hat mich die Geschichte der Familie wirklich sehr berührt und ist wunderbar vielschichtig angelegt worden!

In der Gegenwart handelt die Geschichte von Isabell und ihrer Großmutter. Natürlich gibt es auch einen gutaussehenden (und netten!) Herren, der ihre Gefühle gehörig durcheinander bringt und sie tatkräftig unterstützt. Hierbei haben mir vor allem die Beschreibung der engen Beziehungen zwischen den Personen und die Schilderungen der Schauplätze gefallen - alles wirkt sehr plastisch und authentisch und bildete eine super Grundlage für den Film in meinem Kopf ;)

Für mich ein gut geschriebener und spannender Familienroman. Ich hoffe, die unbekannte Autorin schreibt noch weitere Romane dieses Kalibers!

Veröffentlicht am 30.03.2017

Französische Leselust

Das geheime Leben des Monsieur Pick
0

David Feonkinos, der vielen Lesern durch "Nathalie küsst" bekannt sein könnte, hat in diesem Buch nicht nur seine Liebe zu Frankreich, sondern auch seine Liebe verewigt.
Monsieur Pick - dieser Name steht ...

David Feonkinos, der vielen Lesern durch "Nathalie küsst" bekannt sein könnte, hat in diesem Buch nicht nur seine Liebe zu Frankreich, sondern auch seine Liebe verewigt.
Monsieur Pick - dieser Name steht nicht nur für ein ganz und gar durchschnittliches Leben, sondern auch für so manches Geheimnis, wie Delphine, eine junge Lektorin, im Laufe dieses Romans feststellen darf. Begleitet wird sie hierbei von vielen liebevoll beschriebenen und für mich tief durchdrungenen Nebencharakteren, die alle für sich die Geschichte sehr bereichern.
Hierbei wird das Erzähltempo teilweise gedrosselt, ja, bewusst herausgenommen, das stimmt. Für mich hat die Geschichte dadurch aber keineswegs verloren - ich habe das Buch in kürzester Zeit durchgelesen und mich keine Sekunde lang gelangweilt :)
Trotz ihrer Schwächen ist Delphine für mich ein Lieblingscharakter geblieben, denn ich konnte mich in sie von Anfang hineinversetzen und verstehe sie.
Am menschlichsten war für mich wahrscheinlich Magalie, die einerseits einen Stereotyp einer Frau in ihrer Altersklasse darstellt, andererseits aber immer wieder überraschen kann.

Wer Lust hat, sich von französischem Lebensgefühl, einem ganz tollen Schreibstil und einer bewegenden Geschichte mit viel Humor und Liebe zur Literatur anstecken zu lassen, der ist hier genau richtig! Von mir eine klare Empfehlung!