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Veröffentlicht am 01.12.2023

Die Schnappviecher gehen um

Commissario Tasso treibt den Winter aus
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Kurz nach der Auflösung des Falles um den Polizeichef Bruno Visconti gibt es für Commissario Tasso und seine Noch-Praktikantin Mara einen neuen Fall. Bei dem Egetmann-Umzug in Tramin, bei dem traditionell ...

Kurz nach der Auflösung des Falles um den Polizeichef Bruno Visconti gibt es für Commissario Tasso und seine Noch-Praktikantin Mara einen neuen Fall. Bei dem Egetmann-Umzug in Tramin, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben werden soll, treiben es die Schnappviecher gar zu doll. Jedenfalls wird mitten in der Menge ein junger Mann umgebracht und niemand hat etwas gesehen.

Kurzum werden der noch vom Dienst suspendierte Commissario Tasso, sein verrenteter Kollege Vierweger und die Praktikantin Mara wieder in Dienst gestellt und mit dem Fall betraut.

Ermittlungen in einem kleinen Dorf in Südtirol sind schwierig. Die Leute reden nicht gern mit der Staatsgewalt, ganz im Gegenteil, sie nehmen die Justiz auch schon mal in die eigenen Hände und so bedarf es sehr viel Feingefühls und auch so manchen Tricks, um dem Täter auf die Spur zu kommen.

Ich lobe ausdrücklich die sehr schönen Titelbilder der Reihe. Das winterliche Flair der norditalienischen Stadt Bozen ist gut getroffen, die Menschen, die abgebildet sind, sind elegant gekleidet in der Mode der 60er Jahre.

Überhaupt weckt ein Ausflug in diese Zeit einiges an Erinnerungen, vor allem was die Rolle der Frauen angeht. Es war noch nicht selbstverständlich, dass Frauen arbeiteten, und wenn sie es taten, dann hauptsächlich im eigenen Betrieb, wie z. B. der eigenen Bäckerei oder der Pension.

Es war gut, dass dem Buch eine Seite der beteiligten Personen vorangestellt war. Man verlor schon mal den Überblick und das traf offenbar auch auf die Autorin zu, die Namen verwechselte und einen eigentlich eingesperrten Protagonisten doch plötzlich wieder im Wirtshaus auftauchen ließ.

Schwierig fand ich außerdem die Rückbezüge auf Band 2. Ohne Vorkenntnisse war Band 3 nicht so ohne Weiteres zu verstehen, insbesondere dann nicht, wenn es um die Verhandlungen zu Tassos beruflicher Zukunft ging. Auch in Band 2 gab es Rückbezüge auf den ersten Band der Reihe, da hatte man aber nicht das Gefühl, etwas Wichtiges verpasst zu haben.

Trotz der Kritikpunkte liest sich das Buch sehr gut und auch stellenweise spannend und vor allem würde ich schon gerne erfahren, wie es mit den Protagonisten weitergeht. Ich würde gerne Maras Weg weiterverfolgen, interessiere mich für Giulios berufliche Änderungspläne und bin auch gespannt, ob Tasso Bozen treu bleibt.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 27.11.2023

Eine neue Weltordnung

Welt in Aufruhr
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Bei einem Buch wie dem des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler tue ich mich schwer damit, das Buch in wenigen Wochen abgeschlossen und ganz erfasst zu haben. Da sind so viele Informationen, die mich ...

Bei einem Buch wie dem des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler tue ich mich schwer damit, das Buch in wenigen Wochen abgeschlossen und ganz erfasst zu haben. Da sind so viele Informationen, die mich interessieren, die mir bei einer persönlichen Einordnung der Weltlage Grundlagen bieten und die letzten 30 Jahre von der Auflösung der Sowjetunion bis heute abdecken.

Wo werden wir in Europa in einigen Jahren stehen? Werden die USA uns weiterhin verlässlich schützen können? Werden sie es überhaupt wollen oder sind sie mit Problemen im eigenen Land beschäftigt? Welche großen Mächte werden neben dem westlichen Bündnis mehr und mehr hervortreten?

Herfried Münkler wagt vorsichtige Prognosen über neue Ordnungen und Konfliktlinien, wie sie sich im 21. Jahrhundert herausbilden könnten.

Folgt man den täglichen Nachrichten, so ist es kaum möglich, diese in einen Gesamtzusammenhang zu bringen.
Das gelingt Herfried Münkler ganz hervorragend. Und so reiht sich ein Aha-Effekt an den anderen und Fragen, die man sich vielleicht noch gar nicht offen gestellt hat, werden hier bereits beantwortet.

Das Werk zeigt einmal mehr, dass aktuelle Prozesse vielfältige historische und politische Ursprünge haben.

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Veröffentlicht am 23.11.2023

Grantelnde Herzlichkeit

Prost, auf die Pfennigfuchser
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Hauptkommissar Tischler lebt in Brunngries, einer kleinen fiktiven Gemeinde nahe Traunstein. Seine betagte Nachbarin, Frau Kneidinger, vermisst ihre Begleitung zu einem Ausflug des Frauenbundes und bittet ...

Hauptkommissar Tischler lebt in Brunngries, einer kleinen fiktiven Gemeinde nahe Traunstein. Seine betagte Nachbarin, Frau Kneidinger, vermisst ihre Begleitung zu einem Ausflug des Frauenbundes und bittet Tischler, der Sache auf den Grund zu gehen. Tatsächlich kann Frau Zettlwieser nur noch tot aufgefunden werden, ermordet in den eigenen vier Wänden ohne ersichtlichen Grund. Denn natürlich war die 65jährige Filialleiterin einer Privatbank überall beliebt und niemand kann sich vorstellen, wer ihr das angetan haben sollte.

So beginnen die Ermittlungen, die Spurensicherung untersucht die Räumlichkeiten, der Pathologe die Leiche und so erhalten die Ermittler einige Informationen, die ihnen später noch nützlich sein werden.

Das Buch lebt von den Dialogen der ermittelnden Beamten untereinander und auch sonst sind die Protagonisten nicht auf den Mund gefallen. Tischler und sein etwas jüngerer Kollege Fink sind beide schlagfertig und geben sich nichts.

Man mag sich, aber man verbirgt es gut, diese grantige Herzlichkeit ist eigentlich ein Widerspruch, der den Umgang untereinander aber ganz gut beschreibt. Ansonsten geht es in bayerischen Kommissariaten immer noch etwas gemütlicher zu, es erinnert so ein wenig an die Rosenheim-Cops, die Rolle von Frau Stockl hat hier die Luise inne. Das Betriebsklima ist gut, den Kollegen bringt man Pralinen und Brezn mit, selbst wenn die dann etwas daran auszusetzen haben. Das gehört zum Spiel dazu. Und selbst die Dackelhündin Resi wäre auf der Polizeitstation durchaus willkommen.

Die Charaktere sind gut beschrieben, man sieht sie quasi vor sich, wie z. B. Herr Schilling die Krawatte zurechtrückt oder ein nicht vorhandenes Stäubchen von seiner Schulter entfernt. Das Kopfkino funktioniert. Es ist auch irgendwie typisch, dass Frau Kneidinger, sobald sie sich mit dem Tod der Frau Zettlwieser arrangiert hat, in erster Linie Interesse daran hat, das ihr geliehene Kochbuch wieder zurückzuerhalten. Schmunzeln musste ich über ihre Bestechungsversuche.

Für mich war es ein Krimi, bei dem man immer mal wieder lachen konnte und der nicht so bierernst zu nehmen war.

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Veröffentlicht am 19.11.2023

Sei besonnen waghalsig

Dieses schöne Leben
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Schon das farblich sehr harmonisch abgestimmte Cover lädt zum Lesen dieses Buches ein. Die gelben und blauen Blumen passen sehr gut zueinander und angelehnt am Thema „Sterben“ sind Autorin und Titel des ...

Schon das farblich sehr harmonisch abgestimmte Cover lädt zum Lesen dieses Buches ein. Die gelben und blauen Blumen passen sehr gut zueinander und angelehnt am Thema „Sterben“ sind Autorin und Titel des Buches auf einer Schleife um die Blumen gewunden. Die Rückseite der Schleife zeigt eine Landkarte von New York und dort spielt die Handlung auch.

Clover verdient ihren Lebensunterhalt als Sterbebegleiterin. Schon als Kind war ihr der Tod nicht fremd, sie verlor bereits mit 6 Jahren ihre Eltern durch einen Unfall, und die Beschäftigung mit dem Thema ließ sie in der Folgezeit nicht mehr los. In den Augen ihrer Mitschüler machte sie das zwar zur Außenseiterin, sie aber fühlte sich in diesem Umfeld wohl und gut aufgehoben. Sie wuchs bei ihrem Großvater in New York auf, einem Biologieprofessor, der sie sehr prägte. Clover entwickelt sie sich zu einer sehr zurückgezogenen jungen Frau, die nie Freundinnen hatte, ganz zu schweigen von einem Partner.

Clover ist gespalten zwischen ihrem Wunsch nach Zugehörigkeit und der Furcht, wieder enttäuscht zu werden. Die Totgeweihten sind da noch die besten Gesprächspartner, ihnen bleibt keine Kraft und Zeit mehr, sie noch zu enttäuschen. Ihnen steht sie in ihren letzten Tagen bei und bereitet sie auf das Sterben vor. Ein kleines Notizbuch mit den letzten Worten der von ihr begleiteten Menschen birgt für sie Weisheiten und Anleitungen zum Leben.

In einem Death Café trifft sie auf Sebastian, der sie seiner todgeweihten Großmutter Claudia vorstellt und mit Claudia verändert sich Clovers Leben. Claudia ist Clover in den wenigen Tagen ihrer Bekanntschaft eine wertvolle Lehrerin. Überhaupt ist es oft so, dass Clover aus den Gesprächen mit den Sterbenden viel für sich selbst herauszieht. Es sind Therapiestunden für sie selbst.

Außerdem ist da noch Sylvie, die junge Nachbarin, die sich ebenfalls von Clover nicht abschrecken lässt und sich hartnäckig für sie und ihren Beruf interessiert.

Das Buch von Mikki Brammer ist eines jener Werke, die nach dem Lesen mit vielen Haftmarkern geschmückt sind. Viele Stellen möchte man sich merken, will sie zitieren und wiederverwenden. Sie regen zum Nachdenken an.

Am besten in Bezug auf Clover fand ich Claudias letzte Worte an sie: „Sei besonnen waghalsig“. Vielleicht könnte man es übersetzen mit:
Trau dich ein wenig aus deiner Komfortzone heraus, aber bleibe dabei du selbst und authentisch. Schön, dass Clover dieser Aufforderung folgt!

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Veröffentlicht am 17.11.2023

Wissensfundus für die Zeit um 1500

Um 1500
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„Romedio Schmitz-Esser entfaltet das faszinierende Panorama Europas am Beginn der Neuzeit. Durch die Brille des Universalgenies Albrecht Dürer erleben wir die vielfältige Lebenswirklichkeit einer ungemein ...

„Romedio Schmitz-Esser entfaltet das faszinierende Panorama Europas am Beginn der Neuzeit. Durch die Brille des Universalgenies Albrecht Dürer erleben wir die vielfältige Lebenswirklichkeit einer ungemein dynamischen Epoche.“

Diese Ankündigung des Theiss-Verlages drückt schon ziemlich genau aus, was den Leser mit diesem Buch erwartet.

Auf 454 Seiten entfaltet sich das Leben und Umfeld der Menschen von der Geburt bis zum Tod, einmal das enge Umfeld im Kreis der Familie und im beruflichen Umkreis, aber auch der Blick über den Tellerrand kommt nicht zu kurz.

Eine sehr große Menge an Informationen wurde herangezogen, allein die Bibliografie umfasst 34 Seiten und so kann man in Teilbereichen, für die man noch tiefergehende Informationen wünscht, auch noch weiter in die Materie einsteigen.

Das Buch ist hochwertig gestaltet, die Papierqualität unterscheidet sich deutlich von der anderer Hardcover oder Taschenbücher. Damit einher geht die gute Druckqualität der Holzstiche und Zeichnungen.

Für mich ist das Buch in erster Linie ein Nachschlagewerk für die Zeit um 1500. Wie bereits im letzten Leseabschnitt angekündigt, werde ich es dem Europäischen Burgeninstitut für seine umfassende Bibliothek zur Verfügung stellen.

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