Profilbild von Jackolino

Jackolino

Lesejury Star
offline

Jackolino ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Jackolino über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2024

Kreuz und quer durch Lissabon

Portugiesisches Erbe
0

Unsere persönlichen Erinnerungen an Lissabon sind extrem verregnet, von daher freute es mich, die Stadt nun auch mal von ihrer Sonnenseite aus kennenzulernen. Das tut man, wenn man Henrik Falkner quer ...

Unsere persönlichen Erinnerungen an Lissabon sind extrem verregnet, von daher freute es mich, die Stadt nun auch mal von ihrer Sonnenseite aus kennenzulernen. Das tut man, wenn man Henrik Falkner quer durch Lissabon und Umgebung folgt.

Er ist in die portugiesische Hauptstadt gekommen, um das Erbe seines Onkels anzunehmen, eines Onkels, den er gar nicht kannte. Der Onkel führte ein Antiquariat und Antiquitätengeschäft in einer dunklen Gasse, zu der sich kaum ein Kunde verirrte. Umso verwunderter ist Henrik, als ihm schon am ersten Tag 1,1 Mio für das Haus geboten werden. Der tatsächliche Wert liegt weit darunter. Henrik, ehemals Polizeibeamter, steht wenig auskunftsbereiten Hausbewohnern und Mitarbeitern gegenüber, irgendetwas scheint nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Und tatsächlich wird er bereits am ersten Abend fast Opfer eines Verkehrsunfalls, da hat es eindeutig jemand auf sein Leben abgesehen.

Anschläge und gruselige Entdeckungen wechseln sich in rascher Folge ab, die Polizei darf nicht eingeschaltet werden, weil man sie für bestechlich hält. Und so jagt Henrik mit wechselnden Partnern kreuz und quer durch Lissabon, nur um zum Schluss die HIntermänner der von ihm aufgedeckten Verbrechen doch nicht zu fassen zu bekommen.

Ich kannte die Reihe nicht, habe aber festgestellt, dass es schon einige Fortsetzungsbände gibt. Von daher dürften die Schuldigen mittlerweile durch die weiteren Bände bekannt sein. Aber wer weiß, was das Antiquariat noch an Geheimnissen barg.

Die Geschichte ist durchaus flott und spannend. Dennoch wäre ich als ehemaliger Polizist in so manchem Fall anders vorgegangen. Warum fotografierte er seine Funde nicht, wenn die Beweislast später doch bei ihm liegt? Auch die beiden sexuellen Intermezzi irritierten zumindest, zumal sich nichts weiteres daraus ergab. Die intuitiven Eingebungen, die ihn auf die Spur der Verbrechen der Vergangenheit führen, wirken sehr konstruiert. Das besondere Plus des Buches ist der Schauplatz. Lissabon ist eine faszinierende Stadt und ihr manchmal etwas morbider Charme kommt im Krimi gut zur Geltung.

Für Leser, die Lissabon kennen, sind die Wege durch die Stadt sicher eine schöne Erinnerung, an manches habe selbst ich mich, trotz damaligen Dauerregens, erinnert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.02.2024

Versöhnlicher Abschluss eines Lebens

Die Erinnerungsfotografen
0

Es handelt sich um ein sehr sorgfältig gestaltetes, mit 174 Seiten relativ kurzes Buch mit rosa Farbschnitt. Schon das Cover zeigt mit seinen Abbildungen, dass die Handlung in Japan spielt. Und so sind ...

Es handelt sich um ein sehr sorgfältig gestaltetes, mit 174 Seiten relativ kurzes Buch mit rosa Farbschnitt. Schon das Cover zeigt mit seinen Abbildungen, dass die Handlung in Japan spielt. Und so sind auch die beiden ersten und letzten Seiten mit japanisch anmutenden Motiven bedruckt.

Das Fotostudio von Herrn Hirasaka befindet sich an der Schnittstelle vom Diesseits zum Jenseits. Jeder Verstorbene erhält hier Gelegenheit, sein Leben noch einmal Revue passieren zu lassen. Wir begleiten drei Personen auf dem Weg ins Jenseits. Jeder Tag ihres Lebens ist in einem Foto festgehalten, der Verstorbene wählt für jedes Jahr seines Lebens ein Foto aus, das ihm wichtig erscheint. Alle drei Kandidaten können für einen Tag ihres Lebens noch einmal in diese Zeit zurückkehren und eine Situation noch einmal erleben und fotografieren.

Die 3 Verstorbenen, die ins Fotostudio des Herrn Hirakama kommen sind eine 92jährige ehemalige Erzieherin, ein 47jähriger Verbrecher, Mitglied eines berüchtigten Clans und ein kleines Mädchen von vielleicht 8 bis 10 Jahren.

Anhand der Fotos erinnern sie sich an Episoden aus ihrem Leben, sie erinnern sich an die Menschen, mit denen sie zu tun hatten.

Herr Hirakama ist in der Zwischenwelt gefangen, von seinem Leben gibt es nur ein einziges Bild, er hat keine Erinnerung an sein Leben und wartet sehnsüchtig darauf, dass ihn einmal jemand erkennen würde und seinen Erinnerungen nachhilft. Solche Fälle gibt es eigentlich nur dann, wenn in dieser Zwischenphase etwas passiert, das den Verlauf des Lebens massiv ändert, wenn jemand dem Schicksal ins Handwerk pfuscht. Tatsächlich löst sich für ihn das Rätsel bei seiner letzten Besucherin ein Stück weit.

Es hätte mir nichts ausgemacht, noch weitere Menschen auf ihrem Weg in Jenseits zu begleiten. Ich finde, es ist eine gute Idee, zum Schluss des Lebens, in einem Zwischenstadium, noch einmal innezuhalten, befreit von allen Wehwehchen und sich an alles zu erinnern. Es ist ein versöhnlicher Abschluss, weil ein Leben halt doch nicht nur aus schlechten Erinnerungen sondern auch aus schönen Anlässen bestanden hat. Und so geht man mit diesen schönen Erinnerungen zur nächsten Stufe über, in der Hoffnung, davon ein wenig mitzunehmen und zu behalten, falls man irgendwann doch einmal wiedergeboren wird. Hier spielen sicher auch die Gedanken eines ganz anderen Kulturkreises mit hinein.

Ich habe das Buch mittlerweile dreimal gelesen und tue mich mit Herrn Hirakama in seiner Zwischenwelt immer noch schwer. Für mich hätte der dritte Fall an den Anfang gehört, die zeitliche Reihenfolge erschließt sich mir sonst nicht. Trotzdem ist es ein lesenswertes Buch, es wäre schön, wenn es in Wirklichkeit so kommen würde, damit könnte ich mich anfreunden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2024

Im Winter sind die Hütten zu - oder doch nicht?

TOD AM BERG
0

Das Buch von Moni Reinsch spielt in Luxemburg und Südtirol. Es geht um Raphael, einen Investment-Banker, der mit Wirecard hohe Verluste für sich selbst eingefahren hat und nun sein bisheriges Leben mehr ...

Das Buch von Moni Reinsch spielt in Luxemburg und Südtirol. Es geht um Raphael, einen Investment-Banker, der mit Wirecard hohe Verluste für sich selbst eingefahren hat und nun sein bisheriges Leben mehr und mehr in Frage stellt. Er verordnet sich eine Auszeit und ein anderes Leben und sucht sich dafür Südtirol aus.

Meran und die höherliegenden Dörfer unterscheiden sich im beginnenden Winter deutlich von den Orten der Sommerfrische, die sie von April bis Oktober darstellen. Viele Geschäfte sind geschlossen und vor allem für Wanderer ist die Infrastruktur deutlich eingeschränkt, die Hütten auf den Bergen sind abgesperrt und eingemottet.

Dennoch macht sich Raphael auf den Weg und muss feststellen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Da muss es ein geheimes Leben auf den Hütten geben. Zunächst findet er einen toten Hund, dann ein totes Reh und kurz darauf die erste Leiche.

Die italienische Polizei verheddert sich im Zuständigkeitsgerangel und schließlich schießt man sich auf Raphael als Verdächtigen ein, er ist schließlich neu, zugezogen und verdient damit das Misstrauen aller.

Glücklicherweise hat er sich zwischenzeitlich aber auch mit einigen Einheimischen angefreundet, sonst hätte es ihn sicher nicht dort gehalten.

Das Buch würde ich nicht nur als Krimi bezeichnen. Es geht immer auch um Beziehungsgeschichten, sowohl in Luxemburg als auch in Südtirol. Und es geht darum, wie jemand sein Leben leben will, sinnvoll oder sinnlos. Die Luxemburger im Buch werden mit wenigen Ausnahmen als getrieben, geldgeil und übergriffig beschrieben. Reichtum und jedweder Luxus sind das, was am erstrebenswertesten ist und auch persönliche Beziehungen richten sich nach dem Einkommen und den beruflichen Aussichten. Nadine ist das Negativbeispiel schlechthin.

Auch in Südtirol spielen Beziehungsgeschichten eine wichtige Rolle, sie sind aber nicht vom Geld getrieben. Das Berechnende spielt hoch keine so große Rolle.

Eine neue Liebesgeschichte bahnt sich mit Maria an, schön, dass Raphael und sie sich so gut verstehen und auch einiges an Gemeinsamkeiten haben.

Raphael fühlt sich nach seinen schlechten Erfahrungen in seinem bisherigen Leben Südtirol deutlich mehr verbunden. Hier hält man auch noch zu ihm, als die Polizei ihn in Gewahrsam nimmt und ihm die Morde zur Last legt, die er nicht begangen hat. Ob jemand wirklich ein Freund ist, entscheidet sich in Krisensituationen, nicht wenn es allen gut geht.

Die Beschreibungen der Aufstiege zu den Hütten von Meran und den angrenzenden Dörfern fand ich anschaulich und es war sicher auch nicht verkehrt, immer mal wieder darauf hinzuweisen, dass ordentliches Schuhwerk überlebenswichtig am Berg ist. Aber auch ein aufgeladenes Handy und etwas Essbares im Rucksack sind nicht zu vernachlässigen.

Spannung kam mehr im letzten Drittel des Buches auf, hier hat der Krimi wieder übernommen. Ich hätte mir zum Schluss etwas mehr Hintergrund gewünscht. Aber hier sorgt vielleicht eine Fortsetzung für mehr Licht im Dunkeln.

Das Buch liest sich gut und flüssig und macht Lust darauf, die Wanderschuhe zu schnüren. Auch die gastronomischen Empfehlungen sind bestimmt nicht zu verachten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.01.2024

Mord in der Florentiner Spitzengastronomie

Schwarze Tage
0

Schauort des Krimis ist Florenz und seine Umgebung. Das Kommissariat erhält eine neue Mitarbeiterin, Laura Gabbiano, die aber schon am ersten Tag ins kalte Wasser geworfen wird. In der Umgebung ist ein ...

Schauort des Krimis ist Florenz und seine Umgebung. Das Kommissariat erhält eine neue Mitarbeiterin, Laura Gabbiano, die aber schon am ersten Tag ins kalte Wasser geworfen wird. In der Umgebung ist ein Mord geschehen, ein bekannter Sternekoch wurde mit seinem Trüffelmesser ermordet. Zeuge war lediglich sein Hund Gonzo, zu dem er offenbar ein inniges Verhältnis hatte, zu den Menschen eher weniger. Seine Frau ist jedenfalls nicht sehr erschüttert, zumal die beiden sich vor einigen Monaten getrennt hatten, probeweise, wie die Frau es schildert.

Chefermittler ist Vito Carlucci, ein erfahrener Commissario, der, nachdem er Laura endlich getroffen hat, mit ihr die Ermittlungen aufnimmt. Ihr kommt es so vor, dass alles ein wenig gemächlicher zugeht als in Rom, wo ihre vorherige Dienststelle war. Jedenfalls ist Carlucci nicht entzückt, als sie einen der Befragten etwas härter zur Brust nimmt. Seine Art der Befragungen ist eine andere. Aber die beiden müssen sich aneinander gewöhnen. Das klappt eigentlich auch ganz gut, denn schon am ersten Abend lädt Laura Vito zu einem Abendessen ein, wo die beiden sich in Ruhe einander vorstellen können.

Hauptverdächtige gibt es einige, allen voran die Frau des Sternekochs, Signora Simonetti. Ihr gehörten die Immobilien, ein Ehevertrag schützte sie vor Übergriffen ihres Mannes und der Gläubiger. Denn Gläubiger gab es eine ganze Menge. Simonetti war heillos überschuldet, obwohl sein Restaurant richtig gut lief. Sein Problem war die Spielsucht, dort verprasste er sein Geld und seine Angestellten warteten schon mehrere Monate auf ihr nächstes Gehalt. Frau Simonetti war außerdem Nutznießerin einer Lebensversicherung über eine Million, und wie sagen es die Ermittler landauf landab: Folge der Spur des Geldes.

Und so laufen die Ermittlungen darauf hinaus, Signora Simonetti zu überführen. Sie hat einen guten Anwalt, der sie immer wieder vor weiteren Ermittlungen rettet, aber schlussendlich scheint sich die Schlinge um ihren Hals doch zuzuziehen.

Wir haben es hier offenbar mit einem neuen Ermittlerduo zu tun, dem Autor merkt man auf jeden Fall an, dass er schon mehrere Krimis geschrieben hat, er versteht etwas von Spannungsaufbau und dem Legen falscher Fährten. Die beiden Ermittler, die hier zusammengewürfelt werden, scheinen ein gutes Team zu werden. Laura ist zwar deutlich temperamentvoller und impulsiver, Vito Carlucci ist dafür zurückhaltender, wartet länger ab.

Ich habe das Gefühl, dass wir die beiden noch häufiger zu sehen bzw. zu lesen bekommen, das wird nicht der letzte Krimi des Duos gewesen sein. Darauf deutet der Schluss hin, hier gibt es gemeinsame Bekannte in Rom, die offenbar auch Licht in die private Vergangenheit der Ermittler bringen können.

Ansonsten ist der Krimi nach dem Muster geschrieben, wie sie in den letzten Jahren immer erfolgreicher wurden. Seien es nun die Südfrankreich oder Bretagne-Krimis oder seien es Krimis, die in Italien angesiedelt sind, beide Länder haben eine ausgezeichnete Küche und so lässt sich der Gaumenschmaus wunderbar mit dem Lösen kniffliger Fälle verbinden. Auch in den Florentiner Sternerestaurants hätte ich gerne hin und wieder mit am Tisch gesessen, der Duft von Trüffeln stieg mir schon beim Lesen in die Nase.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.12.2023

Spannung vor Heiligabend

Der Tote am Gletscher
0

Es ist kurz vor Weihnachten und auch in der Questura in Bozen wünscht man sich, dass endlich Weihnachtsfrieden einkehren möge. Aber davon ist man weit entfernt, als die Nachricht eingeht, dass auf einem ...

Es ist kurz vor Weihnachten und auch in der Questura in Bozen wünscht man sich, dass endlich Weihnachtsfrieden einkehren möge. Aber davon ist man weit entfernt, als die Nachricht eingeht, dass auf einem Gletscher ein Mordopfer gefunden wurde. Im Schnalstal, dort wo in den 90er Jahren auch der Ötzi gefunden wurde, wurde ein Einsiedler auf ähnliche Weise umgebracht, wie es damals schon beim Ötzi der Fall war und zwar auch mit einem 5000 Jahre alten Pfeil.

Zeit sich mit Ötzi zu beschäftigen! Die beiden Kommissare Grauner und Saltapepe nehmen die Ermittlungen auf, unterstützt von einem Putz, einem Polizisten aus dem Tal.

Die beiden Ermittler sind grundverschieden, aber das passt nach Südtirol. Grauner ist gebürtig aus der Region von Bozen, er hat neben seinem Job als Commissario auch immer noch seinen Hof und seine Milchwirtschaft. Seine Kühe sind ihm ans Herz gewachsen, oft wäre er lieber Vollzeitbauer als bei der Kriminalpolizei beschäftigt. Saltapepe ist von Neapel nach Bozen versetzt worden. Ihm sind die Berge nicht geheuer und auf Schnee könnte er gerne ganz verzichten. Sein Interesse gilt dem Fußball, nie könnte er sich fürs Skifahren begeistern. Auch von der Art des Ermittelns sind sie grundverschieden, aber hier lassen sich beide Temperamente schon mal ganz gut kombinieren.

Sturm, Nebel und Schnee schaffen eine beunruhigende Atmosphäre, die auch den Leser in ihren Bann zieht. Und auch in den Dörfern hält man zwar gegen die Staatsgewalt zusammen aber unter der Decke brodelt es gewaltig und es tun sich Abgründe auf. Das gute Miteinander, das den Auswärtigen vorgespielt wird, kann auch schon mal in Schlägereien und Handgreiflichkeiten ausarten.

Es braucht einiges an Hintergrundinformationen bis endlich Licht in das Dunkel gebracht werden kann, aber am Mittag des Heiligabend kann der Fall noch gelöst werden, jedoch nicht ohne vorher noch ein paar spannende und gefährliche Situationen zu überstehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere