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Veröffentlicht am 01.08.2023

Vier-Wochen-Programm gegen Heißhunger und Stimmungstiefs

Der Glukose-Trick – Das Praxisbuch
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Im Januar 2022 hat die französische Biochemikerin und Ernährungsexpertin Jessie Inchauspé mit ihrem Buch Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs einen regelrechten ...

Im Januar 2022 hat die französische Biochemikerin und Ernährungsexpertin Jessie Inchauspé mit ihrem Buch Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs einen regelrechten Hype (nicht nur) in Deutschland ausgelöst. Ihrer Aussage nach (und das belegen Studien), sind viele unserer (Zivilisations-)Krankheiten die Folge von Blutzuckerspitzen, die auch bei nicht-Diabetikern den Körper in Stress versetzen und krank machen. Durch den rapiden Blutzuckeranstieg, der Ausschüttung von Insulin und dem anschließenden Blutzuckerabfall überfordern wir unseren körpereigenen Brennofen – die Mitochondrien – und diese können ihre Arbeit dann nicht mehr richtig ausführen bzw. stellen ihre Arbeit ganz ein, was zu Krankheiten wie Insulinresistenz, Diabetes Typ I und II, POCS (Polyzystisches Ovarsyndrom) und Alzheimer-/Demenzerkrankungen, sowie – im schlimmsten Falle – Krebs führen kann.

In Ihrem Buch Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs stellt sie 10 Tipps (Hacks) vor, mit denen man seinen Blutzucker unter Kontrolle bringen kann. Dort habe ich gelernt, dass man Essen in der richtigen Reihenfolge zu sich nehmen soll, vor dem Essen etwas ballaststoffreiches essen und vollfette Lebensmittel gar nicht böse sondern hilfreich sind.

Nach Veröffentlichung dieses Buches bekam sie eine Menge an Zuschriften von Followern/Lesern, die die Botschaft des Buches zwar verstanden, mit der Umsetzung der Hacks jedoch Problem haben. Infolge dessen startete sie ein Pilotprogramm, um TeilnehmerInnen die Möglichkeit zu geben – in enger Zusammenarbeit – die Hacks zu testen und Ergebnisse miteinander zu teilen. Zu diesen Pilotprogramm haben sich 2.700 Personen angemeldet – und das Resultat liegt nun in gebundener Form vor.

In „Der Glukose-Trick: Das Praxisbuch“ greift Jessi die vier wichtigsten und erfolgreichsten Hacks auf und empfiehlt dem interessierten Leser, sich für die Umsetzung vier Wochen Zeit zu nehmen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut und eine Hau-Ruck-Umstellung aller Essgewohnheiten auf einen Schlag führt eher zu Frust und Unlust als zum Erfolg.

In Woche 1 nimmt sie das Frühstück unter die Lupe. Weg von Nuttella, gezuckertem Industrie-Müsli & Smoothies, hin zu einem herzhaften Frühstück, denn die erste Nahrungsaufnahme am Tag bestimmt auch den Heißhunger am Abend. Mit Rezepten wie „Mein 2-Eier-Omelette“, „Frühstücks-Eis“, „Pfirsich im Kleid“, aber auch „Tomaten-Toast“ und „Würstchen auf Spinatbett“ rundet sie das Kapitel ab.

Woche 2 befasst sich mit dem Essig-Hack. Essig hat viele gute Eigenschaften, unter anderem mildert er die durch süße oder stärkehaltige Nahrungsmittel ausgelöste Glucosespitze deutlich ab, weswegen Jessie Inchauspé jeden Tag einen Esslöffel Essig empfiehlt. Der ideale Zeitpunkt für die Aufnahme von Essig liegt bei ca. 10 Minuten vor Nahrungsaufnahme, dies kann durch Essigwasser, aber auch durch einen Salat mit Essig-Öl-Dressing vor der Hauptspeise passieren. Auch hier rundet sie das Kapitel mit Rezepten wie „Essig-Eiswürfel“, „Mother Apple Spritzer“ und „Not Orange Juice Spritzer“ ab.

In Woche 3 empfiehlt sie vor der eigentlichen Hauptmahlzeit eine grüne Vorspeise. Der Sinn dahinter: Die aufgenommenen Ballaststoffe treffen vor der Stärke (Nudeln, Reis, Kartoffeln) der Hauptmahlzeit im Magen-Darm-Trakt ein und bilden im Darm eine Art Netz, die die Aufnahme von Kohlenhydraten verringert bzw. verzögert. So wird die Glucosekurve ausgebremst und unser Körper verfällt weniger in Stress bei der Verdauung. In diesem Kapitel gibt es ebenfalls Rezeptvorschläge wie „Ballaststoff-Express“, „Buntes Ofengemüse“, „Gemüse mit Tahina-Dressing“ und „Kühlschrank-Ratatouille“.

Woche 4 beschäftigt sich dann mit dem, was man nach dem Essen tun kann: Bewegung
Bewegung nach dem Essen – innerhalb eines Zeitfensters bis zu 60 Minuten nach Nahrungsaufnahme – bremst die Ausschüttung von Glucose in die Blutbahn, da die über die Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate direkt für die Muskelkraft der Bewegung genutzt werden. Man muss nach dem Essen keinen Hochleistungssport machen, 10 Minuten mit dem Hund gehen, den Abwasch erledigen oder staubsaugen reichen da durchaus aus.

Der letzte Rezeptteil liefert Hauptgerichte wie „Pita mit Thunfischfüllung“, „Garnelen mit Chili und Knoblauch“ sowie „Gebackener Lachs mit Gurken-Ingwer-Dressing“.

Insgesamt enthält das Praxisbuch 100 Rezepte, aufgeteilt auf die entsprechenden Kapitel. Keines der Rezepte enthält mehr als 5 – 6 Zutaten, keine der Zutaten sind exotisch und sollten in jedem Supermarkt zu finden sein.

In jedem Kapitel gibt es Erklärungen zum „Warum, Wieso, Weshalb“ und immer wieder werden Berichte aus der Community eingefügt.

Es handelt sich weder um eine Diät, noch um eine drastische Nahrungsumstellung – im Gegenteil – wenn man diese Hacks berücksichtigt, kann man nach Aussage von Jessie Inchauspé essen wie man es gewohnt ist. Es geht auch nicht primär um Gewichtsabnahme, das kann ein schöner Nebeneffekt sein, es geht darum, dem Brennofen in unserem Körper Gutes zu tun und ihn bei seinem Job zu unterstützen, so dass er die ins Blut strömende Glucose korrekt verarbeiten kann und nicht gestresst und überfordert seine Arbeit einstellt.

Gemeinsam mit dem Buch Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs bildet das Praxisbuch eine gelungene Ergänzung.

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Veröffentlicht am 29.07.2023

Henri oder Mats?

Vom Lieben und Lassen
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Katharina ist 47 Jahre alt, steht quasi in der Blüte ihres Lebens, ist Mutter zweier Töchter und verheiratet mit Henri. Als Paartherapeutin kümmert sie sich erfolgreich um die Beziehungsprobleme anderer ...

Katharina ist 47 Jahre alt, steht quasi in der Blüte ihres Lebens, ist Mutter zweier Töchter und verheiratet mit Henri. Als Paartherapeutin kümmert sie sich erfolgreich um die Beziehungsprobleme anderer Menschen, gegen den Alltagstrott in ihrer Ehe findet sie jedoch keine Lösung. Ihr Mann und ihre Kinder sehen sie als selbstverständlich an, sie sehnt sich nach Wertschätzung und Aufmerksamkeit, in ihrer Ehe fehlt ihr das „Wir“; sie möchte einfach wieder mehr „gesehen werden“.

Nach 27 Jahren trifft sie auf einem Klassentreffen ihre große (Jugend-)Liebe Mats wieder. Und da ist es – Bäm! – diese Kribbeln im Bauch, welches sie in ihrer Ehe so sehr vermisst. Auch Mats scheint die gemeinsame Zeit von damals nicht vergessen zu haben und so verabreden sie sich; zuerst einmal zu einer unverfänglichen Radtour, die jedoch in Katharina etwas auslöst.

Er ließ sich von ihr zum Fluss hinunterdirigieren, und als sie kichernd und außer Atem dort ankamen, hatte sich etwas zwischen ihnen und in ihr verändert. Sie dachte nicht an zu Hause, nicht daran, dass sie jemand sehen oder hören könnte, und schon gleich gar nicht, ob sie hier einen Fehler machte. Sie genoss einfach alles an diesem Augenblick. Sie war Kate. Glücklich und unbeschwert und alles andere als langweilig. Es ging nicht um körperliche Anziehung, um alte oder neue Liebe, sondern um Lebensfreude und Freiheit. Zumindest wollte sie das glauben.

Wider besseres Wissen lässt Katharina sich erneut auf Mats ein, immer im Hinterkopf (als Entschuldigung/zur Beruhigung ihres Gewissens?), dass Henri ja schließlich auch schon einen Seitensprung hatte. Glücklich ist sie mit ihrer Entscheidung nicht, unglücklich aber auch nicht.

Mats Lebensmittelpunkt ist in Wien und in einer Spontan-Aktion fährt Katharina zu ihm nach Wien, gemeinsam verbringen sie ein paar Tage, dann muss Mats zu einem Shooting und sie bleibt mit vielen offenen Fragen in seiner Wohnung zurück.

Wieder zu Hause muss sie eine Entscheidung treffen.
Henri oder Mats? In welchem der Beiden sieht sie ihre Zukunft?

Ich habe das Buch „Vom Lieben und Lassen“ in einem Instagram-Post gesehen und sowohl Klappentext als auch Cover haben mich direkt angesprochen. Mal weg von meinem krimi-lastigen Leseverhalten hin zu einer Geschichte, mitten aus dem Leben. Leider wurde meine Erwartung, die ich an dieses Buch hatte, nicht erfüllt.

Am Anfang der Geschichte lernt der Leser Katharina und ihr Umfeld kennen: Ihren Mann Henri, ihre beiden Kinder. Genau diese 3 Menschen, die die wichtigsten Menschen in ihrem Leben sind, betrachten sie als Selbstverständlichkeit. Ihre Töchter behandeln sie – alters-/pubertätsbedingt – oftmals respektlos, sehen ihn ihr die Haushälterin, aber auch die Therapeutin, die selten als Mutter für sie da ist und war. Ihr Mann Henri versteht sich besser mit seinen Töchtern, als mit seiner Frau. Gemeinsamen Aktivitäten mit ihr geht er aus dem Weg. Wäre es anders gekommen, wenn Henri sie – wie ursprünglich geplant – zu diesem Klassentreffen begleitet hätte? Fragen, auf die es keine Antwort gibt.

Weitere agierenden Personen werden ebenfalls am Anfang namentlich ins Geschehen eingeführt, sind aber für die Geschichte nicht wirklich überaus wichtig, weswegen ihre Figuren nicht bis ins Detail ausgearbeitet sind. Bis auf Sandra, der kommt später noch eine wichtige Funktion zu.

Die Geschichte kann in drei Abschnitte eingeteilt werden. Das erste Drittel beschäftigt sich mit dem Wiedersehen und dem kopflosen Handeln von Katharina. Sie weiß, dass es eigentlich nicht richtig ist, sich wieder mit Mats einzulassen, kann sich aber auch gegen ihre Gefühle nicht wehren. Das zweite Drittel könnte man als „Entscheidungsfindung“ bezeichnen und das letzte Drittel führt dann zur Entscheidung und zum Happy End – für einen der beiden Männer.

Ich habe für das Lesen dieses Buches – lt. App – von der ersten bis zur letzten Seite 163 Tage gebraucht. Über 4 Monate für ein Buch, von dem ich mir erhofft hatte, dass es mich so mitnehmen wird, dass ich es in einer Nacht gelesen bekomme. Leider hat mich Katharina im Teil der „Entscheidungsfindung“ so genervt, dass ich das Buch zur Seite legen musste. Immer und immer wieder schließt sie sich für Tage in ihrer Praxis ein, und somit alle anderen Personen aus, aber es passiert nix – außer, dass sie immer und immer wieder die gleichen Gedanken hat. Dass sie nicht weiß, was in ihrem Fall die richtige Entscheidung ist, ist absolut nachvollziehbar. Aber weil sie sich immer wieder in ihre Praxis zurückzieht, wird die ganze Geschichte übermäßig in die Länge gezogen.

Ich hätte mir in diesem Buch mehr Drama gewünscht. Ehepartner, die miteinander streiten, die sich Vorwürfe machen, sich Dinge an den Kopf werfen, die in all den Ehejahren nicht aufgearbeitet wurden, dass sie Henri seinen Seitensprung um die Ohren haut, und dass sie beim Streiten merken, dass sie sich doch nicht so ganz egal sind. Hier gehören Emotionen hin, ehrlich, ungeschönt und wenn es sein muss auch laut. Statt dessen haust Katharina alleine in ihrer Praxis, Henri macht sein Ding und Mats redet Katharina immer wieder ein, dass sie doch zu ihm gehöre, aber bei seinem Shooting wird irgendwie klar, dass er diese aufgewärmte Affaire doch eher für sein Ego braucht, als für sein Herz.

Am Ende trifft Katharina die richtige Entscheidung – nach diesem langgezogenen Mittelteil hat mich das dann aber leider auch nicht mehr aufgewühlt.

Ich mag Bücher, in denen Geschichten erzählt werden, die jedem von uns jeden Tag passieren können. Ich mag sie deswegen, weil man sich (je nach Lebensalter) auch schon mal selbst in diesen Geschichten finden kann. Gerade hier hätte ich mitfühlen können – ich kenne es, wenn man in einer Ehe steckt, in der man nicht mehr so wahrgenommen wird, wie man es sich erhofft/wünscht.

Ich will fühlen, was die Personen fühlen, ich will eintauchen in ihre Leben und mit ihnen weinen, lachen und nachdenken. Zu Katharina, Henri und Mats konnte ich jedoch keinerlei Verbindung aufbauen, für mich persönlich haben hier die wichtigsten Elemente gefehlt: Emotionen.

Der Schreibstil der Autorin ist gut zu lesen und vielleicht gefällt Dir die Geschichte von Katharina, Mats und Henri ja besser als mir. Lucia Sperling hat viel Zeit und Liebe in ihr Werk gesteckt, und es tut mir leid, dass sie mich damit emotional nicht erreicht hat.

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Veröffentlicht am 22.07.2023

Starb Martha Blumenthal eines natürlichen Todes?

In falscher Hand
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Gerade drei Monate ist es her, dass ihre Freundin Martha Blumenthal gestorben ist. Nach Aussage der Leitung der „Seniorenresidenz Hanseblick“ handelte es sich um einen natürlichen Tod. Erna von Hauken ...

Gerade drei Monate ist es her, dass ihre Freundin Martha Blumenthal gestorben ist. Nach Aussage der Leitung der „Seniorenresidenz Hanseblick“ handelte es sich um einen natürlichen Tod. Erna von Hauken kann das jedoch nicht glauben, denn Martha war mit ihren 83 Jahren – abgesehen von ein paar kleinen Zipperlein – eine lebenslustige und gesunde Seniorin. Martha hatte Erna gegenüber öfter mal erwähnt, dass sie Stromschläge am Metallgestänge ihres Bettes bekommen hat, weswegen der 2 cm lange rote Streifen, den Erna nach dem Tod ihrer Freundin in deren rechten Handinnenfläche bemerkt, sie dazu veranlasst nicht an einen natürlichen, sondern an einen herbeigeführten Tod zu glauben. Die Leiterin der Residenz, Sonja Rubel, sowie der Gerichtsmediziner, der den Tod bescheinigt hat, beharren auf ihrer Aussage und darauf, dass man mit 83 Jahren durchaus eines natürlichen Todes sterben dürfe. Da Erna von Hauken seit Wochen kein Gehör beim Direktor der örtlichen Polizeistation findet, bittet sie nun ihren Enkel, Oliver Wahlfeld, der als Journalist in Jever arbeitet, sie zur Polizei zu begleiten. Wahlfeld hatte 2017 für einen Bericht recherchiert, in dem es um Todesfälle in Zusammenhang mit defekten Elektroniken an Pflegebetten ging. Was, wenn auch das Bett von Martha Blumenthal defekt war und sie durch einen Stromschlag gestorben ist?

Noch am gleichen Tag geht bei der Kriminalpolizei ein Anruf ein, dass eine Bewohnerin der „Seniorenresidenz Hanseblick“ aus dem 12. Stock von ihrem Balkon gestürzt ist. Es sieht nach Selbstmord aus. Die Gegebenheiten vor Ort lassen jedoch den Schluss zu, dass Clara Hoppe es niemals alleine und ohne „Hilfe“ geschafft hätte, über die Balkonbrüstung zu steigen um sich dann in den Abgrund zu stürzen. Hier wird definitiv etwas vorgespiegelt, was so nicht passiert sein kann.

Nach einem persönlichen Besuch in der Seniorenresidenz, mehreren Aussagen von Bewohnern und einem Gespräch mit Sonja Rubel ist Kriminalkommissarin Petra Taler der Meinung, dass in der Residenz nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Sowohl die Aussage von Frau Hauken, dass Frau Blumenthal ganz sicher keines natürlichen Todes gestorben ist und die beharrliche Aussage von Frau Rubel, dass es sich beim Tod von Clara Hoppe definitiv um einen Selbstmord handelt, bringen die kriminalistische Ader in Petra Taler zum schwingen. Kurzerhand bricht sie ihren Mutterschutz ab und gemeinsam mit ihrem Kollegen Nils Seefeld wirft sie einen Blick hinter die Kulissen der „Seniorenresidenz Hanseblick“.

Es ist unfassbar, was sie dort zu sehen bekommen.

„In falscher Hand“ ist der 7. Fall den die Autorin Angela L. Forster von Kriminalkommissarin Petra Taler lösen lässt.

Die Autorin hat hier Fiktion und Wirklichkeit gemischt – auf eine gekonnte Art und Weise lässt sie ihre Protagonistin Ermittlungen zu fiktiven Verbrechen in einer Seniorenresidenz führen, verknüpft dies fließend mit den Missständen, die tatsächlich in realer Art und Weise in unseren Seniorenheimen vorliegen. Ich hoffe ja, dass es irgendwo in Deutschland Einrichtungen gibt, die sich gut um die ihnen anvertrauten Menschen kümmern. Die Hoffnung stirbt zuletzt…..

Das Buch lässt sich gut auch ohne Kenntnis der vorherigen 6 Kriminalfälle lesen, wie bei allen Reihen macht es aber Sinn in der richtigen Reihenfolge zu lesen, um die persönliche und fachliche Entwicklung der handelnden Charaktere fortschreiten zu sehen.

Petra Taler und ihr Mann harmonieren gut miteinander, weswegen es kein Problem gibt, dass Taler ihre Elternzeit unterbricht um zur Arbeit zurückzukehren, während ihr Mann, Oberstaatsanwalt Lüdersen (der sich wegen Krankheit zu Hause befindet), zuhause sofort in die Bresche springt. Einzig der Besuch von Talers nerviger Mutter bringt ein wenig Unruhe ins Privatleben. Genoveva Taler mischt sich zu gerne zu sehr in alles ein.

Die Auflösung der beiden Fälle gestaltet sich schwierig, da die Heimleitung gerne mauert und Informationen zurückhält – wer belastet sich schon gerne selbst? Wie sich herausstellt sind die Eheleute Rubel gleich für zwei Seniorenresidenzen zuständig und zu beiden Unterkünften kann man nur sagen „außen hui und innen pfui“.

Taler und Seefeld führen viele Gespräche mit den Einwohnern und den Pflegekräften der Residenz/en und nach und nach kommen die Fakten ans Licht, die zum (natürlichen?) Tod von Martha Blumental als auch (zum Selbstmord?) von Clara Hoppe geführt haben. Die beiden Kriminalkommissare dürfen mehr als einen Blick in menschliche Abgründe werfen.

Die Autorin lässt recht viele private Einblicke in das Leben von Petra Taler einfließen, so dass man ihr nicht nur in ihrer Eigenschaft als Kriminalkommissarin näher kommt, sondern auch als Privatperson – man glaubt sie zu kennen und nimmt sie als sympathische Person wahr. Als frischgebackene Mutter muss sie Beruf und Privatleben managen, aber damit ist sie als Frau ja nicht so ganz alleine auf der Welt. Talers Tochter heißt übrigens Farina Johanna. Hier musste ich ganz kurz lachen, denn der Hund meiner Nachbarn heißt Farina.

Alles in allem handelt es sich hier um eine rundherum abgeschlossene Geschichte, deren Inhalt Hand und Fuß hat. Die Vermischung von Fiktion und Wirklichkeit ließ mich manches Mal schlucken und darüber nachdenken, dass ich hoffentlich nie selbst in solch einer Senoreneinrichtung landen werde, wie sie hier beschrieben wird.

Die Autorin schreibt in einer ansprechenden Art und Weise, was dazu führt, dass man das Buch nicht gerne aus der Hand legt, bevor man es nicht beendet hat. Die Charaktere sind – entsprechend ihrer Rolle – sympathisch oder unsympathisch gezeichnet, was bei mir als Leser auch genau so ankommt. Man möchte einfach wissen, was mit den beiden Damen passiert ist, weswegen der Spannungsbogen sich für mich über die ganze Geschichte zog. Es handelt sich um einen ruhigen Krimi, der auch ohne große Action seine Wirkung entfaltet.

Veröffentlicht am 11.06.2023

Das Gesetz des Dschungels: töten oder getötet werden

Ein kleines Stück von Afrika - Aufbruch
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London 1910:
Ivory Parkland Rowe hat gerade, genau wie ihre Schwester Rosamond, die Schule abgeschlossen und als nächstes großes Ereignis steht für die Beiden der Debütantinnenball an. Während Rosamond ...

London 1910:
Ivory Parkland Rowe hat gerade, genau wie ihre Schwester Rosamond, die Schule abgeschlossen und als nächstes großes Ereignis steht für die Beiden der Debütantinnenball an. Während Rosamond und ihre Mutter über nichts anderes mehr reden können, als die offizielle Einführung der jungen Frauen in die Gesellschaft, interessiert sich Ivory eher wenig bis gar nicht für dieses Thema. Ihr Vater findet zudem, dass Ivy noch zu jung für den Heiratsmarkt ist und möchte gerne, dass sie ihn auf eine Safari nach Afrika begleitet. Er weiß, dass Ivy überhaupt keinen Gefallen an der Jagd findet, glaubt aber, dass es ihr trotzdem immer noch mehr behagt als vor dem König zu knicksen und mit irgendwelchen Jungspunden Walzer zu tanzen. Für Ivy ist das die einmalige Gelegenheit, Afrika und seine exotische Tierwelt sehen zu können und so willigt sie ein, ihren Vater zu begleiten.

Nach langen Wochen der Anreise ist es dann endlich soweit, sie lernen Adrian Edgecumbe, einen erfahrenen Großwildjäger und den Leiter der Expedition, kennen. Adrian ist entsetzt, als er erfährt, dass Ivy nicht jagen möchte.

Afrika, Miss Parkland Rowe, ist identisch mit der Jagd.
Das Gesetz des Dschungels heißt: töten oder getötet werden. (Kapitel 4)


Trotz des gegenseitigen Unverständnisses – Ivy hasst es, dass Adrian Tiere tötet, Adrian versteht Ivys Abneigung gegen das Jagen nicht – verbringen sie in den nächsten Wochen zwangsläufig viel Zeit miteinander und stellen fest, dass sie sich sehr zugetan sind. Nach der Hochzeit wollen sie auf der „Edgecumbe Farm“ leben und Adrian verspricht seiner zukünftigen Frau, dann nicht mehr auf Safari zu gehen.

Wird Adrian dieses Versprechen halten?

„Ein kleines Stück von Afrika – Aufbruch“ ist der Auftaktband der 2teiligen Reihe „Das endlose Land“. Die Autorin Christina Rey führt den Leser nach Afrika, Anfang des 20. Jahrhunderts, zu Zeiten der Kolonialisierung. Die Hauptprotagonisten sind Ivory und ihr Ehemann Adrian, deren Interessen so weit auseinander liegen wie Sonne und Mond. Aber auch in Afrika gilt der Spruch „Die Hoffnung stirbt zuletzt“.

Der geneigte Leser weiß natürlich sofort, dass Adrian sein Versprechen, nicht mehr zu jagen, nicht einhalten wird. Er arbeitet nun nicht mehr bei Newland, Tarlton & Co. sondern bietet von seiner Farm aus seine eigenen organisierten Großwildjagden an. Die Wünsche und Interessen von Ivy waren für ihn nur so lange wichtig, bis die Beiden verheiratet waren. Seine Frau ist ebenso nur eine Trophäe für ihn, wie all die erlegten Tiere. Ich glaube, ich muss nicht verdeutlichen, dass mir Adrian nicht sympathisch ist. Auch seine Art mit anderen Menschen umzugehen, hier insbesondere seinen Dienstboten, bei denen es sich fast ausnahmslos um People of Colour handelt, stößt bei mir auf Widerstand.

Die Autorin beschreibt Ivy als starke Frau, die genau weiß was sie möchte; man darf aber auch nicht vergessen, dass sie erst 17 ist und zum damaligen Zeitpunkt als Frau nicht wirklich etwas zu sagen hat. So kann sie zuerst einmal nichts anderes tun, als die Gäste ihres Mannes zu bewirten. Erst als der 1. Weltkrieg auch Afrika betrifft, und Adrian von der Front nicht mehr nach Hause zurückkehrt, kann Ivy – natürlich nach einer angemessenen Trauerzeit – die Edgecumbe Farm nach ihren eigenen Vorstellungen betreiben. Geschossen wird jetzt nur noch mit dem Fotoapparat. Ob sie sich mit ihrem Konzept durchsetzen kann, wird sich im 2. Band der Reihe zeigen, der am 30.06.2023 erscheint.

Die Autorin, Christina Rey, hat einen sehr schönen Schreibstil. Sie verleiht jedem ihrer Charaktere Ausdruck und Tiefe und es fällt einem leicht, die Personen sympathisch oder unsympathisch zu finden. Auch die Beschreibungen der Landschaft, der Jagdgesellschaften und die bildhaften Beschreibungen des Lebens auf der Edgecumbe Farm geben mir das Gefühl, als Beobachter mittendrin zu sein. Was natürlich auch thematisiert wird sind die Auswirkungen der Kolonialisierung. Eine Zeit, in der die afrikanischen Ureinwohner als Dienstboten gehalten und zum christlichen Glauben missioniert wurden, für Menschen mit weißer Hautfarbe waren dunkelhäutige Afrikaner nichts anderes als Wilde. Eine sehr schlimme Zeit. Die Autorin hat diese Thematik so wunderbar in ihre Geschichte eingeflochten, dass es weder überzogen noch unglaubwürdig war. Und ich bin sicher, dass es sich in Wirklichkeit ganz genau so zugetragen hat auf den Jagdgesellschaften der damaligen Zeit. 30 afrikanische Gepäck-Träger pro Jagdteilnehmer, Zelte mit Einrichtungen, die jedem 5*-Hotel Konkurrenz gemacht haben und abends duften diese Menschen dann auch noch für die Unterhaltung der Safariteilnehmer sorgen. Wie schon gesagt, eine sehr schlimme Zeit.

Zum Ende des Buches entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die einerseits vorhersehbar, andererseits mir persönlich mit dem ewigen Hin und Her ein wenig zu viel war. Nichts desto trotz gehört sie in diese Geschichte.

Alles in allem habe ich mich von diesem Roman sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich auf den 2. Teil, der schon in Kürze erscheint.

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Veröffentlicht am 20.05.2023

Ein schwerwiegender Verrat

Das Unrecht
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Bamberg 2016:
Annett und Volker sind seit 25 Jahren verheiratet, die Kinder sind längst erwachsen und Annett möchte endlich wieder in ihren Beruf zurückkehren. Volker möchte, dass seine Frau in seiner ...

Bamberg 2016:
Annett und Volker sind seit 25 Jahren verheiratet, die Kinder sind längst erwachsen und Annett möchte endlich wieder in ihren Beruf zurückkehren. Volker möchte, dass seine Frau in seiner Firma einsteigt, diese wiederum möchte genau dieses nicht, auch, weil es in ihrer Ehe aktuell nicht ganz so harmonisch zugeht. Zudem geht es gerade wieder auf den Herbst zu, eine Zeit, in der Annett jedes Jahr aufs Neue unruhig wird und versucht herauszufinden, was im Herbst 1988 passiert ist. Damals, als sie mit ihrem Freund Micha versucht hat, den Zwängen der DDR zu entfliehen. Obwohl sie garantiert niemandem von ihren Fluchtplänen erzählt hatten, wurden sie verraten. Von Micha fehlt seit dem Tag der Flucht jede Spur, Annett saß für einige Zeit wegen „Staatsflucht“ hinter Gittern. Da ihr aktuell alles zu viel wird, fährt sie nach Wissmar – ihrer ehemaligen Heimat. Annett muss endlich herausfinden, wer sie damals verraten hat.

Wissmar 1988:
Peggy, Sandro, Volker, Mischa und Annett, fünf Freunde, die sich regelmäßig ein einer alten Villa treffen. Im Inneren der Villa träumen sie von Freiheit, außerhalb der Villa müssen sie sich dem Sozialismus der DDR unterwerfen. Nicht wissend, dass ein Jahr später die Mauer fallen wird, planen Mischa und Annett ihre Flucht mit dem Boot. Sie achten peinlich genau darauf, dass niemand – wirklich niemand! – von ihrem Plan erfährt, auch nicht ihre Freunde; um sie nicht in Gefahr zu bringen. Trotzdem misslingt ihre Flucht, jemand muss sie verraten haben, anders ist es nicht zu erklären, denn der Fluchtplan war wasserdicht.

Noch 28 Jahre danach wird Annett von der Frage gequält, wer sie damals verraten hat?!

Mit „Das Unrecht“ legt Ellen Sandberg ihren 6. Spannungsroman vor. Wie in jedem ihrer Bücher befasst sie sich auch hier mit den Themen Schuld und Verrat, Unrecht und Gerechtigkeit, oft in Zusammenhang mit den dunklen Kapiteln der deutschen Vergangenheit; hier geht es um die Stasi-Machenschaften in der ehemaligen DDR, wo Bespitzelungen nicht vor Freunden halt machte und Denunzianten durchaus in der eigenen Familie zu finden waren. Fünf Freunde, die den Sozialismus satt haben, aber keine wirkliche Chance sehen, dem zu entkommen – es sei denn sie nehmen das Risiko in Kauf, auf der Flucht geschnappt zu werden. Annett und Mischa wagen die Flucht – und scheitern.

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Zum einen befinden wir uns im Jahr 2016 und zum anderen in der Vergangenheit, im Jahr 1988 in Wissmar/DDR.

Nachdem sie aus der Haft entlassen wurde, hat Annett Volker geheiratet; nicht ihre große Liebe, denn das war Micha, aber auch ein Freund aus ihrer Jugendzeit. Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven aus der Sicht von Volker und Annett wird schnell klar, dass es sich bei Volker um einen Menschen handelt, der immer und überall die Kontrolle behalten muss; insbesondere, wenn es sich um seine Frau handelt. Sein Verhalten würde man heute mit den Begriffen „toxisch“ und „stalkend“ beschreiben. Von Anfang an ein absoluter Unsympath, was sich im Laufe der Geschichte auch nicht ändert.

Annett ist eine sympathische Frau, die sich in den letzten Jahren um Mann und Kinder gekümmert hat und nun zwei Dinge in ihrem Leben ändern möchte. Zum einen möchte sie gerne wieder in ihren Beruf zurückkehren, zum anderen muss sie – um ihren Frieden mit der Geschichte machen zu können – endlich herausfinden, was vor 28 Jahren passiert ist. Beide Vorhaben prallen bei ihrem Mann auf absolutes Unverständnis, es sei denn, sie würde in seiner Firma arbeiten (wo er sie unter Kontrolle hätte). Annett lässt sich jedoch nicht abhalten und fährt nach Wissmar. Dort arbeitet sie u. a. auch das Verhältnis zu ihrer Mutter auf.

Annett findet tatsächlich Antworten auf all ihre Fragen und nach und nach setzen sich die einzelnen Puzzleteile zu einem schrecklichen Bild zusammen, das einerseits für mich als Leser irgendwie logisch, gleichzeitig aber auch schockierend war. Mit dem Ende der Geschichte hatte ich gedanklich ein paar Tage zu tun, weil es gar keinen anderen Schluss hätte geben können – und trotzdem hat es mich eiskalt erwischt.

Der Schreibstil der Autorin ist – wie in allen anderen Büchern zuvor auch – leicht und flüssig zu lesen, die unterschwellig wachsende Spannung lässt mich an den Seiten kleben. Alle Charaktere haben die notwendige Tiefe, so dass man sich in sie hineinversetzen kann um ihre Handlungen und Dialoge zu verstehen und herausragende Charakterzüge (positiv wie negativ) werden realistisch beschrieben. Die Kapitel haben die richtige Länge und enden an den richtigen Stellen, um in mir den Wunsch zu wecken, weiterlesen zu wollen. Ellen Sandberg versteht es, mich mit ihren Geschichten ausnehmend gut zu unterhalten und ich freue mich schon jetzt auf das nächste Buch von ihr.

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