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Veröffentlicht am 06.03.2019

Spannendes Thema wenig spannend umgesetzt

Die Vergessenen
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Kathrin Mändler erlebt 1944 einen Albtraum, von dem ihre Nichte Vera anfangs noch nichts ahnt. Während Vera langsam hinter das Geheimnis ihrer Tante kommt, wird sie von Manolis Lefteris beschattet, einem ...

Kathrin Mändler erlebt 1944 einen Albtraum, von dem ihre Nichte Vera anfangs noch nichts ahnt. Während Vera langsam hinter das Geheimnis ihrer Tante kommt, wird sie von Manolis Lefteris beschattet, einem Mann für spezielle Aufträge.

Ellen Sandberg (aka Inge Löhning) führt uns mit „Die Vergessenen“ ein Stück Geschichte vor Augen, das – wie der Titel schon vermuten lässt – nach Ungerechtigkeit schreit, nach etwas, von dem alle erfahren sollten. Es geht um die NS-Aufarbeitung und die Schwierigkeit dabei, ein Maß anzusetzen, das „gerecht“ ausgleicht, was an Unrecht begangen wurde. Und es stellt sich dabei auch die Frage, wie man darüber richten will, ohne dass man sich wirklich in die Zeit zurückversetzen kann und die Umstände begreifen kann, die manche machtbesessen und andere ohnmächtig werden ließ.

Man merkt dem Roman seine sorgfältige Recherche an. Die Eindrücke aus dem Jahr 1944 wirken sehr authentisch und selbst für den dazugedachten Teil bzw. die Verknüpfung mit dem Jahr 2013 mag man die Möglichkeit einräumen, dass es sich wirklich so ähnlich zugetragen haben könnte.

Die Erzähl-Perspektive springt zwischen Kathrin im Jahr 1944 und Vera und Manolis im Jahr 2013. Auch wenn alle Charaktere in sich stimmig sind, fand ich nicht alle gleichsam interessant und wie immer, wenn mit Perspektiv-Wechseln gearbeitet wird, besteht das Risiko, dass man eigentlich nur darauf wartet, dass sein Lieblingscharakter endlich wieder an der Reihe ist und so war es bei mir auch dieses Mal.

Für einen Krimi hielt sich die Spannung stark in Grenzen. Möglich, dass es daran lag, dass ich schon absehen konnte, welchen Verlauf die Geschichte nimmt. Einzelne Momente beschreiben sehr eindrücklich Gräueltaten des 2. Weltkriegs, doch ist es für mich kein Buch, das packt und lange nachwirkt. Das Buch ist nicht mehr und nicht weniger als eine unterhaltende Erzählung mit NS-Bezug und dem Sinnieren über Gerechtigkeit, was alles in allem meinen Geschmack traf.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Geheimnisse zuhauf

Der Junge
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„Manche Menschen haben alles und können es behalten, während andere sehr wenig haben und selbst das immer wieder verlieren.“

In einem kleinen Dorf Norwegens, in dem sich gewöhnlich nichts Ungewöhnliches ...

„Manche Menschen haben alles und können es behalten, während andere sehr wenig haben und selbst das immer wieder verlieren.“

In einem kleinen Dorf Norwegens, in dem sich gewöhnlich nichts Ungewöhnliches ereignet, wird Cecilia Wilborg von einem Tag auf den anderen aus ihrem ruhigen Luxusleben gerissen, als sie sich auf einmal um einen kleinen Jungen kümmern soll, dessen Herkunft unbekannt ist. Dieser Junge geht ihr unter die Haut und schon bald sieht sie ihr Leben nicht nur auf den Kopf gestellt, sondern in Gefahr.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von insgesamt drei verschiedenen Personen erzählt: Cecilia, dem Jungen und Anni, einer Frau, die sozusagen das Gegenstück zu Cecilia und deren prunkvollem Dasein ist und ihr doch wiederum in manchen Punkten ähnelt. Die Autorin Alex Dahl holt weit aus und anfangs ergeben sich keine Zusammenhänge. Es bleibt Zeit, eigene Vermutungen und Verdächtigungen anzustellen, bis sich die losen Fäden zu einem Sinn ergebenden, teils dramatischen Strang zusammensetzen. Es treten dabei immer wieder neue Geheimnisse zu Tage und ein fein gewebtes Lügengespinst fällt in sich zusammen.

Der Hauptcharakter, Cecilia, ist von ihrer Art her von Anfang an schwer zu mögen. Ihre Handlungsweisen sind in Reflexion auf einen selbst nicht immer nachvollziehbar, aber passen wunderbar zu ihr. Dennoch schafft es die Autorin, dass man ihr einen guten Ausgang am Ende der Geschichte wünscht. Gerade dieses ambivalente Verhältnis, das ich zu Cecilia entwickelte, fand ich ganz großartig an diesem Buch.

Jedem erzählenden Charakter verleiht Frau Dahl eine individuelle Stimme und ihre Entscheidungen wirken stets nachvollziehbar. Man hat den Eindruck, dass sich Frau Dahl mit ihnen lange beschäftigt hat, dass sie sowas wie sehr gute Bekannte sind. Der Tiefgang ist da, dennoch fehlte es mir an etwas Düsternis und tatsächlichem „Thrill“. Besonders „skandinavisch“ war bis auf die Orts- und Personennamen der Roman aus meiner Sicht nicht.

Alex Dahl, die einen Master in Kreativem Schreiben hat, ist ein Psychothriller gelungen, der gut durchdacht und spannend ist und das bis zur letzten Seite, mit der man auch wirklich zufrieden abschließen kann.

Veröffentlicht am 17.02.2019

Starke Frauen in einer Männerwelt

Die Frauen der Familie Marquardt
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Köln 1908: Caspar Marquardt ist Eigentümer eines großen Kaufhauses, für das er einen fernen Verwandten als männlichen Erben einsetzen will, da er selber nur drei Töchter hat. Tochter Louisa sah sich schon ...

Köln 1908: Caspar Marquardt ist Eigentümer eines großen Kaufhauses, für das er einen fernen Verwandten als männlichen Erben einsetzen will, da er selber nur drei Töchter hat. Tochter Louisa sah sich schon als Erbin und ist erzürnt darüber, dass ihr Vater an dem aus ihrer Sicht überholten Bild der gesellschaftlichen Stellung von Mann und Frau festhält. Tochter Sophie schwelgt im Reichtum ihres Vaters und spielt gern mit den Gefühlen der Männer, bis es einmal andersherum kommt. Mathilda, die dritte und uneheliche Tochter, will Karriere machen, doch bekommt sie in einer von Männern beherrschten Welt dazu Gelegenheit?

Die Schwestern sind sich mal einig und unterstützen einander, mal sind sie sich spinnefeind. Sie haben es alle nicht einfach im Leben, denn die Erwartungen an sie und ihre eigenen Wünsche, wie sie ihr Leben gestalten wollen, kollidieren häufig miteinander. Das hohe Ansehen der Familie Marquardt mag ihnen Möglichkeiten eröffnen, die anderen verwehrt bleiben, gleichzeitig stehen sie aber genau deswegen immer im Auge der Öffentlichkeit.

Die Entwicklungen und Verwicklungen wissen zwar selten zu überraschen, fügen sich aber wunderbar zusammen. Der Personenkreis ist sehr gering gewählt, was man einer Auflistung vor der eigentlichen Geschichte entnehmen kann und für eine dichte Erzählung sorgt.
Die Autorin springt zwischen verschiedenen Perspektivfiguren hin und her (nicht nur zwischen den Schwestern), dafür nutzt sie auch immer einen passenden Moment, doch findet der Wechsel häufig ohne eine einleitende Markierung statt. Von einer Zeile zur anderen geht es auf einmal mit einer anderen Person weiter. Das hätte man leserfreundlicher gestalten können.
Es wurden von ihr ein paar altbackene Wörter mit eingestreut, um die Zeit besser abzubilden. Viel Herzblut steckt in den Beschreibungen des Kaufhauses, die es vor den Augen zum Leben erwecken in all seinem Prunk und mit den vielen unterschiedlichen Abteilungen.

Wer Köln kennt und liebt, dem reicht wahrscheinlich schon die Erwähnung von Orten wie der Hohe Straße und der Schildergasse, um sich für das Buch zu erwärmen. Tiefer gehend entwickelt sich aber keine genaue Vorstellung davon, wie es dort tatsächlich aussah. Es wird fast kein Kölsch gesprochen und zur Historie fällt kaum mal ein Wort. Hier beschränkt sich die Autorin auf die Darstellung der Frauenrolle zu der Zeit.

Vergleicht man die inhaltliche Wiedergabe mit dem Buchcover, fällt auf, dass es sich eigentlich um drei Schwestern handelt, aber nur zwei Frauen auf dem Bild besonders hervorgehoben werden. Auf den ersten Blick macht es den Eindruck, dass es nicht passt, auf den zweiten kann es aber vor, während und nach dem Lesen nachdenklich machen. Für mich habe ich eine schlüssige Erklärung gefunden, mit der das Cover stimmig den Inhalt wiedergibt. Bin gespannt, wie es euch damit geht.

Veröffentlicht am 11.01.2019

Leider wenig originelle Ideen

Tote Helden
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Lasst uns eintauchen in die Welt von Astray!

Eine unglaubliche Geschichte muss sich dort zugetragen haben.
Ein Ereignis, dass die ganze Welt erschütterte und ihrer Oberfläche eine gewaltig klaffende Wunde ...

Lasst uns eintauchen in die Welt von Astray!

Eine unglaubliche Geschichte muss sich dort zugetragen haben.
Ein Ereignis, dass die ganze Welt erschütterte und ihrer Oberfläche eine gewaltig klaffende Wunde beibrachte, die sie fortan in die Reiche Westray und Ostray spaltet. Was genau hat sich damals bloß ereignet? Wie kam es zu dieser Spaltung des einst großen Astray? Es geriet in Vergessenheit. Ebenso wie die Helden von einst. Doch es scheint, als würden sich neue Schrecken ankündigen. Wer soll sich ihnen entgegenstellen? Einer, der versucht, Erinnerungen im Wein zu ertränken? Oder einer, in dessen Lieder sich Visionen verirren? Lässt sich die Zukunft überhaupt beeinflussen?

Michael Peinkofers Fantasy-Roman „Tote Helden – Die Legenden von Astray I“ nimmt uns mit in eine zerrüttete Welt, in der lose Bündnisse unsicher Frieden versprechen und fanatische Gemeinschaften auf dem Vormarsch sind.

Dies ist der Auftakt zu einer Buchreihe und darauf ist die Geschichte in diesem Band auch ausgelegt: Viele Fragen werden mit in den nächsten Band transportiert. In Bezug auf die verschiedenen Völker, die Astray beherbergt, ist der Roman eher klassisch angelegt. Besonders zu Anfang mag der Eindruck entstehen, als würden Astray und Westeros (Kontinent aus „Game of Thrones“) nicht wenige Gemeinsamkeiten teilen, doch wird im weiteren Verlauf der Beweis erbracht, dass die Welten doch weit auseinanderliegen und jede autark für sich besteht. Den Persönlichkeiten der einzelnen Charaktere wird viel Aufmerksamkeit gewidmet und so erstrahlen sie mal in dem einen, mal in einem ganz anderen Licht. Leider finden sich ungewöhnlich viele Rechtschreib-Patzer, die aber nur geringfügig den Lesefluss stören.

Mir persönlich fiel es schwer, einen Sympathieträger für mich auszumachen. Ich wusste nie genau, ob ich mich auf die Seite eines Charakters schlagen konnte, da ich mir seines Standpunkts und seiner Intentionen nicht sicher sein konnte. Der Mangel an Kenntnis, die für eine genauere Einordnung der Handlungen und Charaktere vonnöten wäre, schraubt sich bis zum Ende des Buches auf ein immer unerträglicheres Maß hoch, das leider gehalten statt gesenkt wird. Ich bleibe mit der letzten Seite weitestgehend in Ahnungslosigkeit zurück.

Veröffentlicht am 11.01.2019

Gute Idee, nicht schwache Umsetzung

A Stranger in the House
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Dinge stehen nicht mehr an ihrem Platz und du wirst das Gefühl nicht los, dass jemand im Haus war. Ein Unfall lässt dich vergessen und plötzlich vermutet die Polizei einen Zusammenhang zwischen dir und ...

Dinge stehen nicht mehr an ihrem Platz und du wirst das Gefühl nicht los, dass jemand im Haus war. Ein Unfall lässt dich vergessen und plötzlich vermutet die Polizei einen Zusammenhang zwischen dir und einer Leiche. Was ist passiert und zu was bist du fähig?

Endlich erscheint Shari Lapenas zweiter Roman. Er trägt den Titel „A stranger in the house: Das Böse ist näher, als du denkst“ und ist ein durchaus vorzeigbarer Nachfolgeroman.

Die Geschichte findet in einem sehr kleinen Personenkreis statt. Wieder einmal scheint jeder seine eigenen kleinen Wahrheiten zurückzuhalten.
Eigentlich haben Lapenas Romane keine Verbindung zueinander, dennoch gibt es ein Wiedersehen mit einem Charakter aus „The couple next door“, was sicher den ein oder anderen freuen wird.

Shari Lapenas Handschrift ist klar erkenntlich: Kurz gehaltene Sätze. Klarer Ausdruck. Super angenehm zu lesen. Der auktoriale Erzähler, der uns die Außenperspektive der Handlung beschreibt und gleichzeitig auch ganz genau über das Innenleben seiner Charaktere aufklärt, ähnelt sehr jenem aus dem Debütroman, doch sind die Wechsel der Figuren-Perspektiven dieses Mal seltener fließend, sondern werden klar durch Kapitel abgeteilt, von denen es insgesamt sehr viele gibt. Wonach bei der Aufteilung gegangen wurde, ist für mich nicht erkenntlich.

Mit ihrem Debütroman „The couple next door“ (englischer Nummer-1-Bestseller) hat die Autorin die Messlatte für den zweiten extrem hoch gehängt, was ihm leider nicht gut bekommt, denn im direkten Vergleich steht, dass „A stranger in the house“ vom Thrill-Faktor, von den Skandalen und vom pompösen Finale her deutlich hinten zurück.

Das macht ihn aber nicht zu einem schlechten Roman. Die Sog-Wirkung in die Geschichte hinein, ist immens und lädt dazu ein, das Buch in einem Zug zu verschlingen. Ein paar echt verblüffende Entwicklungen werden euch vom Hocker hauen und am Schreibstil lässt sich gefühlt nichts besser machen.

Insgesamt konnte man diesmal weniger Verdächtigungen anstellen und Miträtseln. Zum Teil langatmig wirkten Passagen, in denen bereits bekannte Enthüllungen nur weitergegeben wurden. Die Entwicklung der Geschichte war nicht ganz nach meinem persönlichen Geschmack. Spaß beim Lesen hatte ich allemal.