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Veröffentlicht am 30.05.2022

Spannend, informativ, aktuell

Atlas der Unordnung
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„Grenzen sind überall.“ (Henri Dorion, S.4)

Ich weiß zwar nicht, in welchem Zusammenhang der Kanadier Henri Dorion diese Aussage tätigte, doch auch losgelöst aus jeglichem Kontext, ist seine Aussage zutreffend. ...

„Grenzen sind überall.“ (Henri Dorion, S.4)

Ich weiß zwar nicht, in welchem Zusammenhang der Kanadier Henri Dorion diese Aussage tätigte, doch auch losgelöst aus jeglichem Kontext, ist seine Aussage zutreffend. Es gibt Stadtgrenzen und Staatsgerenzen, Grenzen im Denken, eine Datumsgrenze, fest umrissene Kutlurkreise und vieles mehr. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Redewendungen und mehr oder wenige schlaue Zitate zum Thema. Wer hat noch nie eine Grenze überschritten oder die Grenzen des Zumutbaren ausgelotet?

Doch was sind Grenzen überhaupt? Wo kommen sie her? Wer hat sie gemacht? Mit Hilfe von 60 Karten spürt der „Atlas der Unordnung“ in fünf Themenkomplexen ganz unterschiedlichen Grenzen nach. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Einleitung, gerade lang genug, um die wesentlichen Aspekte darzustellen. So entsteht eine ausgewogene Mischung zwischen Kartenanteil und Text. Wer gerne tiefergehende Informationen hätte, der erhält genügend Anhaltspunkte, die helfen, dem ein oder anderen genauer nachzuspüren.

Auch wenn das Buch thematisch gegliedert ist, habe ich zunächst einmal kreuz und quer gestöbert, und dabei gelernt, welches die älteste Grenze ist (die um Andorra, 1278, S122), dass der Fluss, der die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg bildet, im geteilten Gemeineigentum beider Staaten steht (S.60) und dass es weit mehr hohe Mauern gibt, als mir bewusst war.

Das Autorenteam zeigt uns die historischen Entwicklungen unserer heutigen Grenzen und geht dabei sowohl auf ältere als auch ganz aktuelle Grenzkonflikte ein. Es geht ebenso um die Grenzen des ehemaligen Jugoslawiens wie um Bergkarabach oder die Grenze zwischen der Ukraine und Russland.

Für mich waren die Abschnitte über kulturelle Grenzen besonders interessant, denn sie existieren außerhalb der politischen Grenzen und sind oftmals nicht ganz so einfach zu umreißen. Doch letztlich hatte jede einzelne Seite des Buches viele Details zu bieten und hat so entweder mein bisheriges Wissen vertieft oder neue Aspekte hinzugefügt.

Mein Fazit: Die Journalistin und Geografin Delphin Papin hat gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Bruno Tertrais ein spannendes Buch geschrieben, das (zumindest für mich) sowohl sehr informativ als auch äußerst faszinierend ist. Für mich eine klare Leseempfehlung für alle, die das Thema auch nur ein bisschen interessiert.

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Unbedingt lesen!

Die sieben Schalen des Zorns
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Max Kellers sterbenskranke Tante Maria hat eine große Bitte an ihn. Sie benötigt Hilfe, um ihr Leben zu beenden. Obwohl Max Arzt ist, erfüllt er ihren Wunsch. Doch nur kurze Zeit später muss er sich für ...

Max Kellers sterbenskranke Tante Maria hat eine große Bitte an ihn. Sie benötigt Hilfe, um ihr Leben zu beenden. Obwohl Max Arzt ist, erfüllt er ihren Wunsch. Doch nur kurze Zeit später muss er sich für seine Hilfe rechtfertigen, denn ihm wird aktive Sterbehilfe vorgeworfen, wodurch er sich laut Gesetz strafbar gemacht hat.

Er bittet seinen alten Freund Jonas, der inzwischen Staatsanwalt ist, ihm vor Gericht zu helfen, was diesen in einen Gewissenkonflikt stürzt, steht die Staatsanwaltschaft doch auf Seiten der Anklage und nicht der Verteidigung.

In seinem neuen Buch greift der Autor Markus Thiele erneut ein schwieriges Thema auf, das vielfach tabuisiert wird und die meisten Leser damit wohl wenige Berührungspunkte haben. Tante Marias Bitte ist auf der einen Seite völlig nachvollziehbar und warum sollte sie nicht selbstbestimmt sterben dürfen? Das Problem liegt darin, dass sie nicht mehr in der Lage ist, ihr Leben selbst zu beenden. Auf der anderen Seite stehen der Arzt Max, der beim Leben und nicht Sterben helfen soll, sowie das Gesetz. Gewissenskonflikte und moralische Bedenken sind quasi vorprogrammiert. Markus Thiele gibt in seinem Roman viele Denkanstöße und zeigt, dass es nicht nur gedanklich, sondern auch rechtlich eine Art Grauzone gibt. Geschickt greift er - wie schon in seinen vorherigen Büchern – einen realen Fall auf und verwebt Teile davon mit der Geschichte seiner (fiktiven) Charaktere.

So wird nicht nur der durchaus sehr spannende Prozess geschildert, in Rückblenden werden auch die Lebensgeschichten von Max und Jonas erzählt, die erklären, weshalb die beiden an sich so unterschiedlichen Menschen dennoch eng miteinander verbunden sind.

Besonders gut hat es mir gefallen, dass es dem Autor gelingt das Thema Sterbehilfe von verschiedenster Seite zu zeigen und dabei Fragen aufzuwerfen, ohne jedoch in irgendeiner Form eine Wertung vorzunehmen. Unaufdringlich flicht er dabei auch das Thema Glauben und Religion ein.

Markus Thiele ist selbst Rechtsanwalt und daher sehr vertraut mit Gesetzen, deren Auslegungen und den Abläufen vor Gericht. Seinem Schreibstil und seinen Formulierungen merkt man diese Vertrautheit an, dadurch schildert er den Prozess sehr authentisch.

Insgesamt ein Buch, dass meine (durch die vorangegangenen Bücher) bereits hohen Erwartungen noch übertroffen hat. Es war spannend, aufwühlend und wird mir mit Sicherheit noch lange im Gedächtnis bleiben. Daher eine ganz klare Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 24.04.2022

Großartige Fortsetzung

Papier & Blut
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Al MacBharrais ist Siegelagent. Am liebsten würde er sein Wissen über Tinte und Papier und wie man damit mächtige, magische Siegel erschaffen kann einem Nachfolger anvertrauen und sich zur Ruhe setzten. ...

Al MacBharrais ist Siegelagent. Am liebsten würde er sein Wissen über Tinte und Papier und wie man damit mächtige, magische Siegel erschaffen kann einem Nachfolger anvertrauen und sich zur Ruhe setzten. Leider hat die Sache einen Haken, wie Al erfahren hat. Nicht nur, dass ein Fluch auf ihm lastet, der alle Menschen, mit denen er redet, dazu bringt ihn zu hassen (weshalb er meist eine Sprach-App auf dem Handy nutzt), nachdem bereits sieben Lehrlinge ums Leben gekommen sind, hat Al nun Gewissheit, dass er nicht einmal, sondern zweimal verflucht wurde. Wer auch immer in seinen Diensten steht, den ereilt ein vorzeitiger Tod.

Al versucht daher mit aller Macht herauszufinden, wie er die Flüche brechen kann – und wer ihn überhaupt verflucht hat (und warum). Zum Glück hat er dabei einzigartige Unterstützung. Allerdings gilt es zunächst ein vorrangiges Problem zu lösen. Eine der anderen Siegelagenten, Shu-hua, ist verschwunden und Al eilt nach Australien, um sich gemeinsam mit deren Schülerin Ya-ping auf die Suche zu begeben.

Nachdem mich Kevin Hearne bereits mit „Tinte und Siegel“, dem ersten Teil der Chronik des Siegelmagiers begeistert hat, habe ich mich sehr gefreut, endlich auch Band 2 in den Händen zu halten.

Auch Band 2 zeichnet sich durch unglaublich kreative und teils skurrile Ideen aus. Humor und Situationskomik, Sarkasmus und eine feinsinnige Ironie machen das Buch für mich zu einem wahren Lesevergnügen. Dabei kann mich auch die teils sehr derbe Ausdrucksweise nicht stören, derer sich vor allem -aber bei weitem nicht nur - Hobgoblin Buck Foi bedient, obwohl ich eine solche Sprache normalerweise nicht sonderlich mag.

Während Protagonist Al MacBharrais und Buck uns bereits gut bekannt sind, gibt es auch eine Reihe neuer Charaktere oder wie im Fall von Als Rezeptionistin, Charaktere, die mehr sind, als sie zu sein scheinen. Gladys, die den Namen Gladys, die schon viel Scheiße erlebt hat, trägt, ist definitiv nicht nur Als Rezeptionistin (und Kanadierin), wie Al glaubt. Doch wer ist sie? Während einige Figuren Gladys wahre Natur zu kennen scheinen, tappe ich ebenso wie Al am Ende des Buches noch im Dunkeln – aber vielleicht bringt ja Teil 3 die Erleuchtung (ich hoffe es, schließlich bin ich neugierig). Neben Gladys lernen wir unter anderem natürlich Ya-ping kennen, aber auch den Eisernen Druiden, der sich mit seinen beiden Hunden der Suche anschließt. Dieser ist den Lesern von Kevin Hearnes Reihe „Die Chronik des Eisernen Druiden“ natürlich bekannt.

Neben den Charakteren und der Geschichte an sich gefällt mir, dass der Autor trotz aller Phantastik auch an so banale Dinge denkt, wie Handys, bei denen es vielleicht nicht ganz so clever ist, wenn sie in der einen Minute noch in einer Funkzelle in Schottland angemeldet sind und in der nächsten in Australien, weil der Besitzer eine wesentlich schnellere Reisemöglichkeit hat, als ein Flugzeug. Da könnte man unter Umständen in arge Erklärungsnot geraten…

Insgesamt kann ich nur sagen, dass ich auch Band zwei nur wärmstens empfehlen kann. Kevin Hearne gelingt es auf großartige Weise moderne Elemente mit alten Mythen und eigenwilligen Charakteren zu verweben und so wunderbare Urban Fantasy zu erschaffen.

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Veröffentlicht am 24.04.2022

Spannende Dokumentation

Die Krankenschwester
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»Die Polizei hatte in seiner Zeugenaussage notiert: „Der Zeuge erinnert sich an Formulierungen wie ,Oh, jetzt gibt es wieder Todesfälle, Christina hat Dienstʻ.« (S.170)

Im Krankenhaus Nykøbing Falster ...

»Die Polizei hatte in seiner Zeugenaussage notiert: „Der Zeuge erinnert sich an Formulierungen wie ,Oh, jetzt gibt es wieder Todesfälle, Christina hat Dienstʻ.« (S.170)

Im Krankenhaus Nykøbing Falster in Dänemark stirbt ein Patient. Tragisch für die Anghörigen, doch in einem Krankenhaus erst einmal nicht weiter auffällig. Doch dieser Patient ist bei weitem nicht der einzige. Auch das wäre nicht übermäßig verwunderlich, würden nicht sehr viele Patienten Herzprobleme bekommen und sich ihr Zustand häufig sehr überraschend verschlechtern. Und gäbe es nicht bei vielen dieser Todesfälle eine Gemeinsamkeit: sie starben, während die Krankenschwester Christina Aistrup Hansen Dienst hatte. Aus einem Bauchgefühl, dass etwas nicht stimmt, wird nach und nach mehr, auch wenn die Beweise fehlen. Schließlich äußert eine Kollegin den schrecklichen Verdacht laut: Christina könnte die Todesfälle womöglich selbst verursachen.

Die Polizei geht dem Verdacht nach und merkt schnell, dass die Ermittlungen einige Zeit in Anspruch nehmen werden. Am Ende steht eine zwölfjährige Haftstrafe für Christina Aistrup Hansen. Doch wie kam es dazu?

Der Autor Kristian Corfixen hat diesen spektakulären Fall aus Dänemark dokumentiert. Er ist Journalist und hat für sein Buch zahlreiche Dokumente gesichtet. Dazu gehörten neben Protokollen der Gerichtsverhandlungen auch Polizeiberichte, Patientenakten, Verhörprotokolle, Obduktionsberichte und viele mehr, in die er Akteneinsicht bekommen hat. Darüber hinaus hat er dutzende Personen teils mehrfach interviewt, inklusive der Angeklagten selbst.

Dadurch ist ein sehr detailliertes Bild entstanden, auch wenn natürlich nicht alle Behauptungen objektiv belegt werden können. Diese Punkte hat Kristian Corfixen allerdings gut deutlich gemacht, damit keine Missverständnisse aufkommen können. Dazu passt auch, dass er alle Seiten genauestens betrachtet und nicht nur Anklage oder Verteidigung zu Wort kommen.

Während des Lesens musste ich mich mehr als einmal daran erinnern, dass es sich nicht um Fiktion handelt. Unweigerlich fragt man sich, was wohl in deutschen Krankenhäusern so alles passiert, nicht zuletzt, da der Fall Niels Högel ja noch nicht so lange zurück liegt.

Insgesamt ist „Die Krankenschwester“ für mich ein gleichsam spannendes wie nachdenklich machendes Buch.

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Veröffentlicht am 23.03.2022

Wunderbare Kurzgeschichten

Fionrirs kleine Reisen
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Nach der Trilogie Fionrirs Reisen gibt es ein erneutes Wiedersehen mit dem inzwischen nicht mehr ganz so kleinen Drachen. Der Bergdrache Fionrir und seine Freundin Prinzessin Quirina, die zu Beginn des ...

Nach der Trilogie Fionrirs Reisen gibt es ein erneutes Wiedersehen mit dem inzwischen nicht mehr ganz so kleinen Drachen. Der Bergdrache Fionrir und seine Freundin Prinzessin Quirina, die zu Beginn des ersten Teils der Trilogie noch Kinder waren, sind mittlerweile ein ganzes Stück erwachsener geworden. Dennoch sind die Kurzgeschichten in „Fionrirs kleine Reisen“ (ebenso wie die Trilogie) sowohl für Kinder passend, wie auch für junggebliebene Erwachsene.

Die Geschichten sind abwechslungsreich, humorvoll und spannend und es ist mir leicht gefallen wieder in Fionrirs –Fios – Welt einzutauchen. Ich habe mich sehr gefreut neue Charaktere zu entdecken, und noch ein bisschen mehr, dass es viele alte Bekannte in die Geschichtensammlung geschafft haben, wie zum Beispiel der Papagei Aaron, der dem Postmeister helfen könnte, wenn die beiden einander doch bloß verstehen könnten. Ansonsten geht es mit Enndlin und Ceti auf Kopfgeldjagd oder wir lernen die Ungeduld Tiaras‘ kennen, der unbedingt endlich fliegen können will – doch wie sagt sein Großvater: „Alles hat seine Zeit. Du kannst durch bloßes Wollen nur selten auch das Können erreichen.“ (S. 196)

Das Thema Frieden zwischen Menschen und Drachen (und eigentlich allen Wesen) ist immer wieder Thema, ebenso wie Freundschaft und Zusammenhalt. Wer genau hinschaut, kann auch die ein oder andere Weisheit entdecken.

Ansreas Arnolds Schreibstil ist kindgerecht, warmherzig und bildhaft, ohne dabei zu kindlich zu wirken. Vielmehr läd er Leser jeden Alters ein, für eine Weile Teil von Fionrirs Welt zu sein. Zahlreiche Illustrationen von Norman Heiskel geben Szenen aus den Geschichten wieder. Zudem gibt es noch etwas ganz Besonderes: zu Beginn jeder Geschichte gibt es eine kleine Illustration mit einem QR-Code, der zu einem passenden Musikstück führt. Im Gegensatz zu den Playlisten, die mittlerweile häufiger in Büchern zu finden sind, wurde in diesem Fall allerdings für jede der 14 Geschichten eigens ein eigenes Lied von Yannik Mari komponiert und zusammen mit der Sopranistin Regina Beatrix Rumpel eingespielt. So kann jede Geschichte nicht nur durch Text und Bild, sondern auch noch obendrein akustisch genossen werden.

Insgesamt kann ich nur sagen, dass mir „Fionrirs kleine Reisen“ auf allen Ebenen sehr gefallen hat und die Kurzgeschichten eine wunderbare Ergänzung zur Trilogie sind. Von mir gibt es daher eine ganz klare Leseempfehlung, egal, ob ihr Fio bereits kennt oder den jungen Drachen erst kennenlernen wollt.

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