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Veröffentlicht am 07.12.2021

Ein Küstenkrimi mit einer ausgewogenen Mischung aus Spannung und Humor!

Grünes Grab (Zwischen Mord und Ostsee - Küstenkrimi 2)
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Ein neuer Fall führt Ina Drews und Jörn Appel nach Sankt Peter-Ording, wo eine kopflose Leiche für Aufruhr sorgt. Und die Ermittlungen im beliebten Ferienort an der Nordsee beginnen direkt mit einer unangenehmen ...

Ein neuer Fall führt Ina Drews und Jörn Appel nach Sankt Peter-Ording, wo eine kopflose Leiche für Aufruhr sorgt. Und die Ermittlungen im beliebten Ferienort an der Nordsee beginnen direkt mit einer unangenehmen Überraschung: Passt doch die DNA der Leiche zu einem Mann, der bereits für einen anderen Mord hinter Gittern sitzt. Ein Ding der Unmöglichkeit! Aber dabei bleibt es nicht, denn die Liste der Verdächtigen wächst beinahe täglich. Um den wahren Mörder zu enttarnen, müssen Ina und Jörn sämtliche Register ziehen und tief in der Vergangenheit aller Beteiligten graben. Was sie dabei zutage fördern, ist an Abscheulichkeit kaum zu überbieten…

Der Küstenkrimi "Grünes Grab-Zwischen Mord und Ostsee" ist der Nachfolger von "Nasses Grab" von Thomas Herzberg, der am 2. Dezember 2021 im FeuerWerke Verlag erschienen ist. Man kann diesen Teil der Krimi-Serie unabhängig vom Vorgänger lesen, da auch diese Handlung in sich abgeschlossen ist. Aber da sich im ersten Teil die Beziehung der Flensburger Ermittler aufbaut, die von einigen Tiefen begleitet wurde, empfehle ich den ersten Teil vorher zu lesen. Ina und Jörn sind froh, dass im Prozess des Millionenerben Malte Andresen, der Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, für Gerechtigkeit gesorgt wurde. Beide haben diesen Fall, der mittlerweile schon ein Dreivierteljahr her ist, gemeinsam gelöst. Doch nun steht der nächste Fall vor der Tür, denn an der Nordsee wurde eine Leiche entdeckt, dessen Kopf und Hände spurlos verschwunden sind. Also heißt es wieder ab an die Nordsee und eine Unterkunft finden, die kein Trauma hinterlässt.

Am Tatort werden sie schon von den Kollegen Lars Feddersen und Stefan Prahl erwartet, die auf Hilfe der beiden angewiesen sind. Obwohl Ina und Jörn nicht begeistert sind, wird ihr Interesse und Ermittlungsinstinkt rasch geweckt, als sie erfahren, dass die DNA des Kopflosen haargenau zu einem Täter passt, der schon hinter Gittern hockt. Die Ermittlungen erweisen sich als komplizierter als gedacht, denn nicht nur zahlreiche Verdächtige erschweren die Arbeit. Auch müssen sie in einen alten, abgeschlossen Fall nochmal ganz tief graben, um ein Puzzle vervollständigen zu können. Was dabei ans Licht kommt, ist selbst für die Ermittler harte Kost.

Die hier erwähnten Morde werden zwar erwähnt, jedoch nicht detailliert beschrieben. Es bleibt deshalb der eigenen Fantasie überlassen, diese weiter auszuschmücken. Wer es gerne unblutig mag, jedoch auf Leichen nicht verzichten möchte, der kommt in diesem ruhigen Krimi auf seine Kosten. Detaillierte Ermittlungsarbeiten gibt es reichlich, zwischendurch sorgen private Angelegenheiten der Ermittler für Abwechslung. Besonders Jörn, dessen Gefühle aufgewirbelt werden, muss während der Arbeit einen kühlen Kopf bewahren. Sticheleien zwischen ihn und Ina sorgen für ein sympathisches Bild des Ermittlerduos, welches unheimlich authentisch rüberkommt. Der eingebaute Humor wirkt hier nicht fehl am Platz, denn er sorgt gleichzeitig für einen spannenden und oftmals humorvollen Lesegenuss. Diese Mischung hat mir wieder sehr gut gefallen, da der Cosy-Anteil für eine authentische Handlung sorgt. Es hat mir Spaß gemacht, sie auf ihre Mörderjagd zu begleiten.

Der Schreibstil ist auch diesmal wieder schön locker, flüssig und lebendig. Detaillierte Beschreibungen haben für klare Bilder gesorgt, die kalte Nordsee-Atmosphäre passt super zum Setting und Inhalt. Der Spannungsbogen ist nicht übermäßig hoch, da dies eher ein leichter (Cozy)-Krimi ist. Die privaten Probleme der Ermittler drängen die Haupthandlung ab und zu etwas in den Hintergrund, was ich jedoch nicht allzu schlimm fand. Man darf hier keine rasante und extrem spannungsgeladene Geschichte erwarten, dann wird es auch keine Enttäuschung geben. Wechselnde Perspektivenwechsel der Ermittler/Täter und kurze Kapitel sorgen ebenfalls für Abwechslung, überraschende Wendungen sind dem Autor unheimlich gut gelungen. Bis zum Schluss wurden alle offenen Fragen beantwortet, sodass dies ein gut durchdachter Kriminalfall ist. Ina und Jörn fand ich sehr gut ausgearbeitet, ihre Entwicklung seit dem ersten Band hat mir gut gefallen. Die Zusammenarbeit der beiden ist erfrischend und mit dem Duo wurde es mir zu keiner Zeit langweilig. Deshalb hat mir der Küstenkrimi klasse gefallen, auf eine weitere Fortsetzung würde ich mich wieder sehr freuen. Von mir eine klare Leseempfehlung und 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 05.12.2021

Eine nervige Helikoptermutter, gefangen zwischen Anspannung und Wahn!

Ein dunkler Abgrund
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Tess ist sicher, dass ihre kleine Tochter ein schreckliches Verbrechen beobachtet hat. Doch wer glaubt schon einem Kind…

Ihre dreijährige Tochter ist für Tess das Wichtigste auf der Welt. Doch seit der ...

Tess ist sicher, dass ihre kleine Tochter ein schreckliches Verbrechen beobachtet hat. Doch wer glaubt schon einem Kind…

Ihre dreijährige Tochter ist für Tess das Wichtigste auf der Welt. Doch seit der Trennung von Poppys Vater kann sie nicht mehr ständig in ihrer Nähe sein, um auf sie achtzugeben. Als sie eines Tages unter all den bunten, fröhlichen Kinderzeichnungen ein Bild aus schwarzer Kreide findet – eine Zeichnung so simpel und brutal, dass Tess sie nicht verstehen kann –, da ist sie sicher, dass Poppy während des Wochenendes beim Vater etwas Furchtbares mitansehen musste. Niemand will ihr glauben, denn handelt es sich nicht bloß um die Krakelei eines Kindes? Doch eine Mutter kennt ihre Tochter. Und Tess wird die Wahrheit herausfinden. Ihre Suche führt sie in ungeahnte dunkle Abgründe, und bald ist nicht nur ihr eigenes Leben in Gefahr, sondern auch das ihres Kindes...


"Ein dunkler Abgrund" ist ein Thriller des englischen Autorenduos Nicci French, der am 1. November 2021 im C. Bertelsmann Verlag erschienen ist. Hinter Nicci French verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Dies war mein erstes Buch der Autoren und der Klappentext hat mich unheimlich neugierig gemacht. Eine verstörende Zeichnung, die von einem dreijährigen Mädchen namens Poppy stammt, soll ein schreckliches Verbrechen widerspiegeln. Da diese Zeichnung in der Obhut des Vaters entstand, schrillen bei Tess sofort die Alarmglocken. Verständlich, dass sie sich große Sorgen um ihre Tochter macht, aber als kurze Zeit später noch vulgäre Schimpfwörter und unruhige Nächte des Mädchens hinzukommen, ist sich Tess sicher, dass Poppy was Schreckliches beobachtet hat. Tess dreht meiner Meinung nach viel zu übertrieben durch, um an Antworten zu gelangen. Sie beschuldigt alle möglichen Menschen und unterstellt Dinge, für die es keine Beweise, noch nicht einmal Indizien gibt. Ihr Ex-Mann, ihre Freundinnen und dessen Männer, ihr aktueller Freund und sogar der Bruder der Frau ihres Ex-Mannes werden verdächtigt, Schuld an Poppys' Verhalten zu haben. Sie spioniert Leute aus, bricht in Häuser ein und stalkt permanent die Polizei- ein Verhalten, was mir einfach zu übertrieben dargestellt wurde. Jeden hat sie als potenzielle Gefahr angesehen, den Unterschied zwischen Wahn und Realität konnte sie schnell nicht mehr erkennen.

Es wird aus Tess' Perspektive geschrieben, ihre Liebe zu ihrer Tochter wurde sehr deutlich erläutert. Doch ihr Verhalten konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen. Auch wenn es eine Geschichte ist, dies war mir dann doch zu übertrieben. Sie hat sich nicht nur wie eine Wahnsinnige aufgeführt, ihr Verhalten wurde immer lächerlicher und irgendwann hatte ich genug von ihren Verschwörungstheorien. Ich würde die Handlung eher in die Kategorie Spannungsroman einordnen, denn ich habe sie nicht als Thriller empfunden. Es gab spannende Momente, das will ich auch gar nicht bestreiten. Aber einen konstanten Spannungsbogen konnte ich für mich persönlich nicht feststellen. Mir haben die Nervenkitzel und die Gänsehautmomente gefehlt. Auch hat mich das ganze nicht wirklich gepackt und in den Bann gezogen. Tess' hysterisches Verhalten hat einfach dafür gesorgt, dass es eine teilweise langatmige Geschichte war, die einige Wiederholungen enthielt. Ihre Nachforschungen, Gedanken und Handlungen waren für mich an manchen Stellen einfach nicht nachvollziehbar.

Den lockeren und flüssigen Schreibstil empfand ich als sehr angenehm, denn so ließ sich das Buch schnell durchgelesen. Auch weil ich gehofft hatte, dass mich doch noch spektakuläre Wendungen erwarten. Am Ende hin wurde mir etwas mehr geboten, als Tess wieder etwas Sensationelles herausgefunden hat. Diese Wendung kam für mich nicht allzu überraschend, da ich hier schon eine Vermutung hatte, womit ich dann auch richtig lag. Dass sie zu ihrer letzten Handlung einen Verbündeten ergattern konnte, hat mich jedoch überrascht. Generell war mir Tess' als Protagonisten sehr unsympathisch, die sich durch ihr irres und distanziertes Verhalten keine Sympathiepunkte ergattern konnte. Ihr war es auch ziemlich egal, wen sie im Verdacht hatte. Wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hat, dann ist sie diesen Weg dank ihres Bauchgefühls oft unüberlegt gegangen. Sie ist eine Helikoptermutter wie es im Buche steht, ich wurde mit ihr bis zum Schluss einfach nicht warm. Genauso unsympathisch wurde ihre Tochter beschrieben. Ein gutes Beispiel für die Redewendung "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm".

Die komplette Geschichte bestand aus ihrem Irrsinn, den ich begleitet habe. Ob sie wirklich um ihr und das Leben ihrer Tochter bangen musste, weil Poppy ein düsteres Bild gemalt hat und somit in Tess' Augen zur Zeugin einer Straftat wurde, war bis kurz vor Ende unklar. Deshalb wurde sie gleichzeitig zur Stalkerin, eifersüchtige Ex-Freundin und Detektivin, die mit ihren immer absurderen Ideen ihre Mitmenschen auf die Nerven gegangen ist. Was sie mit ihnen gemacht hat, war schon Psychoterror. So einer Person möchte ich im realen Leben nicht begegnen. Insgesamt habe ich mir anhand des Klappentextes etwas rasanteres und spannenderes vorgestellt, selbst das Finale hat mich nicht positiv umstimmen können. Deshalb bin ich etwas enttäuscht. "Ein dunkler Abgrund" ist nicht schlecht, jedoch hat mich die Geschichte nicht vom Hocker gehauen. Tess' hat mit ihrer nervigen und irren Art den größten Teil dazu beigetragen. Ich hatte den Eindruck, als ob permanent der Teufel hinter ihr her gewesen war. Die Atmosphäre, die hätte aufkommen müssen, war für mich leider nicht spürbar. Das einzige, was deutlich bei mir angekommen ist, war Tess' Anspannung, da sie in jeder Ecke eine unglaubwürdige Gefahr gesehen hat. Von mir gibt es diesmal enttäuschenderweise nur 2,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 02.12.2021

Ein interessanter und origineller Plot mit einem hohen Spannungsbogen!

Der Angst verfallen
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Bitterkalt wie der Tod! Ein neuer Fall für Hattinger und Köstner von Kindle #1-Bestsellerautor Mark Franley.

»Sein Ziel war die Jagd, und ein verschrecktes Opfer spornte ihn nur noch mehr an.«
Im bayerischen ...

Bitterkalt wie der Tod! Ein neuer Fall für Hattinger und Köstner von Kindle #1-Bestsellerautor Mark Franley.

»Sein Ziel war die Jagd, und ein verschrecktes Opfer spornte ihn nur noch mehr an.«
Im bayerischen Lohberg wird ein kleiner Junge unter die Eisschicht des Dorfweihers geschoben und dem Erfrierungstod überlassen: ein Fall für Sonderermittler Ruben Hattinger und seine Kollegen Mike Köstner und Eva Lange. Bei den Ermittlungen stößt das Team auf die Thrillerautorin Maria Burkhard. Verrufen in der Dorfgemeinschaft, lebt sie auf einem einsamen Berghof – und gibt Hattinger und seinen Leuten Rätsel auf: Sie behauptet, sie sei nachts überfallen worden und man habe sie gezwungen, über den Mord an dem Kind zu schreiben. Viel Zeit bleibt den Kommissaren nicht. Denn bald darauf verschwindet ein Mädchen …

"Der Angst verfallen" ist der zweite Band der Köstner-Hattinger-Thrillerreihe von Mark Franley, der am 28.09.2021 im Edition M Verlag erschienen ist. Dies ist wieder ein rasanter Thriller, der mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Eindrucksvoll beschreibt der Autor den Wettlauf gegen die Zeit, um den Tod des grausam ermordeten Hans aufzuklären. Gleichzeitig aber auch die mühsamen Anstrengungen, das verschwundene Mädchen zu finden. Denn die Drohungen und Anforderungen des Täters lassen die Ermittler Ruben Hattinger, Eva Lange und Mike Köstner verzweifeln, eine unbekannte Verbindung zur Thrillerautorin Maria Burkhard bleibt lange im Verborgenen. Da die Autorin dem Alkohol nicht abgeneigt ist und nur spärlich mit Informationen aus ihrer Vergangenheit rausrückt, zweifeln die Ermittler zwischendurch immer wieder an ihren Verstand. Doch bevor sie ihrem Geheimnis auf die Schliche kommen, bringt Hattinger sich in Gefahr und die Spur bringt sie zur Justizvollzugsanstalt, wo ein eiskalter Mörder zur lebenslangen Haft verurteilt wurde. Dass dieser Psychopath der Autorin zu ihrem Ruhm ihres ersten Thrillers verholfen hat, ist kein Geheimnis. Doch als immer mehr Puzzleteile ihren Platz finden, kommen die Ermittler einem gut durchdachten Plan auf die Schliche.

Der Thriller zeichnet sich wieder durch seinen lebhaften und bildhaften Schreib- und Sprachstil aus. Außerdem ist er unheimlich flüssig, sodass es mir schwerfiel, das Buch an die Seite zu legen. Der Spannungsbogen bleibt die gesamte Zeit über erhalten und führt letztlich zu einem Showdown, bei dem allerdings nicht alle Fragen beantwortet wurden. Besonders die letzten Seiten kamen mir unvollständig vor, weshalb ich hieraus keine logischen Schlüsse ziehen konnte. Ein paar Informationen hätten dem Finale deshalb nicht geschadet. Die Handlung enthält einige Überraschungsmomente, da ich geschickt auf falsche Fährten geführt wurde. Cliffhanger an den richtigen Kapitelenden sorgen für Neugier und große Spannung, was Mark Franley wieder super gelungen ist.

Der Plot ist interessant und originell, die Charaktere sind umfassend ausgearbeitet. Besonders Ruben Hattinger, der seine Kollegen mit seinem eigenartigen und autistischen Verhalten gerne mal auf die Nerven geht. Er hat bestimmt Vorlieben und er weicht, so gut es geht, nicht von seinen Routinen ab. Er ist ein Eigenbrötler, zeigt so gut wie keine Emotionen und kein Fall scheint ihn zu brutal zu sein. Ausserdem kann er sich in verschiedene Situationen hineinversetzen und so dem Täter schnell auf die Spur kommen. Während des gesamten Handlungsverlaufs ist der Thrill präsent, das beständige Spiel zwischen Anspannung und der Erleichterung dank Hattingers trockenen Humors gefällt mir besonders gut. Aber auch Eva Lange und Mike Köstner sind vielschichtig angelegt, die Charaktere wachsen mit jeden Band weiter. Wer einige Vorgänger des Autors mit den hier vorkommenden Protagonisten kennt, der weiß, was ich meine. Aber auch Neueinsteiger können den Protagonisten problemlos folgen. Lange und Köstner sind aus einem zurück liegenden Fall gebrandmarkt, jedoch üben sie ihren Beruf weiterhin aus Leidenschaft aus. Obwohl es neben Hattinger nicht immer leicht ist, ergibt das Ermittlertrio ein gutes und klares Bild ab.

Die Angst ist mit dem entführten Mädchen deutlich zu spüren, denn zwischendurch wird von ihrer Gefangenschaft geschrieben. Es gab Situationen, die mich richtig gepackt haben. So wurden Emotionen geweckt, die nichts für schwache Nerven sind. Ein wechselnder Perspektivenwechsel macht diese grausame Geschichte abwechslungsreich, sodass ich eine klare Leseempfehlung ausspreche. Von mir 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 01.12.2021

Ein unheimlich gelungener Psychothriller mit einem genialen, überraschenden und unvorhersehbaren Plottwist!

Das Therapiezimmer
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Der Psychotherapeut Sam und seine Frau Annie ziehen aus New York in die verschlafene Kleinstadt, in der Sam aufgewachsen ist. Dort arbeitet Sam fast rund um die Uhr in seiner Praxis im Souterrain mit seinen ...

Der Psychotherapeut Sam und seine Frau Annie ziehen aus New York in die verschlafene Kleinstadt, in der Sam aufgewachsen ist. Dort arbeitet Sam fast rund um die Uhr in seiner Praxis im Souterrain mit seinen (fast nur weiblichen) Klientinnen, während Annie zu viel Zeit allein verbringt. Sam ahnt nicht, dass durch einen Lüftungsschacht all seine Therapiesitzungen im Obergeschoss zu hören sind: die Frau des Apothekers, die sich scheiden lassen möchte. Die Malerin mit dem enttäuschenden Liebesleben. All diese Geschichten mit anzuhören, ist unwiderstehlich. Doch dann taucht die betörende junge Französin in dem grünen Mini Cooper auf. Und Sam geht eines Tages zur Arbeit, um nicht wieder zurückzukehren ...

"Das Therapiezimmer" von Aimee Molloy ist ein Psychothriller, der am 16.11.2021 im Rowohlt-Verlag erschienen ist. Was mich hier erwartet hat, das habe ich aus dem Klappentext nicht herauslesen können. Diese Geschichte enthält Wendungen, die mich unglaublich überrascht haben. Besonders ab der Mitte kam ich hinter den wahren Ablauf, der wirklich unheimlich geschickt und clever konstruiert ist. Die größte und unheimlich gelungene Wendung hat für einen großen Knaller gesorgt. Denn bis dahin passiert nicht das, wie ich zuerst gedacht habe. Die Autorin hat mich im Glauben einer verdrehten Handlung gelassen, ich war völlig auf dem Holzweg. Jedoch war diese Wendung überhaupt nicht vorhersehbar, weshalb ich diesen Punkt vollkommen gelungen finde. Selten wurde ich so geschickt und durchdacht in die Irre geführt. Mir wurde von Anfang bis Ende ein spannendes Szenario geboten, in meinen Augen ist besonders das starke Verwirrspiel perfekt gelungen.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt, die ich beide gleichermaßen gut fand. Da ich im ersten Teil geschickt an der Nase herumgeführt wurde, wurde mir im zweiten die Psyche eines Menschen nähergebracht, der gar nicht unsympathisch war. Ein freundlicher Vermieter, der zwar sehr hilfsbereit, großzügig und neugierig ist, auf der anderen Seite jedoch in einer komplett anderen Welt lebt. Dieser Charakter wurde gut ausgearbeitet und ich konnte seine Gedanken und Handlungen sehr gut folgen. Sein Verhalten hat mich oft irritiert, offene Fragen wurden diesbezüglich bis zum Schluss beantwortet. Aber nicht nur ein mysteriöser Vermieter spielt in diesem Buch eine große Rolle, die Hauptprotagonisten Sam und Annie fand ich ebenfalls sehr gut dargestellt. Es wird abwechselnd aus der Perspektive der drei geschrieben, besonders Sams' geheime Probleme kamen nach und nach ans Licht. Obwohl sein Verschwinden auf den ersten Blick eine deutliche Sprache spricht, glaubt Annie nicht daran und sie setzt alles Mögliche in Bewegung, die Wahrheit ihres Ehemanns aufzudecken. Dass sie sich selbst in Gefahr bringt, ist ihr jedoch zu keiner Zeit klar.

Die Handlung besitzt ein langsameres Tempo, was ich allerdings nicht als langweilig empfunden habe. Ich habe Sam so näher kennengelernt, im späteren Verlauf auch Annie. Der Schreibstil von Aimee Molloy ist unheimlich flüssig, locker, fesselnd, spannend und vor allem facettenreich. Es herrscht zu jeder Handlung die passende Atmosphäre, die ich gut greifen konnte. Natürlich habe ich mir zwischendurch auch meine Gedanken gemacht, weil mich Sams' plötzliches Verschwinden vor ein Rätsel gestellt hat. Was ihm passiert ist und warum er in eine skurrile Situation geraten ist, wurde nach und nach aufgelöst. Sein psychologisches Wissen hilft ihm, tief in die Psyche eines Menschen zu gelangen. Die psychologischen Aspekte fand ich unheimlich interessant, denn sie haben diesen Thriller perfekt abgerundet. Deshalb ist der Titel des Buches auch sehr passend. Obwohl mich eine komplett andere Geschichte erwartet hat, die ich anhand des Klappentextes erwartet habe, bin ich positiv überrascht über diesen cleveren und unterhaltsamen Verlauf des Thrillers. Für mich ist ganz klar "Das Therapiezimmer" ein unheimlich gelungener Psychothriller, der einen genialen, überraschenden und unvorhersehbaren Plottwist besitzt.

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Ein sachlich geschilderter und detaillierter True-Crime-Fall über den skrupellosesten Serientäter der deutschen Nachkriegsgeschichte!

Der Todespfleger
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Am 20. September 2021 ist der erschütternde Kriminalfall vom Todespfleger Niels Högel von den beiden Journalisten Marco Seng und Karsten Krogmann als True-Crime-Roman im Goldmann-Verlag erschienen. In ...

Am 20. September 2021 ist der erschütternde Kriminalfall vom Todespfleger Niels Högel von den beiden Journalisten Marco Seng und Karsten Krogmann als True-Crime-Roman im Goldmann-Verlag erschienen. In "Der Todespfleger: Warum konnte Niels Högel zum größten Serienmörder der deutschen Nachkriegsgeschichte werden?" wird dieser Fall eines deutschen Serienmörders, der von 1999 bis Mitte 2005 als Krankenpfleger in Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst tätig war und dort zahlreiche Morde beging, chronologisch aufgerollt. Dies ist die größte Mordserie in der bundesdeutschen Kriminalgeschichte, insgesamt leiteten die Behörden in 332 Fällen Ermittlungsverfahren wegen Mordverdachts ein. Unglaublich, dass solche unfassbaren Taten jahrelang ungehindert ausgeübt worden sind, obwohl es immer wieder Gerüchte und Auffälligkeiten gab. Doch der Todespfleger hat diese schrecklichen Taten nicht ausüben können, weil er ein besonders intelligentes Kerlchen ist. Nein, er konnte ungeniert morden, da der Oberstaatsanwalt in Oldenburg im Jahr 2015 trotz eindeutiger Hinweise keine Anklage erhoben und Ermittlungen verschleppt haben soll. Aber auch Reaktionen der betroffenen Kliniken und Klinikmitarbeiter werden hier gut zur Sprache gebracht, die ich einfach nicht verstehen kann. Trotz eindeutiger Beweise wurden die Zusammenhänge fehlender Medikamente und Reanimation, die Högel somit verursacht hat, in seinen Schichten ignoriert. Dass in seiner Nähe auffällig oft Patienten sterben und dieser Umstand aus Angst, der Klinik zu schaden vertuscht hat, ist einfach ein Skandal, der nicht in Worte zu fassen ist.

Diese schreckliche Geschichte ist erschütternd und abgrundtief grausam. Obwohl nichts von der Seite des Täters rüberkam, hat sich bei mir während des Lesens eine Menge Wut und Hoffnungslosigkeit aufgestaut. Dies ist ein Kriminalfall, den man nicht vergisst. Die Kaltblütig und Dreistigkeit Högels wurde von den Autoren sehr klar beschrieben. Ich wusste schon vor dem Buch vieles aus den Medien über diesen Justiz- und Krankenhausskandal. Wirklich neue Informationen habe ich leider nicht erhalten, denn wer sich schon oft über diese traurige und wahre Geschichte informiert hat, den wird das hier Geschriebene nicht groß überraschen. Trotz alledem ist diese Tatsache, die sich dieser Skandal viele Jahre ereignet hat, unsagbar erschütternd, skrupellos und grausam. Höger, der wehrlose Patienten tot spritzt, nennt seine Taten Manipulationen. Für den Kick und vor allem für Anerkennung seiner Kollegen rechtfertigt er sein Verhalten, doch ich bin mir sicher, dass dies nur eine Ausrede ist. Dass es über ein Jahrzehnt gedauert hat, dass er endlich gestoppt wurde, haben die Autoren chronologisch festgehalten. Mir fiel es an manchen Stellen schwer, der Chronologie zu folgen, da die Kapitel der Zeitsprünge aus den verschiedenen Jahren sehr sprunghaft waren. Am Ende gibt es noch einmal eine kurz zusammengefasste Chronologie, die die wichtigsten Ergebnisse der Jahre festhält.

Der Schreibstil ist flüssig und authentisch, einige Einblicke aus den Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen haben das Motiv von Högel näher beschrieben. Auch Zeugenaussagen kamen zwischendurch vor, die nicht allzu viel Raum eingenommen haben. Karsten Krogmann und Marco Seng berichten sachlich und neutral. Ich habe jedoch ab und zu gemerkt, dass sie diese Taten nicht kaltlassen, denn zwischen den Zeilen konnte ich deutlich spüren, dass das Geschehene nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen ist. Außerdem wird wahrheitsgemäß und frei von jeglicher Sensationsgier geschrieben. Die Autoren haben alle Fakten, die ihnen zur Verfügung standen, in diese Handlung eingebracht. Von einer Krimihandlung habe ich wenig festgestellt, für mich war der Inhalt des Buches eher ein sachlich geschilderter und detaillierter True-Crime-Fall über den skrupellosesten Serientäter der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Högels Taten wurden mehrfach geschildert, der Fall wird von Anfang bis Ende aufgerollt. Die Autoren gehen der Frage nach, wie Högel so lange unbemerkt töten konnte. Sie liefern erschütternde Einblicke in das Rechtssystem und geben zuletzt den Angehörigen der Opfer eine Stimme. Das schockierende Psychogramm von Högel wird erläutert, was mich jedes Mal fassungslos gemacht hat. Die Autoren waren erst ab 2014/2015 und 2018/2019 live bei den Gerichtsverhandlungen mit dabei. Um Antworten auf unzählige Fragen zu erhalten, sprachen sie seit 2014 mit dutzenden Menschen: Angehörigen der Opfer, mit Überlebenden, mit Pflegekräften und Ärzten, Ermittlern, Gutachtern und Juristen. Einige kommen zu Wort und immer noch wollen viele bis zum Ende hin nichts von den Verbrechen gemerkt haben. Gespräche, die von Zeugen geschildert wurden, wurden als Dialog wiedergegeben. Es wurde versucht, so oft und so gut es geht, die Zeit an den Orten der jeweiligen Geschehen zu erörtern.

Högel selbst kommt nicht zu Wort, sodass ich über seine persönlichen Gedanken und Handlungen nichts erfahren habe. Das war die Aufgabe des Psychogramms. Jedoch hätte es mich wahnsinnig interessiert, wenn ich etwas über seine Gedankengänge erfahren hätte, auch wenn sie niemals zu verstehen oder entschuldigen sind. Aber da Marco Seng und Karsten Krogmann nie mit Högel gesprochen haben, war dies ein Punkt, den ich vermisst habe. Dass Högel ein Lügner ist, wurde während der gesamten Handlung immer deutlicher. Ich habe gemerkt, dass die Autoren des Buches keine Krimiautoren, sondern Journalisten sind. Dies ist nicht schlimm, wer jedoch einen Krimi mit einer (leider) wahren Begebenheit erwartet, wird enttäuscht sein. Der Fall Högel ist aber auch beispielhaft, denn als die Justiz endlich und viel zu spät ihren Job machte, zeigte sie jedoch, was sie kann. Der hier aufgeführte Kriminalfall lässt einen nicht kalt, denn er bleibt auf jeden Fall für immer im Hinterkopf.

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