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Veröffentlicht am 16.07.2023

Eine leichte und wunderbare Sommerlektüre über eine große Liebe

Gala und Dalí – Die Unzertrennlichen
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Salvador Dalí lernt 1929 im Örtchen Cadaqués, in dem er lebt, Gala kennen, als sie mit ihrem damaligen Ehemann dort Urlaub macht. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, während sie sich zwar zu ihm ...

Salvador Dalí lernt 1929 im Örtchen Cadaqués, in dem er lebt, Gala kennen, als sie mit ihrem damaligen Ehemann dort Urlaub macht. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, während sie sich zwar zu ihm hingezogen fühlt, aber damals noch mit einem anderen Mann verheiratet war, mit dem sie zudem auch eine Tochter hat. Ihre Wege trennen sich zunächst wieder, aber die Liebe findet immer einen Weg.

Katalonien, Cap de Creus, strahlende Sonne und das Rauschen des Meeres. Das alles sieht, hört und riecht man während man die ersten Seiten liest. Man fühlt augenblicklich die unfassbar große Liebe, die Dalí für Gala empfunden haben muss, was mich, gepaart mit dem tollen Setting, total abgeholt hat. Nachdem klar wird, dass Gala ihren Mann (und damit auch ihre Tochter) für Dalí verlässt, wechselt die Geschichte zwischen Paris und Cadaqués, wodurch auch einige weitere Surrealisten einen Auftritt bekommen. Der Einblick in das Künstlerleben im Paris der ausgehenden 20er Jahre war toll, darüber lese ich immer wieder gerne. Einzelne Bilder Dalís werden angesprochen und die Geschichte hinter diesen ist sehr interessant, auch wenn sich sicherlich einiges nicht genauso angespielt hat, schließlich ist es ein Roman, so hat man dennoch den Eindruck, dass es auf jeden Fall so hätte sein können.

Man fliegt durch die Seiten und ich war fast ein bisschen traurig, dass es so schnell zu Ende war. Ich hätte auch gerne noch etwas Zeit mit den beiden in Paris verbracht oder miterlebt, wie sie ihr Haus an der Küste weiter ausbauen. Wer Interesse an Salvador Dalís Kunst oder den Surrealismus hat oder einfach nur etwas über die eine große Liebe des Lebens lesen möchte, der ist hier richtig aufgehoben. Eine wunderbare Sommerlektüre, die ich sehr gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 11.07.2023

Unvergleichbar skurril, interessant, aufwühlend und philosophisch.

Die Anomalie
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Ein Flugzeug landet nach heftigen Turbulenzen zweimal - einmal im März und noch einmal drei Monate später. Die Personen an Bord gibt es nun doppelt und müssen einen Weg finden damit umzugehen.

Also diese ...

Ein Flugzeug landet nach heftigen Turbulenzen zweimal - einmal im März und noch einmal drei Monate später. Die Personen an Bord gibt es nun doppelt und müssen einen Weg finden damit umzugehen.

Also diese Geschichte ist mit nichts vergleichbar, was ich bisher gelesen habe. Im Klappentext wird es als Mix aus Thriller, Komödie und großer Literatur beschrieben. Das würde ich jetzt so nicht unterschreiben. Es ist maximal ein super slow Thriller, komödiantische Anteile muss man mit der Lupe suchen und ja, es ist wirklich außergewöhnlich, aber „große Literatur“ find ich persönlich jetzt ein wenig hoch gegriffen.

Für mich ist es eher philosophisch und eine Gesellschaftsstudie. Der Fokus liegt darauf wie die Beteiligten darauf reagieren, dass sie ein Double haben, also nach dem 24. Juni 2021 ein zweites Mal auf dieser Welt existieren. Es ist alles dabei; Konkurrenzdenken, Synergismus, andere sehen neue Chancen oder versuchen ganz rational die Sache zu verstehen. Unweigerlich fragt man sich, wie man selbst wohl in dieser Situation reagieren würde.

Und dann ist natürlich noch die Frage wie es zu diesem Ereignis kommen konnte. Wie sich die Story hier entwickelt ist wirklich interessant, da der Autor nicht nur Physiker und Mathematiker zur naturwissenschaftlicher Klärung des Phänomens zu Wort kommen lässt, sondern auch spirituelle Lösungen mittels verschiedener Religionsführer sucht. Das ist wirklich gut gelungen und regt sehr zum Nachdenken an.

Was mich ein bisschen gestört hat ist die Vielzahl der Personen, was teilweise verwirrend war. Das wird auch direkt thematisiert, da ein Passagier Autor ist, der das Buch „Die Anomalie“ schreibt und eben diesen Kritikpunkt von seiner Agentin vorgehalten bekommt. Dass das so angemerkt und trotzdem umgesetzt wird, nervt umso mehr und macht die Sache eher schlimmer als besser.

Aber kurzum: Das Leseerlebnis war echt mal was anderes und daher allen zu empfehlen, die auf der Suche nach etwas Besonderem sind.

Veröffentlicht am 02.07.2023

Mörderjagd auf hoher See - Roman Noir mit Titanic-Feeling

Der Tod reist mit
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Während der Überfahrt der Endeavor von Southampton nach New York wird ein Toter aufgefunden. Mitten auf dem Atlantik ist klar; der Mörder muss noch an Bord sein. Scotland Yard ist in Person von James Temple ...

Während der Überfahrt der Endeavor von Southampton nach New York wird ein Toter aufgefunden. Mitten auf dem Atlantik ist klar; der Mörder muss noch an Bord sein. Scotland Yard ist in Person von James Temple mit an Bord, der in Begleitung von Schiffsoffizier Timothy Birch sogleich die Ermittlungen aufnimmt.

Die Idee eines Mordes, bei dem der Mörder zwangsläufig noch in unmittelbarer Nähe sein muss, ist nicht neu, aber das Setting ist vielversprechend. Das Buch spielt im November 1924 auf einer Transatlantikfahrt, da musste ich unweigerlich an die Titanic denken. Vor meinem inneren Auge haben Birch und Temple auch auf dem Filmschiff von 1997 ermittelt, was mir wirklich gut gefallen hat. Die Atmosphäre zwischen dem ungewollten Ermittlerduo ist alles andere als harmonisch und Temple hat zu Beginn eine so anstrengende Art an sich, dass ich mir den Eisberg zwischenzeitlich herbei gesehnt habe. Das ändert sich in der Mitte des Buches ziemlich plötzlich. Auf einmal arbeiten die beiden als Team und öffnen sich (jeder trägt selbstverständlich ein kleines Geheimnis mit sich herum). Bis es dann zu einer überraschenden Wendung und einem unvorhersehbaren Ende kommt. Man ahnt dass der große Showdown so einiges ans Licht bringt, aber so krachend hätte ich es wirklich nicht erwartet.

Einen Wermutstropfen gibt es: 100 Seiten weniger hätten der Geschichte wahrlich gut getan. Es zieht sich in der Mitte wie Kaugummi und es werden immer wieder neue Personen und Verdächtige eingeführt, dass man auch mal schnell den Überblick verlieren kann.

Das Ende hat es für mich herausgerissen, sonst hätte ich mich tatsächlich schwer getan mit einer Leseempfehlung. Aber wer dran bleibt wird belohnt mit einem Finale furioso. Alles in allem ein solider Roman Noir mit Titanic-Feeling.

Veröffentlicht am 10.06.2023

Drama, Biografie und Liebeserklärung an New York in einem Buch.

City of Girls
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USA, 40er Jahre. Vivian, Tochter aus gutem Hause, wird von ihren Eltern nach einem Rausschmiss am College zu ihrer Tante Peg nach New York geschickt, die das Lily Playhouse führt. Ein heruntergekommenes ...

USA, 40er Jahre. Vivian, Tochter aus gutem Hause, wird von ihren Eltern nach einem Rausschmiss am College zu ihrer Tante Peg nach New York geschickt, die das Lily Playhouse führt. Ein heruntergekommenes und wenig erfolgreiches Theater, für das Vivian von nun an als Kostümbildnerin arbeitet. Sie stürzt sich ins Leben und die Liebe, bis ein Skandal und der Krieg ihr Leben auf den Kopf stellen.

Die Atmosphäre, die die Geschichte versprüht ist wirklich toll. Die Ausgelassenheit und Lebenslust von Vivian und den anderen Mädchen am Theater ist ansteckend. Die Erzählweise ist wirklich fantastisch. Man riecht die muffigen Theatersessel und den abgestandenen Champagner förmlich beim Lesen. Die Geschichte wird als Brief an Angela erzählt, eine Frau, die wir nicht näher kennenlernen, die aber durch ihren Vater mit Viviane verbunden ist. Wer der Vater und damit das Bindeglied zwischen den beiden Frauen ist, erfahren wir erst ganz zum Schluss und es macht sehr viel Spaß mit zu rätseln welcher Mann hier gemeint ist.

Wir erfahren von Vivian, dass sie Angela fast nur aus Erzählungen kennt und ihr nur einmal begegnet ist. Dass sie ihr dennoch sehr detailliert über ihr ausschweifendes Liebesleben erzählt, hat mich dann doch etwas gewundert. Die Geschichte an sich hat bis auf die letzten etwa 100 Seiten wenig Tiefgang und dann scheint die Autorin alles auf besagten letzten Seiten aufholen zu wollen. Es geht plötzlich nur noch darum wie sich zwei Menschen stundenlang über Jahre hinweg unterhalten und ihre Traumata und ihr Leben aufarbeiten. Das war mir dann zum Schluss hin etwas zu gewollt.

Aber insgesamt hat mich die Geschichte sehr gut unterhalten und die Sprache ist so hinreißend, dass ich eine Leseempfehlung an alle Liebhaber von Geschichten über tolle Frauenpersönlichkeiten aussprechen möchte.

Veröffentlicht am 08.06.2023

Ein ganz besonderes Buch - düster und voller Wut

Kinder der Wut
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Zwei Jugendliche finden in einem verfallenen Gebäude eine Leiche, die ausgestopft und präpariert wurde. Das Polizistenduo Turkovà und Vejnar nehmen die Ermittlungen auf. Soweit so gut. Es scheint eine ...

Zwei Jugendliche finden in einem verfallenen Gebäude eine Leiche, die ausgestopft und präpariert wurde. Das Polizistenduo Turkovà und Vejnar nehmen die Ermittlungen auf. Soweit so gut. Es scheint eine Kriminalgeschichte nimmt ihren Lauf. Doch nach ein paar Seiten wird klar: es geht hierbei um viel mehr…

Das Setting ist düster, ich habe mich durchweg unwohl gefühlt beim Lesen und war froh in einem warmen Bett Zuhause liegen zu dürfen. Man möchte mit keinem der Protagonisten tauschen wollen und die vulgäre und primitive Sprache zu Beginn tut ihr Übriges. Ich hab nach etwa 80 Seiten wirklich überlegt das Buch aufgrund der ausfälligen Ausdrucksform abzubrechen - vorneweg: Ein Glück habe ich es nicht getan!

Wenn man an den Punkt kommt, an dem alle Personen vorgestellt wurden (und ja, es sind keine netten Leute) ändert sich die Wortwahl. Es wird deutlich gesitteter und angenehmer zu lesen, auch wenn die Atmosphäre bis zum Ende düster bleibt. Es gibt zwei Personen, die aus dieser grausamen Szenerie herausstechen und das sind Irma und Alzbêta, die, obwohl ihnen im zweiten Weltkrieg und danach schlimme Dinge widerfahren, sich ein liebevolles Gemüt bewahren können.

Mich hat die Geschichte trotz der Grausamkeiten gefesselt, sie hat mich nicht mehr losgelassen und ich musste noch Tage später darüber nachdenken.
Der Verlag hat das Buch als „herrlich pessimistisch“ angekündigt. Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, ist es das für mich überhaupt nicht, denn was bleibt zurück? Für mich ganz eindeutig das Wissen, dass die betitelten Kinder der Wut ihr Leben lang von der Gewalt, die sie erfahren gezeichnet sind, aber eben auch, dass es einen Ausweg hieraus gibt. Eindeutig und unumstößlich wird in dem Buch sichtbar: Kinder gehören mit bedingungsloser Liebe überschüttet! Auch wenn einem im Leben Ungerechtigkeit widerfährt, so zehren wir von der Liebe, die wir als Kind erfahren haben ein Leben lang und das hilft auch schwere Zeiten durchzustehen.

Ich möchte das Buch sehr gerne empfehlen an Krimi- und Thrillerfans, die gerne Tiefgang mögen. Es ist alles andere als ein Wohlfühlbuch, aber ich denke das erwartet mit dem Titel und Klappentext auch keiner. Man sollte sich auf Neues einlassen können; es gibt zum Beispiel keine Anführungszeichen bei der direkten Rede, kannte ich so vorher nicht. Wer das tut, wem vulgäre Ausdrucksweise nichts ausmacht, gut unterhalten und nachhaltig beeindruckt werden möchte, der ist hier ganz sicher richtig.