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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.10.2023

Warmherzige und mitreißende Geschichte über tolle Frauen

Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit
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Luise, Maria und Anni sind beste Freundinnen, doch ihre Freundschaft im Berlin der 30er Jahre wird auf eine Zerreißprobe gestellt. Als Luise als politische Gegnerin gesucht wird, flieht sie nach New York, ...

Luise, Maria und Anni sind beste Freundinnen, doch ihre Freundschaft im Berlin der 30er Jahre wird auf eine Zerreißprobe gestellt. Als Luise als politische Gegnerin gesucht wird, flieht sie nach New York, während Anni und Maria in Deutschland zurück bleiben. Wir erfahren in diesem Teil der Trilogie fast ausschließlich etwas Luises Leben im Exil und das in Form von Rückblenden während Luises Enkelin June sich nach dem Tod ihrer Großmutter auf die Suche nach Maria und Anni begibt.

Ich mag gar nicht viel mehr zum Inhalt sagen, nicht, dass ich aus Versehen etwas spoiler, aber so viel sei gesagt: die Geschichte braucht die bereits angekündigte Fortsetzung, als alleinstehendes Buch bleiben für meinen Geschmack viel zu viele Fragen offen.
Die Erzählweise ist sehr angenehm und flüssig und dadurch, dass auch June ein Umbruch in ihrem Leben durchmacht, bleibt es auf beiden Zeitebenen durchweg spannend. Man fiebert und fühlt mit den Frauen mit und hat es ausschließlich mit angenehmen Protagonisten zu tun. Das Thema der Frauen im Exil, wie sie sich untereinander geholfen und unterstützt haben und mit welchen Problemen sie bei dem Aufbau einer neuen Existenz zu kämpfen hatte, finde ich super interessant und mir war gar nicht bewusst, dass es hier tatsächlich einiges zu erzählen gibt; mal ein ganz anderer Blick auf die deutsche Geschichte der 30er und 40er Jahren.

Ich freue mich jetzt auf jeden Fall auf den nächsten Teil und hoffe dann mehr über Marias und Annis Schicksal zu erfahren. Empfehlen möchte ich Die Glücksfrauen allen, die Freude an einer Geschichte mit viel Herz und Gefühl und über außergewöhnliche Frauen haben.

Veröffentlicht am 15.10.2023

Absolutes Highlight

Das Licht zwischen den Schatten
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Es ist die Geschichte von Konrad, Brigitte und André, die hier auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt wird.
Allen dreien ist gemein, dass sie sich in menschenverachtenden Regimen wie dem Nationalsozialismus ...

Es ist die Geschichte von Konrad, Brigitte und André, die hier auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt wird.
Allen dreien ist gemein, dass sie sich in menschenverachtenden Regimen wie dem Nationalsozialismus und der DDR Diktatur beziehungsweise dem terroristischen Umfeld der RAF entscheiden müssen, ob sie sich als Mitläufer oder gar Opportunisten diesen Systemen unterwerfen wollen.

Das Ganze wird in Form einer wirklich fesselnden Geschichte erzählt, die von Kapitel zu Kapitel zwischen den Protagonisten und damit den Zeitebenen wechselt. Besonders ist, dass innere Monologe und Rückblenden einen Großteil des Buches ausmachen. Das bringt uns die Hauptpersonen sehr nahe und daher konnte ich auch Brigittes Entscheidungen verstehen, auch wenn ich mit ihr, anders als mit Konrad und André, durchweg nicht sympathisieren konnte.
Insgesamt ist definitiv mehr Schatten als Licht zu sehen und dennoch ist es kein entmutigendes Buch. Es wirft einige grundlegende und zeitlose Fragen auf (z.B. die nach einer Mitschuld, wenn man nicht gegen menschenunwürdige Zustände protestiert oder gar rebelliert) und hallt entsprechend nach.

Bereits von Anfang an ist klar wie die Hauptfiguren lose zusammenhängen, was ich als sehr angenehm empfand, weil man nicht zwanghaft überlegen muss, wie die Handlungsstränge zusammenlaufen könnten. So kann man sich einfach erstmal auf die Personen und die Geschichte einlassen. Im weiteren Verlauf entwickelt sich dann allerdings eine immer tiefer verstrickte Familiengeschichte, die einen in einen Strudel einsaugt, sodass es bis zum Schluss spannend bleibt und man sich ziemlich oft fragt, wann das letzte Puzzleteilchen an seinen Platz fällt, damit sich alles in ein schlüssiges Gesamtbild fügt.

Für mich ist das Buch definitiv eine Highlight. Ich habe gebangt, gehofft und geweint (letzteres mehr als einmal). Diese Buch will und muss ich jedem ans Herz legen, der sich für die deutsche Geschichte interessiert, noch etwas dazu lernen möchte oder einfach eine richtig gute und emotionale Familiengeschichte lesen will.

Veröffentlicht am 02.10.2023

Herausragend, intensiv, düster und mitreißend

Die Erfindung des Lächelns
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Was geschah wirklich, als die Mona Lisa 1911 aus dem Louvre gestohlen wurde und ganze zwei Jahre verschwunden war?
Dieser Frage widmet sich Tom Hillenbrand und hat mit Die Erfindung des Lächelns einen ...

Was geschah wirklich, als die Mona Lisa 1911 aus dem Louvre gestohlen wurde und ganze zwei Jahre verschwunden war?
Dieser Frage widmet sich Tom Hillenbrand und hat mit Die Erfindung des Lächelns einen Roman erschaffen, der auf dem hauchdünnen Grad zwischen Fiktion und Wirklichkeit wandelt.

Defacto weiß man bis heute nicht sicher, was sich genau in diesen zwei Jahren abgespielt hat und wo das Gemälde die ganze Zeit gewesen ist. Das bietet natürlich Raum für Spekulationen und hier wurde eine fantastische Geschichte à la wie es sich zugetragen haben könnte gesponnen. Wir lernen mit der Bonnot-Bande eine Gruppe Anarchisten kennen, die beiden Freunde Pablo Picasso und Guillaume Apollinaire, die zu Verdächtigen der Polizei werden, sowie Isadora Ducan und Aleister Crowley, die eine schaurige Portion Okkultismus in die Geschichte einbringen. Allesamt reale Personen, die durch ein raffiniertes Geflecht in eine fiktive Handlung eingebunden sind.

Es sind viele Personen und Schauplätze vertreten, die sich allerdings zum Schluss alle in ein schlüssiges Bild fügen. Wie immer hängen die Handlungsstränge zusammen und auch wenn man weiß, dass die Mona Lisa seit dem Diebstahl wieder im Louvre hängt, so sehr wird man von der Geschichte in den Bann gezogen, dass das bekannte Ende in keiner Weise die Spannung nimmt. Die vielen Namen (zu allem Überfluss haben die Anarchisten auch alle noch Pseudonyme) und Ausdrücke sind zwar heraus-, aber nicht überfordernd.

Mir hat es total gut gefallen mal wieder im Paris der Belle Époche zu weilen, Künstler und Persönlichkeiten dieser Zeit zu erleben und in die Kunst- und Anarchistenszene, die man zugegebenermaßen nicht unbedingt in einem gemeinsamen Buch erwarten würde, einzutauchen. Für alle Kunstinteressierte und Fans von gehobenen Historienromanen eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.09.2023

Eine etwas andere Liebesgeschichte

Anatomy
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Der Untertitel „A love story“ führt etwas in die Irre. Ja, es geht um Liebe, auch um zwischenmenschliche, aber vor allem ist hier - denke ich - die Liebe von Hazel zur Medizin gemeint. Die junge Hazel ...

Der Untertitel „A love story“ führt etwas in die Irre. Ja, es geht um Liebe, auch um zwischenmenschliche, aber vor allem ist hier - denke ich - die Liebe von Hazel zur Medizin gemeint. Die junge Hazel Sinnet, Tochter aus gutem Hause, will Ärztin werden, komme was wolle.
Fast das gesamte Buch besteht daraus, dass sie für die königliche Arztprüfung lernt. Klingt erstmal langweilig, ist es aber ganz und gar nicht. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist es nämlich keinesfalls vorgesehen, dass eine Frau Ärztin wird. Und so ist der Weg zur Arztprüfung ein sehr steiniger. Dazu kommt, dass auf einmal Menschen auf unerklärliche Weise verschwinden.

Unerklärlich… das sei jetzt hier mal dahin gestellt. Es ist nämlich von Anfang an ziemlich klar wo die Geschichte hinführt (außer vielleicht für Hazel). Das hat mir den Lesespaß aber nicht genommen. Mich hat das Thema Medizin in der Regency Ära angesprochen und diesbezüglich wird man auch nicht enttäuscht. Die Darstellung, wie man mit dem damaligen Wissen an die Erforschung des Körpers und der Pathologie und Ätiologie von Krankheiten herangegangen ist, war wirklich interessant. Auch wenn die gesamte Geschichte zum Schluss in den Bereich Fantasy abrutscht, was erwartbar war, aber nicht wirklich meinen Geschmack getroffen hat, so hat mich das Buch dennoch gut unterhalten.

Wer aufgrund des Untertitels allen voran eine Liebesgeschichte erwartet, wird hier sicherlich etwas enttäuscht sein. Für History-Fans mit Hang zu blutigen Geschichten mit Fantasy-Elementen ist das Buch auf jeden Fall empfehlenswert.

Veröffentlicht am 21.09.2023

Drei Frauen, die sich in einer Männerwelt behaupten: mitreißend und feministisch

Sturmlichter
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Torie will Ingenieurin werden, Clarissa Künstlerin und Mia Ärztin - und das in einer Zeit, in der die Welt von Männern dominiert und Frauen als nicht leistungsfähig degradiert wurden. Ihnen drei ist gemein, ...

Torie will Ingenieurin werden, Clarissa Künstlerin und Mia Ärztin - und das in einer Zeit, in der die Welt von Männern dominiert und Frauen als nicht leistungsfähig degradiert wurden. Ihnen drei ist gemein, dass sie sich diesem Patriarchat nicht unterwerfen wollen und alles dafür tun ihre Träume zu verwirklichen.
Ich möchte gar nicht so sehr auf den genauen Inhalt eingehen, da im Klappentext schon verraten wird, wie sich die Wege der drei Frauen entwickeln.

Was sich als roter Faden durch das Buch zieht ist die grundlegend feministische Haltung und die Tatsache, dass sich die allermeisten, wie immer im Leben gibt es auch hier Ausnahmen, weiblichen Charaktere untereinander bedingungslos unterstützen. Das war für mich neu für einen historischen Roman. Wo mich die Art und Weise der Geschichte und Erzählung stark an Ken Follett erinnert hat, so hebt sich das Buch in diesem Punkt sehr stark zum positiven dahingehend ab. Überaus gut gefallen hat mir beispielsweise die Verknüpfung von Mia mit Rosa Luxemburg und der Arbeiterbewegung; es kommt für meinen Geschmack sogar leider viel kurz. Allgemein ist Mias Anteil an der Geschichte sehr konzentriert, der Fokus liegt eindeutig auf Torie. Ihr Lebensweg ist auch super spannend und hier haben wir es schon richtiggehend mit einem Abenteuerroman zu tun, aber ein bisschen mehr Ausgewogenheit zwischen den drei Frauen hätte die Geschichte etwas runder gemacht. Für mich persönlich ist Clarissas Geschichte die mitreißendste, weil sie sich in der Künstlerszene rund um Franz Marc und den Blauen Reiter bewegt, was mich vollends abgeholt hat.

Es gibt eine Sache, die mir ein bisschen aufgestoßen ist. Ich frage mich ernsthaft, wer diesen Klappentext verfasst hat. Ich habe schon angesprochen, dass er einfach zu viel von der Handlung vorwegnimmt (ich meine es nimmt doch jegliche Spannung, wenn ich schon beim Klappentext lesen weiß, wie es ausgeht!) zum anderen ist er überschrieben mit „Deutschland 1914“. Das erste Mal, dass wir uns in dem Buch in Deutschland befinden ist auf Seite 226, vorher spielt das Buch ausschließlich in Frankreich und der Schweiz. Das soll sich aber nicht zum Nachteil der Autorin und der Geschichte ausgehen. Mir hat Sturmlichter richtig gut gefallen und ich empfehle es sehr gerne weiter an alle, denen ein feministischer Historienroman zusagt.