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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.07.2023

Unvergleichbar skurril, interessant, aufwühlend und philosophisch.

Die Anomalie
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Ein Flugzeug landet nach heftigen Turbulenzen zweimal - einmal im März und noch einmal drei Monate später. Die Personen an Bord gibt es nun doppelt und müssen einen Weg finden damit umzugehen.

Also diese ...

Ein Flugzeug landet nach heftigen Turbulenzen zweimal - einmal im März und noch einmal drei Monate später. Die Personen an Bord gibt es nun doppelt und müssen einen Weg finden damit umzugehen.

Also diese Geschichte ist mit nichts vergleichbar, was ich bisher gelesen habe. Im Klappentext wird es als Mix aus Thriller, Komödie und großer Literatur beschrieben. Das würde ich jetzt so nicht unterschreiben. Es ist maximal ein super slow Thriller, komödiantische Anteile muss man mit der Lupe suchen und ja, es ist wirklich außergewöhnlich, aber „große Literatur“ find ich persönlich jetzt ein wenig hoch gegriffen.

Für mich ist es eher philosophisch und eine Gesellschaftsstudie. Der Fokus liegt darauf wie die Beteiligten darauf reagieren, dass sie ein Double haben, also nach dem 24. Juni 2021 ein zweites Mal auf dieser Welt existieren. Es ist alles dabei; Konkurrenzdenken, Synergismus, andere sehen neue Chancen oder versuchen ganz rational die Sache zu verstehen. Unweigerlich fragt man sich, wie man selbst wohl in dieser Situation reagieren würde.

Und dann ist natürlich noch die Frage wie es zu diesem Ereignis kommen konnte. Wie sich die Story hier entwickelt ist wirklich interessant, da der Autor nicht nur Physiker und Mathematiker zur naturwissenschaftlicher Klärung des Phänomens zu Wort kommen lässt, sondern auch spirituelle Lösungen mittels verschiedener Religionsführer sucht. Das ist wirklich gut gelungen und regt sehr zum Nachdenken an.

Was mich ein bisschen gestört hat ist die Vielzahl der Personen, was teilweise verwirrend war. Das wird auch direkt thematisiert, da ein Passagier Autor ist, der das Buch „Die Anomalie“ schreibt und eben diesen Kritikpunkt von seiner Agentin vorgehalten bekommt. Dass das so angemerkt und trotzdem umgesetzt wird, nervt umso mehr und macht die Sache eher schlimmer als besser.

Aber kurzum: Das Leseerlebnis war echt mal was anderes und daher allen zu empfehlen, die auf der Suche nach etwas Besonderem sind.

Veröffentlicht am 04.07.2023

Tolle 20er Jahre Crime-Story mit einer wunderbaren Hauptprotagonistin

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Alma Täuber ist Telefonistin beim Amt und hört eines Tages bei der Arbeit einen unheimlichen Anruf mit. Kurz darauf wird die Leiche einer Frau aufgefunden. Während die Polizei nicht an einen Zusammenhang ...

Alma Täuber ist Telefonistin beim Amt und hört eines Tages bei der Arbeit einen unheimlichen Anruf mit. Kurz darauf wird die Leiche einer Frau aufgefunden. Während die Polizei nicht an einen Zusammenhang glaubt, beginnt Alma auf eigene Faust mit den Ermittlungen.

Was kurz zusammengefasst relativ unrealistisch und abgedroschen klingt, entpuppt sich schon nach kürzester Zeit als das genaue Gegenteil. Alma ist unfassbar herzlich und liebenswert, die Geschichte ist spannend und das Setting ist einfach großartig. Die Erzählweise hat das Baden-Baden der 20er Jahre vor meinem inneren Auge lebendig werden lassen und lässt einen tief in die Geschichte eintauchen. Immer wieder werden wahre Begebenheiten und Personen mit einer großartigen Liebe zum Detail in die Erzählung mit eingewoben. Hier kommt sowohl der historisch interessierte Leser (oder Hörer, wie ich) als auch der Krimi Fan absolut auf seine Kosten. Die Kriminalgeschichte ist klug ausgedacht, spannend und gleichzeitig unaufgeregt.

Ich, die sonst immer nur Bücher liest, habe diesmal zum Hörbuch gegriffen. Dagmar Bittner liest die Geschichte wirklich toll; man kann ihr wunderbar zuhören. Das macht auf jeden Fall Lust auf den zweiten Teil, den ich mir auf gar keinen Fall entgehen lassen werde.

Von mir gibt es eine uneingeschränkte Lese- und Hörempfehlung für alle Fans von Geschichten, die in den 20er Jahren spielen. Es ist wahrlich eine Kriminalgeschichte, aber man muss nicht unbedingt Krimi-affin sein um an Alma, Emmi, Ludwig, Walter und der tollen Story Gefallen zu finden.

Veröffentlicht am 02.07.2023

Mörderjagd auf hoher See - Roman Noir mit Titanic-Feeling

Der Tod reist mit
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Während der Überfahrt der Endeavor von Southampton nach New York wird ein Toter aufgefunden. Mitten auf dem Atlantik ist klar; der Mörder muss noch an Bord sein. Scotland Yard ist in Person von James Temple ...

Während der Überfahrt der Endeavor von Southampton nach New York wird ein Toter aufgefunden. Mitten auf dem Atlantik ist klar; der Mörder muss noch an Bord sein. Scotland Yard ist in Person von James Temple mit an Bord, der in Begleitung von Schiffsoffizier Timothy Birch sogleich die Ermittlungen aufnimmt.

Die Idee eines Mordes, bei dem der Mörder zwangsläufig noch in unmittelbarer Nähe sein muss, ist nicht neu, aber das Setting ist vielversprechend. Das Buch spielt im November 1924 auf einer Transatlantikfahrt, da musste ich unweigerlich an die Titanic denken. Vor meinem inneren Auge haben Birch und Temple auch auf dem Filmschiff von 1997 ermittelt, was mir wirklich gut gefallen hat. Die Atmosphäre zwischen dem ungewollten Ermittlerduo ist alles andere als harmonisch und Temple hat zu Beginn eine so anstrengende Art an sich, dass ich mir den Eisberg zwischenzeitlich herbei gesehnt habe. Das ändert sich in der Mitte des Buches ziemlich plötzlich. Auf einmal arbeiten die beiden als Team und öffnen sich (jeder trägt selbstverständlich ein kleines Geheimnis mit sich herum). Bis es dann zu einer überraschenden Wendung und einem unvorhersehbaren Ende kommt. Man ahnt dass der große Showdown so einiges ans Licht bringt, aber so krachend hätte ich es wirklich nicht erwartet.

Einen Wermutstropfen gibt es: 100 Seiten weniger hätten der Geschichte wahrlich gut getan. Es zieht sich in der Mitte wie Kaugummi und es werden immer wieder neue Personen und Verdächtige eingeführt, dass man auch mal schnell den Überblick verlieren kann.

Das Ende hat es für mich herausgerissen, sonst hätte ich mich tatsächlich schwer getan mit einer Leseempfehlung. Aber wer dran bleibt wird belohnt mit einem Finale furioso. Alles in allem ein solider Roman Noir mit Titanic-Feeling.

Veröffentlicht am 27.06.2023

Tolle Südstaaten Wohlfühl-Lektüre

Die Bücherfrauen
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Angelina, Traci und Gayle kommen gleichzeitig, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen, in New Hope, einer Kleinstadt in Kansas, an. Während das Leben die drei auf eine Bewährungsprobe gestellt ...

Angelina, Traci und Gayle kommen gleichzeitig, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen, in New Hope, einer Kleinstadt in Kansas, an. Während das Leben die drei auf eine Bewährungsprobe gestellt hat, finden sie Freundschaft, Arbeit, Halt und Zuversicht im örtlichen Kulturzentrum, das um seine Existenz bangen muss. Nach und nach entwickelt sich eine Geschichte um die Frauen der Gemeinde, deren Großmütter Jahre zuvor vor ähnlichen Herausforderungen gestanden haben.

Das Buch hüllt einen wundervoll in eine fantastische Südstaaten-Kleinstadt-Atmosphäre ein. Man möchte auch bei den Quassel-Quiltern mit am Tisch sitzen und Topflappen für den guten Zweck nähen, man sieht die Steppenläufer vorbei rollen und schmeckt die kalte selbstgemachte Limonade. Ich fand mich in New Hope (was ein toller Ortsname!) sehr gut aufgehoben. Die Geschichte um das Kulturzentrum wird nach und nach aufgerollt. Früher war es eine Bibliothek, gestiftet von Andrew Carnegie, und da die Carnegie Bibliotheken Promotionsthema von Angelina sind, lernt man allerhand über die Geschichte dazu.

Die Erzählweise ist wunderbar flüssig, man fliegt durch die Seiten und die Frauen sind so liebenswert, dass man mit ihnen mitfühlen und auch -leiden und sich freuen kann. Es geht wirklich viel ums Quilten, was man bei dem Titel vielleicht nicht vermuten würde. Es gibt viele Anspielungen auf Bücher, auch wenn das Lesen selbst eher permanent als alles verbindendes Glied zwar mitschwingt, aber nicht das Hauptthema ist.

Mir hat das Buch sehr viel Spaß bereitet und ich möchte es allen empfehlen, die an einem Wohlfühlbuch mit wunderbaren Charakteren und einem tollen Südstaaten-Setting interessiert sind.

Veröffentlicht am 18.06.2023

Cosy Crime vom Feinsten!

Maschenmord
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Nicole Durand, Verkäuferin in der „Wolllust“, einem Wollladen im idyllischen Madlfing, irgendwo am Staffelsee, wird tot in ebendiesem aufgefunden. Die Mordwaffe ist ein Schal, den der MKHC, der Madlfinger ...

Nicole Durand, Verkäuferin in der „Wolllust“, einem Wollladen im idyllischen Madlfing, irgendwo am Staffelsee, wird tot in ebendiesem aufgefunden. Die Mordwaffe ist ein Schal, den der MKHC, der Madlfinger Krimi- und Handarbeitsclub, als mehr schlecht als recht selbstgestrickt enttarnt. Die Frauen nehmen die Ermittlungen auf, während sich der neu zugezogene Kommissar Tim Wallenstein erstmal mit dem Landleben zurecht finden muss.

Kurz und knapp: Ich hab das Buch geliebt und verschlungen. Es ist so liebenswert geschrieben. Mein kleines Strick-Herzchen war vollauf von den vielen tollen Wortspielen rund um Wolle und Stricken begeistert. Jemand der noch nie in seinem Leben gestrickt hat, wird wahrscheinlich nur halb so viel Spaß an dem Buch haben, für alle anderen ist es ein Hochgenuss. Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Strickweisheit (à la „Nur Feiglinge machen eine Maschenprobe.“) die dem Ganzen noch das Sahnehäubchen aufsetzen.

Die Kriminalgeschichte ist mehr als solide und spannend; ich konnte den Mörder tatsächlich nicht entlarven. Die Charaktere sind toll, von etwas schrullig über exzentrisch bis hin zu muss-man-einfach-liebhaben ist alles dabei, und ergeben eine wunderbare Melange. Kommissar Wallenstein konnte ich auch sofort in mein Herz schließen. Es gibt definitiv noch viel Material für eine Fortsetzung, weshalb ich mich jetzt schon sehr auf den nächsten Teil freue.

An alles Strickfreunde da draußen, die Lust auf ein bayerischen Cosy Crime haben: das ist euer Buch! Schade, dass man nicht Lesen und Stricken gleichzeitig kann, sonst wäre mein Leben wohl perfekt…