Profilbild von Jethro

Jethro

Lesejury Profi
offline

Jethro ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Jethro über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.08.2022

Grönländische Mythen und eiskalte Morde

Eis. Kalt. Tot.
0

Anne Norby hat mit ihrer „Tom Skagen“-Reihe gezeigt, dass sie es versteht, in der skandinavischen Welt beklemmende Thriller zu schreiben.
Grausame und bizarre Morde erschüttern Kopenhagen, das unter einem ...

Anne Norby hat mit ihrer „Tom Skagen“-Reihe gezeigt, dass sie es versteht, in der skandinavischen Welt beklemmende Thriller zu schreiben.
Grausame und bizarre Morde erschüttern Kopenhagen, das unter einem ungewöhnlich kalten Winter leidet. Kirstin Vinther, ihr neuer Kollege Jesper Baek und die aus Grönland stammende Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen stehen mächtig unter Druck, weiterer Morde zu verhindern, denn auch die Presse sitzt ihnen im Nacken. Eine vielversprechende Spur führt schließlich in die raue und lebensgefährliche Landschaft Grönlands.
Anne Nordbys Schreibstil ist wieder einmal sehr anschaulich und schafft es schnell, den Leser in die raue Stimmung Kopenhagen hineinzuziehen, die Ermittlungen gehen schnell voran und schon bald gibt es eine ganze Reihe von vielversprechenden Spuren. Leider sind es meiner Meinung nach dieses Mal ein paar Fäden zu viel, mit der Anne Nordby hier arbeitet. Einige der Spuren und Nebenhandlungen wären hier durchaus entbehrlich gewesen, so dass die Geschichte sich an einigen Stellen zuweilen etwas zieht. Trotzdem verliert die Autorin niemals den Überblick, so dass die Fäden am Ende auch wieder zusammenfinden.
Die Protagonisten sind alle sehr interessant angelegt. Die toughe und oft auch ruppige Ermittlerin Kirstin, die auch mal ihre schwache Seite zeigen darf. Der ruhige Neuling Jesper Baek, der noch seinen Platz im Team finden muss und mit seiner Familie kämpft und die Super-Recognizerin Marit, die mit ihrer grönländischen Abstammung zu kämpfen hat. Allerdings geraten die Figuren an einigen Stellen etwas zu stereotyp, so dass sie noch zu blass sind.
Insgesamt aber ein spannender Thriller für gemütliche Lesestunden, auch wenn man etwas über die Mythen Grönlands erfahren will.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.08.2022

Die beklemmende Familiengeschichte dreier Brüder, die in ihre Vergangenheit zurückkehren

Die Überlebenden
0

„Was sich hier auf der Steintreppe abspielt, das Weinen der drei Brüder, die geschwollenen Gesichter und all das Blut, ist nur der letzte Ring auf dem Wasser, der äußerste, der am weitesten vom Einschlagspunkt ...

„Was sich hier auf der Steintreppe abspielt, das Weinen der drei Brüder, die geschwollenen Gesichter und all das Blut, ist nur der letzte Ring auf dem Wasser, der äußerste, der am weitesten vom Einschlagspunkt entfernt ist.“ (Zitat S. 13)
Alex Schulmann erzählt ausgehend von diesem Endpunkt, die Kindheitsgeschichte der drei Brüder Nils, Benjamin und Pierre. Er beschreibt einzelne Episoden und Entwicklungen der Familie in chronologischer Abfolge. Abwechselnd dazu beschreibt er rückwärts diesen letzten Tag, dessen Ende man im ersten Kapitel erlebt. Wie Ringe im Wasser breiten sich die Ereignisse aus und ziehen sich umgekehrt zusammen, so dass ein immer dichteres Bild der Brüder und ihrer Eltern ergibt, wenn sich die Ringe durchdringen.
Neben dieser ungewöhnlichen Erzähltechnik entwickelt Schulmann ein Stimmungsbild der Familie, das beim Leser eine immer größer werdende Beklemmung erzeugt. Das Leben der Familie ist geprägt von Stimmungsschwankungen, Zuneigung, unterdrückten Gefühlen und Aggressivität, die aus einer großen Hilflosigkeit und Unfähigkeit, miteinander zu reden resultiert. Und dann gibt es noch den anfangs zitierten Einschlagpunkt …
Die wunderschöne, minimalistische Aufmachung der Hardcoverausgabe, die anspruchsvolle und emotionale Geschichte, die einen zum Nachdenken, zum Grübeln und Mitleiden anregt und die schönen malerischen Naturbilder machen das Buch zu einem unbedingten Leseerlebnis. Wie grandios der Autor diese komplexe Erzählweise umgesetzt hat, kann man auch erkennen, wenn man nachher das Buch auch mal von hinten nach vorne liest.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.11.2021

Eine der besten Krimireihen – grüezi

Frau Morgenstern und die Verschwörung
0

Schweizer Humor in einem sprachlich genialen Krimi

Zum mittlerweile dritten Mal ermitteln die pensionierte Grundschullehrerin Violetta Morgenstern und der Ex-Söldner Miguel Schlunegger im Auftrag des ...

Schweizer Humor in einem sprachlich genialen Krimi

Zum mittlerweile dritten Mal ermitteln die pensionierte Grundschullehrerin Violetta Morgenstern und der Ex-Söldner Miguel Schlunegger im Auftrag des Schweizer Tell-Ministeriums. Eigentlich haben sie den Auftrag, einen vatikanischen Kardinal, der in einem Schweizer Kloster weilt, diskret zu eliminieren, doch ein Attentäter kommt ihnen zuvor. Auf der Suche nach dem Täter kommen sie einem ungeheuerlichen Geheimnis auf die Spur.

Marcel Huwylers dritter Kriminalroman um Violetta Morgenstern schafft es problemlos das hohe Niveau der ersten beiden Bände zu halten oder sogar noch zu übertreffen. Zum einen bietet das Geheimnis des ermordeten vatikanischen Priesters eine skurrile und spannende Handlung, zum anderen gelingt es, die bekannten Charaktere (auch die Nebenfiguren) in ihrem Zusammenspiel immer wieder witzig, emotional und voller Liebe zum Detail zu charakterisieren, alte Entwicklungen auszubauen und neue familiäre Neuigkeiten einzufügen. Gerade Miguel Schlunegger muss einige Neuigkeiten verkraften.

Immer wieder überraschend ist die sprachliche Gestaltung. Skurriler Witz ohne billigen Klamauk, poetische Formulierungen, ungewöhnliche Beschreibungen (nebst Schweizer Vokabular: Das Kebab-Hüsli) bieten dem Leser die Möglichkeit, sowohl mit den Protagonisten mitzufiebern und mitzuleiden als auch immer wieder zu schmunzeln. Man darf sich auf den vierten Band freuen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.10.2021

Wortgewaltige Geschichte über einen Teufel an Bord

Der Tod und das dunkle Meer
0

Spannende Geschichte, für die man manchmal einen langen Atem braucht
Im Jahre 1634 will der Generalgouverneur Jan Haan an Bord der Saardam von der niederländischen Kolonie Batavia nach Amsterdam reisen. ...

Spannende Geschichte, für die man manchmal einen langen Atem braucht
Im Jahre 1634 will der Generalgouverneur Jan Haan an Bord der Saardam von der niederländischen Kolonie Batavia nach Amsterdam reisen. Neben der Mannschaft, einigen Passagieren und seiner Familie wird Samuel Pipps als Gefangener mitgeführt, obwohl dieser gerade noch (als eine Art Sherlock Holmes) im Auftrag der Ostindien-Kompanie einen wertvollen Schatz wiedergefunden hatte. Doch bevor das Schiff ablegen kann, wird es von einem Aussätzigen verflucht. Und tatsächlich ereignen sich schon kurz darauf immer mehr mysteriöse Vorfälle an Bord, bis auch bald die erste Leiche auftaucht. Ist wirklich der Teufel an Bord des Schiffes?
Stuart Turton ist mit Sicherheit kein Autor, der es sich oder seinen Lesern leicht macht. Wie schon in seinem ersten Roman „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ entwirft er einen Plot, bei dem es nicht immer leicht ist, den Überblick zu behalten. Eine komplizierte Geschichte und eine Vielzahl von Geheimnissen und Spuren verdichten sich dann aber langsam zu einem spannenden Finale.
Die Vorzüge des Romans liegen vor allem in der Phantasie des Autors, die zu einer vielschichtigen Geschichte führt, seinem ungewöhnlichen Sprachgefühl, mit dem er es schafft, die düstere Stimmung auf dem Schiff und die Charaktere treffend lebendig werden zu lassen. Großen Respekt verdient der Autor dafür, bei all den Zusammenhängen und Details, den Überblick zu behalten. Auch wenn der Autor (bewusst) viele historische Ungenauigkeiten in Kauf genommen hat, merkt man dem Buch die sorgfältige Recherchearbeit an. Eine Genreeinteilung kann (und soll) man für diesen Roman eh nicht vornehmen.
Alles in allem kann Stuart Turton auch mit seinem zweiten Roman überzeugen. Der Mittelteil ist vielleicht etwas zu lang geraten. Doch man erhält einen unterhaltsamen Roman, der zwischen Krimi, Historie, Aberglaube, dem Kontrast von Arm und Reich und auch der Liebe hin und her pendelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.08.2021

Humorvoller Krimi mit vielen Informationen zu Rum

Rum oder Ehre
0

Inhalt: Martin Störtebäcker, 72 Jahre alt und von seinen Freunden liebevoll »der Käpt’n« genannt, lebt friedlich in der deutschen Rum-Metropole Flensburg, wo sich sein Faible für den köstlichen Zuckerrohrbrand ...

Inhalt: Martin Störtebäcker, 72 Jahre alt und von seinen Freunden liebevoll »der Käpt’n« genannt, lebt friedlich in der deutschen Rum-Metropole Flensburg, wo sich sein Faible für den köstlichen Zuckerrohrbrand hervorragend pflegen lässt. Aber dann segnet sein bester Freund Lasse das Zeitliche – und gibt dem Käpt’n aus dem Grab einen letzten Auftrag mit: Er soll zur legendären Rum-Insel Jamaika reisen und sich endlich auf die Suche nach seinem dort verschollenen Bruder begeben. In der Karibik angekommen freundet sich der Käpt’n schnell mit einer abenteuerlustigen Taxifahrerin an, die ihn bei seiner Suche unterstützt. Doch schon bei der Besichtigung der ersten Rum-Distillery stellen sie fest: Etwas stimmt ganz und gar nicht in dem tropischen Paradies. Der Brennmeister der Distillery wird auf brutale Weise ermordet aufgefunden – und es wird nicht der letzte Mord gewesen sein. Ein rasantes Katz-und-Maus-Spiel beginnt …

Carsten Sebastian Henn legt nach „Der Gin des Lebens“mit „Rum oder Ehre“ seinen zweiten Kriminalroman vor, in dessen Mittelpunkt ein alkoholisches Kultgetränk steht. Um den Rum herum gruppieren sich die deutsche Rum-Metropole Flensburg und die Rum-Insel Jamaika. Mit dem Käpt’n Martin Störtebäcker, der nach Jamaika geht, um seinen verschollenen Bruder zu suchen, schafft Henn eine wunderbare Figur, um die sich erst eine Gruppe nordischer Freunde (eine Kegelgruppe, die nicht kegelt) und dann verschiedene jamaikanische Personen schart (eine junge Taxifahrerin, die Polizistin Jo’anna mit ihrem Sohn Isaak und verschiedene Rastafari). Während Martin den Spuren seines Bruders folgt, wird viel geraucht, viel Rum getrunken, Distillerys besichtigt und auch gemordet und scharf geschossen. Diese Spurensuche ist unterhaltsam, zuweilen auch spannend und emotional und auch immer informativ, denn Henn fügt geschickt Informationen über die Rum-Herstellung und das Land Jamaika ein. Zudem gibt es Informationsseiten, auf denen locker unterhaltsam über die Geschichte und die Herstellung von Rum geschrieben wird, und natürlich gibt es auch informative Cocktailrezepte mit Rum und Kochrezepte mit Rum.

Ein schöner und unterhaltsamer Wohlfühlkrimi, bei dem der Rum der wahre Held ist. Die Protagonisten wachsen einen schnell ans Herz und auch der Kriminalfall bietet einige Überraschungen.
Es stellt sich nun die Frage, ob nach Gin und Rum jetzt vielleicht ein Krimi über Whisk(e)y folgt. Genug zu erzählen gibt es hier bestimmt auch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere