Charakterzeichnung plakativ, Handlung grausam, magisch, berührend
Das Labyrinth des FaunsEindrücke in Kürze: Der Film bleibt unerreicht. Das Buch erzählt die gleiche Geschichte, fügt gelungen zusätzliche magische Elemente hinzu und hat mich trotz Schwarz-Weiß-Charakteren emotional erreicht.
Meine ...
Eindrücke in Kürze: Der Film bleibt unerreicht. Das Buch erzählt die gleiche Geschichte, fügt gelungen zusätzliche magische Elemente hinzu und hat mich trotz Schwarz-Weiß-Charakteren emotional erreicht.
Meine ausführlichen Einschätzungen, ohne schlimme Spoiler:
Motivation:
Für mich war klar, dass ich das Buch lesen muss, da ich Fan des düsteren, grausamen und gleichzeitig magischen, tröstenden Films „Pans Labyrinth“ bin und ich mich als Kind von Cornelia Funkes Werken „Drachenreiter“ und „Herr der Diebe“ verzaubern und mitreißen ließ.
Genre, Adressatenkreis:
Die Handlung spielt sich ab vor der Kulisse des faschistischen Franco-Regimes in den spanischen Wäldern 1944, wo Unterdrückung, Menschenjagd, Hunger, Verhör, Mord an der Tagesordnung sind. Eingeschoben sind magische Wesen und Orte, welche die 13-jährige Ofelia kennenlernt. Es bleibt dem Leser überlassen, zu beurteilen, ob dies real ist oder einer lebhaften Vorstellungskraft entspringt bzw. Flucht in eine Traumwelt ist. Aber auch diese ist keinesfalls zuckerwatte-rosa. Es ist traurig, erschütternd, psychologisch hart und daher für sensible Menschen und solche unter 12 Jahren nicht geeignet.
Vergleich mit Film:
Die Buchadaption bewegt sich nah an der Filmvorlage.
Positiv hervorgestochen sind für mich die komplett neuen, eingeschobenen Kapitel mit magischen Geschichten. Diese verändern die Handlung nicht, bauen dafür Brücken, z. B. werden Baum, Kröte, Schlüssel, Kleid, Messer usw. in einen sowohl magischen als auch sinnstiftenden Kontext gestellt.
Die Revolutionsbewegung wird ausführlicher gezeigt, ohne Wow-Momente.
Ansonsten habe ich keine Differenzen bemerkt. Nicht besonders spannend. Ohne Vorkenntnisse wäre das anders gewesen.
Stil, Atmosphäre, Figuren, emotionales Empfinden:
Mir gefallen das Cover sowie die Illustrationen von Allen Williams.
Sprachlich stark finde ich diverse bildhafte, universelle und zum Nachdenken anregende Ausdrücke, z. B. „Frauen, die bei Männern nach Stärke suchten, statt sie in ihrem eigenen Herzen zu finden“, „Kinder bemerken solche Dinge, denn sie können bloß beobachten - und sich vor den Stürmen verstecken, die die Erwachsenen entfachen. Den Stürmen und den Wintern.“
Politik und Kirche werden leise kritisiert.
Die überwiegend düstere, punktuell hoffnungsvolle Atmosphäre wird zum Ausdruck gebracht, wegen überhastet dargestellter Geschehnisse und abrupter Perspektivwechsel aber nicht so gut spürbar wie erhofft.
Man schlüpft teils übergangslos in unterschiedlichste Gedanken- und Gefühlswelten. Es gibt eine eindeutige Schwarz-Weiß-Zuordnung von Anfang an. Gefühlt lässt der Film die Motive und Hintergründe länger offen, sodass es Raum gibt, sich hineinzuversetzen und zu spekulieren, was ich persönlich liebend gern tue. Beim Buch bleibt einem nichts anderes übrig, als vorgefertigte Charakterzüge und Meinungen hinzunehmen. Ich frage mich z. B. unweigerlich, wie sich Carmen jemals in Vidal verlieben konnte. An der Bevormundung des Lesers und dem Brechen mit der Regel „Show, don‘t tell“ wird deutlich, dass sich die Autorin ansonsten im Kinder-/Jugendbuch-Genre bewegt.
Nichtsdestotrotz: Meine dabei empfundenen Gefühle sind echt. Die Geschichte ist einfach dermaßen stark, dass ich berührt zurückbleibe. Ich möchte empfehlen, das Gelesene zwischendurch für einige Minuten sacken zu lassen. Für mich hat sich dadurch das Leseerlebnis intensiviert.